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Die bleibende Bedeutung der Befreiungstheologie


Ralf

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Zitat von ThomasBloemer am 16:04 - 24.Januar.2003


Zitat von Ralf am 16:34 - 22.Januar.2003

 

 

Es darf beim Brot nicht aufhören, keine Frage, aber eins nach dem anderen. Und da fängt es nun einmal mit dem Brot an.

 

 


 

Lieber Ralf, da haben wir, glaube ich, keine Differenzen. Meine Frage bezog sich ja gerade darauf, ob die Betreiungstheologie nicht doch beim Brot aufgehört und die christliche Erlösungsbotschaft auf die Erde reduziert hat.

 

Daß man einen Hungernden erst mal satt macht, bevor man ihm was vom Reich Gottes erzählt, versteht sich von selbst. Bin doch kein Zyniker, Mensch!

 

Hallo Thomas,

 

das kann man sicher so pauschal nicht sagen. Neben dem Hunger des Leibes ging es den meisten auch immer um den Hunger des Geistes und der Seele,

 

viele Grüße,

 

Matthias

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Hallo Wolfgang!

 

Das ist in der Tat des Pudels kern. ich weiß es nicht, habe diese Frage für mich noch nicht beantwortet. Das Ideal ist sicherlich der Verzicht um der Befreiung anderer willen. Und die theologische Absicherung à la "ist nicht so schlimm, dass Du von dem fetten Stück lebst" halte für geradezu grotesk und widerwärtig. Im Grunde genommen muss ich da täglich an mir arbeiten, meiner Schwäche bewusst werden und um Erlösung bitten. Das heißt also nicht, dass ich mich zurücklehnen kann, weil Gott ja eh all diese Sünden getragen hat, heißt aber auch ncht, dass ich mich per se schlecht fühlen muss, wenn ich das Ideal noch nicht erreicht haben sollte.

Wichtig bleibt: auf dem Weg dorthin zu bleiben.

 

Reicht das als Antwort?

 

Zum Thema Besitz=schlecht? Nein, aber der Begriff "Besitz" sollte anders belegt werden. Im Christlichen müsste er dahingehend interpretiert werden, dass es um eine zeitliche Verwaltung von Dingen geht, derer man sich entledigen kann, wenn es der Gerechtigkeit dient.

 

Und Thomas: natürlich kenne ich Deine Meinung dazu, aber die Befreiungstheologie konnte sich ja auch erst gar nicht über das "Brot-Niveau" erheben, konnte und kann dieses Stadium noch nicht verlassen, angesichts der schlimmer werdenden Situation in der Welt.

 

Paz y bien,

Ralf

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Lieber Ralf,

 

für mich gibt es bei diesem Thema zwei Punkte, die zu einem Dilemma führen. Zum einen ist meine Verantwortung geteilt zwischen derjenigen für die Notleidenden in der Welt und derjenigen für meine Familie und meine eigene Person. Wieviel Vorsorge ist z.B. notwendig, wieviel soll ich in eine Lebensversicherung einzahlen, damit meine Familie bei Arbeitsunfähigkeit abgesichert bleibt? Wenn ich die jährliche Rate stattdessen in ein Afrika-Projekt stecke, könnte ich Menschenleben retten. Brauche ich ein eigenes Haus, ein neues Auto? Von diesem Geld könnte man Brunnen graben und Krankenschwestern in Indien ausbilden. Da gibt es diese eindrucksvolle Schlusssequenz aus "Schindlers Liste", als Schindler sich die Schuld dafür gibt, nicht auch noch sein Auto verkauft zu haben, um einige Juden mehr vor dem Tod zu retten. Kein Stelle hat mich mehr aufgewühlt, denn genau solche Fragen stelle ich mir selbst regelmäßig.

