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Die katholische Kirche und der Missbrauch


Björn

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vor 18 Stunden schrieb kam:

So macht die Presse Skandale. 

 

Nein. So machten die schuldig gewordenen Priester und jene Bischöfe, die sie deckten Skandale. Der Skandal ist nicht die Offenlegung dieser Scheußlichkeiten, sondern dass sie überhaupt stattfanden, und dass sie so lange vertuscht wurden. Das Vertuschen und Verschweigen führte nur dazu, dass sich dieses Gift immer weiter, immer tiefer und immer höher in die Kirche fraß, bis hinauf in die höchsten Ämter.

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vor 3 Stunden schrieb Mistah Kurtz:

 

Nein. So machten die schuldig gewordenen Priester und jene Bischöfe, die sie deckten Skandale. Der Skandal ist nicht die Offenlegung dieser Scheußlichkeiten, sondern dass sie überhaupt stattfanden, und dass sie so lange vertuscht wurden. Das Vertuschen und Verschweigen führte nur dazu, dass sich dieses Gift immer weiter, immer tiefer und immer höher in die Kirche fraß, bis hinauf in die höchsten Ämter.

Es geht um die Verfälschung der Aussage von Papst Franciscus. Und mir brauchst du nichts erzählen zum Aufklären über Skandale. Da war ich schon vor acht Jahren aktiv. 

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Mehr als acht Jahre ist es her, dass Pater Klaus Mertes vom Berliner Canisius-Kolleg mit einem Brief an ehemalige Schüler den Anstoß dazu gab, dass endlich das Schweigen um sexuellen und physischen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland aufhört. In der Folge wurden immer neue Fälle bekannt, Fälle von Missbrauch durch Priester, durch Nonnen, durch Erzieher in katholischen Einrichtungen.

 

Die Bischofskonferenz entwarf in der Folgezeit ein Konzept zur Vorbeugung sexuellen Missbrauchs. Sie beschloss zudem, Entschädigungen zu zahlen, sie richtete ein Hotline für Opfer ein und brachte zwei Forschungsprojekte auf den Weg. Einerseits. Andererseits gab es Versuche, diese Aufklärung zu behindern und Taten vergangener Jahre oder Jahrzehnte zu vertuschen. Das habe ich selber erfahren, weil ich an der Aufklärung von einem dieser Fälle beteiligt war. Daher weiß ich auch, dass dieses Abstreiten und Vertuschen manchmal aus einer Haltung der Bestürzung und Beschämung heraus geschah. Weil das Beschädigen der eigenen Ideale so schmerzhaft ist.

 

Als die Bischofskonferenz im Januar 2013 die Zusammenarbeit mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer einstellte, der für eines der beiden Forschungsprojekte verantwortlich war, war ich von tiefem Misstrauen erfüllt. Zwar hielt auch ich Pfeiffer für ungeeignet für das Projekt, aber ich hatte den Verdacht, dass er nicht wegen mangelnder Qualifikation den Hut nehmen musste, sondern weil er zu genau forschen wollte. Unter anderem ging es darum, dass die Kirche die Ergebnisse Pfeiffers vor der Veröffentlichung kontrollieren und im Zweifel ganz verbieten wollte. Die Bischofskonferenz schrieb das Forschungsprojekt neu und zu ihren Bedingungen aus.

 

Meinem Misstrauen damals wurde mit vielen beruhigenden Worten begegnet. Man möge die neue Forschungsgruppe doch erst einmal arbeiten lassen. Die Bistümer könnten es sich doch gar nicht erlauben, die Arbeit zu blockieren und Ergebnisse zu verschleiern. Man solle ihnen – den Bischöfen und den neuen Forschern – doch eine Chance geben und niemanden vorab verurteilen.

Der Ergebnis der Forschung, eine Studie von mehr als 350 Seiten, liegt jetzt vor. Festgestellt wurde, wie ich der jüngsten Ausgabe der „Zeit“ entnehme, dass im Bereich des sexuellen Missbrauchs 3677 Opfer und 1670 Täter nachgewiesen wurden, für die Zeit von 1946 bis 2017. Das bedeutet, dass 4,4 Prozent aller Kleriker in deutschen Bistümern vermutlich Missbrauchstäter waren oder sind. Bei Diözesanpriestern liegt der Satz bei 5,1 Prozent. Einrichtungen wie Kinderheime wurden gar nicht erst untersucht.

