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Papsttreue


gouvernante

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Die Sorge um Deinen Bruder beinhaltet NICHT, daß Du für seine Bestrafung zu sorgen hast, sondern allenfalls durch gutes Beispiel für sein geistliches Wachstum.

 

Wenn der Papst immer wieder auf soziale Sünden, auf Sünden gegen die Barmherzigkeit hinweist, dann sorgt er für das geistliche Wachstum. Darf man dem Papst darin nicht Folge leisten?

Du kennst ja die geistlichen Werke der Barmherzigkeit. Es geht keinesfalls um "Bestrafung", sondern um Klarheit, Wahrheit. Beschönigungstheologen die versuchen jede Sünde heilig zu sprechen, gibt es doch genug.

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Der Verzicht auf Kult und Sanktionen bei der Sündenvergebung war das Markenzeichen der Verkündigung der hereinbrechenden Gottesherrschaft. Damals hat das andere Leute nervös gemacht.

Diesen Verzicht hat Jesus zwar gelegentlich praktiziert, aber er hat da keine klare Grenzlinie gezogen. Immerhin sind die Worte der Evangelien auch eine prima Grundlage für vielerlei Höllenlehren und Höllenpredigten gewesen. Und Hölle wäre eine ultimative Sanktion.

 

Je nach Lesart kann man nun die eine Praxis des Verzichts oder aber die Praxis der ultimativen Sanktion aus den Evangelien herausdeuten.

 

Sanktion kann nicht nur in die Lehre eingeordnet werden. Manche sind so begeistert von den Sanktionen, dass sie diese sogar zu einem lehrhaften Zentralpunkt machen. Und dies ist mit dem Bibeltext durchaus machbar. So war das Sanktionierungsprinzip ja auch in der kirchlichen Geschichte immer wieder im Vordergrund gestanden. Besonders seit der Verrechtlichung der Kirche im Hochmittelalter. Dieses Sanktionierungsprinzip spielt zudem in all den drei abrahamitisch-monotheistischen Religionen eine große Rolle - Stichwort mosaisches Gesetz, Stichwort Kirchenrecht, Stichwort Scharia. Ein durchgängiger Sanktionsverzicht ist für die Anhänger dieser Religionen offensichtlich nur schwer (oder überhaupt nicht) denkbar.

 

Hieran etwas zu ändern ist in der Tat eine vehemente Neuerung. Und Neuerungsgegner prangern eine solch umfassende Neuerung an und empfinden sie als ein Abirren, Abweichen und einen Verrat an der Treue zur Lehre. Aus ihrer Sichtweise heraus ist diese Kritik völlig berechtigt.

 

Und genau hier liegt ja die Zwickmühle, in der sich Papst Franziskus (und alle Sanktionsverzichter) befindet. Er will eine Neuerung. Die Neuerung ist in sich prima, aber es ist und bleibt eine Neuerung. Das darf er nicht einmal sagen, ohne sich in den Augen der Traditionsvertreter hochgradig verdächtig zu machen.

 

Wir bräuchten natürlich schon lange eine "Hermeneutik des Bruchs". Jede Neuerung braucht diese Form der Hermeneutik. Aber genau dies wird seit ... verhindert. Und deshalb ist die Kirche stehen geblieben. Sie ist zu einer wirklichen Neuerung nicht fähig, sondern höchstens zu einer "Neuformulierung" oder zu einem neuen Anstrich.

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Und deshalb ist die Kirche stehen geblieben.
Das halte ich angesichts der fortwährenden Reformen durch die Kirchengeschichte für Kurzsicht. Allerdings scheinen manchen die Reformen nicht tiefgreifend genug. Sie wollen nicht mehr die katholische Kirche mit dem ganzen Brimborium - sondern eine Sozialgemeinschaft.

 

Auch wenn manche den Eindruck haben, dass Papst Franziskus für eine solche Sozialkirche steht, hören sie dem Papst scheinbar nicht so genau zu oder selektivieren zu sehr. Der Papst hält nach wie vor an der kirchlichen Lehre fest- und sehr zum Ärgernis mancher spricht er auch immer wieder über den Teufel und seine Verführungen.

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Wer z.B. pauschal alle Geschiedenen- Wiederverheirateten zur Kommunion zulassen will handelt unbarmherzig, weil ihn die Heiligkeit der Ehe einen Dreck schert und er einem Ausverkauf der Sakramente huldigt- der letzlich im Wischiwaschiglauben landet.

 

Wie kommst Du auf diesen Unfug?

 

Das ist kein Unfug. Ich hatte schon mehrfach darauf hingewiesen, daß es bei Ehebruch immer zwei Partner gibt, in der Regel einen aktiven Teil, der aus der Ehe tritt und einen passiven Teil, der nach wie vor am Eheversprechen (und Sakrament) festhalten will. Dem letzteren kann man doch nicht einfach zumuten, daß er hinter seinem Ex-Partner nebst neuem Gespons zum Empfang der Hl. Kommunion gehen soll. Barmherzigkeit können wohl beide Ex-Partner erwarten, das wird hier von den "Progressiven" stets ganz penetrant ignoriert.

 

Man kann hier jetzt ganz viele Einzelfälle finden, warum die derzeitge Regelung gut oder schlecht ist. Ein pauschale Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten würde ja nicht bedeuten, jede Handlung innerhalb einer Ehe aus kirchlicher Sicht gutzuheißen.

Vielmehr würde es bedeuten, den Empfang der Sakramente einer eigenen Gewissensentscheidung, das letztendlich Urteil über das Handeln aber Gott zu überlassen. Und es würde aus meiner Sicht mehr Ungerechtigkeiten beseitigen als schaffen. Anscheinend sehen das auch die meisten Christen in aller Welt so, wenn man die Umfrage des Papstes hier sieht.

 

Gegenüber der Heiligkeit der Ehe kann man nicht barmherzig handeln, denn es handelt sich nicht um eine Person, sondern um ein Konzept, eine Lehre, eine Idee. Barmherzigkeit bedeutet, Ausnahmen zuzulassen, um Einzelfällen gerecht zu werden. Sollte die Barmherzigkeit dazu führen, dass es mehr Ausnahmen als Regelgemäßes geben, dann ist die Regel zu überdenken.

