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Die katholische Kirche und der Missbrauch


Björn

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Am 20.7.2017 um 09:44 schrieb Lothar1962:

 

Ich hörte den Spruch aber nicht nur von Prügel-Ideologen, sondern auch von unbeherrschten Cholerikern.

 

Ein Mensch, der Deiner Argumentation entsprechen würde, wäre in meinen Augen schon ganz nahe an einer religiös motivierten psychischen Erkrankung dran.

 

Das wäre mir ein paar Stufen zu heftig - zumindest in der Zeit, in der ich Kind war. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass man das sagte, weil man es so sagte, ohne darüber nachzudenken. Oder man sagte es bewusst gegen besseres Wissen, um die Rechtmäßigkeit des Handelns darzustellen, an der man bereits zweifelte.

...

 

Das haben sie wirklich gelernt. Völlige Unterordnung. War das früher ein wichtiges Feature für das gesellschaftliche Leben? Dann wäre das durchaus erklärbar.

Damit beschreibst Du ein Verhängnis, dem nicht nur Du zum Opfer gefallen bist.

Die völlige Unterordnung kann durchaus das Hauptziel sein. Aber das will nicht jeder zugeben. Deswegen schieben viele ein anderes Motiv vor: "Ich tu das ja nur aus Liebe. Das tut mir mehr weh, als Dir!"

Gegen diese Ausredelogik ist nur schwer, etwas zu unternehmen. Man muss eine Motivationsunterstellung betreiben: "Liebe? Von wegen! Du willst Unterordnung!"

Gegen solche Ausreden ist kaum ein Kraut gewachsen. Höchstens juristische Kräuter: "Egal ob aus Liebe oder mit Unterordnungswillen: Es ist strafbar!".

Aber die juristischen Folgen sind eben nur ein äußerer Faktor, der nicht wirklich eingesehen wird. Der Täter fühlt sich womöglich völlig im Recht, er rebelliert. Klar: Denn die Ausrede ist ihm dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, dass er sich seines Unterordnungs-Motiv schon längst nicht mehr bewusst ist.

 

Deshalb halte ich solche Sprüche für äußerst schädlich. Sie bieten Tätern eine Ausrede mundgerecht an. Man muss (neben den juristischen Maßnahmen) etwas gegen diese Sprüche unternehmen. Wenn solche Sprüche gesellschaftlich akzeptiert sind, hat das Folgen. Die Ausredetaktik wird zur Normalität. Und - wie schon erwähnt - kann das so weit gehen, dass ein Nichtprügeln als verantwortungslose Unterlassungssünde wider die Liebe angesehen wird.

 

Die Sprüche sind nur der Eisberg einer viel größeren Fehl-Einstellung. Es handelt sich um das Strafkonzept insgesamt. 

"Strafe muss sein", und Strafe kann auch Körperstrafe sein. Aber schon "Strafe muss sein" ist nur eine Behauptung, die oft genug als Axiom verwendet wird. Das ist so. Das muss man auch nicht begründen. Außerdem war es schon immer so - seit Urk aus der Steinzeit. Da geht es auch nur oberflächlich um Konditionierung: Schlechte Taten müssen gestraft werden, damit man sie nicht positiv konnotiert. Sondern es geht um ein Prinzip. Zum Beispiel das Prinzip eines imaginären Ausgleichs namens Sühne. Die Folgen dieses Denkens sind so verheerend, wie sie auch unüberschaubar sind.

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Am 20.7.2017 um 09:02 schrieb Shubashi:

Das ist so auch nicht gerade richtig: Don Bosco oder Father Flanagan setzen sich schon deutlich vor A.S. Neil für gefährdete Jugendliche ein. Genauso, wie die Gewalt und die Ausbeutung von Kindern und Jugendlicher keine Erfindung der Kirche ist, sowenig ist der Kampf dagegen eine Erfindung der Reformpädagogen. Im Gegenteil, auch die Reformpädagogik hat von Anfang mit Vorwürfen zu kämpfen gehabt, die ihr anvertrauten Jugendlichen ebenso mit sexualreformerischen Vorstellungen zu missbrauchen.

Don Bosco oder Father Flanegan konnten sich nicht einmal in ihrem eigenen Club durchsetzen, geschweige denn in der Weltöffentlichkeit.

Übrigens: Das war so, obwohl ihre Ziele womöglich sinnvoller waren, als die von Neil. 

Und man kann die Kritik an Neil, die Du übst, sogar direkt auf ihn anwenden - also nicht nur auf die Odenwaldschule. Was Neil über Sexualität so sagt ... Heute rauft man sich die Haare bei solchen Aussagen.

 

Trotzdem hat die Kirche niemanden von Neils Kaliber zu bieten. 

 

Die Reformpädagogik hat eben Erasmus gelesen, Rousseau und Diderot. Die Kirche dagegen hat sich auf die Bibel versteift und auf die Päpste. Während diese Vor-Vordenker der Reformpädagogik die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit erdachten, hat Papst Pius VI ... ach, es ist ein Trauerspiel.