Das für mich Erschütternste an dem, was von der Studie bis jetzt bekannt geworden ist, ist aber dies: Dass es in Wahrheit noch schlimmer war. Es gibt Hinweise darauf, dass Akten manipuliert wurden. In zwei der 27 Bistümer wurden – möglicherweise schon früher – Akten vernichtet. Die Wissenschaftler durften Akten gar nicht selber einsehen, sie bekamen nur das zu Gesicht, was ihnen von den Bistümern übermittelt wurde. Ich befürchte, dass eine unabhängige Studie, wie in Australien und in Pennsylvania geschehen, weit mehr Taten entdeckt hätte.

 

Dennoch ist es den Forschern gelungen, Bestürzendes zu dokumentieren. Zum Beispiel, dass Kindesmissbrauch in der Katholischen Kirche in Deutschland nicht mit dem Jahr 2010 geendet hat. Dass ein Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch wahrscheinlich ist. Und auch, dass solche Taten massiv vertuscht wurden. Nur gegen ein Drittel der Täter wurden überhaupt kirchenrechtliche Verfahren eingeleitet (566 von den 1670 Tätern), die Strafen waren eher milde: Frühpensionierung, Therapie, Ermahnung...

 

Dass jetzt, wie weiter oben in einem Posting verlinkt worden ist, der Trierer Bischof Dr. Ackermann als Missbrauchsschutz-Beauftragter der Bischofskonferenz vor allem beklagt, dass die Studie schon vor der offiziellen Vorstellung (geplant für den 25. September) in die Presse gelangte, kann ich zwar verstehen, es ärgert mich aber dennoch. Ich habe den Verdacht, ohne die Veröffentlichung hätte die Bischofskonferenz versucht, das Ergebnis schön zu färben. Die „Zeit“ begründet ihren Beschluss, das Ergebnis der Untersuchung vorab zu veröffentlichen, mit der bisherigen Vertuschung der Verbrechen. Die Kirche habe ihre Macht genutzt, um die Täter zu schützen, sie habe die Akten „zuungunsten der Opfer kontrolliert“, nun wolle sie auch noch die Aufklärung des Missbrauchs kontrollieren.

Ich wünsche mir, dass die Bischofskonferenz die gesamte Studie für jedermann lesbar veröffentlicht. Ich befürchte, sie wird es nicht tun.

Alfons

 

 

 

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vor 3 Stunden schrieb Der Neugierige:

Gerade erbringt die Kirche den Beweis, daß sie unabhängig von der moralischen Qualifikation ihrer irdischen Führung niemals überlebt hätte.

 

Du meinst wohl umgekehrt: dass sie abhängig von der moralischen Qualifikation ihrer irdischen Führung niemals überlebt hätte. Oder, anders gesagt, mit diesen Offiziere alleine am Steuer wäre das Schiff Petri längst zerschellt. 

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vor 13 Stunden schrieb Mistah Kurtz:

Du meinst wohl umgekehrt: dass sie abhängig von der moralischen Qualifikation ihrer irdischen Führung niemals überlebt hätte. Oder, anders gesagt, mit diesen Offiziere alleine am Steuer wäre das Schiff Petri längst zerschellt. 

Das ist doch altbekannt. Hatte Napoleon nicht mal ähnliches gesagt?

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vor 17 Stunden schrieb Alfons:

 

Dennoch ist es den Forschern gelungen, Bestürzendes zu dokumentieren. Zum Beispiel, dass Kindesmissbrauch in der Katholischen Kirche in Deutschland nicht mit dem Jahr 2010 geendet hat.

 

 

Wenn Du das ernsthaft erwartet hast, dann bist du blauäugiger als ich gedacht habe. Kindesmissbrauch wird es (leider!) immer geben - die Frage ist: Wie kann man ihn auf möglichst wenige Fälle beschränken.

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vor 17 Stunden schrieb Alfons:

Nur gegen ein Drittel der Täter wurden überhaupt kirchenrechtliche Verfahren eingeleitet (566 von den 1670 Tätern), die Strafen waren eher milde: Frühpensionierung, Therapie, Ermahnung...