 

Im Grunde stellt sich mir auch die Frage, was die Heiligkeit der Ehe ausmacht. Aus meiner Sicht sollte es doch so sein, dass in einer Partnerschaft die Partner aneinander wachsen lässt. Heiligkeit ist für mich also eine inhaltliche Dimension. Und die Form sollte her idealerweise dem Inhalt dienen. Ist dieser Inhalt aber nicht mehr erreichbar, dann wird die Aufrechterhaltung der Form zu einer Sklaverei. Die Ungerechtigkeiten, die in einer scheiternden Ehe entstehen, können nicht durch die Aufrechterhaltung einer Form geheilt werden. Und wenn dann die Probleme vielschichtig sind und wechselseitig Unrecht empfunden wird, welcher Mensch sollte darüber entscheiden?

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Wer z.B. pauschal alle Geschiedenen- Wiederverheirateten zur Kommunion zulassen will handelt unbarmherzig, weil ihn die Heiligkeit der Ehe einen Dreck schert und er einem Ausverkauf der Sakramente huldigt- der letzlich im Wischiwaschiglauben landet.

 

Wie kommst Du auf diesen Unfug?

 

Das ist kein Unfug. Ich hatte schon mehrfach darauf hingewiesen, daß es bei Ehebruch immer zwei Partner gibt, in der Regel einen aktiven Teil, der aus der Ehe tritt und einen passiven Teil, der nach wie vor am Eheversprechen (und Sakrament) festhalten will. Dem letzteren kann man doch nicht einfach zumuten, daß er hinter seinem Ex-Partner nebst neuem Gespons zum Empfang der Hl. Kommunion gehen soll. Barmherzigkeit können wohl beide Ex-Partner erwarten, das wird hier von den "Progressiven" stets ganz penetrant ignoriert.

 

Erstens ist das Leben Facettenreicher als du es beschreibst. Was wenn der verlassende Partner der war, der eigentlich an der Ehe festhalten wollte, aber gehen musste weil der verlassene Partner (Alkoholismus, Gewaltätigkeit, wasweisich) ein weiterleben in der Ehe verunmöglichte? Und was wenn dann der verlassende Partner, nach einer Zeit ein "neuen Gesponns" (deine Art und Weise sich über das Leben andere Menschen aus zu lassen ist teilweise von einer schwer erträglichen Arroganz geprägt, das nur nebenbei) findet und so glücklich wird? Dass das Leben der Menschen sich nicht immer ins schwarz/weiss Schema pressen lässt und das selbst wenn dein Schema passt die Zulassung zu den Sakramenten nicht zur Herstellung eines Gefühls der Genugtuung taugt wird oft von "Konservativen" stets ganz penetrant ignoriert

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Wer z.B. pauschal alle Geschiedenen- Wiederverheirateten zur Kommunion zulassen will handelt unbarmherzig, weil ihn die Heiligkeit der Ehe einen Dreck schert und er einem Ausverkauf der Sakramente huldigt- der letzlich im Wischiwaschiglauben landet.

 

Wie kommst Du auf diesen Unfug?

 

Das ist kein Unfug. Ich hatte schon mehrfach darauf hingewiesen, daß es bei Ehebruch immer zwei Partner gibt, in der Regel einen aktiven Teil, der aus der Ehe tritt und einen passiven Teil, der nach wie vor am Eheversprechen (und Sakrament) festhalten will. Dem letzteren kann man doch nicht einfach zumuten, daß er hinter seinem Ex-Partner nebst neuem Gespons zum Empfang der Hl. Kommunion gehen soll. Barmherzigkeit können wohl beide Ex-Partner erwarten, das wird hier von den "Progressiven" stets ganz penetrant ignoriert.

 

Erstens ist das Leben Facettenreicher als du es beschreibst. Was wenn der verlassende Partner der war, der eigentlich an der Ehe festhalten wollte, aber gehen musste weil der verlassene Partner (Alkoholismus, Gewaltätigkeit, wasweisich) ein weiterleben in der Ehe verunmöglichte? Und was wenn dann der verlassende Partner, nach einer Zeit ein "neuen Gesponns" (deine Art und Weise sich über das Leben andere Menschen aus zu lassen ist teilweise von einer schwer erträglichen Arroganz geprägt, das nur nebenbei) findet und so glücklich wird? Dass das Leben der Menschen sich nicht immer ins schwarz/weiss Schema pressen lässt und das selbst wenn dein Schema passt die Zulassung zu den Sakramenten nicht zur Herstellung eines Gefühls der Genugtuung taugt wird oft von "Konservativen" stets ganz penetrant ignoriert

 

Es gibt noch die Trennung von Tisch und Bett. - Und wenn du ein Wort nicht verstehst, solltest du deinen Horizont erweitern, statt den Verwender zu beleidigen. (Das ist nämlich arrogant.)

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Weil jetzt hier die berühmte Trennung von Tisch und Bett kommt - Es ging Jesus nicht darum, dass Menschen nur mit einem Partner Sex haben dürfen und wenn sie den mit dem nicht mehr haben wollen, dann kann man sich ja enthaltsam trennen -

 

Es geht um den Schutz der Frau in einer patriarchischen Gesellschaft. Damals waren Frauen, die aus der Ehe entlassen wurden gesellschaftlicher Abfall, heute sind es die verlassenen Frauen in den Slums dieser Welt: Die Männer machen sich vom Acker.

 

Das Ehescheidungsverbot des Herrn gilt wortgetreu erst mal nur für Männer.

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Ich weiß nicht warum, aber LK 16,18 gelten als ursprünglich. Aber das ist zugegeben ein schwaches Argument, speziell, weil ich nicht mehr weiß, in welchem Aufsatz ich das gelesen habe. Historisch macht es Sinn, weil Ehescheidung durch Frauen eher hellenistisch als jüdisch waren.

