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[UMT: Julius] Von Holzwegen und Stolpersteinen


Julius

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Franciscus non papa

nun gab es auf dem lande oft sowas wie eine dorfhierachie, ich kann mich daran noch aus erzählungen und bemerkung aus meiner kindeheit erinnnern, wie ausgeprägt das gewesen sein muss. oben standen pfarrer und bürgermeister, der meist ohnehin aus einem der angesehenen häuser stammte, dann die bauern (also die hofeigentümer), gefolgt von krämern, handwerkern, gesinde usw. und ganz unten standen meist die juden.

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Angeregt durch die Eröffnung dieses Threads fand ich 2 Puplikationen zum Thema die Gegend aus der ich stamme betreffend.

Menschen zwischen Hoffnung und Verzweiflung Der Alltag jüdischer Mitmenschen in Rheinhessen, Mainz und Worms während des "Dritten Reiches"

 

und noch eine, Matthias Rohde, Juden in Rheinhessen. Studien zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Diss. Mainz 2002),

 

Hoffentlich ist das was, ich versuche die Bücher zu bekommen. Wir haben hier im Ort mindestens 3 Leute die sich mit dem Thema intensiver befasst haben, ich werde die mal befragen.

 

Danke für diesen Thread.

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nun gab es auf dem lande oft sowas wie eine dorfhierachie, ich kann mich daran noch aus erzählungen und bemerkung aus meiner kindeheit erinnnern, wie ausgeprägt das gewesen sein muss. oben standen pfarrer und bürgermeister, der meist ohnehin aus einem der angesehenen häuser stammte, dann die bauern (also die hofeigentümer), gefolgt von krämern, handwerkern, gesinde usw. und ganz unten standen meist die juden.

 

Da wird man das jeweilige Dorf wohl im einzelnen anschauen müssen. Von Buttenhausen weiss ich, dass jüdische Bürger durchaus geachtet waren und im Gemeinderat saßen, einer von ihnen (wie man an seinem Haus sehen kann, sicher kein Hungerleider) bis 1935. Das mag damit zusammenhängen, dass sich unter den Buttenhausener Juden auch solche befanden, die wirtschaftlich ausgesprochen erfolgreich waren, wichtige Steuerzahler waren und sehr viel für das Gemeinwesen taten. Es gab andere Dörfer, in denen "Landjuden" mehrheitlich bitter verarmt waren und eben zum "Lumpengesindel" zählten, das ganz weit unten in der Dorfhierarchie angesiedelt war (wobei sie nicht der "christlichen" Wohlfahrt zur Last fielen - für jüdische Arme war die jüdische Gemeinde zuständig). - Nicht übersehen sollte man auch, dass die Zahl der jüdischen Bewohner in vielen Landjudengemeinden in den 1930er Jahren schon stark rückläufig war, bedingt häufig durch Auswanderung, aber auch durch Abwanderung vor allem der jüngeren Leute in die Stadt (sie waren ja seit ca. 1830 Bürger Württembergs, letzte Freizügigkeitsbeschränkungen entfielen um 1860, gut ausgebildet und ließen sich dort nieder, wo sie sich eine bessere Lebensgrundlage versprachen als auf einem kleinen Dorf). 1860 markiert deswegen auch den Beginn der jüdischen Abwanderung aus den Dörfern, in denen sie sich einst als "Schutzjuden" niedergelassen hatten. Mühringen - um ein bereits genanntes Beispieldorf zu nennen - verlor deswegen den Rabbinatssitz, der wurde nach Horb verlagert.

 

Recht gut beschrieben ist dieser Prozess in dem hier verlinkten Artikel über das "Judendorf" Jebenhausen bei Göppingen, ein Dorf, das ebenso wie Buttenhausen, zum reichsunmittelbaren Besitz des Freiherrn von Liebenstein gehörte, und das um 1850 etwa je zur Hälfte von Christen und Juden bewohnt wurde; kurze Zeit später setzte die Abwanderung jüdischer Familien ein.

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Die jüdische Landgemeinde im Wandel der Zeit

 

Ein Vortrag von Stefan Rohrbacher, einem Nachfahren einer Jebenhausener jüdischen Familie

 

Noch im Jahre 1832 lebten hier [in Württemberg, Anm. von mir] 93 Prozent der jüdischen Untertanen in etwa 60 vorwiegend ländlichen Orten, die erst nach 1806 im Zuge der Mediatisierung an das Königreich gefallen waren.
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Zur Abwechslung das Portrait einer sehr interessanten Dame:

 

Karoline (Chaile) von Kaulla, eigentlich Chaile Auerbach, geborene Raphael, geboren 1739 in Buchau am Federsee, erste Unternehmerin Süddeutschlands, die zu Lebzeiten als reichste Frau Deutschlands galt.

 

Hier gibt's ein Sendemanuskript einer Rundfunksendung.