 

Die Studie hat noch ein anderes Problem und es wir interessant sein, zu sehen, wie sie damit umgegangen ist: Wie entscheidet man, ob ein Verdächtiger auch ein Täter ist? Wenn man sich auf rechtskräftig verurteilte Täter beschränkt (also die, wo man mit Fug und Recht das 'mutmaßliche' weglassend darf), dann sind die Zahlen viel zu klein - gerade, weil in den vergangenen Jahrzehnten der Aufklärungswille doch eher 'unterentwickelt' war. Wenn man aber alle Verdachtsfälle zählt, dann werden die Zahlen zu groß sein.

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vor 17 Stunden schrieb Der Neugierige:

Gerade erbringt die Kirche den Beweis, daß sie unabhängig von der moralischen Qualifikation ihrer irdischen Führung niemals überlebt hätte.

 

Hatte natürlich gemeint, daß sie ohne den Beistand Gottes niemals überlebt hätte.

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vor 3 Minuten schrieb Der Neugierige:

 

Hatte natürlich gemeint, daß sie ohne den Beistand Gottes niemals überlebt hätte.

 

Die korrekte Bezeichnung für solch einen „Gott“ wäre „Demiurg“.

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vor 17 Stunden schrieb Alfons:

Mehr als acht Jahre ist es her, dass Pater Klaus Mertes vom Berliner Canisius-Kolleg mit einem Brief an ehemalige Schüler den Anstoß dazu gab, dass endlich das Schweigen um sexuellen und physischen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland aufhört. In der Folge wurden immer neue Fälle bekannt, Fälle von Missbrauch durch Priester, durch Nonnen, durch Erzieher in katholischen Einrichtungen.

Es ist auch gerade 8 Jahre her, dass das Bistum Regensburg der InternetZeitung Regensburg-Digital gerichtlich verbieten lassen wollte, über die Vertuschung von Missbrauchsfällen zu berichten ... 

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Was sagt ihr hierzu?  http://kath.net/news/65122
Ich bin skeptisch, wenn ich dieses 'mea culpa'  höre  -  und gleichzeig den Aufruf an die Gläubigen, vor allem an diejenigen, die kurz davor stehen, aus der Kirche auszutreten (bei 8.20):  „Helfen Sie mit bei der Reinigung der Kirche, bei der schonungslosen Aufklärung ...“ 

bearbeitet von sofan
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Zunächst einmal ist es sein Job, aufzuklären, wie in der Vergangenheit in seinem Bistum verfahren worden ist. Dabei kann ihm keiner (oder kaum einer) helfen, denn das kann bedeutenm, das Andenken gewesener Bischöfe und Generalvikare zu beschädigen.

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Nachdem ich mich heute morgen über einen undifferenzierten Radiobericht über die kirchlichen Missbrauchs-Forschungsergebnisse geärgert habe möchte ich hier mal zur Diskussion stellen:

 

Was ist ein angemessener Umgang mit VERDACHTSfällen von Kindesmissbrauch?

 

Vermutlich bin ich vom Rechtsstaat verdorben, aber ich möchte auch im kirchlichen Bereich die Unschuldsvermutung nicht so ohne weiteres über Bord werden. Und was kann, was muß ein Bischof z.B. in dem von Julius vor ein paar Seiten geschilderten Fall tun, dem ein solcher Verdacht über sieben Ecken zugetragen wird, bei dem sich entscheidende Personen aber strikt weigern, eine offizielle Aussage zu machen? Einen Priester versetzen, damit wieder Ruhe in die Gemeinde einkehrt geht immer, aber darüber hinaus?

 

Das zeigt auch, wie schwierig die Auswertung der Akten ist: Wenn man nur nachgewiesene Fälle von Kindesmissbrauch zählt, dann bleibt eine hohe Dunkelziffer. Wenn man Verdachtsfälle zählt, dann sind die Zahlen naturgemäß viel höher. Und vermutlich gibt es auch Fälle, die sich in den kirchlichen Akten nicht erkennen lassen, weil niemand z.B. alle Gerüchte, die letztlich zu einer Versetzung geführt haben aufgeschrieben hat.

Entsprechend noch komplexer ist die Frage nach der Vertuschung durch die Kirchenhierarchie. Ist es Vertuschung, Gerüchte nicht aktenkundig zu machen? Ist es Vertuschung, Akten nach der üblichen Zeit zu vernichten oder auf ein Mindestmaß einzudampfen?