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Bevor ich gleich wieder weg bin, möchte ich euch darauf hinweisen, dass ihr gerade Argumente dafür bringt, warum der Papst recht hat und Mariamante nicht. Ist das neuerdings erforderlich, den Papst gegen die Mariamantes zu verteidigen? Neue Zeiten, neue Sitten. :)

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Weil jetzt hier die berühmte Trennung von Tisch und Bett kommt - Es ging Jesus nicht darum, dass Menschen nur mit einem Partner Sex haben dürfen und wenn sie den mit dem nicht mehr haben wollen, dann kann man sich ja enthaltsam trennen -

Enthaltsam trennen ist für Jesus, er ist Realist, keine Option.

 

Er sagt: Wer sich von seiner Frau trennt, der gibt sie dem Ehebruch preis.

 

Der Gedanke, eine Frau könne ohne Mann leben, ist ihm vollkommen fremd. Er gibt eben genau nicht den Rat, Tisch und Bett zu trennen.

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Weil jetzt hier die berühmte Trennung von Tisch und Bett kommt - Es ging Jesus nicht darum, dass Menschen nur mit einem Partner Sex haben dürfen und wenn sie den mit dem nicht mehr haben wollen, dann kann man sich ja enthaltsam trennen -

Enthaltsam trennen ist für Jesus, er ist Realist, keine Option.

 

Er sagt: Wer sich von seiner Frau trennt, der gibt sie dem Ehebruch preis.

 

Der Gedanke, eine Frau könne ohne Mann leben, ist ihm vollkommen fremd. Er gibt eben genau nicht den Rat, Tisch und Bett zu trennen.

 

Wenn ich Nannyogg richtig verstehe dann gab dieser welcher sich von seiner Frau trennte - in der Israelischen Gesellschaft der Zeit Jesu - seine Frau deshalb dem Ehebruch preis weil die Frau zwei Möglichkeiten hatte: Entweder mit neuem Mann ne neue Partnerschaft oder alleine Mittel- und Obdachlosigkeit. Da gehts dann nicht mehr um Vögelerlaubnis oder dem Wert eines Versprechens (was in unserer Zeit im Mittlpunkt steht, zu stehen scheint) sondern ums nackte Überleben

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Franciscus non papa

Mein Ansatz geht davon aus: Liebe ist, sich zu verschenken, nicht den anderen besitzen wollen. (Das kann man, glaube ich durchaus auf andere Zeiten und Kulturen übertragen, z.B. auf Elisabeth von Thüringen und ihren Ludwig, oder auf Maria Theresia und ihren FranzII./I.)

 

Geschenke verlangt man nur aus wirklich wichtigen Grund zurück, aber den kann es geben.

 

Die Sakramententheologie sieht in der Ehe ein Abbild der Liebe Christi zu seiner Kirche. Das hebt die Ehe in eine religiöse Sphäre, der der Mensch in seiner Unvollkommenheit nur schwer gerecht werden kann. Abgesehen davon ist es nicht logisch, daß diese Definition nicht auch für die Liebe zwischen zwei Männern oder Frauen gelten sollte.

 

Beziehungen scheitern in der Regel nicht, weil die Ehe in einer genau zeitlich definierbaren Handlung gebrochen wird, sondern in kleinen, oft unbewußt vollzogenen Schritten. Hinterher wird das vielleicht klar, aber im Augenblick des Tuns ist das eben oft nicht klar und deswegen wohl auch kaum schuldhaft.

 

Probleme, Enttäuschungen, Streit gibt es in jeder Beziehung. Leider wird nur selten in den Lesungen der Rat genommen "laßt die Sonne nicht untergehen über eurem Streit".

 

Wenn aber eine Beziehung total zerrüttet ist, unheilbar zerbrochen, dann ist es unmenschlich auf Biegen und Brechen am "Eheband" festhalten zu fordern.

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Jesus verschärfte das Gesetz, nicht die Sanktionen!

 

Da bin ich mir nicht allzu sicher. Mir kommt es in vielen Passagen eher so vor, als würde er den Gesetzen eher eine Idealform verpassen. Oder er würde versuchen, das zugrundeliegende Prinzip einiger Gesetze herauszuarbeiten versuchen. Und nachdem er dies dann getan hat, verfährt er mit den Sanktionen in gleicher Weise.

 

An solchen idealisierten Gesetzen und Strafen kann man sich natürlich nicht in direkter Weise orientieren. Sondern: Die Menschen sollen sich das Prinzip vor Augen halten, damit sie wieder klar sehen, was "gut" ist.

 

Das "gut" ist natürlich ein verfängliches Wort. Gut - im Sinne der althergebrachten Gesetzeslogik, sozusagen also als radikalisiertes Ergebnis, auf das Gesetz und Strafe hinauslaufen.

Im Fußball würde ein guter Schiedsrichter jetzt abpfeifen, wegen "gefährlichem Spiel".

 

Gerade wegen der Nähe zu den entmenschlichten, erbarmungslosen und perversen Gesetzespraktiken der damaligen Zeit, können solche Worte verheerende Folgen haben. Diese Folgen sind ja auch geschichtlich eingetreten. Allzu verführerisch ist es, diese Idealformen mal in der Realität zu verwirklichen. Schon vor der Zeit Jesu wurden genügend Menschen wegen solcher Gesetze auf brutalste Weise ermordet. Und durch die Radikalisierung in den Worten Jesu war es nun möglich geworden, sie mit Höllenängsten sadistisch zu quälen.

 

Ich frage mich, wie konkret sich Jesus ausgedrückt hat. Wir haben ja nur den Abklatsch zur Verfügung, den uns die Evangelisten präsentieren.

In den Evangelien (besonders bei Mt) werden ja oftmals diese radikalisierten Vorstellungen von "Gesetz" separiert und z.B. in der Bergpredigt in geballter Ladung dem Leser vor den Kopf geknallt. Fein separiert davon gibt es dann Stellen, die vom Erbarmen handeln. Dadurch hat man die Idealisierungen schön übersichtlich (peng, peng, peng) zusammengestellt. Aber durch das Verlassen des ursprünglichen Zusammenhangs kann man nicht mehr rekonstruieren, ob (und inwieweit) Jesus einen Zusammenhang zwischen Gesetzesideal und Barmherzigkeit hergestellt hat.