 

Zum zweiten: Es hat für mich etwas Tragisches, dass sich in der bisherigen Geschichte der Kapitalismus als dasjenige Wirtschaftssystem erwiesen hat, welches im Vergleich zu anderen Systemen der Mehrheit die existenziellen Sorgen nehmen konnte. Der Satz, dass die Gesamtheit am meisten davon profitiert, wenn jeder einzelne egoistisch handelt (rein wirtschaftlich gesehen), wird von der Geschichte bejaht, aber als Christ lehne ich den Egoismus als Triebfeder ab. Es ist leider so, dass alle bisher versuchten Alternativen schlechtere Ergebnisse produziert haben, und Du kannst mir glauben: Es gefällt mir überhaupt nicht.

 

Mein Leben wäre um vieles einfacher, wenn ich auf diese beiden "Dilemmata" gute Antworten finden würde.

 

Liebe Grüße,

Wolfgang

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Josef Steininger

„ Der Satz, dass die Gesamtheit am meisten davon profitiert, wenn jeder einzelne egoistisch handelt (rein wirtschaftlich gesehen), wird von der Geschichte bejaht, aber als Christ lehne ich den Egoismus als Triebfeder ab.“

 

Hallo Wolfgang,

die Welt ist, meine ich, nicht so eingerichtet, dass man sagen kann, alles, was Spass macht, ist unchristlich, verboten, egoistisch, alles, was christlich oder ethisch wertvoll ist, macht keine Freude und keinen Spass, ganz grob gesagt. Das stimmt zwar teilweise, darüber sollte man sich nicht täuschen, man muss in gewissem Maß auf Spass verzichten, aber nicht allumfassend.

Zum „egoistisch handeln“ in der Wirtschaft, das Du ansprichst, gehört eben auch, dass man arbeitet , das macht Spass, weil man Geld damit verdient, aber es macht gewiss nicht immer Spass. Die Not in den unterentwickelten Ländern hat auch damit was zu tun, dass sie sich nicht dazu aufraffen können, zu arbeiten, wie im Norden gearbeitet wird. Mag auch freilich durch das Klima mitbedingt sein. Jedenfalls beruht der Reichtum des Nordens im Wesentlichen nicht auf Ausbeutung, sondern auf Arbeit. In diese Richtung (nämlich dass in Afrika z.B. mehr diszipliniert gearbeitet werden müsste) hat sich vor einiger Zeit übrigens auch der aus Senegal stammende Uno-generalsekretär geäußert.

Im Kapitalismus wird dem Egoismus des einzelnen zwar Raum gegeben, aber es ist auch seine Bereitschaft zur Arbeit nötig, die durchaus nicht rein egoistisch ist, denn erst mal sagt eigentlich jeder:

„Wer die Arbeit kennt und sich nicht drückt, der ist verrückt.“

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Zitat von Josef Steininger am 8:22 - 27.Januar.2003

Hallo Wolfgang,

die Welt ist, meine ich, nicht so eingerichtet, dass man sagen kann, alles, was Spass macht, ist unchristlich, verboten, egoistisch, alles, was christlich oder ethisch wertvoll ist, macht keine Freude und keinen Spass, ganz grob gesagt. Das stimmt zwar teilweise, darüber sollte man sich nicht täuschen, man muss in gewissem Maß auf Spass verzichten, aber nicht allumfassend.

Zum „egoistisch handeln“ in der Wirtschaft, das Du ansprichst, gehört eben auch, dass man arbeitet , das macht Spass, weil man Geld damit verdient, aber es macht gewiss nicht immer Spass. Die Not in den unterentwickelten Ländern hat auch damit was zu tun, dass sie sich nicht dazu aufraffen können, zu arbeiten, wie im Norden gearbeitet wird. Mag auch freilich durch das Klima mitbedingt sein. Jedenfalls beruht der Reichtum des Nordens im Wesentlichen nicht auf Ausbeutung, sondern auf Arbeit. In diese Richtung (nämlich dass in Afrika z.B. mehr diszipliniert gearbeitet werden müsste) hat sich vor einiger Zeit übrigens auch der aus Senegal stammende Uno-generalsekretär geäußert.