 

(Und, falls jemand heute morgen auch Radio gehört hat: Wer aus dem Schluß, das der Anteil an beschuldigten Priestern [5%] deutlich höher als der Anteil an beschuldigten Diakonen [1%] ist gleich das Zölibat als mitschuldig ausmacht, der übersieht vollkommen, daß bei den 'Durchlauferhitzern' locker fünfzig Priesterjahre auf ein Diakonatsjahr kommen und das ständige Diakone meist eigenen Kinder zum missbrauchen haben, was dann doch eher in der Familie bleibt. So gesehen wäre der Anteil der Diakone eher recht hoch.) 

 

Also, welchen Umgang mit VERDACHTSfällen erwartet ihr?

 

bearbeitet von Moriz
irgendeinen Fipptehler übersehe ich doch immer...
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vor 9 Stunden schrieb Moriz:

Also, welchen Umgang mit VERDACHTSfällen erwartet ihr?

Einen ehrlichen!  
Dunkelziffern wird es immer geben  -  und gerade bei sexuellem Missbrauch wird viel nicht nach außen getragen, sind Ermittlungen extrem schwierig.  Und:  statistische Zahlen sind eben nur Zahlen.  Jeder Einzelfall ist zu viel.  
Wichtig ist aber vor allem, dass bei Versetzung aufgrund von Missbrauchsvorwürfen die aufnehmende Pfarrei informiert wird, dass es im Vorfeld so etwas gegeben hat - zumindest die Verantwortungsträger dort.  

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Wenn das der Massstab wäre - das gab es auch in den 80ger Jahren mit Pfarrer H.

 

Unser Pfarrer war damals informiert. Trotzdem kam es bei uns zu einem gerichtsmaßigem Vorfall, wobei es sich aber nicht um das handelte, was klassischerweise als Missbrauch verstanden wird. 

Für alle, die es nicht wissen: Das ist der Fall, der 2010 durch die Presse ging, weil Benedikt XVI. insofern unmittelbar betroffen war, da Pfr. H. in seinem Bistum (München und Freising) eingesetzt wurde, obwohl ein Missbrauchsfall oder zumindest eine Anzeige und begründeter Verdacht aus dessen Heimatdiözese vorlag.

 

In dem Fall wäre nach heutigem Ermessen und auch nach dem, was als Richtlinie in meiner Diözese umgesetzt wird, eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich.

 

Aber das gab es halt damals nicht und so bekam H. eine weitere Chance. Das war damals sogar gut gemeint. Aber es braucht halt objektive und klare Regeln. Die hat man inzwischen. Zumindest Marx ist da dahinter.

 

Wir haben alle ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis abgegeben und das wird von jedem verlangt, der zu Hause oder dauerhaft mit Kindern zu tun hat.

 

Wir haben alle eine verpflichtende Fortbildung besucht. Wir sind angehalten, Hinweisen zuzuhören, aber auch selbst alles zu vermeiden, was den Verdacht aufkommen lassen würde.

 

Vermeiden werden wir es nie zu 100 % können, aber damals - da war auch wahnsinnig viel Naivität dabei. 

 

 

bearbeitet von nannyogg57
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vor 18 Stunden schrieb Moriz:

Also, welchen Umgang mit VERDACHTSfällen erwartet ihr?

 

Einen angemessenen.

 

Der Umgang mit Kindern war nach dem Krieg auch in nichtkirchlichen oder staatlichen Institutionen keinesfalls so, dass ihre Rechte oder Interessen ausreichend geschützt wurden, vielmehr wurden sie auf allen Ebenen der Gesellschaft weitgehend kritiklos Gewaltverhältnissen und Missbrauch schutzlos ausgesetzt.

 

Die Kirche hat nach außen hin jedoch einen ganz anderen Anspruch und Ideale vertreten, allerdings nicht das geringste getan diesem auch gerecht zu werden. Sie hat sicher sogar eher einem fortschrittlichen Wandel strukturkonservativ widersetzt und v.a. ihre Macht und ihren Einfluß verteidigt.

 

Mit Naivität hat das in meinen Augen wenig zu tun, mit männlichem Chauvinismus, Uneinsichtigkeit, Machtwillen und einem ungebrochenen Überlegenheitsbewusstsein sehr viel.

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