 

Genau dieser Zusammenhang wäre heute aber sehr wichtig, gerade bei so virulenten und lebensnahen Themen wie der Eheführung. Einfach nur auf das von Jesus aufgestellte Ideal eines Gesetzes verweisen, legt sich zwar biblisch nahe. Über Barmherzigkeit redet man dann ein ander mal. Für eine lebendige Beziehung ist so was natürlich Chaos. Und für eine konkrete Rechtssprechung hat dies noch viel üblere Folgen - zumal der Gesetzgeber den konkreten Lebenszusammenhang eines Ehepaares nicht kennt. Und zumal "Barmherzigkeit" kein juristischer Begriff ist.

 

Allein durch Juristik und Exegese kann die Kirche solche wichtigen Themen nur sehr unvollkommen angehen. Denn leider wurden bei der Zusammenstellung der biblischen Grundlagen wesentliche Zusammenhänge ausgeblendet. Was ursprünglich durch die Persönlichkeit Jesu "einfach so" klar war, ist durch diesen Filter unwiderruflich verloren. Und diesen gefilterten Geist atmet dann notgedrungen auch jedes kirchliche Gesetzbuch. Und so wirken eben Gesetzesbücher: Reichlich unpersonal. Da gibt es immer ein Gesetz ... und danach muss sie sterben, die Barmherzigkeit.

 

Man versucht ja schon, diesen fatalen Filterumstand zu mildern, indem man den Richtern Ermessensräume zubilligt. Dabei ersetzt man dann die Persönlichkeit Jesu durch die Persönlichkeit eines Richters.

Wenn ein Richter am Werke ist, der eine jesusähnliche Persönlichkeit hat, müsste das auch ganz gut funktionieren. Aber darauf kann man sich wieder mal nicht so recht verlassen. Wir wissen ja nicht einmal, wie Jesus solche Fragen angegangen ist, weil die Evangelisten (und wohl auch deren Vorgänger) Persönlichkeit und Ideal unrekonstruierbar auseinandergerissen haben.

 

Soll man sich jetzt darüber wundern, dass die rechtliche Behandlung von Ehefragen durch die Kirche in Verruf geraten ist und viele Menschen nicht zufrieden stellt?

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Rekonstruktion passiert immer. Außer, wir lassen es ganz bleiben.

 

Die Kardinäle rekonstruieren in dem Sinne, dass Jesus nach Mk Ehescheidungen absolut verboten hat und sich daraus Sanktionen ergeben müssten. Die rekonstruieren sie, wenn sie überhaupt noch biblisch unterwegs sind, aus den Paulusbriefen.

 

Damit sind sie auf der sicheren Seite.

 

Ich aber, ich rekonstruiere anders: Jesus hielt nämlich nichts von Leuten, die meinten, ethische Gesetze durch rigoristische Regeln beherrschen zu können oder Schlupflöcher zu bohren, nicht, wie Chrysologus, der bohrt die aus pastoralen Gründen, nein, Schlupflöcher, die es erlauben, das Gesetz zu umgehen und nur pro forma zu halten.

 

Jesus kritisierte im Markusgespräch Pharisäer (!) und setzte sich dann mit Sündern an den Tisch.

 

Die Pharisäer, das sind für mich die Kardinäle und die Sünder, das sind die Leute, die unter ihrer gescheiterten Ehe leiden. Leute, die wissen, dass sie Fehler gemacht haben, verlassene Partner, Menschen, die einer unmenschlichen Beziehung entronnen sind, Menschen, die an ihren Idealen gescheitert sind (so eine wäre ich).

 

Und diese Leute, denen es dreckig geht, weil ihre Ehe im Eimer ist, diese Leute lud Jesus zu Tisch ein bzw. er ließ sich von ihnen einladen.

 

Das ist meine Rekonstruktion.

 

Ich gehöre aber auch zu den Leuten, die in drei Tagen 1000 Seiten exegetische Literatur verschlingen. Ich vermute, das schaffen die Kardinäle nicht.

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Das Lesen von 300 Seiten exegetischer Literatur hilft Dir natürlich, Dir eine differenzierte Meinung über Ehefragen zu bilden. Warum? Ich denke: Weil Du dadurch auf gewisse Themen gestoßen wirst, zum Beispiel auf Fragen rund um die Ehe. Da wird Dir die Betrachtung der Bibel vor Augen gehoben und zusätzlich die Betrachtungen der Exegeten. Und dann bist auch Du noch da, die diese ganzen Gedanken "in ihrem Herzen erwägt". Ein sehr fruchtbarer Prozess, der Dich zu einer Positionierung geführt hat, wie wir sie weiter oben lesen (und die mir sehr sympathisch ist).

 

Andere lesen anderes. Oder ihre Anlässe zu diesem Erwägungsprozess stammen nicht aus Büchern, sondern aus anderen Quellen.

Die Frage: "Wie möchte denn Gott, dass wir eine Ehe leben" ist seeehr weit.

 

Demletzt bin ich in Wikipedia (auch wieder lesend) im Kapitel über Johannes den Täufer auf Folgendes gestoßen (https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_der_T%C3%A4ufer#Gefangennahme):

Nach den Evangelien wurde Johannes ins Gefängnis geworfen, kurz nachdem er Jesus getauft hatte, d. h. zu Anfang der öffentlichen Wirksamkeit Jesu (Mt 4,12; Mk 1,14; Lk 3,19-20). Grund dafür war nach den Evangelien, dass Johannes Herodes Antipas dafür kritisiert hatte, dass er die Frau seines Bruders geheiratet hatte (Mt 14,4 EU; Lk 3,19). Nach Flavius Josephus war der Grund seiner Inhaftierung, dass Herodes fürchtete, „das Ansehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben“ (Ant. Jud. 18,5,2).

 

 

Matthäus bzw. Lukas reden von einer Kritik des Täufers an Herodes' Ehesauereien. Deswegen hätte Herodes den Johannes inhaftiert. Flavius Josephus redet aber von einem ganz anderen Grund.