 

Wikipedia:

Seit 1382 wohnten in Buchau Juden, ab 1570 wird in der Stadt eine jüdische Gemeinde genannt, die in der Judengasse lokalisiert wird. Der jüdische Friedhof ist der zweitgrößte Regionalfriedhof nach Laupheim in Schwaben und noch heute erhalten. Neunundneunzig Personen mit dem Namen Einstein sind dort begraben. Im 18. Jahrhundert baute die Gemeinde eine Synagoge, Anfang des 19. Jahrhunderts eine neue größere mit Turm und Glockenspiel [Anmerkung von mir: die Synagoge erhielt später statt des Glockenspiels eine Glocke und es wurde - zum Entsetzen vieler Judengemeinden deutschlandauf und deutschlandab - sogar noch eine Orgel eingebaut und ein Synagogenchor gegründet]. 1838 wohnen in Buchau 736 Juden, ein Drittel der damaligen Gesamtbevölkerung.

 

(mehr dazu später)

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In Franken lebten viele Juden in reichsritterschaftlichen Dörfern, deren es, eingesprenkelt in katholische Regionen, viele gab. Die Gebäude viele Synagogen sind noch erhalten. Allerdings begann schon Mitte des 19. Jahrhunderts eine starke Abwanderung, teils in die Städte, teils gleich nach USA. Bekanntes Beispiel ist Levi Strauß, der aus Buttenheim bei Bamberg stammte und in den USA als Erfinder der Blue Jeans bekannt wurde. Es gab auch Familien, die von der Auswanderung durch neue Geschäftskontakte profitierten, zB die Berolzheimer aus Fürth. Als die Nazis an die Macht kamen, waren die dörflichen Gemeinden nur noch in Resten vorhanden. Eine besondere Entwicklung nahm der Antisemitismus im protestantischen Mittelfranken (früher Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth). Hier waren die jüdischen Landhändler und Geldverleiher Zielscheibe für den dort unter starken wirtschaftlichen Druck geratenen Bauernstand. Literarisch unvergleichlich gut beschrieben wurde das Leben der ländlichen Juden in Franken von Jakob Wassermann.

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Danke!

Bei der Gelegenheit auch ein Blick in die Schweiz: "Im 18. und 19. Jahrhundert waren Lengnau und das Nachbardorf Endingen die einzigen Orte der Schweiz, wo sich Juden niederlassen durften." (Wikipedia).

Lengnau und Endingen liegen im Aargau.

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In Franken lebten viele Juden in reichsritterschaftlichen Dörfern, deren es, eingesprenkelt in katholische Regionen, viele gab. Die Gebäude viele Synagogen sind noch erhalten. Allerdings begann schon Mitte des 19. Jahrhunderts eine starke Abwanderung, teils in die Städte, teils gleich nach USA. Bekanntes Beispiel ist Levi Strauß, der aus Buttenheim bei Bamberg stammte und in den USA als Erfinder der Blue Jeans bekannt wurde. Es gab auch Familien, die von der Auswanderung durch neue Geschäftskontakte profitierten, zB die Berolzheimer aus Fürth. Als die Nazis an die Macht kamen, waren die dörflichen Gemeinden nur noch in Resten vorhanden. Eine besondere Entwicklung nahm der Antisemitismus im protestantischen Mittelfranken (früher Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth). Hier waren die jüdischen Landhändler und Geldverleiher Zielscheibe für den dort unter starken wirtschaftlichen Druck geratenen Bauernstand. Literarisch unvergleichlich gut beschrieben wurde das Leben der ländlichen Juden in Franken von Jakob Wassermann.

 

Dieselbe Entwicklung für Württemberg zeichnet diese kleine Tabelle nach: Zwischen 1843 und 1861 ging die Zahl der jüdischen Einwohner von Nordstetten (ebenfalls ein "Schutzjudendorf", heute eingemeindet nach Horb) von 333 ´(damals ca. 30 % der Bevölkerung) auf 201 zurück. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der jüdischen Einwohner der ehemals Freien Reichsstadt Ulm von 19 (!) auf 327, in der Landeshauptstadt Stuttgart von 230 auf 847. (1933 lebten in Nordstetten noch 12 jüdische Einwohner, vier verstarben noch bevor die Deportationen begannen, sieben gelang die Emigration).

Seit wann genau Juden in Nordstetten lebten, ist nicht genau bekannt - der erste wird taufurkundlich Anfang des 17. Jh. erwähnt, da ließ er sich im nahen Herrenberg evangelisch taufen (Herrenberg gehörte zum Herzogtum Württemberg und war seit 1534 "rein evangelisch").

 

Der Ehemann der in diesem Thread bereits gewürdigten Madame Kaulla wurde 1737 in Nordstetten geboren, ehe er als 20-Jähriger "Roßhändler" in Hechingen die 18-jährige Chaile Bat Raphael aus Buchau ehelichte, deren Tüchtigkeit es ihm ermöglichte, sich hinfort - 52 Jahre lang - dem Studium der Tora und des Talmud zu widmen. Das mag in unseren Ohren seltsam klingen, doch genoss er als frommer orthodoxer Tora- und Talmudgelehrter auch unter christlichen Bürgern hohes Ansehen, wie ein Eintrag im Steuerregister zeigt, in dem er als "Herr" geführt wurde, eine Besonderheit, die eben nur hoch angesehenen Steuerzahlern am Hauptwohnsitz der Familie Kaulla-Auerbacher zuteil wurde.

