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Das Gewissen, der freie Wille und die Naturgesetze


Sam_Naseweiss

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Ich habe eben eine Doku geschaut (ab 4:00 etwa):

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/517350

 

Da hat Lesch einige Dinge genannt, die ich so auch immer vertreten habe (Stichworte: Freier Wille, Naturgesetze und Wissen um die Konsequenzen) - der Teil meiner Ausführung, welche sich mit diesem Gedanken deckt, habe ich farbig markiert.

Dies nehme ich zum Anlass um meine Ansichten hier noch einmal darzustellen und zur Diskussion zu stellen:

 

Am Anfang schuf Gott alles, was da ist.

Warum Gott etwas schuf und in welcher Weise, bzw. ob überhaupt, er „vorher“ tätig war oder sein konnte, weiss ich nicht zu sagen.

Vielleicht gehört es zum göttlichen Sein dazu, tätig zu sein und um tätig zu sein, bedarf es etwas, was nicht Gott ist, woran Gott tätig sein kann und dies war dann die Schöpfung.

Vielleicht ist aber auch die Liebe, der Grund der Schöpfung, denn Liebe braucht einen Gegenstand und aus Liebe strömt das Sein.

Vielleicht umschließt die Ewigkeit Gottes die zeitliche Schöpfung, wie ein Kreis seinen dimensionslosen Mittelpunkt.

 

Wenn etwas geschaffen ist, was einen Willen hat, dann kann dieser Wille zu Gutem führen oder zu Bösen.

Ein Gott, der nicht gut ist, wäre nicht vollkommen und damit auch kein Gott.

Gott kann daher vielleicht in manchen Dingen unbegreiflich sein, jedoch kein absolutistischer Herrscher, dessen Wille sich unserer Beurteilung völlig entzieht.

 

„Jesus kannte aber ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Ein jegliches Reich, so es mit sich selbst uneins wird, das wird wüst; und eine jegliche Stadt oder Haus, so es mit sich selbst uneins wird, kann's nicht bestehen. „ (Matthaeus 12,25 )

 

Wenn also Gott etwas aus unserer Sicht böses tun könnte, ohne das dies dann böse wäre, weil das, was böse ist, immer nur das ist, was Gott gerade nicht will, dann wäre er mit sich selbst uneins.

Denn dann könnte Gott tun, was der Teufel sonst tut und es wäre dann nicht böse, weil es ja nun Gott ist, der es tut. Ein „vergangener“ Wille stände dann im Widerspruch zu einem „aktuellen“ Willen. Folglich kann Gott nicht böse sein, sondern nur gut.

 

Wer nun aber sagt, daß der Mensch eben nicht immer erkennen könnte, was gut und böse ist, so daß er seinem eigenen Urteil nicht vertrauen dürfte, hat dahingehend unrecht, daß daraus dann folgen würde, daß er deswegen anderen oder einem anderen blind vertrauen, bzw. gehorchen müßte.

Wenn sich das Gute durch die Tat zeigt, dann ist der gut, der Gutes tut und wenn ich andere bewerten kann, dann kann ich auch mich selbst bewerten und weiss wie ich zu handeln habe.

Wenn ich gut handeln will, aber selbst nicht urteilen kann, bleibt mir nur das Vertrauen und das Gehorsam. Doch wenn ich gut handeln will, dann muß ich dies auch grundsätzlich können, weil ich sonst nicht den Willen zum Guten hätte. Wenn ich es trotzdem nicht kann, dann wegen Zwänge, so daß Gehorsam nur dann angebracht ist, wenn ich vertraue und Grund zu der Ansicht habe, daß derjenige, dem ich gehorche, über eine höhere Erkenntnis verfügt und gut ist.

Jemand der eine solche höhere Erkenntnis besitzt und gut ist, kann aber nichts Böses tun, denn sonst besäße er diese ja gar nicht.

Es bliebe dann nur die Möglichkeit, daß er gar nicht böse handelt, sondern er nur den Anschein erweckt und es sich dann doch zeigt, daß er das Gute beabsichtigt hatte.

Allein ein moralisch zu rechtfertigender Gehorsam bedarf des Vertrauens und diese wird durch die Erfahrung genährt.

Etwas oder Jemanden, was wir grundsätzlich nicht beurteilen können, was wir nicht anhand von Handlungen bewerten können, können wir auch nicht vertrauen.

 

Wenn etwas geschaffen wird, dann entweder so, daß ihm etwas mitgegeben wird, es daher eine Bestimmung hat, welche sich aus seiner Beschaffenheit zwangsläufig ergibt oder so, daß es aufgrund dessen, was es mitbekommen hat, seine finale Beschaffenheit selbst bestimmen kann.

Entweder ist das Geschöpf also so beschaffen, wie es der Schöpfer wünscht und kann davon höchstens abweichen oder dieser Bestimmung nicht gerecht werden oder es ist so, daß es im Laufe eines Prozesses selbst bestimmt, welche Beschaffenheit es am Ende aufweist.

Ist es also der Fall, daß der Schöpfer sein Geschöpf schon als gut oder böse schafft, dann dient seine weiteren Existenz nur dem Ablauf des Vorherbestimmten, denn er wird sein Leben leben, wie es durch seine Geschaffenheit bestimmt ist. Welchen Sinn hätte dann das Leben eines Geschöpfes, wenn es wegen seines Schöpfer schlecht geraten und deswegen dann verworfen wird, wenn nicht der Ergötzung des Schöpfers?

 

Ein solcher Schöpfer wäre jedoch nicht gut.

Folglich wird ein guter Schöpfer das Geschöpf soweit ausstatten, daß es selbst urteilen und danach entscheiden kann. Das Leben eines solchen Geschöpfes ist dann ein Prozess des Erkenntnisgewinns, mit dem das Geschöpf zu einer Entscheidung befähigt wird.

Es gibt dann kein Geschöpf, welches von vornherein zum Bösen bestimmt und verworfen ist.

 

Wenn der Schöpfer ein Wesen schafft, welches einen nicht wankelmütigen Willen erlangt (Sündenfall) und eine klare Erkenntnis besitzt, dann wird es nach seiner aktuellen Erkenntnis entscheiden und da diese sich nicht ändern kann, eben weil sie eine klare Erkenntnis darstellt, wird dieses Geschöpf in diesem Moment seine endgültige Entscheidung treffen.

Es hat dann aber nicht selbst bestimmt, was die Grundlage seines unwandelbaren Willens ist und entscheidet also so, wie es der Schöpfer durch die individuell unterschiedlichen Eigenschaften des Geschöpfes festgelegt hat.