 

Die Reformpädagogik hat ihre Wurzeln im Humanismus und in der Aufklärung und in der demokratischen Bewegung. Die Kirche hat diese Entwicklung verschlafen und zum großen Teil sogar bekämpft. Und daran ändern auch Don Bosco und Father Flanagan nichts. Die Anlässe zur Beendigung des Prügelns kamen nicht von kirchlicher Seite. Da gab es keine päpstliche Bulle. Und das kirchliche Konzept hat sich bis in die heutige Zeit immer und immer wieder an Schuld und Sühne orientiert. Die entscheidenden Impulse zur Reformpädagogik entflossen nicht kirchlichen Federn. Und oft genug hat Kirche (wider den Zeitgeist...) den Reformpädagogen das Leben schwer gemacht.

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Die Herzogin hatte allerdings genügend natürliche Autorität um eine Klasse im Griff zu haben und ein ebensolches Talent um wirklich jedem Kind etwas - nach seinen Talenten - beizubringen.

 

Eigenschaften, die unter den Adamskindern nach meinem Eindruck eher spärlich gesät sind (zumindest unter jenen, die sich dem Schuldienst verschrieben haben).

 

Edit: Die Herzogin hat allerdings auch damit zu kämpfen, daß es immer wieder Leute gibt, die meinen alles besser zu wissen und ihre Autorität untergraben wollen. Im rundweltlichen, hat diese permanente Autoritätsrelativierung leider extreme Auswirkungen.

bearbeitet von Flo77
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vor 4 Stunden schrieb Spadafora:

 

Also mir sind Leute, die das "Null-Toleranz-Prinzip" praktizieren lieber al solche, die nur medienwirksam davon reden. 

 

An die schützende Hand des Papstes über seine Günstlinge muss man wohl nicht debattieren. Don Mercedes und Co. sind ja keine Unbekannten.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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Am 22.9.2017 um 18:02 schrieb Studiosus:

 

Also mir sind Leute, die das "Null-Toleranz-Prinzip" praktizieren lieber al solche, die nur medienwirksam davon reden. 

 

An die schützende Hand des Papstes über seine Günstlinge muss man wohl nicht debattieren. Don Mercedes und Co. sind ja keine Unbekannten.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

JPII hat sogar gehen den Willen Josef Ratzinger an diesem verbrecher fest  gehalten
https://de.wikipedia.org/wiki/Legionäre_Christi#Skandale_um_Gr.C3.BCnder_Marcial_Maciel


das wäre ein Grund gewesen -JPII nicht heilig zu sprechen aber das ganze Verfahren war eine Farce  das Ergebnis stand schon fest bevor auch nur ein Blatt Papier in die Hand genommen wurde so wie unter Stalin in der UdSSR

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Franciscus non papa

Heute würde man die Heiligsprechung als Populismus bezeichnen. Wobei es damals eben nicht eine Mehrheit war, sondern eine lautstarke Minderheit, die sich leider durchsetzen konnte. 

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vor 45 Minuten schrieb Franciscus non papa:

Heute würde man die Heiligsprechung als Populismus bezeichnen. Wobei es damals eben nicht eine Mehrheit war, sondern eine lautstarke Minderheit, die sich leider durchsetzen konnte. 

Wann hat es jemals eine Mehrheit für irgendeine Heiligsprechung gegeben? Schon alleine, weil die meisten Heiligen allenfalls regionale Bedeutung haben... Bei JPII war immerhin ein ganzes Volk dafür :) 

 

Des weiteren ist für eine Heiligsprechung vielleicht ein tugendhaftes Leben, aber keinesfalls Fehlerlosigkeit gefordert - dann gäbe es nämlich keine Heiligen.

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In Australien kam es inzwischen zu einem ersten Erfolg. Eine der Anklagen gegen Msgr. Pell wurde zurückgezogen.

 

Es bleibt zu hoffen, dass es mit den anderen ebenso abläuft.

 

http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/missbrauchsanklage-gegen-kardinal-pell-zuruckgezogen

 

Meine Meinung nach Beschäftigung mit "Opfer" und Fall: Hier hatte ein sehr kranker und verzweifelter Mann einen Sündenbock für seine Lebenstragödie gesucht und offensichtlich im Kardinal gefunden. 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Erfolg ist es aber auch, wenn jemand, der Kindesmissbrauch betrieben oder gedeckt hat, erwischt wird und nichts mehr anstellen kann. Selbst wenn es ein Kleriker ist.

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Erfolg ist allerdings auch, wenn falsche Anschuldigung als falsch erwiesen wersen und das Opfer der unverdienten Verleumdung restlos rehabilitiert wird.

 

Wobei das dann weniger Erfolg als vielmehr Gerechtigkeit ist.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Am 2.3.2018 um 22:24 schrieb Studiosus:

Erfolg ist allerdings auch, wenn falsche Anschuldigung als falsch erwiesen wersen und das Opfer der unverdienten Verleumdung restlos rehabilitiert wird.

 

Wobei das dann weniger Erfolg als vielmehr Gerechtigkeit ist.

 

Ein verstorbener Zeuge ist aber keine als falsch erwiesene Anklage. Und deine persönliche Meinung kein Freispruch. 

 

Übrigens, die ZJ machen das mit den Missbrauchsvorwürfen ganz klug: man besteht auf der biblischen Zweizeugenregel. Von denen kannste wirklich noch was lernen

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Unschuldsvermutung. Beweismittel verloren (Zeuge tot)? Anklage weg? Freispruch nicht mehr erforderlich.

 

Zweizeugenregel ist im übrigen Schmarrn. Auch wenn der Müll in der Bibel steht.

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