 

In Nordstetten geboren (und dort begraben) wurde auch Berthold Auerbach. Aus seinen "Schwarzwälder Dorfgeschichten" lässt sich einiges über das Zusammenleben von Juden und Christen zur damaligen Zeit herauslesen.

 

Etwas überrascht hat mich die Zahl von nur 19 in Ulm ansässigen Juden im Jahre 1843. Hierzu verweise ich zunächst mal auf den Abschnitt 1.7 Der Sonderstatus der Juden aus diesem Link, ehe ich später noch ein paar Sätze dazu schreibe.

bearbeitet von Julius
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Weil gerade von Horb die Rede war, fiel mir die "Horber Betstube" ein. Die gehört allerdings nach Horb am Main, auch ein kleines fränkisches Dorf mit jüdischer Tradition. Die berühmte Innenausstattung der Synagoge wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts gerettet und ist heute in Jerusalem zu besichtigen. Weitere Daten zu Horb am Main und dessen Juden: http://www.alemannia-judaica.de/horb_am_main_synagoge.htm

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Etwas überrascht hat mich die Zahl von nur 19 in Ulm ansässigen Juden im Jahre 1843. Hierzu verweise ich zunächst mal auf den Abschnitt 1.7 Der Sonderstatus der Juden aus diesem Link, ehe ich später noch ein paar Sätze dazu schreibe.

 

Nein, ich brauche mir dazu nichts mehr einfallen zu lassen.

 

Auch nach der Mediatisierung der Reichsstadt Ulm 1803 und dem Übergang zum Königreich Württemberg 1810 ließen sich trotz grundsätzlicher Erlaubnis bis 1824 nur 13 Juden in Ulm nieder. Die Verwaltung der Stadt und die Ulmer Kaufleute sahen in jüdischen Kaufleuten eine unerwünschte Konkurrenz und schufen ein wenig judenfreundliches Klima.

 

Soweit ich es beurteilen kann, ist das Hin und Her - Juden lassen sich in Städten nieder, werden vertrieben und weichen in Landgemeinden aus, lassen sich wieder in Städten nieder ... im Wikipediaeintrag zur jüdischen Gemeinde Ulm ausführlich und treffend geschildert.

 

Nach dem Ulmer Pestpogrom wurde der jüdische Friedhof zerstört, die Grabsteine wurden teils im Ulmer Münster verbaut, teils wohl auch in Häusern wohlhabender Bürger in Ulm oder der näheren Umgebung. So wurde bereits im 19. Jahrhundert entdeckt, dass der "Weihestein", der in der Nähe der Brauttüre auf die Grundsteinlegung 1377 hinweist, ein einfach umgewendeter, einem Rabbi gewidmeten Grabstein aus dem Jahr 1341 war.

 

Der Stein wurde schließlich durch eine Kopie ersetzt, das Original befindet sich jetzt im Ulmer Museum, weitere im Münster entdeckte Grabsteine werden von der Münsterbauhütte aufbewahrt. Interessant finde ich den Teil der Inschrift: "Es ruhe seine Seele im Garten Eden mit den Gerechten in Ewigkeit".

 

Anmerkungen: Der "Weihestein" hat nicht unmittelbar was mit "Weihe" zu tun, sondern ist ein Stein, auf dem eine eingemeißelte Inschrift auf ein bestimmtes Ereignis - hier die Grundsteinlegung des Ulmer Münsters - hinweist.

Die "Brauttür" oder das "Brauttor" ist vor allem an gotischen Kirchen ein Seitenportal, vor dem - weil die Öffentlichkeit bei der Eheschließung hergestellt sein sollte - die Trauungen stattfanden. Später hat man Trauungen dann in die Kirche verlegt.

bearbeitet von Julius
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Ein bisschen kühl war's, und das ehemalige Residenzstädtchen Haigerloch (etwa 40 km südlich von Tübingen, nahe der A81) ist für einen, der nicht mehr so ganz gut auf den Beinen ist, auch etwas mühsam zu begehen. Es hat sich trotzdem gelohnt, zur Fliederblüte mal dahin zu fahren. Anzunehmen ist, dass um diese Jahreszeit der Flieder auf den Muschelkalkfelsen schon duftete, als es noch eine jüdische Gemeinde gab.