Als ein Wesen ohne Grundlage aber, daher auf Basis einer tabula rasa, könnte es gar keine Entscheidung treffen.

Folglich kann eine freie, daher selbstbestimmte, moralische Entscheidung nur dann von einem Geschöpf getroffen werden, wenn dieses Erfahrungen sammeln und Konsequenzen begreifen kann, daher einen freien Willen besitzt und wankelmütig ist, wodurch es einmal diese und einmal jene Handlungsweise ausprobieren kann und eine einmal getroffene Entscheidung nicht ständig wiederholt. Es muß also ein Leben leben.

 

Adam und Eva im Paradies waren zunächst keine moralischen Geschöpfe, da sie nicht zwischen gut und böse unterscheiden konnten, denn diese Fähigkeit erlangte sie erst dadurch, daß sie von der verbotenen Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse kosteten.

Bevor dies geschah und bis dies geschehen war, waren sie bei allem, was sie taten, nicht unmoralisch, weil ihnen die Fähigkeit zur Moral ja fehlte.

Eine Ameise tut das, was sie tun muß, sie beurteilt ihre Taten wahrscheinlich nicht nach moralischen Maßstäben.

 

Ein Geschöpf bleibt in der Ordnung Gottes, weil es durch das System der Natur korrigiert wird, so daß es in der Natur eine Harmonie gibt.

Wenn ein Geschöpf jedoch Bewußtsein entwickelt, dann kann es sich über dieses System erheben und dann hat es eine Wahl: Entweder es gehorcht Gottes Gesetzen und Anordnungen oder es bedarf der Moral, welches die neugewonnene Macht, nämlich sich außerhalb der von Gott gefügten Ordnung der Natur bewegen zu können, zum Guten wendet.

Was bedeutet, daß das Geschöpf lernt, aus Einfühlung, Einsicht und Liebe heraus, seinen Willen so einzuschränken, daß ein gemeinsames friedvolles Leben aller empfindsamen Kreaturen möglich ist.

Da das Geschöpf aber wankelmütig ist und wie bereits erläutert, wankelmütig sein muß und ein gemeinsames friedvolles Leben aller empfindsamen Kreaturen auf Dauer nur möglich ist, wenn dieser finale moralische Entschluß von Dauer ist, und die Kreatur daher nicht mehr ins Böse zurückfallen kann, bedarf es einer Wandlung der Kreatur. Hat sich die Kreatur in einer solch finalen Weise entschlossen, bedarf es wieder einer klaren Erkenntnis und eines festen, daher nicht mehr wankelmütigen Willens und dies vermag das Geschöpf nicht aus eigener Kraft zu erbringen, so daß es auf eine Gnade Gottes angewiesen ist, durch die es gewandelt wird. Es wird dann so beschaffen sein, wie es im höchsten Zustand seiner moralischen und sonstigen vernünftigen Erkenntnis von ihm gewollt ist.

 

Voraussetzung dafür, daß der Mensch frei darüber bestimmt, wie er beschaffen sein wird, ist die Freiheit des Willens und eine gewisse "Freiheit von Gott".

Wenn wir ohne Gott sein wollen und frei sein wollen von Gott, so bedürfen wir einer Welt, die nach Gesetzlichkeit beschaffen ist - eine Welt, die nach Gesetzlichkeit beschaffen ist, ist eine Welt, die unserer Freiheit grenzen setzt und dabei zugleich aber auch Bedingung unserer Freiheit von Gott ist.

Wenn es keine Gesetzlichkeit gäbe, dann könnten wir auch nicht wirken.

Wenn wir wirken können, dann kann die Welt und die anderen Kreaturen auch wider uns wirken. Schmerz ist daher auch immer eine Einschränkung der Freiheit - Unserer Seele Wollen stößt an eine Grenze, da ist etwas ihr Fremdes, was gegen sie verharrt und Leid verursachen kann.

Leid hat grundsätzlich einen Wert, denn Leid ist der Widerstand, durch den erst Entwicklung stattfindet. Durch Parasiten wird die Evolution beschleunigt, wenn sich die Umweltbedingungen verändern, dann schrumpft vielleicht die Population, sie muß sich anpassen und entwickelt sich fort. Wenn eine Gattung aber eine Nische gefunden hat, dann entwickelt sie sich auch nicht weiter. Dennoch rührt uns das Leid der einzelnen Kreatur und das Leid, welches die Kreaturen in der Summe erleiden, an. Der Zustand der Welt ist nicht der, der Ideal wäre. Wir haben kein Paradies auf Erden, alle Schöpfung bildet den Sündenfall ab. Alle Kreaturen trachten danach zu fressen und sich zu vermehren und damit auch danach zu morden und Leid zu verbreiten.

Der Mensch kann jedoch erkennen, daß es unmoralisch ist, nur nach dem eigenen Vorteil zu trachten und dem Nächsten gegenüber ein Raubtier zu sein. Indem er nun diesem Gewissen folgt und danach handelt, verändert sich der Mensch und wandelt sich in Richtung seiner göttlichen Entsprechung und darin liegt die Aufgabe seines Lebens.

 

Das Leid, welches durch Katastrophen verursacht wird, ist durch den naturgesetzlichen Charakter des Seins bedingt und dieser ist notwendig dafür, daß der Mensch frei handeln kann. Wenn der Boden hart sein muß, damit man auf ihm laufen kann und sich frei hierhin und dorthin bewegen kann, dann ist der Boden auch hart, wenn man stolpert und auf die Nase fliegt.

 

Sowohl das Leid, welches sich die Kreaturen gegenseitig zufügen, als auch das Leid, welches die Kreaturen durch die Materie erfahren, sind daher in ihrer Allgemeinheit notwendig, was aber nicht bedeutet, daß das konkrete Leid des einzelnen damit unmittelbar selbstverschuldet und deswegen gerecht wäre. Das Leid, welches der Einzelne erfährt, muß nicht immer etwas mit seiner Einstellung und seinem Lebenswandel zu tun haben, denn es ist auch Konsequenz der Freiheit des Anderen und der die allgemeine Freiheit ermöglichenden Naturgesetzlichkeit.

 

Letztendlich ist das Leid möglich, weil es Naturgesetzlichkeit geben muss, damit wir handeln und aus den Konsequenzen unseres Handelns lernen können und weil es den freien Willen geben muss, damit wir selbst bestimmen können, zu welcher Art Mensch wir werden.

 

Als verlorener Sohn ziehen wir aus in diese Welt und versuchen unser Glück - doch nur ein Narr glaubt, daß wir einen Zustand vergleichbar dem Paradies durch unserer eigenen Hände Werk erreichen könnten.