Im Kapitalismus wird dem Egoismus des einzelnen zwar Raum gegeben, aber es ist auch seine Bereitschaft zur Arbeit nötig, die durchaus nicht rein egoistisch ist, denn erst mal sagt eigentlich jeder:

„Wer die Arbeit kennt und sich nicht drückt, der ist verrückt.“

Lieber Josef,

 

zunächst einmal kann ich mich nicht daran erinnern behauptet zu haben, dass wir keinen Spaß haben sollen oder dass Spaß gar unchristlich ist. Schon ein Blick in Kohelet oder Jesus Sirach zeigt, dass uns ohne Freude und Spaß etwas fehlt.

 

Ferner kannst Du meinen vorherigen Postings in diesem Thread entnehmen, dass ich den Politikern und Menschen, die in Armutsstaaten leben, sehr wohl eine Mitschuld eingeräumt habe. Das steht kaum zur Disposition.

 

Der Kern der Kritik richtet sich, wie vor allem Ralf sehr deutlich ausgeführt hat, auf die Tatsache, dass wir unsere bessere Wettbewerbsposition ziemlich rücksichtslos gegenüber den schwächeren Gliedern im Weltmarkt ausnutzen. Dazu kommt, dass der Mensch in diesem Wirtschaftssystem (auch im alltäglichen Sprachgebrauch) nur an seinem wirtschaftlichen Ergebnis gemessen wird. Das klingt eigentlich plausibel, ist es aber nicht. Die menschenverachtende Haltung brachte der Erfinder des Fließbands, Henry Ford, auf den Punkt: "Leider kann ich nicht nur Hände kaufen, sondern muss den ganzen Menschen nehmen."

 

Mein persönliches Unwort ist "sich verkaufen". Wie oft müssen wir uns die Kritik anhören, dass unser Geschäft besser laufen würde, wenn wir uns nur besser verkaufen würden. Nicht umsonst verdienen auch die Sales-Leute enormes Geld, weil sie es gelernt haben, sich gut zu verkaufen. Wenn Du einmal beruflich mit Amerikanern zu tun hattest (und das habe ich in der Hochfinanz ständig), weißt Du, wovon ich spreche. Wenn Du einmal Datenbanken gesehen hast, die mit den persönlichen Verhältnissen der Kunden gefüttert werden, um über diese Schiene mehr Profit zu machen, dann weißt Du, dass hier null Interesse am Mitmenschen besteht, sondern man nur diesen Eindruck bei Dir hinterlassen will.

 

Ich hoffe, dass ich mit diesen kurzen Erläuterungen das falsche Bild, das Du offenbar aus meinem letzten Posting gewonnen hattest, korrigieren konnte.

 

Liebe Grüße,

Wolfgang

 

(Geändert von Woge um 9:24 - 27.Januar.2003)

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Fragen wir doch mal, wovon Europäer befreit werden sollten - und dann wie. Und dann könnten wir die Preisfrage stellen: Wollen die Europäer befreit werden?

 

Herzliche Grüße

Martin

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Zitat von ThomasBloemer am 16:30 - 21.Januar.2003

Ist bzw. war es nicht so, daß die Boffs und Konsorten deshalb mit Rom aneinandergerieten, weil sie ...