 

Für die Frage nach der Ehe sind deshalb Lukas' und Matthäus' Darstellungen von sehr relativem Wert. Die haben sich über den Johannes etwas zurechtgeschustert, was nach Flavius Josephus gar nicht so war oder so unbedeutend war, dass er es gar nicht erwähnt.

Eine Exegese führt uns VIELLEICHT zur Theologie der beiden Evangelisten, nicht aber zu dem, was Johannes wirklich gemeint hat.

 

Und ob Du nun 2000 exegetische Seiten darüber gelesen hast, oder nur 50 macht für die Kenntnis der johanneischen (d.T.) Position keinen großen Unterschied mehr. Nichts Genaues weiß man in beiden Fällen nicht.

 

Dieselbe Unsicherheit scheint mir auch bei den Jesusstellen zu herrschen. Ob Jesus das alles wirklich so gesagt hat? Und ob man es so deuten kann, wie es die Evangelisten taten?

Deshalb halte ich Exegese für ein sehr begrenztes Mittel, um sich der Frage zu nähern, welche Eheform denn die gottgefälligste ist.

 

Deine Kritik an den Kardinälen entzündet sich vermutlich erst sekundär daran, dass sie exegetisch zu inkompetent seien. Sondern Du hast aufgrund Deiner ganzen Lebenserfahrung (zu der natürlich Deine exegetischen Erkenntnisse beitragen) eine völlig andere Einstellung, als diese Kardinäle. Und auch meine Zustimmung zu Deinen Aussagen über Ehe gründet nur sekundär darauf, dass Du exegetisch kompetenter bist, als die Kardinäle. Vielmehr gefällt mir an Deinen Worten, dass Du Dich um das Wohl der Menschen sorgst und mit ihnen mitdenkst und mit ihnen einen Weg suchst. Problemlösungen. Das gefällt mir. Das gefällt mir so sehr, dass ich die einzelnen exegetischen Begründungen für Deine Position vernachlässigen kann.

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"Rekonstruktion passiert immer. Außer, wir lassen es ganz bleiben." (Nannyogg)

 

Stimmt. Ob allerdings das Rekonstruierte mit dem übereinstimmt, was vor 2000 Jahren tatsächlich geschah, ist eine andere Frage.

Und wie verpflichtend diese Rekonstruktionen für die Weisungen zur Ehe sind? Nachdem es sowieso mehrere Rekonstruktionen gibt, ist es fast schon müßig, sich nach der "besten" Rekonstruktion umzuschauen.

 

Ist es nicht sinnvoller, sich von dem Mahl Jesu mit den Sündern, Zöllnern und Dirnen beeindrucken zu lassen? Ganz einfach so, wie es in den Evangelien steht? Egal, ob sich das wirklich so zugetragen hat oder nicht. Allein schon diese Geschichte, dass es da jemanden gegeben hat, der sich barmherzig, feiernd und liebend um die Bösewichte seiner Zeit gekümmert hat, ist doch schon wertvoll genug und hat uns bis zur heutigen Zeit etwas zu geben. Und dafür braucht man keine aufwändigen Rekonstruktionen - denn Rekonstruktion geschieht bereits beim Lesen: Man stellt sich das bildlich vor. Und man kann sich - vor aller wissenschaftlichen Rekonstruktionsarbeit - am Umgang Jesu mit diesen Menschen erfreuen und anregen lassen. Und das prägt dann die eigene Lebenseinstellung. Auf diese Weise erhält das Barmherzigkeits-Modul des Lesers Nahrung und wird gestärkt.

 

Vor allem aber kann man dann Position beziehen - und zwar die eigene. Eine Position, die von einem gestärkten Barmherzigkeits-Modul befeuert wird.

Man ist nicht mehr darauf angewiesen, die Angemessenheit und Richtigkeit und Wahrheits- und Realitätsnähe einer Bibelstelle zu eruieren und dann aus angelesener Kompetenz zu argumentieren. Sondern man kann von innen heraus Position beziehen und unbarmherzige Positionen aus tiefster, eigener Überzeugung anzweifeln.

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Das Lesen von 300 Seiten exegetischer Literatur hilft Dir natürlich, Dir eine differenzierte Meinung über Ehefragen zu bilden. Warum? Ich denke: Weil Du dadurch auf gewisse Themen gestoßen wirst, zum Beispiel auf Fragen rund um die Ehe. Da wird Dir die Betrachtung der Bibel vor Augen gehoben und zusätzlich die Betrachtungen der Exegeten. Und dann bist auch Du noch da, die diese ganzen Gedanken "in ihrem Herzen erwägt". Ein sehr fruchtbarer Prozess, der Dich zu einer Positionierung geführt hat, wie wir sie weiter oben lesen (und die mir sehr sympathisch ist).

 

Andere lesen anderes. Oder ihre Anlässe zu diesem Erwägungsprozess stammen nicht aus Büchern, sondern aus anderen Quellen.

Die Frage: "Wie möchte denn Gott, dass wir eine Ehe leben" ist seeehr weit.

 

Demletzt bin ich in Wikipedia (auch wieder lesend) im Kapitel über Johannes den Täufer auf Folgendes gestoßen (https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_der_T%C3%A4ufer#Gefangennahme):

Nach den Evangelien wurde Johannes ins Gefängnis geworfen, kurz nachdem er Jesus getauft hatte, d. h. zu Anfang der öffentlichen Wirksamkeit Jesu (Mt 4,12; Mk 1,14; Lk 3,19-20). Grund dafür war nach den Evangelien, dass Johannes Herodes Antipas dafür kritisiert hatte, dass er die Frau seines Bruders geheiratet hatte (Mt 14,4 EU; Lk 3,19). Nach Flavius Josephus war der Grund seiner Inhaftierung, dass Herodes fürchtete, „das Ansehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben“ (Ant. Jud. 18,5,2).

 

 

Matthäus bzw. Lukas reden von einer Kritik des Täufers an Herodes' Ehesauereien. Deswegen hätte Herodes den Johannes inhaftiert. Flavius Josephus redet aber von einem ganz anderen Grund.