Der verlorene Sohn kehrt heim, weil er nichts mehr hat, mit dem er sich das Wohlergehen in der Welt erkaufen kann, weil er erkennt, daß er in der Welt nicht allein bestehen kann und das: "Gib mir was ich brauche und laß mich selbst meine eigene Welt suchen - Gib mir eine Welt, so wie ich sie brauche, damit ich darin frei und ohne dich leben kann und dort will ich mit meinem Gleichen glücklich sein!" sich als Hochmut und Irrweg zeigte, aber darin besteht dann auch der Sinn dieser Welt - als Freiheit und Schule zugleich - der Mensch ist frei und lernt dennoch.

Die Welt folgt allgemeinen Gesetzen, die der Mensch erkennen und nutzen kann, Gott greift nicht ein, wenn dies nicht erforderlich ist oder erbittet wird - der Geist Gottes weht jedoch, wo er will.

Allein die Schöpfung ist so schlecht wie der Mensch, gefallen mit ihm und daher ist das Töten und Morden überall, welches den Menschen schon zu Zeiten Kains auf den Fersen folgte.

 

Doch das Elend der Welt ist so erdrückend und mächtig - solange der Mensch in kleinen Dörfer lebte und von der Welt um ihn herum nicht viel mitbekam, solange war großes Übel eher ein seltenes Ereignis, in unserer medialen Welt ist das Leid aber allgegenwärtig geworden, wir können gar nicht mehr so viel mitfühlen, wie wir von Leid und Elend erfahren.

 

 

Grüße

Sam

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Hallo Sam,

 

interessanter Beitrag, der weitgehend auf die "Theodizee des freien Willens" hinausläuft, verstehe ich Dich richtig? Gott hat uns als freie Wesen erschaffen, deshalb ist es keine Einschränkung seiner Allmacht, dass er unser Handeln nicht vorausbestimmen kann.

 

Darf ich hier und da ein bisschen einhaken?

 

Vielleicht gehört es zum göttlichen Sein dazu, tätig zu sein und um tätig zu sein, bedarf es etwas, was nicht Gott ist

War Gott dann "vor der Schöpfung" kein Gott? Ich weiß, Du wolltest über diese Vor-Zeit nicht spekulieren, aber trotzdem: Gott existiert seit der Ewigkeit, das Universum erst seit ~15 Milliarden Jahren. Hat er sein "göttliches Sein" vorher an einem anderen Objekt abreagiert :angry2: oder ist er erst durch die Schöpfung zu Gott geworden?

 

Vielleicht ist aber auch die Liebe, der Grund der Schöpfung, denn Liebe braucht einen Gegenstand

Ähnliche Frage wie oben, nur anders formuliert: Wo war Gottes Liebe vor der Schöpfung? Und: Wenn diese Liebe ohne einen Empfänger nicht existiert, dann ist sie eigentlich erst mit diesem Empfänger entstanden -- Gottes Liebe wäre damit Teil der Schöpfung und nicht inhärente Eigenschaft Gottes? Insbesondere kann die Liebe nicht gleichzeitig Ursache und Produkt der Schöpfung sein. Und nein, das ist keine Haarspalterei: Die Eigenschaft "Liebe" einem Wesen zuzuschreiben, das definitionsgemäß nichts hat, was es lieben kann (also Gott vor der Schöpfung) ist rein logisch gesehen ohne Sinn -- und insbesondere ohne moralischen Erkenntnisgewinn.

 

Vielleicht umschließt die Ewigkeit Gottes die zeitliche Schöpfung, wie ein Kreis seinen dimensionslosen Mittelpunkt.

Also ein Gott außerhalb der Zeit?

 

Ein Gott, der nicht gut ist, wäre nicht vollkommen und damit auch kein Gott.

Moment mal, hier bringst Du etwas durcheinander, glaube ich. Wenn Du "vollkommen" definierst als "allmächtig und allwissend", dann beinhaltet das noch keine Aussage über moralische Vollkommenheit. Wenn aber Deine Definition von "vollkommen" dieses moralische Gut-Sein bereits mit einschließt, ist Deine Aussage eine selbstbezügliche Null-Aussage.

 

Oder folgt Gottes moralische Vollkommenheit aus seiner Allmacht und Allwissenheit? D.h. das vollständige Wissen um die Konsequenzen seines durch keine äußeren Zwänge beschränkten Tuns macht ihn automatisch gut?

 

-- snorri

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PS: Zum Thema "Gottes Liebe" bin ich über ein in diesem Zusammenhang interessantes Zitat gestolpert:

Augustinus von Hippo argumentiert, dass es nur durch die Trinität möglich sei, dass Liebe ein ewiger Wesenszug Gottes sein kann. Liebe braucht immer ein Gegenüber: ein nichttrinitarischer Gott könnte also erst lieben, nachdem er ein Gegenüber erschaffen hat, das er lieben kann. Der dreieinige Gott habe jedoch von Ewigkeit her das Gegenüber der Liebe in sich selbst, wie Jesus es in Joh 17,24 EU beschreibt.

>> Quelle

 

PPS: Habe erst nach dem Antworten gemerkt, dass ich hier in die "Glaubensgespräche" geraten bin (wo ich als zwar Katholik, aber Agnostiker nicht hingehöre). Falls das unerwünscht sein sollte, bitte löschen oder verschieben -- sorry!

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PS: Zum Thema "Gottes Liebe" bin ich über ein in diesem Zusammenhang interessantes Zitat gestolpert:
Augustinus von Hippo argumentiert, dass es nur durch die Trinität möglich sei, dass Liebe ein ewiger Wesenszug Gottes sein kann. Liebe braucht immer ein Gegenüber: ein nichttrinitarischer Gott könnte also erst lieben, nachdem er ein Gegenüber erschaffen hat, das er lieben kann. Der dreieinige Gott habe jedoch von Ewigkeit her das Gegenüber der Liebe in sich selbst, wie Jesus es in Joh 17,24 EU beschreibt.

>> Quelle

 

PPS: Habe erst nach dem Antworten gemerkt, dass ich hier in die "Glaubensgespräche" geraten bin (wo ich als zwar Katholik, aber Agnostiker nicht hingehöre). Falls das unerwünscht sein sollte, bitte löschen oder verschieben -- sorry!

Hallo snorry, daß ist interessant, weil ich gerade vor kurzem genau diese Position schon einmal vertreten habe:

Bevor Gott nichts geschaffen hatte, tat er gar nichts.

Tatsächlich ist Gott nicht einer, sondern in einem gewissen Sinne drei und dies von Ewigkeit her.