 

Auch Haigerloch gehört zu den Orten, die das ehemalige Herzogtum Württemberg säumen, und in denen Juden über Jahrhunderte hin weg, mehr oder weniger unbeeinträchtigt, als Schutzjuden leben konnten: Haigerloch gehörte einst einer Seitenlinie der Zollern, die früh ausgestorben ist, weswegen die kleine Herrschaft dann an das katholisch gebliebene Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen fiel. Um 1850/60 lebten in Haigerloch knapp 400 Juden, sie machten damals etwa 30 % der Gesamtbevölkerung des Städtchens aus. Dem Vernehmen nach kamen Christen und Juden ganz gut miteinander aus, wenn man mal von den gelegentlichen Interventionen der christlichen Haigerlocher Kaufleute absieht, denen die jüdischen Wanderhändler eine lästige Konkurrenz waren. Gegen einen entsprechenden Vorstoß der Haigerlocher Kaufleute, die Juden auszuweisen, begehrten allerdings die Bewohner der um umliegenden Dörfer auf, die von jüdischen Hausierern mit Waren des täglichen Bedarfs versorgt wurden. Diesen "Service" boten die christlichen Haigerlocher Kaufleute nicht, und für die Bauern auf den Dörfern war es vor allem in den arbeitsreichen Zeiten höchst unbequem, nach Haigerloch zum Einkaufen zu pilgern. Der damals regierende Fürst zeigte sich schwankend, versuchte es, den Kaufleuten recht zu machen, schätzte auber auch die zusätzlichen finanziellen Mittel, die ihm die mit den von den Juden zu entrichtenden Schutzgebühren in die fürstliche Kasse spülten. Deswegen verliefen Versuche, die Juden in ihren damals ohnehin noch beschränkten Rechten weiter zu beschneiden über kurz oder lang im Sande, auch ein vorübergehender Versuch, die ortsansässigen Juden der christlich-katholischen Gemeinde einzuverleiben, erwies sich als wenig erfolgreich: Joseph Friedrich verpflichtete die Haigerlocher Juden 1752 dazu, allsonntäglich die katholische Messe zu besuchen (erinnert ein bisschen an die Judenpredigt, die zu hören die jüdischen Einwohner des Kirchenstaates verpflichtet wurden). Ob der Verfügung in Haigerloch alle, viele oder nur wenige Juden Folge leisteten, ist nicht überliefert - am Ende waren jedenfalls nur 3 jüdische Familien zum Christentum konvertiert, die anderen beharrten auf ihrem angestammten Glauben.

 

Viele Worte brauche ich jedoch nicht zu machen: der "Gesprächskreis ehemalige Synagoge" und "Alemannia Judaica" haben viel Wissenswertes zusammengetragen; der Besuch der ehemaligen Haigerlocher Synagoge "im Haag", inmitten ihres gleichnamigen Wohnquartiers, das kein Ghetto war, mit der Dauerausstellung zum jüdischen Leben in Hohenzollern lohnt sich.

bearbeitet von Julius
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Vorgestern bin ich hier vorbeigekommen.

 

Klein, aber fein ...

 

Bei mir geht's jetzt aber von Haigerloch nach Laupheim, etwas südwestlich von Ulm gelegen, das um 1860 herum die mit über 800 Mitgliedern größte jüdische Gemeinde im Königreich Württemberg beherbergte. Zur Erinnerung: Laupheim - nordlich des Bodensees und von württembergischen Landen nah umzingelt (s.nachfolgende Karte des Königreichs) - kam erst nach dem Reichsdeputationshauptschluss an das Königreich Königreich Württemberg, hier noch in den Grenzen von 1789 erkennbar, das im 15. Jahrhundert alle Juden des Landes verwiesen hatte. Die Laupheimer jüdische Gemeinde wurzelt denn auch in der Zeit, in der Laupheim unter reichsfreiherrlicher Herrschaft stand (seit dem 16. Jh. hießen die Ortsherren von Welden, standen zumeist in bayerischen und habsburgisch-österreichischen Diensten; einen Fürstbischof zu Freising haben sie auch irgendwann im 18. Jh. mal hervorgebracht).

 

Als jüdischer Laupheimer geboren ist Carl Laemmle, der vielen als der Gründer von Hollywood gilt, zumindest aber einer der gewichtigsten Mitbegründer war. Carl Laemmle war Produzent der Erich-Maria-Remarque-Romanverfilmung "Im Westen nichts Neues", die 1930 als bester Film mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Wenige Wochen später - 1930, nicht erst 1933 - wurde der Film in Deutschland verboten. In Laupheim geboren wurde auch der Schriftsteller Siegfried Einstein und die Hochspringerin Gretl Bergmann.

 

Auch in Laupheim haben engagierte Bürger umfangreiches Material über die jüdische Gemeinde und das Zusammenleben von Juden und Christen zusammengetragen, so dass ich dazu nichts weiter zusammenzutragen habe:

Das Laupheimer Museum zur Geschichte von Christen und Juden ist auf jeden Fall mehr als nur einen kurzen Besuch wert.

Leichter lesbar auf der Homepage der Gesellschaft für Geschichte und Gedenken. Und natürlich auch Alemannia Judaica (Überschneidungen sind keinesfalls zufällig).