 

Hallo Thomas,

 

aus einem Artikel, den ich kürzlich bei http://www.theologischekurse.at gefunden habe:

 

Leonardo Boff gibt zur Interpretation von ‚subsistit' einen besonders interessanten Beitrag.26) Er ist aus leidvoller eigener Erfahrung ein "Spezialist" dafür, hat ihm doch Kardinal Ratzinger 1985 gerade wegen seiner von Rom zensurierten Interpretation von subsistit ein Jahr "Buß-Schweigen" auferlegt.27) Boff übersetzt subsistit mit anderen Theologen nicht mit "ist verwirklicht in", sondern mit "konkretisiert sich", "gewinnt konkrete Gestalt", "tritt zu Tage" in der katholischen Kirche.28) Medard Kehl kommt dieser Übersetzung nahe, wie wir gerade gehört haben.29) Er weiß sich damit eins mit Walter Kasper, der ebenfalls von der Konkretion und Idendifizierbarkeit der einen und wahren Kirche in der katholischen Kirche spricht.30) Demgegenüber hat ihm aber Ratzinger schon 1985 vorgeworfen er stelle damit das Konzil gleichsam auf den Kopf. "Das Konzil hingegen hatte das Wort subsistit gerade deshalb gewählt, um klarzustellen, dass es nur eine einzige Verwirklichung der wahren Kirche gibt, während es außerhalb ihres sichtbaren Gefüges lediglich ‚elementa ecclesiae' gibt."31) Wie Ratzinger das nun meint, und wie er daher wohl auch ‚subsistit' in DJ interpretiert wissen will, entnimmt Boff einem Vortrag Ratzingers "Über das Wesen der Kirche" auf dem Internationalen Kongress über die Wirkung des II. Vaticanums vom 25. bis zum 27. Februar 2000 in Rom. Ratzinger meinte dort, subsistit leite sich aus der antiken Philosophie her und entspreche dem griechischen Wort hypostasis. Das hieße aber doch wieder, dass die Kirche Jesu Christi mit der katholischen Kirche "wesensgleich" sei, also geradezu in ihr hypostasiert sei.

Boff versucht aber akribisch aus den Acta Synodalia seine Position zu beweisen. Er findet dort, dass die Theologische Kommission des Konzils nirgends den genauen Sinn von ‚subsistit' angibt. Er sieht aber zwei Hinweise für seine Auslegung. In der Erklärung zu LG 8 sagt die Kommission: "Die Kirche Christi könne auf dieser Erde konkret angetroffen werden (concrete inveniri) in der katholischen Kirche." Und kurz darauf hält sie fest: "Sie ist in der katholischen Kirche gegenwärtig (adest)." Offensichtlich versteht die Kommission also auch "konkret angetroffen werden", "gegenwärtig sein" als Synonym zu subsistere. Das hieße aber mit anderen Worten: "Die Kirche Christi gewinnt greifbare Gestalt und konkretisiert sich in der katholischen Kirche. Doch erschöpft sie sich nicht in dieser konkreten Gestalt, finden sich doch Elemente von Kirche auch in anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften, und vor allem hat sie doch auch ihre geschichtlichen Grenzen und zwar wegen der Sünder, die sie ja auch in ihrem Schoße trägt (LG 8 c).32) Mit dieser Meinung trifft sich Boff wohl mit vielen Theologen. Er zieht aber dann einen viel weitergehenden Schluß. "Alle Kirchen und christlichen Gemeinden bilden in Gemeinschaft miteinander die eine Kirche Christi."33) Diese Folgerung mag der Hauptgrund für das verhängte Bußschweigen gewesen sein, vielleicht sogar auch ein Grund für die eigentlich einengende Aussage im Dokument. Setzt sich doch DJ in der Fußnote 56 ausdrücklich mit Boff auseinander und zitiert die gegen ihn gerichtete Notifikation der Glaubenskongregation, und weist nochmals ausführlich im letzten Absatz von art. 17 eine solche theologische Auffassung zurück.34)

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Boff erhielt vorläufiges Lehrverbot in der Tat wegen seines ekklesiologischen Buches "Charisma und Macht" und "subsistit" wird ebenso in der Tat in der Christologie als Beschreibung der Hypostasis verwendet. Deswegen ist die Übersetzung "verwirklicht" auch denkbar übel, denn dann hieße das, dass sich Gott in Jesus "verwirklicht", so'ne Art Selbstverwirklichung?