Es gab keine Zeit, zu der Jesus nicht schon existierte.

In 9. Markus läßt Gott verkünden: "Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören."

Gott liebte daher schon immer seinen Sohn.

Und in 1. Johannes heißt es: "7 Geliebte, lasset uns einander lieben! Denn die Liebe ist aus Gott, und wer liebt, der ist aus Gott geboren und kennt Gott. 8 Wer nicht liebt, kennt Gott nicht; denn Gott ist Liebe."

Wenn man die Liebe nicht versteht, dann versteht man auch Gott nicht - so einfach ist das.

Ich halte die Liebe sogar für den Grund der Schöpfung. Einen anderen Grund kann ich mir gar nicht vorstellen.

Es wird so sein, daß Gott als die Liebe, die Schöpfung quasi emanierte.

Und es drängt sich in der Tat der Gedanke auf, daß Gott ohne Schöpfung nicht vollkommen wäre.

Es ist aber nun nicht so, daß zunächst Gott war und dann erst später die Schöpfung, vielmehr umschließt Gott in seiner Ewigkeit die zeitliche Schöpfung schon immer.

http://www.mykath.de/index.php?s=&show...t&p=1290246

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Hallo Sam,

 

interessanter Beitrag, der weitgehend auf die "Theodizee des freien Willens" hinausläuft, verstehe ich Dich richtig? Gott hat uns als freie Wesen erschaffen, deshalb ist es keine Einschränkung seiner Allmacht, dass er unser Handeln nicht vorausbestimmen kann.

 

Darf ich hier und da ein bisschen einhaken?

 

Vielleicht gehört es zum göttlichen Sein dazu, tätig zu sein und um tätig zu sein, bedarf es etwas, was nicht Gott ist

War Gott dann "vor der Schöpfung" kein Gott? Ich weiß, Du wolltest über diese Vor-Zeit nicht spekulieren, aber trotzdem: Gott existiert seit der Ewigkeit, das Universum erst seit ~15 Milliarden Jahren. Hat er sein "göttliches Sein" vorher an einem anderen Objekt abreagiert :angry2: oder ist er erst durch die Schöpfung zu Gott geworden?

Da in der Ewigkeit keine Zeit vergeht, hat es auch nicht gedauert, bis Gott geschaffen hat.

Die Schöpfung existiert daher schon immer, daher so lange es Zeit gibt und auf die Schöpfung hat Gott nicht gewartet.

Dazu auch:

http://www.mykath.de/index.php?s=&show...t&p=1290459

 

Vielleicht ist aber auch die Liebe, der Grund der Schöpfung, denn Liebe braucht einen Gegenstand

Ähnliche Frage wie oben, nur anders formuliert: Wo war Gottes Liebe vor der Schöpfung? Und: Wenn diese Liebe ohne einen Empfänger nicht existiert, dann ist sie eigentlich erst mit diesem Empfänger entstanden -- Gottes Liebe wäre damit Teil der Schöpfung und nicht inhärente Eigenschaft Gottes? Insbesondere kann die Liebe nicht gleichzeitig Ursache und Produkt der Schöpfung sein. Und nein, das ist keine Haarspalterei: Die Eigenschaft "Liebe" einem Wesen zuzuschreiben, das definitionsgemäß nichts hat, was es lieben kann (also Gott vor der Schöpfung) ist rein logisch gesehen ohne Sinn -- und insbesondere ohne moralischen Erkenntnisgewinn.

Du hast die Lösung für dieses Problem glaube ich schon selbst gefunden.

 

Vielleicht umschließt die Ewigkeit Gottes die zeitliche Schöpfung, wie ein Kreis seinen dimensionslosen Mittelpunkt.

Also ein Gott außerhalb der Zeit?

Außerhalb ist wohl nicht richtig. Aber so in etwa.

 

Ein Gott, der nicht gut ist, wäre nicht vollkommen und damit auch kein Gott.

Moment mal, hier bringst Du etwas durcheinander, glaube ich. Wenn Du "vollkommen" definierst als "allmächtig und allwissend", dann beinhaltet das noch keine Aussage über moralische Vollkommenheit. Wenn aber Deine Definition von "vollkommen" dieses moralische Gut-Sein bereits mit einschließt, ist Deine Aussage eine selbstbezügliche Null-Aussage.

 

Oder folgt Gottes moralische Vollkommenheit aus seiner Allmacht und Allwissenheit? D.h. das vollständige Wissen um die Konsequenzen seines durch keine äußeren Zwänge beschränkten Tuns macht ihn automatisch gut?

 

-- snorri

Naja, es ist eigentlich eine Definition.

Ich kann Gott als allmächtig, vollkommen und als die Liebe etc. definieren.

 

Man kann aber dann fragen, warum ich dies tue - ob es eine willkürliche oder doch irgendwie begründete Setzung darstellt.

 

Ein böser Gott, ist moralisch betrachtet geringer als ein Mörder der Gewissensbisse hat, denn diese besitzt etwas, was ein solcher Gott nicht hat.

Somit ist er nicht vollkommen.

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Hallo Sam!

 

Da in der Ewigkeit keine Zeit vergeht, hat es auch nicht gedauert, bis Gott geschaffen hat.

OK, also effektiv ein Gott ausserhalb unserer Zeitschiene: Die Zeit ist eine Bestandteil der Schöpfung.

 

Ist es also der Fall, daß der Schöpfer sein Geschöpf schon als gut oder böse schafft, dann dient seine weiteren Existenz nur dem Ablauf des Vorherbestimmten, denn er wird sein Leben leben, wie es durch seine Geschaffenheit bestimmt ist. Welchen Sinn hätte dann das Leben eines Geschöpfes, wenn es wegen seines Schöpfer schlecht geraten und deswegen dann verworfen wird, wenn nicht der Ergötzung des Schöpfers? Ein solcher Schöpfer wäre jedoch nicht gut.

Einverstanden: Ein Schöpfer, der etwas erschafft, von dem er weiß, dass es böse wird, kann kein guter Schöpfer sein.

 

Vielleicht ist aber auch die Liebe, der Grund der Schöpfung, denn Liebe braucht einen Gegenstand

Ähnliche Frage wie oben, nur anders formuliert: Wo war Gottes Liebe vor der Schöpfung? Und: Wenn diese Liebe ohne einen Empfänger nicht existiert, dann ist sie eigentlich erst mit diesem Empfänger entstanden -- Gottes Liebe wäre damit Teil der Schöpfung und nicht inhärente Eigenschaft Gottes? Insbesondere kann die Liebe nicht gleichzeitig Ursache und Produkt der Schöpfung sein.[...]