 

Eine noch recht frische CD mit Laupheimer Synagogengesängen (27 Titel), die im Jahre 1922 in Berlin aufgenommen wurden, kann man hier online bestellen (ein paar Takte zum Reinhören gibt es hier)..

(Hinter den Links stecken viele andere Links ... es gibt da noch viel Wissenswertes zu entdecken).

bearbeitet von Julius
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Die ersten in Laupheim zugewanderten Juden, so heisst es, seien aus Altenstadt und Illereichen gekommen. Da muss ich mal kurz von meinem Vorhaben Abstand nehmen, mich auf Württemberg zu beschränken. :D

 

Altenstadt/Illereichen liegt ca. 30 km südlich von Ulm, an der Iller, dem Grenzfluss zwischen dem heutigen Württemberg und Bayern, auf der bayerischen Seite, in Bayerisch-Schwaben also. Mitte des 19. Jahrhunderts lebten in Altenstadt neben ca. 400 jüdischen Einwohnern gerade mal ungefähr 100 christliche Bürger, die Juden waren also deutlich in der Überzahl. Wenn man so will, verdankt der Ort Altenstadt den jüdischen Zuwanderern sein Fortbestehen, denn Altenstadt war, von Illereichen überflügelt, zeitweise zu einem unbedeutenden Bauerndorf geworden - bis sich eben jüdische Familien niederließen, denen von den Ortsherren Altenstadt als Wohngebiet zugewiesen wurde. Doch die Zahl der jüdischen Einwohner war, wie auch andernorts zu beobachten, seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgrund der wachsenden Emanzipation der Juden rückläufig, in Altenstadt sogar ganz besonders stark rückläufig: schon 50 Jahre später wurden nur noch 100 jüdische Einwohner gezählt (die Einwohnerzahlen differieren in den verschiedenen Quellen, was vermutlich damit zusammenhängt, dass Illereichen, heute ein Ortsteil von Altenstadt, mal mitgezählt und ein andermal nicht mitgezählt wurde).

 

 

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Altenstadt

 

Der jüdische Friedhof in Illereichen, zugleich Friedhof der Juden von Altenstadt

bearbeitet von Julius
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So, jetzt geht's erst mal wieder ein bisschen nordwärts - das Judendorf Rexingen hatte ich im ersten Beitrag zu diesem Thema - er schlummert in einem inzwischen geschlossenen Café - nur erwähnt, dazu etwas zu schreiben aber seitdem vor mir hergeschoben, weil ich ehemalige Rexinger Juden und andere, die mit ihnen nach Palästina gereist sind, auch schon persönlich begegnen durfte und bis zum Kragen voll mit Eindrücken und Informationen stecke, die nicht so ganz leicht zu ordnen sind.

 

Rexingen, heute ein Teilort von Horb, wurde "berühmt", weil mehr als 100 Rexinger im Frühjahr 1938 von Triest an Bord eines griechischen Dampfers namens "Galiläa" nach Palästina aufgebrochen sind, um dort - genossenschaftlich organisiert - auf Land, das zuvor von der Jewish Agency von den arabischen Eigentümern gekauft worden war, den Kibbiuz Shavei Zion (Heimkehr nach Zion) zu gründen. Der Gedanke, nach Palästina auszuwandern, reichte damals schon einige Jahre zurück, den Rexinger Siedlern haben sich auch Juden aus anderen Gemeinden angeschlossen, so der jüdische Rechtsanwalt Scheuer aus Heilbronn, der in Deutschland die juristischen Schritte und Probleme für die Gruppe erledigte und schließlich auch die Ausreise erkämpfte (man wollte die Juden zwar loswerden, erschwerte ihnen aber die Auswanderung mit allerlei Schikanen), so der aus Rexingen stammende, aber in Tuttlingen wohnende Viehhändler Julius Fröhlich, so auch der promovierte Diplomlandwirt Ludwig Erlanger, der in Ravensburg als Pächter einen mustergültigen landwirtschaftlichen Betrieb aufgebaut und bewirtschaftet hatte, in dem er ab 1933 jüdische Praktikanten aufnahm, um sie auf eine landwirtschaftliche Tätigkeit - in Palästina vorzubereiten (wobei sich das Ziel Palästina im Jahre 1939 noch nicht klar herauskristallisiert hatte). Über die Stolpersteine für Ludwig Erlanger, seine Frau und seine beiden Kinder bin ich erst kürzlich gestolpert: sie finden sich auf dem Gelände des Bildungszentrums St. Konrad in Ravensburg, vom einstigen Musterlandwirtschaftsbetrieb zwischen Ravensburg und Weingarten ist nicht mehr viel zu sehen, das Gelände ist inzwischen weitestgehend überbaut. Immerhin hat man ein Biotop angelegt und ihm den Namen Ludwig-Erlanger-Anlage gegeben. Peter Erlanger, seinen Sohn, der sich später Pinchas Erlanger nannte, habe ich vor ein paar Jahren mal bei den "Laupheimer Gesprächen" getroffen, Amos (früher: Walter) Fröhlich, der Viehhändlersohn aus Tuttlingen, der als Erwachsener nach Deutschland zurückkehrte, um das Abitur zu machen und Veterinärmedizin zu studieren, ist häufig Besucher von Rexingen und seiner Heimatstadt Tuttlingen gewesen und wusste anschaulich zu berichten - sowohl über seine Jugend als auch über sein Leben in Israel. Er ist ja nun auch nicht mehr der Jüngste, aber vor eineinhalb Jahren hat er es sich nicht nehmen lassen, zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Frau Staudacher und Herrn Högerle nach Rexingen zu reisen, und vor einem halben Jahr war er erneut hier (in Horb, Mühringen, Nordstetten und Rexingen gibt es jetzt auch "Stolpersteine").