 

Paz y bien,

Ralf

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Der letzte Brief Karl Rahner's, knapp zwei Wochen vor seinem Tod geschrieben, ist an den Erzbischof von Lima, Kardinal Ricketts, gerichtet. In diesem Brief setzt sich Rahner für Gustavo Gutiérrez, den "Vater" der Befreiungstheologie ein (ich glaube, auch der Begriff "Befreiungstheologie" stammt von Gutiérrez).

Es konnte kaum ausbleiben, dass auch Gutiérrez von einem Lehrverfahren bedroht wurde. Übrigens ist er, Peruaner, einer der ersten, so weit mir bekannt sogar der erste Indio, der zum Priester geweiht wurde und, schwer behindert und (zumindest zeitweise) im Rollstuhl sitzend, ein ungemein beeindruckender Mann mit einer sehr positiven Ausstrahlung, mit großem Charisma also, für den sich auch Bernhard Häring einsetzte.

 

Dieser Tage bin ich auf einen Bericht gestoßen, den ich hier auszugweise zitiere:

 

In Anlehnung an die eingangs erwähnte Diagnose vom Tod der Theologie der Befreiung begann Gutiérrez seinen Vortrag mit der Bemerkung, dass jede Theologie dazu verurteilt sei, eines Tages zu sterben, was auch für die Theologie der Befreiung gelte, sie erfreue sich jedoch noch guter Gesundheit. Auf den Titel seines Referates anspielend («Die Zukunft der Theologie der Befreiung an der Schwelle zum dritten Jahrtausend») meinte er, die Zukunft geschehe nicht einfach von selbst, der Mensch müsse sie vielmehr in seine Hände nehmen und aus eigener Initiative gestalten. Gleichwohl formulierte Gutiérrez drei wesentliche Aufgaben «seiner» Theologie. An die erste Stelle setzte er die «Option für die Armen» aus dem konkreten Kontext seiner peruanischen Heimat. Armut sei, so betonte er, nicht nur der Mangel an Mitteln, Essen oder Respekt, sondern eine Art, das Leben führen zu müssen, eine Art zu reden, zu denken, zu leiden und zu beten. Gutiérrez betonte, dass Armut Gründe habe, also nicht einfach als Schicksal aufgefasst werden dürfe. So gelte es ­ angesichts der von der Globalisierung hervorgerufenen Veränderungen ­ an die Armen, diesen grossen Teil der Menschheit, zu denken, die von einem Markt ohne Grenzen schlicht ausgeklammert würden. Deswegen fordert er eine theologische Ethik, die nicht abstrakt ist, eine Ethik, die Partei ergreift für die oft vergessenenen Opfer der weltweiten Prozesse. Die Theologie der Befreiung habe die Aufgabe, auf Differenzen, auf das Andere und Andersartige aufmerksam zu machen. Sie müsse eine Optik einfordern, die Dinge von einer anderen Seite betrachtet, welche die Sicht «von der Rückseite der Geschichte» pflege, die gleichbedeutend sei mit dem Blick der Armen und für die Armen. Drittens verwies Gutiérrez auf die Wichtigkeit der hinter der Theologie der Befreiung stehenden Spiritualität. In Bezug auf die Situation in Peru sei dies eine Spiritualität des Mit-Leidens mit den Armen und Entrechteten, eine Spiritualität, die das Kreuz auf sich zu nehmen und den ersten Schritt in die Nachfolge Christi zu tun bereit sei. Leiden bedeute aber auch hier wieder nicht untätiges Er-Leiden, sondern Mit-Leiden mit den Armen, die im Vollsinn des Wortes arm sind. Eine solche Spiritualität sei, so Gutiérrez, verwurzelt im Volk und allein fähig, auch eine Theologie hervorzubringen, die den Menschen nütze, denn Theologie werde schliesslich auf der Erde gemacht, was gleichbedeutend ist mit einer Theologie in der Welt und für die Welt, ja einer Theologie (Rede von Gott) der Menschen und für die Menschen.