Du hast die Lösung für dieses Problem glaube ich schon selbst gefunden.

Ja, nämlich dass Dein Ansatz -- eine Schöpfung aus der Notwendigkeit eines Gegenübers für die Liebe -- nicht zielführend ist :angry2: Wenn Du dem Augustinus-Zitat Recht gibst, dann bedeutet es, dass Gott keine Schöpfung als Gegenüber seiner Liebe benötigt. Wenn nicht, gilt das oben von mir Geschriebene weiterhin. -- Ist aber nicht weiter wichtig, über Gottes Motive für die Schöpfung zu spekulieren ist wahrscheinlich ohnehin müßig.

 

-- snorri

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(...)

Ja, nämlich dass Dein Ansatz -- eine Schöpfung aus der Notwendigkeit eines Gegenübers für die Liebe -- nicht zielführend ist :angry2: Wenn Du dem Augustinus-Zitat Recht gibst, dann bedeutet es, dass Gott keine Schöpfung als Gegenüber seiner Liebe benötigt. Wenn nicht, gilt das oben von mir Geschriebene weiterhin. -- Ist aber nicht weiter wichtig, über Gottes Motive für die Schöpfung zu spekulieren ist wahrscheinlich ohnehin müßig.

 

-- snorri

Es gibt viele Mütter, die es nicht bei einem Kind belassen.

Aber du hast recht, daß ist letztendlich Spekulation.

 

Vielen Dank dafür, daß du das ganze Zeug gelesen hast! :angry2:

 

Grüße

Sam

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Hallo Sam,

 

nix zu danken, das ist ja genau das Thema, das mich selbst interessiert. Deshalb würde ich auch gerne noch einen kritischen Punkt daran beleuchten, denn für mich besteht da noch eine Lücke:

 

A. Deiner Theodizee zufolge kann ja ein Schöpfer, der etwas erschafft, von dem er weiß, dass es böse wird, kein sowohl allmächtiger als auch vollkommen guter Schöpfer sein.

 

B. Ebenso geht aus dem Obigen hervor, dass Gott nicht an unseren Zeitstrahl gebunden ist. Das bedeutet insbesondere, dass für Gott zwischen Zeugung und Tod eines einzelnen Menschen keine Zeit verstreicht.

 

C. Ich nehme an, wir sind uns einig, dass es böse Menschen gibt. Darunter auch etliche, die als böse Menschen sterben, also nicht noch rechtzeitig bekehrt werden.

 

Wenn zwischen Erschaffen und Tod eines solchen bösen Menschen aus Gottes Sicht keine Zeit verstreicht, kennt er den Ausgang dieses Lebens bei dessen Erschaffung. Nach Deiner Logik müsste daraus folgen, dass Gott nicht gut ist.

 

-- snorri

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Hallo Sam,

 

nix zu danken, das ist ja genau das Thema, das mich selbst interessiert. Deshalb würde ich auch gerne noch einen kritischen Punkt daran beleuchten, denn für mich besteht da noch eine Lücke:

 

A. Deiner Theodizee zufolge kann ja ein Schöpfer, der etwas erschafft, von dem er weiß, dass es böse wird, kein sowohl allmächtiger als auch vollkommen guter Schöpfer sein.

Ja.

 

B. Ebenso geht aus dem Obigen hervor, dass Gott nicht an unseren Zeitstrahl gebunden ist. Das bedeutet insbesondere, dass für Gott zwischen Zeugung und Tod eines einzelnen Menschen keine Zeit verstreicht.

Genau.

 

C. Ich nehme an, wir sind uns einig, dass es böse Menschen gibt. Darunter auch etliche, die als böse Menschen sterben, also nicht noch rechtzeitig bekehrt werden.

 

 

Wenn zwischen Erschaffen und Tod eines solchen bösen Menschen aus Gottes Sicht keine Zeit verstreicht, kennt er den Ausgang dieses Lebens bei dessen Erschaffung. Nach Deiner Logik müsste daraus folgen, dass Gott nicht gut ist.

 

-- snorri

Er hat sie ja nicht böse geschaffen, diese Menschen sind es von sich aus geworden.

Der Zeitfaktor spielt dabei ja keine Rolle, sondern die Frage, ob der Mensch von Gott zum Bösen bestimmt wurde oder ob er selbst das Böse gewählt hat.

 

Ich gebe aber zwei Dinge zu bedenken:

1. Da wo die Sünde übergroß ist, da ist die Gnade übergroß.

Vielleicht wird für die Bösen der Weg nur härter. Die Schrift sagt ja, daß auch in der jenseitigen Welt noch Sünden vergeben werden.

Die Dämonen, die den Menschen dann plagen, sind vielleicht nur Engel, die den Menschen helfen sich von ihrer Gier, von ihrem Materialismus und Egoismus zu befreien.

http://www.mykath.de/index.php?showtopic=2...p;#entry1289911

 

2. Gott sagte, nachdem er die Welt geschaffen hat: "Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut"

Da Gott im Moment der Schöpfung schon die Zukunft kannte, kann es sein, daß sich dies quasi schon auf die vollendete Welt bezogen hat und dann haben wir Grund zu hoffen, daß es nach Vollendung des Heilsplanes nichts Böses mehr gibt.

http://www.mykath.de/index.php?s=&show...t&p=1056843

bearbeitet von Sam_Naseweiss
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Hallo Sam,

 

muss gleich weg, deshalb nur kurz ein Einwurf, morgen dann mehr:

Er hat sie ja nicht böse geschaffen, diese Menschen sind es von sich aus geworden.

Für einen zeit-losen Gott gibt es kein "werden" nur ein "sein".

 

-- snorri

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Hallo Sam,

 

muss gleich weg, deshalb nur kurz ein Einwurf, morgen dann mehr:

Er hat sie ja nicht böse geschaffen, diese Menschen sind es von sich aus geworden.

Für einen zeit-losen Gott gibt es kein "werden" nur ein "sein".

 

-- snorri

Ja, sie sind aus ihrer Perspektive böse geworden, für Gott sind sie auch sicher heraus böse seiend.

Wenn dem so wäre, daß sich jemand wirklich mit einer solchen Willenskraft dem Guten widersetzen kann.

 

So wie die Welt für Gott auch nicht gut werden wird, sondern gut ist.

bearbeitet von Sam_Naseweiss
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Die Zeit ist endlich und in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterteilt.

Ewigkeit kennt kein Vergehen und für Gott ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleich präsent.

Gott muss nicht warten, bis etwas geschieht - es gibt für ihn keine Zeit und damit muss er nicht warten.