 

Für die Frage nach der Ehe sind deshalb Lukas' und Matthäus' Darstellungen von sehr relativem Wert. Die haben sich über den Johannes etwas zurechtgeschustert, was nach Flavius Josephus gar nicht so war oder so unbedeutend war, dass er es gar nicht erwähnt.

Eine Exegese führt uns VIELLEICHT zur Theologie der beiden Evangelisten, nicht aber zu dem, was Johannes wirklich gemeint hat.

 

Und ob Du nun 2000 exegetische Seiten darüber gelesen hast, oder nur 50 macht für die Kenntnis der johanneischen (d.T.) Position keinen großen Unterschied mehr. Nichts Genaues weiß man in beiden Fällen nicht.

 

Dieselbe Unsicherheit scheint mir auch bei den Jesusstellen zu herrschen. Ob Jesus das alles wirklich so gesagt hat? Und ob man es so deuten kann, wie es die Evangelisten taten?

Deshalb halte ich Exegese für ein sehr begrenztes Mittel, um sich der Frage zu nähern, welche Eheform denn die gottgefälligste ist.

 

Deine Kritik an den Kardinälen entzündet sich vermutlich erst sekundär daran, dass sie exegetisch zu inkompetent seien. Sondern Du hast aufgrund Deiner ganzen Lebenserfahrung (zu der natürlich Deine exegetischen Erkenntnisse beitragen) eine völlig andere Einstellung, als diese Kardinäle. Und auch meine Zustimmung zu Deinen Aussagen über Ehe gründet nur sekundär darauf, dass Du exegetisch kompetenter bist, als die Kardinäle. Vielmehr gefällt mir an Deinen Worten, dass Du Dich um das Wohl der Menschen sorgst und mit ihnen mitdenkst und mit ihnen einen Weg suchst. Problemlösungen. Das gefällt mir. Das gefällt mir so sehr, dass ich die einzelnen exegetischen Begründungen für Deine Position vernachlässigen kann.

Nun, da sind wir wieder bei der Grundfrage: "Woher können wir wissen, was Jesus wirklich gesagt hat?" Beziehungsweise "Interessiert uns die Meinung Jesu überhaupt oder ist sie ebenso eine subjektive Meinung wie die Meckys, Nannyoggs oder MartinOs?"

Bei der zweiten Frage setze ich einmal voraus, dass innerhalb der katholischen Kirche Einigkeit besteht.

Bei der ersten bleibt das Problem, dass die Evangelien nicht von Augenzeugen geschrieben sind, dass sie ihre subjektiven Erfahrungen mit einbringen - und dass es keine Quellen gibt, die einen Zugang zum historischen Jesus jenseits der Evangelien bieten würden. Zumindest meines Wissens sind alle Versuche, den "wahren" Jesus vor der "Verfälschung" durch die Evangelien zu rekonstruieren, gescheitert - was daran gelegen haben mag, dass sie selten sine ira et studio erfolgt sind.

Mit anderen Worten: Zur Argumentation haben wir nur den Jesus, von dem die Evangelien schreiben. Der vertrat - bei allen Unterschieden zwischen den Evangelienberichten - eine in Prinzipien sehr rigorose Ethik, gleichzeitig zeigte er aber große Nachsicht mit dem Sünder.

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Das bedeutet, dass wir uns gar nicht an dem Jesus orientieren, der gelebt hat. Ja, dass wir uns gar nicht an dem Jesus orientieren KÖNNEN, der gelebt hat.

Ich meine dies nicht als Vorwurf, sondern als eine Beschreibung der Unmöglichkeit.

Nachdem die Evangelisten (und deren Materiallieferanten) nicht den realen Jesus beschrieben haben, haben wir keinen zuverlässigen Zugang mehr zu dem, was Jesus real gesagt, getan oder erlebt hat.

 

Die Frage ist nun, was wir angesichts dieser Unkenntnis machen. Einfach diese unsicheren Worte Jesu als ultimativen Maßstab nehmen?

Wenn Jesus Folgendes über die Ehe gesagt hat ... dann befolgen wir diese Weisung?

 

Dies beschreibt ganz gut eine sehr übliche Umgangsweise mit Jesu Aussagen über die Ehe. Man versucht, den Aussagen Jesu Handlungsanweisungen für die heutige Zeit abzugewinnen. Weil: Jesus ist ja wahrer Gott und wahrer Mensch und sagt, wie es richtig ist.

Dummerweise hat er es aber vielleicht gar nicht gesagt. Oder nicht so gesagt. Oder in einem völlig anderen Zusammenhang gesagt. Wir kommen an die realen Aussagen Jesu nicht heran.

 

Deshalb bewerte ich die Evangelien-Aussagen ziemlich anders - besonders im Gegensatz zu den Kardinälen oder den Kirchenrechts-produzenten.

 

Meiner Meinung nach besteht der Wert der Evangelien darin, dass sie Zeugnis davon geben, was Menschen vor 2000 Jahren begeistert hat, was ihnen Halt gegeben hat, was ihnen die Richtung gewiesen hat und vor allem: Worauf sie ihre Hoffnung gründeten.

Dies sind alles sehr subjektive Qualitäten.

 

Und heute können wir diese subjektiven Bereicherungen in den Evangelien nachlesen.

Der entscheidende Schritt besteht nun meiner Meinung nach nicht darin, dass man diese höchst subjektiven Beschreibungen der eigenen Begeisterung zum verpflichtenden Kanon für heteronome Gesetze macht. Statt dessen geht es um die Bereicherung. Wir können unser Gefühl für gut und falsch bereichern lassen, unsere Hoffnung bereichern lassen, unsere Liebe bereichern lassen. Wir tragen durch das Wirken des Heiligen Geistes sowieso schon einen Kanon (allerdings einen autonomen!) in uns - und dieser Kanon klärt sich und stärkt sich und differenziert sich aus, wenn wir uns mit den biblischen Erzählungen auseinandersetzen. Ergebnis sind dann nicht mehr rechtliche Bestimmungen über die Ehe und die Scheidung, sondern eben diese Stärkung der geistgewirkten Autonomie.

 

Dies ist allerdings meilenweit von dem entfernt, wie es diese Herren Kardinäle gerne hätten.