 

Doch hier zunächst mal ein Link zu einem etwas älteren Artikel, der aufzeigt, dass es für die Rexinger nach dem Kriege nicht einfach war, mit ihrer ja nur wenige Jahre zurückliegenden Geschichte zurechtzukommen.

 

Last not least: Alemannia Judaica hat selbstverständlich auch Wissenswertes über Rexingen zu erzählen.

 

Ein Luftbild von Shavei Zion aus dem Jahr 1939

 

Und ein jüngeres Bild von Rexingen im Heckengäu

bearbeitet von Julius
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Nachtrag:

 

Wie entstand die jüdische Gemeinde in Rexingen?

 

Seit Mitte des 13. Jahrhunderts bestand in Rexingen eine Johanniter-(später Malteser-) Kommende. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts ist die Ansiedelung jüdischer Familien vereinzelt nachgewiesen, über die Größe der jüdischen Gemeinde aber nichts bekannt. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. ist dann ein vermehrter Zuzug zu verzeichnen, ob das nun im einzelnen auf die verbesserte Datenlage und/oder bzw. in welchem Umfang auf den Zuzug von Juden aus der Ukraine zurückzuführen ist, vermag ich nicht zu sagen. "Schutzjuden" waren wohl auch im 17. Jh. zumeist Juden, die aus Städten oder z.B. Herzogtümern wie Württemberg vertrieben worden waren, und sich dann am Rande der Gebiete niederließen, aus denen sie vertrieben worden waren. Dem Vernehmen nach hat es sich bei den Judenfamilien, die sich nach dem 30-jährigen Krieg in Rexingen niedergelassen haben, jedoch um Juden aus der Ukraine gehandelt, die vor den Pogromen des Kosakenaufstandes von Bohdan Chmelnyzkyij geflohen waren, nachdem Juden auf der Flucht vor den Pogromen im Westen (s. Kreuzzüge) nach Osten geflohen waren und an die 600 Jahre lang dort ein tolerantes Umfeld gefunden hatten. Im Wikipedia-Artikel über die Geschichte der Juden in Polen wird das angesprochen.Es ist anzunehmen, dass sich in der zweiten Hälfte des 17. Jh. in größerer Zahl Flüchtliche aus der Ukraine/Polen auch an anderen Orten hier niedergelassen haben, dass vorhandene jüdische Gemeinden deswegen wuchsen und - wie in Rexingen - neue jüdische Gemeinden entstanden sind. Für einige jüdische Gemeinden in Norddeutschland (z.B. Lübeck) ist das nachgewiesen.

 

 

"Vom Neckar ans Mittelmeer"

Ein Materialheft der Landeszentrale für Politische Bildung

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Kürzlich bin ich über diesen Stolperstein in Köln gestolpert.

 

Die kleine Nelly wurde zusammen mit ihrer Mutter Mina Rosenbaum und ihrem nur wenig älteren Bruder Josef 1938 nach Polen abgeschoben. Der Vater war schon in die USA emigriert, um den Nachzug seiner Familie vorzubereiten, eine ältere Schwester war zur Zeit der Abschiebung bei Verwandten in Belgien - als sich 1938 die Ereignisse überschlugen und die "Ostjuden" abgeschoben wurden.

 

Die kleine Restfamilie lebte zunächst in Polen und wich bei Kriegsausbruch weiter nach Osten, über den Bug, in die Sowjetunion aus. Nachdem die Mutter in Russland in einem Lager bei Archangelsk verhungert war, verhungerte auf dem weiteren Irrweg durch russische Lager auch die kleine Nelly, ehe der überlebende Bruder nach einer weiteren Odyssee als eines der sogenannten "Teheran-Kinder" Palästina erreichte und zunächst im englischen Internierungslager Atlit Aufnahme fand.