Folglich muss er auch nicht darauf warten bis die Schöpfung geschieht bzw. bis er schaffen wird, denn es vergeht für ihn ja keine Zeit.

Hier sagst Du also, Gott nimmt alle Ereignisse ohne jede zeitliche Trennung wahr.

 

[...] sondern die Frage, ob der Mensch von Gott zum Bösen bestimmt wurde oder ob er selbst das Böse gewählt hat.

Dieser Punkt ist nur relevant, wenn Gott den Zustand vor und nach der Entscheidung dieses Menschen als zeitlich getrennt wahrnimmt. Tut er aber nicht, sagst Du, also kennt er den Ausgang der Entscheidung bereits bei der Erschaffung:

 

für Gott sind sie auch sicher heraus böse seiend.

-- snorri

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Die Zeit ist endlich und in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterteilt.

Ewigkeit kennt kein Vergehen und für Gott ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleich präsent.

Gott muss nicht warten, bis etwas geschieht - es gibt für ihn keine Zeit und damit muss er nicht warten.

Folglich muss er auch nicht darauf warten bis die Schöpfung geschieht bzw. bis er schaffen wird, denn es vergeht für ihn ja keine Zeit.

Hier sagst Du also, Gott nimmt alle Ereignisse ohne jede zeitliche Trennung wahr.

 

[...] sondern die Frage, ob der Mensch von Gott zum Bösen bestimmt wurde oder ob er selbst das Böse gewählt hat.

Dieser Punkt ist nur relevant, wenn Gott den Zustand vor und nach der Entscheidung dieses Menschen als zeitlich getrennt wahrnimmt. Tut er aber nicht, sagst Du, also kennt er den Ausgang der Entscheidung bereits bei der Erschaffung:

 

für Gott sind sie auch sicher heraus böse seiend.

-- snorri

Da Kennen eines Ergebnisses ist kein aktiver Prozess.

Dadurch, daß ich etwas weiss, bestimme ich nicht, wie es sein wird oder ist.

Zwischen einem Wissen um etwas und einer Beschaffenheit von etwas, besteht kein kausaler Zusammenhang.

 

Nehmen wir als Beispiel die Aufzeichnung eines Fußballspieles.

Gott kennt die Zukunft so wir wir die Vergangenheit kennen.

Nun wird durch unsere Kenntnis der Vergangenheit diese nicht rückwirkend von uns determiniert.

Ich kann mir ein aufgezeichnetes Fußball so oft anschauen wie ich will, der Ablauf der Dinge wird sich dadurch nicht ändern.

Trotzdem waren die Spieler freie Akteure und wurden nicht nachträglich durch mich determiniert, nur weil ich mir eine Aufzeichnung des Fußballspieles ansehe und sich an dessen Ablauf auch nach dem 50 mal ansehen nichts mehr ändert.

Die "Gleichzeitigkeit" der Zeiten für Gott, ändert nichts daran, daß wir uns in der Zeit selbst entscheiden.

Dadurch, daß jemand weiss, wie wir uns entscheiden, wird nicht fremdbestimmt, wie wir entscheiden werden.

Dies wäre nur dann der Fall, wenn Gott die Zukunft wüßte, weil diese kausal-determiniert ist, wenn wir keinen freien Willen hätte, sondern prädestiniert wären.

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Hallo Sam,

 

Die "Gleichzeitigkeit" der Zeiten für Gott, ändert nichts daran, daß wir uns in der Zeit selbst entscheiden.

Dadurch, daß jemand weiss, wie wir uns entscheiden, wird nicht fremdbestimmt, wie wir entscheiden werden.

Die Fremdbestimmtheit habe ich hier eigentlich absichtlich herausgelassen (obwohl sich der Gedanke natürlich aufdrängt) um nicht vom Kern der Sache abzulenken: Ein zeitloser Gott weiß, was er da erschafft. Er muss nicht abwarten, wie sich sein Geschöpf entwickelt, er weiß dessen Lebensweg bereits vollständig. Er sollte also kein Problem damit haben, von der Erschaffung eines bösen Menschen einfach abzusehen, oder?

 

-- snorri

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Hallo Sam,

 

Die "Gleichzeitigkeit" der Zeiten für Gott, ändert nichts daran, daß wir uns in der Zeit selbst entscheiden.

Dadurch, daß jemand weiss, wie wir uns entscheiden, wird nicht fremdbestimmt, wie wir entscheiden werden.

Die Fremdbestimmtheit habe ich hier eigentlich absichtlich herausgelassen (obwohl sich der Gedanke natürlich aufdrängt) um nicht vom Kern der Sache abzulenken: Ein zeitloser Gott weiß, was er da erschafft. Er muss nicht abwarten, wie sich sein Geschöpf entwickelt, er weiß dessen Lebensweg bereits vollständig. Er sollte also kein Problem damit haben, von der Erschaffung eines bösen Menschen einfach abzusehen, oder?

 

-- snorri

Nein, er sieht zwar, was aus dem werden wird, was er geschaffen hat und von dem sagt er ja, daß es gut sei, aber er kann nicht etwas schaffen, dies dann aber wieder ungeschehen machen, weil er sieht, daß es sich für das Schlechte entscheiden wird.

Gott schafft den Menschen, mit dessen inhärenten Freiheit.

Diese Freiheit ermöglicht es, daß er damit quasi auch böse Menschen schafft - er schafft sie zwar nicht so, daß sie gar nicht anders sein können als böse aber doch so, daß sie böse sein können und für Gott dann quasi böse sind.

Gott könnte daher von der Freiheit absehen (wenn sie nicht aus moralischen Gründen notwendig wäre) aber nicht davon, daß er Freiheit schafft und damit das Böse existiert.

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er kann nicht etwas schaffen, dies dann aber wieder ungeschehen machen, weil er sieht, daß es sich für das Schlechte entscheiden wird.

Diese Aussage ergibt, auf einen zeit-losen Gott angewandt, keinen Sinn, denn für ihn gibt es kein "dann wieder". Er muss nicht abwarten, wie sich etwas entwickelt. Er muss nichts erschaffen, dann begutachten und dann evtl. verwerfen. Es ist für ihn alles einfach da oder eben nicht.