Die wollen Heteronomie und Gehorsam gegenüber von Aussagen (z.B. Jesu), die sie zu diesem Gehorsamszwecke mit unsachgemäßer Wort-Autorität befrachten. Jesus hat gesagt ... also müssen wir seiner "göttlichen Weisung" folgen. Und zwar ohne Umweg über die eigene Entwicklung. Und mitsamt Unterordnung unserer eigenen Einschätzung gegenüber der autoritativen Einschätzung Jesu ... also der Kirche ... also der Kirchenleitung ... also der Kardinäle ... also ihrer selbst.

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Nehmen wir mal die "Unzuchtsklausel" aus Mt 5, also Bergpredigt.

31 Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben.

32 Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.

 

Kann man daraus eine klare Anweisung Jesu entnehmen?

Ob Jesus das überhaupt gesagt hat, ist sehr fraglich.

Ob Jesus seine Position in diese Worte gekleidet hat, ist mehr als fraglich.

Ob Jesus eine Bergpredigt gehalten hat und damit als zweiter Mose eine neue Gesetzesposition verpflichtend gemacht hat, ist oberfraglich.

 

Nächste Stufe.

Wir wissen weder, ob der Bibeltext wirklich die Position Jesu zur Ehescheidung widergibt,

noch wissen wir, was Jesus in welchem Zusammenhang konkret zu einer realen Person mit realer Situation zu diesem Thema gesagt hat.

Wir wissen auch nicht, wie Jesus seine biblisch-klare Aussage (so er sie gemacht hat) verstanden haben wollte.

Wir wissen nicht, welche Rolle Barmherzigkeit bei ihm gespielt haben mag, als er diese Sätze zu jemandem gesprochen hat.

 

Wer aus den Worten Jesu eine Anweisung mit göttlicher Autorität machen will, hat lediglich ein Nebelmeer als Grundlage.

Da werden wirksam geltende juristische Bestimmungen erstellt und auf eine sehr wacklige, 2000 Jahre alte, unerforschliche Basis gestellt.

Was bleibt da von der "göttlichen Autorität"?

 

Wer glaubwürdig bleiben will, muss da völlig anders vorgehen.

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Die Intention der Lehre Jesu wird man aber noch herausarbeiten können.

 

Vielleicht.

Aber selbst dies ist hochgradig erschwert und ziemlich unsicher.

 

Die Intention Jesu wird zudem von verschiedenen Exegeten unterschiedlich gesehen. Der eine hält die Gesetzgebung für die Intention Jesu. Der andere meint, es gehe Jesus ein soziales Engagement für Frauen. Oder um Gerechtigkeit. Oder um Barmherzigkeit.

 

Was ist denn die "Intention der Lehre Jesu"? Bei all den verschiedenen vermuteten Intentionen kommt man ganz hübsch ins Schwimmen. Und je genauer man die wahre Intention Jesu formulieren will, desto mehr gerät man ins Schwimmen.

 

Ich meine: Dann ist es an der Zeit, einmal auf die eigenen Intentionen zu schauen. Und wenn sich die eigenen Intentionen allzu glücklich mit dem treffen, was man soeben als Intention Jesu dargestellt hat, dann kann man sich gleich noch fragen, ob man da mehr in den Bibeltext hineingelesen hat, als man herausgelesen hat.

Die Kardinäle sind ja glücklicherweise der Ansicht, dass die Ehe unzerbrechlich und lebenslang ist und dass man aber bei Ehebruch den Ehepartner zum Teufel schicken darf. Genau das, was sie bei Jesus aus der Bibel herausgelesen haben! Das ist doch prima. So ein Zufall, so ein Glück!

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Mit anderen Worten: Zur Argumentation haben wir nur den Jesus, von dem die Evangelien schreiben. Der vertrat - bei allen Unterschieden zwischen den Evangelienberichten - eine in Prinzipien sehr rigorose Ethik, gleichzeitig zeigte er aber große Nachsicht mit dem Sünder.

 

Haben wir den Jesus der Evangelien wirklich zur Argumentation?

Genau dies halte ich nämlich für unmöglich. Auf den Jesus der Evangelien kann man nämlich keine Argumentation aufbauen, weil er sich hinter den Evangelisten und deren Materiallieferanten verbirgt.

 

Etwas anderes wäre, wenn Du geschrieben hättest: Bereichert werden wir von dem Bild, das uns die Evangelisten über Jesus gemalt haben.

Argumentieren kann man damit zwar nicht. Aber diese Bilder beschäftigen sich mit realen Themen, die die Evangelisten anhand ihrer Jesusfigur durcharbeiten.

Diese Bilder sind überdenkenswert, weil sie sehr menschliche Themen und auch Themenbehandlungen aufgreifen. Das Thema Mann-Frau-Ehe-Treue ist ein geschichtlicher Dauerbrenner. Die Evangelien haben dazu aus ihrer Zeit heraus etwas zu sagen. Teile davon sind auch heute noch höchst verwendbar. Oder sie führen zu Gedanken, die man zwar heute nicht mehr in gleicher Weise angehen würde, aus denen man aber etwas sehr Fruchtbares machen kann.

 

Geschwunden ist allerdings die Autorität. Da spricht eben nicht der Gott-Mensch mit göttlicher Autorität Weisungen aus. Sondern: Eine Generation später haben sich einige Leute ein paar Gedanken gemacht und diese Gedanken einer literarischen Person zugeschrieben, nämlich Jesus. Inwieweit sich literarische Person und reale Person decken, bleibt dabei weitgehend ungeklärt. Die Worte des realen Jesus könnte man als autorisiert verstehen: Immerhin spricht in diesen Worten der, in dem Gott Mensch geworden ist. Das enthält zwar eine Glaubensaussage, aber innerhalb des Glaubensbereiches ergäbe sich eine beträchtliche Autorität. An dieser Autorität haben die Evangelien aber nur insoweit Anteil, als sie auch den realen Jesus überliefern. Die irrealen Elemente haben an dieser Autorität keinen Anteil.

 

Und das Problem ist: Wir können heute nur noch grob darüber mutmaßen, was nun wirklich Jesus getan und gesagt hatte, und was auf die Evangelisten (und Materiallieferanten) zurückgeht.