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Zu Pfingsten mal ein Ausflug ins badische Nachbarländle, verbunden mit einem Reisetipp für diejenigen, die im Pfingst- oder bevorstehenden Sommerurlaub das "Schwäbische Meer", den Bodensee, streifen und sich für die Geschichte der Landjuden dort interessieren:

 

Wangen am Bodensee, genauer gesagt am Untersee, gehört heute zu Öhningen (Halbinsel Höri bei Radolfzell). Der Ort hat heute knapp 1000 Einwohner, Mitte des 19. Jahrhunderts etwas weniger, in den 1860er Jahren machten die jüdischen Einwohner ca. 40 % der Dorfbevölkerung aus. Entstanden ist die jüdische Gemeinde dort Mitte des 17. Jahrhunderts durch den Zuzug von "Schutzjuden" wie an vielen anderen Orten auch. Viele der damals zugezogenen Familien waren vor den Judenverfolgungen im schweizerischen Thurgau ans gegenüberliegende Bodenseeufer ausgewichen. Einer dieser Juden - der erste, der dort namentlich genannt wird - ist noch im 17. Jahrhundert nach Buchau am Federsee weitergezogen. Der Pferde- und Tuchhändler Baruch Moses Ainstein wurde dort der Stammvater der vielköpfigen Familie Einstein, deren berühmtester Sproß Albert Einstein wurde.

 

Doch auch in jüngerer Zeit kamen eindrucksvolle jüdische Persönlichkeiten aus Wangen: Das Alte Rathaus beherbergt inzwischen eine an Jacob Picard erinnernde Gedenkstätte, den Schriftsteller, der die Erinnerung an das verschwundene Landjudentum lebendig erhalten hat. Sein gleichfalls in Wangen geborener Cousin Leo Picard ist als Zionist schon in den 1920er Jahren nach Palästina ausgewandert und hat es als Geologe zu Rang und Namen gebracht. Seine erste Publikation (über die fränkische Alb) entstand noch in Deutschland. Wangen selbst ist ein malerischer Ort, in dem ein ganzer Ortsteil als Ensemble unter Denkmalschutz gestellt werden soll (oder inzwischen gestellt worden ist). Ich habe mal an einer Führung durch den Ort teilgenommen, bei der uns ein sehr kompetenter Begleiter beibrachte, woran man auch heute noch von Juden erbaute Häuser von anderen unterscheiden kann, die von Nichtjuden zur selben Zeit erbaut wurden. Das einfachste Merkmal erwächst daraus, dass Juden ja lange Zeit kein Land erwerben durften, daher nicht als Landwirte tätig sein konnten und deswegen keine Scheunen benötigten, um die Ernte zu bergen ... Jüdische Häuser sind aber zumeist auch als Doppel-Wohnhäuser erbaut, in denen zwei Familien lebten: es galt unter Juden als unfein und protzig, dass eine einzige Familie ein ganzes Haus für sich allein beanspruchte ... Den Abschluss der Führung bildete ein Besuch auf dem jüdischen Friedhof, wo zuletzt im Jahre 1970 der ehemalige jüdische Dorfarzt und Bürgermeister Nathan Wolf beerdigt worden ist, der dem Holocaust auf der schweizerischen Seite des Bodensees entgangen ist und nach seiner Rückkehr zeitweise Bürgermeister in Wangen war. Die Inschrift auf seinem Grabstein hat mich sehr gerührt: sie ist einem Gedicht entnommen, das der bekannte Dichter Josef Eberle alias Sebastian Blau Anfang der 1960er Jahre seinem damals verstorbenen jüdischen Schwiegervater aus Rexingen widmete ("Ultimus", er schrieb es in Latein): "Hier ruht der letzte Jude des Dorfes, bald wird Gebüsch den Stein bedecken. Doch wird sein Grab nicht vergessen werden. Denn mehr als er liegt hier begraben."

(Der jüdische Friedhof ist, nachdem er geschändet wurde, nur mit Voranmeldung und in Begleitung eines Führers zuänglich).

 

Nathan Wolf war mit einer Katholikin verheiratet, die beiden Kinder als "Halbjuden" deswegen zeitweise noch einigermaßen geschützt. Die Mutter blieb mit beiden Kindern in Wangen als der Vater in die Schweiz emigrierte. Anfangs fuhr er regelmäßig auf einem Schweizer Bodenseeschiff zwar in respektvoller Entfernung aber doch in Sichtweite zum deutschen Ufer an Wangen vorbei und konnte so seiner dort wartenden Familie wenigstens zuwinken. Etwas später wurden die Kinder dann zur Arbeit bei einem Weinbauern in der Nähe von Stuttgart zwangsverpflichtet ...

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Bekanntes Beispiel ist Levi Strauß, der aus Buttenheim bei Bamberg stammte und in den USA als Erfinder der Blue Jeans bekannt wurde.

 

Das Geburtshaus von Levi Strauss ist heute Museum.

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Heute früh habe ich im Computerfragen-Thread eine OT-Frage zum Thema Stolpersteine beantwortet. Gefragt worden war ich nach Tipps für die Recherche bei der Suche nach Daten von Opfern der deutschen Judenvernichtung. Einer Anregung aus dem Forum folgend stelle ich die Tipps auch in diesen Thread, denn hier gehören sie eigentlich hin. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich von Herzen bei Julius für diesen Thread und alle Beiträge darin bedanken.