 

Das Leben eines Menschen ist, aus unserer zeitgebundenen Sicht, ein Prozess, also eine Abfolge von kausal miteinander verknüpften Zuständen. "Abfolge" bedeutet, dass mit vergehender Zeit ein Zustand existiert, dann der zweite, dann der dritte usw.:

 

Mit Zeit: [Zustand 1] >> [Zustand 2] >> [Zustand 3] >> [Zustand 4] >> [Zustand 5]

 

In dem Moment, in dem wir die Zeit aus dem Spiel nehmen, gibt es kein "zuerst - dann" mehr. Es gibt keinen Entwicklung mehr der Art "erst war er gut, dann böse". Es gibt nur eine nummerierte Menge von Zuständen nebeneinander, von denen manche einen guten, andere einen bösen Menschen beschreiben:

 

Ohne Zeit: [Zustand 4] & [Zustand 2] & [Zustand 5] & [Zustand 1] & [Zustand 3]

 

Es hindert Gott also kein Gesetz der Logik daran, zu jedem Wesen den Zustand mit der höchsten Nummer zu kennen -- aus unserer Sicht also unser "Endzustand" vor unserem Tod -- und nur Wesen zu erschaffen, bei denen dieser Zustand den gesetzten Qualitätskriterien standhält.

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er kann nicht etwas schaffen, dies dann aber wieder ungeschehen machen, weil er sieht, daß es sich für das Schlechte entscheiden wird.

Diese Aussage ergibt, auf einen zeit-losen Gott angewandt, keinen Sinn, denn für ihn gibt es kein "dann wieder". Er muss nicht abwarten, wie sich etwas entwickelt. Er muss nichts erschaffen, dann begutachten und dann evtl. verwerfen. Es ist für ihn alles einfach da oder eben nicht.

 

Das Leben eines Menschen ist, aus unserer zeitgebundenen Sicht, ein Prozess, also eine Abfolge von kausal miteinander verknüpften Zuständen. "Abfolge" bedeutet, dass mit vergehender Zeit ein Zustand existiert, dann der zweite, dann der dritte usw.:

 

Mit Zeit: [Zustand 1] >> [Zustand 2] >> [Zustand 3] >> [Zustand 4] >> [Zustand 5]

 

In dem Moment, in dem wir die Zeit aus dem Spiel nehmen, gibt es kein "zuerst - dann" mehr. Es gibt keinen Entwicklung mehr der Art "erst war er gut, dann böse". Es gibt nur eine nummerierte Menge von Zuständen nebeneinander, von denen manche einen guten, andere einen bösen Menschen beschreiben:

 

Ohne Zeit: [Zustand 4] & [Zustand 2] & [Zustand 5] & [Zustand 1] & [Zustand 3]

 

Es hindert Gott also kein Gesetz der Logik daran, zu jedem Wesen den Zustand mit der höchsten Nummer zu kennen -- aus unserer Sicht also unser "Endzustand" vor unserem Tod -- und nur Wesen zu erschaffen, bei denen dieser Zustand den gesetzten Qualitätskriterien standhält.

Gott kann zwar die letzte Nummer einer solchen Kette kennen aber doch nur dann, wenn es diese Kette gibt.

Damit es diese Kette gibt, muss der Mensch gelebt haben.

Damit der Mensch gelebt haben kann muss Gott ihn zuerst schaffen.

Du forderst nun, daß Gott einen Menschen nicht schafft.

Dies bedeutet, daß es dann auch keine Kette gibt von der Gott das letzte Glied kennen würde.

bearbeitet von Sam_Naseweiss
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Gott kann zwar die letzte Nummer einer solchen Kette kennen aber doch nur dann, wenn es diese Kette gibt.

Aus der Sicht eines zeit-losen Wesens gibt es keine Kette, sondern nur einen Sack voller Perlen. Erst mit der Zeit als Faden wird eine Kette daraus. Das habe ich versucht, oben mit den Pfeilchen und &-Zeichen auszudrücken.

 

Des Pudels Kern ist doch folgender:

a) Für Deine Theodizee postulierst Du einen freien Willen des Menschen, der auch aus Gottes Perspektive frei ist.

B)Freiheit beinhaltet eine gewisse Unberechenbarkeit (aber nicht: Freiheit = Unberechenbarkeit!).

c) Unberechenbarkeit wiederum bedeutet, dass ein Beobachter das Resultat einer Entwicklung nicht vorhersagen kann.

d) Damit sich aber etwas entwickeln kann, brauche ich einen Zeitstrahl, der dem Beobachter (Gott) und seinem Beobachtungsobjekt (Mensch) gemeinsam ist.

Damit der Mensch also auch Gott gegenüber frei ist (eine Freiheit aus menschlicher Perspektive reicht nicht für die Freier-Wille-Theodizee), muss Gott zwingend zeitgebunden sein.

 

-- snorri

bearbeitet von snorri
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Gott kann zwar die letzte Nummer einer solchen Kette kennen aber doch nur dann, wenn es diese Kette gibt.

Aus der Sicht eines zeit-losen Wesens gibt es keine Kette, sondern nur einen Sack voller Perlen. Erst mit der Zeit als Faden wird eine Kette daraus. Das habe ich versucht, oben mit den Pfeilchen und &-Zeichen auszudrücken.

 

Des Pudels Kern ist doch folgender:

a) Für Deine Theodizee postulierst Du einen freien Willen des Menschen, der auch aus Gottes Perspektive frei ist.

:angry2:Freiheit beinhaltet eine gewisse Unberechenbarkeit (aber nicht: Freiheit = Unberechenbarkeit!).

c) Unberechenbarkeit wiederum bedeutet, dass ein Beobachter das Resultat einer Entwicklung nicht vorhersagen kann.

Gott kennt die Zukunft ja nicht deswegen, weil er sie vorausberechnet, sondern weil sie für ihn gegenwärtig ist.

 

d) Damit sich aber etwas entwickeln kann, brauche ich einen Zeitstrahl, der dem Beobachter (Gott) und seinem Beobachtungsobjekt (Mensch) gemeinsam ist.

Damit der Mensch also auch Gott gegenüber frei ist (eine Freiheit aus menschlicher Perspektive reicht nicht für die Freier-Wille-Theodizee), muss Gott zwingend zeitgebunden sein.

 

-- snorri

Entwicklung benötigt Zeit, deswegen vergeht für den Menschen Zeit.

 

Allwissenheit bedeutet nicht notwendigerweise einen Determinismus.

Wenn die Allwissenheit nicht auf einer vollständigen Berechenbarkeit basiert, sondern auf einer "Zeitlosigkeit", dann gibt es auch keinen Determinismus.

Das wäre nur dann der Fall, wenn die Allwissenheit auf Berechnung basiert und damit sowohl einen Determinismus als auch eine Berechenbarkeit voraußsetzen würde.

Gottes Allwissenheit basiert nicht darauf, daß unsere Entscheidung determiniert sind, sondern darauf, daß er weiss, wie wir frei entscheiden werden.