 

Quelle: http://www.kath.ch/skz-1999/berichte/be22.htm

 

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(Geändert von Corinna um 13:50 - 1.Februar.2003)

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Mir geht dabei eine Frage durch den Kopf, die sich immer wieder stellt: Was war ursprünglich gedacht, war wird daraus gemacht? Und auch: Führt etwas zu einer Engführung auf einen Aspekt, oder bleibt es Bestandteil eines großen Gesamtbildes?

 

Natürlich ist es falsch, wenn "die Kirche" eine Allianz mit "den Reichen" schließt und "die Armen" unterdrückt. Nur - so mag es teilweise sein, aber eben nicht nur. "Die Kirche" tut wahrscheinlich sowohl das eine wie das andere und "die Reichen" sind genau so wenig existent sie "die Armen".

 

Wichtig für mich in deinem Beitrag, Corinna, ist die Beschreibung eines Sachverhaltes, der mit zum ersten Mal von Ralf genannt wurde. Armut kann man nur aus Sicht der Armen verstehen. Man muß aus den Augen der Armen heraus Armut sehen können, um sie überhaupt begreifen zu können.

 

Herzliche Grüße

Martin

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Martin, da gab es sicher zu Beginn viele Missverständnisse von beiden Seiten, auch der Befreiungstheologen. Dass Gutiérrez Schwierigkeiten bekam ist leicht nachzuvollziehen, wenn man seine ersten Bücher liest. Andererseits scheinen manche Leser auch nicht genau reingeschaut zu haben, sonst hätte sich mancher Punkt, der ihm angekreidet wurde, da schon geklärt. Gustavo Gutiérrez ist im Lauf der Jahre aber auch gereift, hat "seine" Theologie weiter entfaltet, besser und unmissverständlicher formuliert - wahrscheinlich übrigens nicht nur formuliert, sondern auch überdacht.

 

Schau mal hier:

 

http://members.aol.com/befreiungstheo/liberacion2.html#BM3_4

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Hallo.

 

Ich würde nochmal gerne auf den theologischen Aspekt eingehen, der meiner Meinung nach die Theologie der Befreiung unabhängig vom sozial-politischen Kontext, also unabhängig von der Frage nach richtiger oder falscher Praxis, so universell wertvoll macht.

 

Sie gibt nämlich viel mehr her als "nur" eine befreiende Dimension (und knüpfe damit an mein erstes Posting in diesem Thread an).

 

Ich denke es ist der Hauptverdienst dieser Theologie, vor aller Praxis, Gott wieder als Gott der Geschichte vor Augen zustellen, als Jahwe der Gegenwart, als Dreifaltiger, der mit uns im hier und heute ist, als "Aktivposten" in unserem Leben zu jedem erdenklichen Zeitpunkt. Und dieser Gott will befreien. Uns. Immer. Zu jeder Zeit.

 

Sehen wir die Kirche, uns, wirklich als Volk Gottes, als neues Israel? Überlegen wir wirklich, wo es evtl. an Verfehlungen unsererseits gelegen haben mag, wenn dieser Gott der Geschichte, dieser Gott der Gegenwart weniger präsent erscheint und uns Unglück heimsucht (also wie es das alte Israel tat und heute noch tut)?

 

Sehen wir uns als ein Volk oder als Grüppchen und Parteiungen? Die Theologie der Befreiung lehrt uns, wenn wir es annehmen, das Gott ein Gott mit uns allen(!) ist. Wollen wir das?

 

Und: wo spüre ich diesen Gott der Gegenwart, seinen Wunsch nach Befreiung, in meinem Leben, in dem meiner Familie, meiner Umgebung?

 

Paz y bien,

Ralf

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