 

Hier die Übersicht der Tipps für die Stolperstein-Recherche. Die Liste ist unvollständig, es gibt noch viele weitere Wege, ich habe die für mich wichtigsten aufgeführt.

 

Adressbücher. Für Berlin also der Link zur Zentral- und Landesbibliothek. Beim Vergleich mehrerer Jahrgänge von Adressbüchern lassen sich auch Generations- und Besitzwechsel nachvollziehen. Wichtig: Straßennamen und Hausnummerierungen können sich geändert haben. Für historische Adressbücher anderer Orte in Deutschland ist diese Seite hilfreich.

 

Gedenkbuch. Viele Opfer der Judenvernichtung stehen mit den wichtigsten Daten im Koblenzer Gedenkbuch. Die Angaben sind genauer als die aus Yad Vashem, aber sie sind nicht fehlerfrei. Das Gedenkbuch ist aber eine gute Recherchebasis.

 

Yad Vashem. In der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem sind die Datensätze von mehrerenen Millionen Opfern aufgewahrt. Sie sind auf dieser Datenbank zu recherchieren. Diese Daten sind oft sehr ungenau, sie basieren auf Angaben von Überlebenden, die sich natürlich beim Erinnern auch irren können. Für viele Opfer gibt es mehrere Datensätze; ich rate dazu, kreativ zu suchen, mit unterschiedlichen Filtern und verschiedenen Schreibweisen von Namen.

 

Veröffentlichungen. Es gibt viele Veröffentlichungen und Sekundärliteratur. Oftmals sind es private Veröffentlichungen mit kleiner Auflage, kaum bekannt: Auswertungen von Beschneidungsbüchern, Erinnerungen an einzelne Familien, Dissertationen, Arbeiten von örtlichen Initiativen über einzelne Stadtteile etc. Fündig wirst du in den Archiven von Geschichtsvereinen und in Städtischen Bibliotheken. Ohnehin sind Geschichts- und Genealogievereine sowie deren Archive ganz wichtig, weil man da auch Leute trifft, die weiter helfen können.

 

JewishGen. Weltweit suchen die Nachkommen von Opfern der deutschen Judenvernichtung, inzwischen schon in der dritten Generation, nach Spuren und Familienverbindungen. Die beliebteste Website dafür ist JewishGen. Ich habe dort Nachfahren mehrerer hiesiger Familien gefunden. Für eine Familienrecherche muss man da Mitglied werden, aber auch die offenen Datenbanken sind bereits hilfreich. Es gibt auch viele weitere Seiten, oftmals von einzelnen Familien.

 

Standesämter. In Nordrhein-Westfalen gibt es ein Gesetz, das Städte und Gemeinden verpflichtet, alle Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden nach einer Datenschutzfrist (110, 80 und 30 Jahre) öffentlich zugänglich zu machen. Für mich ist das eine der wichtigsten Datenquellen. Und das Gefühl, Menschen in Israel, den USA oder wo auch immer Fotos der Heiratsurkunde ihrer Großeltern schicken zu können, ist schon etwas sehr Schönes. Wie die Recherchemöglichkeiten nach diesen Urkunden in anderen Bundesländern sind, weiß ich leider nicht.

 

Theresienstadt. Opfer der Shoa, die in Theresienstadt umgekommen sind oder von Theresienstadt aus in Vernichtungslager geschickt wurden, lassen sich in dieser Datenbank recherchieren.

 

Joods Monument. Die meisten Opfer aus den Niederlanden sind in der Datenbank von Joods Monument aufgeführt. Da Hunderttausende deutsche Juden zunächst in die Niederlande flüchteten, enthält diese Datenbank die Namen vieler Opfer aus dem Gebiet des Deutschen Reichs.

 

Zeitzeugen. Er gibt erstaunlich viele alte Leute, die sich gut an jüdische Nachbarn, Bekannte der Eltern etc. erinnern können und persönliche Details aus dem Familienleben wissen. Nur das Finden dieser Zeitzeugen ist schwierig. Empfehlen kann ich Zeitungsaufrufe, "Erzählcafés" und Plauderrunden in Seniorenheimen, Umfragen in der Nachbarschaft.

 

Das sind die wichtigsten Quellen, die mir auf die Schnelle einfallen. Ich wünsche viel Erfolg.

 

Alfons

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Über Nationallizenzen gelangt man nach einer kostenlosen aber komplizierten Anmeldung zu

 

Testaments to the Holocaust:

 

An essential collection for:

 

20th Century Jewish Studies

Research into Nazi Germany

Jewish Resistance Activities

Holocaust Studies

World War II Studies.

 

 

Man findet dort aber auch eine Vielzahl von anderen Angeboten, die manchen hier interessieren dürften, z.B.:

 

Digital Library of Classic Protestant Texts

Digital Library of the Catholic Reformation

Acta Sanctorum Database

Europa sacra

Patrologia graeca

bearbeitet von Wunibald
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