 

Das gleiche Problem, welches du bei diesem Gedanken wahrscheinlich hast, hättest du auch, wenn du dir rückblickend ein Ereignis betrachtest.

Deine Handlungen sind dann geschehen und können nicht rückgängig gemacht werden - genauso sieht Gott deine Handlungen und Entscheidungen.

Obwohl du deine Entscheidungen rückwirkend nicht ändern kannst, gab es doch einen Moment wo du hättest anders handeln können.

Oder hast du auch da schon das Gefühl, daß du nicht frei sein kannst, weil es, egal wie du entscheiden wirst, immer nur eine Möglichkeit gibt, wie du dich letztendlich entschieden haben wirst?

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Gott kennt die Zukunft ja nicht deswegen, weil er sie vorausberechnet, sondern weil sie für ihn gegenwärtig ist. [...] Wenn die Allwissenheit nicht auf einer vollständigen Berechenbarkeit basiert, sondern auf einer "Zeitlosigkeit", dann gibt es auch keinen Determinismus.

Ich will hier eigentlich nicht in die Determinismusdebatte einsteigen, weil sie von unserem Thema ablenken würde. Denn der Mechanismus, wie Gott zu diesem Wissen kommt, fließt in Deine Theodizee an keiner Stelle ein. Entscheidend ist nur, dass er es weiss.

 

Zur Erinnerung:

A. Ein Schöpfer, der wissentlich böse Wesen erschafft, ist nicht gut.

B. Gott weiß, wie das Leben seiner Geschöpfe ausgeht.

C. Es gibt böse Menschen.

bearbeitet von snorri
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Gott kennt die Zukunft ja nicht deswegen, weil er sie vorausberechnet, sondern weil sie für ihn gegenwärtig ist. [...] Wenn die Allwissenheit nicht auf einer vollständigen Berechenbarkeit basiert, sondern auf einer "Zeitlosigkeit", dann gibt es auch keinen Determinismus.

Ich will hier eigentlich nicht in die Determinismusdebatte einsteigen, weil sie von unserem Thema ablenken würde. Denn der Mechanismus, wie Gott zu diesem Wissen kommt, fließt in Deine Theodizee an keiner Stelle ein. Entscheidend ist nur, dass er es weiss.

 

Zur Erinnerung:

A. Ein Schöpfer, der wissentlich böse Wesen erschafft, ist nicht gut.

B. Gott weiß, wie das Leben seiner Geschöpfe ausgeht.

C. Es gibt böse Menschen.

Wenn aber Freiheit die Möglichkeit böser Menschen impliziert dann ist die Möglichkeit, daß es böse Menschen gibt, mit einem vollkommenen Gott vereinbar, wenn Freiheit eine moralische Notwendigkeit darstellt.

Dann kann man nur noch fragen, ob dann die Schöpfung, wenn sie Freiheit impliziert, als solche zu rechtfertigen ist.

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Wenn aber Freiheit die Möglichkeit böser Menschen impliziert dann ist die Möglichkeit, daß es böse Menschen gibt, mit einem vollkommenen Gott vereinbar, wenn Freiheit eine moralische Notwendigkeit darstellt.

Genau, das ist der Dreh- und Angelpunkt der Freier-Wille-Theodizee. Deshalb reite ich ja so darauf herum: Vor einem zeit-losen Gott wären wir nicht frei (selbst wenn wir es aus unserer eigenen beschränkten Sicht sein mögen) und die Theodizeefrage wäre wieder offen.

 

Man kann nicht einerseits einen freien Willen postulieren, um damit die Theodizeefrage zu lösen, und dann genau diesen freien Willen im nächsten Satz wieder negieren, indem man Gott ausserhalb unserer Zeitachse positioniert, um so die Frage nach dem "vor der Schöpfung" zu umgehen. Das ist wie wenn man zwei Löcher im Rumpf eines Schiffes mit einem einzigen Flicken stopfen will: um ihn auf das eine Loch kleben zu können, gibt man das andere frei und umgekehrt. Für zumindest eines der beiden Löcher muss man sich eine andere Lösung suchen. :angry2:

 

-- snorri

bearbeitet von snorri
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Wenn aber Freiheit die Möglichkeit böser Menschen impliziert dann ist die Möglichkeit, daß es böse Menschen gibt, mit einem vollkommenen Gott vereinbar, wenn Freiheit eine moralische Notwendigkeit darstellt.

Genau, das ist der Dreh- und Angelpunkt der Freier-Wille-Theodizee. Deshalb reite ich ja so darauf herum: Vor einem zeit-losen Gott wären wir nicht frei (selbst wenn wir es aus unserer eigenen beschränkten Sicht sein mögen) und die Theodizeefrage wäre wieder offen.

Ich glaube da irrst du dich.

 

Man kann nicht einerseits einen freien Willen postulieren, um damit die Theodizeefrage zu lösen, und dann genau diesen freien Willen im nächsten Satz wieder negieren, indem man Gott ausserhalb unserer Zeitachse positioniert, um so die Frage nach dem "vor der Schöpfung" zu umgehen. Das ist wie wenn man zwei Löcher im Rumpf eines Schiffes mit einem einzigen Flicken stopfen will: um ihn auf das eine Loch kleben zu können, gibt man das andere frei und umgekehrt. Für zumindest eines der beiden Löcher muss man sich eine andere Lösung suchen. :angry2:

 

-- snorri

 

Also machen wir das doch mal Schritt für Schritt:

Unser Wille ist dann frei, wenn wir uns frei für etwas entscheiden können.

Würdest du dem zustimmen?

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Unser Wille ist dann frei, wenn wir uns frei für etwas entscheiden können.

Würdest du dem zustimmen?

Na, dem zuzustimmen ist leicht, weil diese Definition offensichtlich selbstbezüglich ist. Sie ist wahr, aber der Erkenntnisgewinn hält sich in sehr engen Grenzen. :angry2:

 

Aber lass' uns nicht zu sehr in dieses Problem einsteigen, denn "freien Willen" konsensfähig zu definieren ist überraschend schwer und einen separaten Thread wert.

 

Das ist für unseren Zweck zum Glück aber gar nicht nötig, denn wir brauchen zur Lösung der Theodizeeproblematik nicht diese Definition selbst, sondern nur eine logische und damit weitaus weniger problematisch zu formulierende Folgerung des freien Willens:

 

"Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe."

 

Das ist für einen zeit-losen Gott aber nicht möglich, weil es für ihn nun einmal kein "bevor" gibt. Er weiß es. Nicht davor und nicht danach, er weiß einfach.

bearbeitet von snorri
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