 

Schön, wenn immer wieder darauf verwiesen wird: "Die Evangelien wollen kein exaktes Lebensprotokoll geben!".

Das ist immerhin schon mal ehrlich. Aber dummerweise muss man einen solchen Satz wirklich ernst nehmen.

Die Evangelien sind eben bezüglich realer Angaben wirklich völlig unzuverlässig. Wir erfahren aus ihnen nichts Verlässliches über die Realität Jesu, seine Aussagen, seine Handlungen, seine Erlebnisse.

Und mit solchen unzuverlässigen Angaben kann man nicht argumentieren.

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Das Lesen von 300 Seiten exegetischer Literatur hilft Dir natürlich, Dir eine differenzierte Meinung über Ehefragen zu bilden. Warum? Ich denke: Weil Du dadurch auf gewisse Themen gestoßen wirst, zum Beispiel auf Fragen rund um die Ehe. Da wird Dir die Betrachtung der Bibel vor Augen gehoben und zusätzlich die Betrachtungen der Exegeten. Und dann bist auch Du noch da, die diese ganzen Gedanken "in ihrem Herzen erwägt". Ein sehr fruchtbarer Prozess, der Dich zu einer Positionierung geführt hat, wie wir sie weiter oben lesen (und die mir sehr sympathisch ist).

 

Andere lesen anderes. Oder ihre Anlässe zu diesem Erwägungsprozess stammen nicht aus Büchern, sondern aus anderen Quellen.

Die Frage: "Wie möchte denn Gott, dass wir eine Ehe leben" ist seeehr weit.

 

Demletzt bin ich in Wikipedia (auch wieder lesend) im Kapitel über Johannes den Täufer auf Folgendes gestoßen (https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_der_Täufer#Gefangennahme):

 

Nach den Evangelien wurde Johannes ins Gefängnis geworfen, kurz nachdem er Jesus getauft hatte, d. h. zu Anfang der öffentlichen Wirksamkeit Jesu (Mt 4,12; Mk 1,14; Lk 3,19-20). Grund dafür war nach den Evangelien, dass Johannes Herodes Antipas dafür kritisiert hatte, dass er die Frau seines Bruders geheiratet hatte (Mt 14,4 EU; Lk 3,19). Nach Flavius Josephus war der Grund seiner Inhaftierung, dass Herodes fürchtete, das Ansehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben (Ant. Jud. 18,5,2).

 

Matthäus bzw. Lukas reden von einer Kritik des Täufers an Herodes' Ehesauereien. Deswegen hätte Herodes den Johannes inhaftiert. Flavius Josephus redet aber von einem ganz anderen Grund.

 

Für die Frage nach der Ehe sind deshalb Lukas' und Matthäus' Darstellungen von sehr relativem Wert. Die haben sich über den Johannes etwas zurechtgeschustert, was nach Flavius Josephus gar nicht so war oder so unbedeutend war, dass er es gar nicht erwähnt.

Eine Exegese führt uns VIELLEICHT zur Theologie der beiden Evangelisten, nicht aber zu dem, was Johannes wirklich gemeint hat.

 

Und ob Du nun 2000 exegetische Seiten darüber gelesen hast, oder nur 50 macht für die Kenntnis der johanneischen (d.T.) Position keinen großen Unterschied mehr. Nichts Genaues weiß man in beiden Fällen nicht.

 

Dieselbe Unsicherheit scheint mir auch bei den Jesusstellen zu herrschen. Ob Jesus das alles wirklich so gesagt hat? Und ob man es so deuten kann, wie es die Evangelisten taten?

Deshalb halte ich Exegese für ein sehr begrenztes Mittel, um sich der Frage zu nähern, welche Eheform denn die gottgefälligste ist.

 

Deine Kritik an den Kardinälen entzündet sich vermutlich erst sekundär daran, dass sie exegetisch zu inkompetent seien. Sondern Du hast aufgrund Deiner ganzen Lebenserfahrung (zu der natürlich Deine exegetischen Erkenntnisse beitragen) eine völlig andere Einstellung, als diese Kardinäle. Und auch meine Zustimmung zu Deinen Aussagen über Ehe gründet nur sekundär darauf, dass Du exegetisch kompetenter bist, als die Kardinäle. Vielmehr gefällt mir an Deinen Worten, dass Du Dich um das Wohl der Menschen sorgst und mit ihnen mitdenkst und mit ihnen einen Weg suchst. Problemlösungen. Das gefällt mir. Das gefällt mir so sehr, dass ich die einzelnen exegetischen Begründungen für Deine Position vernachlässigen kann.

Jesus hat Antipas nicht gemocht. Es gibt da ein paar sehr abwertende Bemerkungen in den Evangelien über seinen Landesherrn. Interessant die Sache mit dem schwankenden Schilfrohr: Antipas hat Münzen mit Schilfrohr als Bild prägen lassen, er gründete die Stadt Tiberias am See Gennesaret.

 

Jesus verteidigt Johannes, aber: Jesus ist nicht Johannes.

 

Die Ehe des Antipas mit Herodias hatte einen Grenzkrieg mit Aretas zur Folge, dem Nabatäerfürsten, dem Vater seiner ersten Frau. Herodias scheint Antipas aus Liebe gefolgt zu sein, sie ging auch mit ihm ins Exil nach Gallien, aber für die Menschen in Palästina dürfte der Krieg wohl der entscheidende Faktor gewesen sein in der Beurteilung ihrer Person.

 

In den Evangelien wird tatsächlich berichtet, Johannes hätte Antipas wegen dieser Ehe angegriffen. Aber Jesus verfolgt diese Linie nicht weiter.

 

Natürlich könnte auch alles anders sein und die Erde letzten Dienstag erst erschaffen worden sein.

 

Geschichte kann man nur rekonstruieren, wenn man Quellen miteinander vergleicht und so zu Wahrscheinlichkeiten kommt, wie es wohl war.

 

Man kann die Quellen nicht direkt mit der Geschichte vergleichen. Wenn man mehrere Quellen hat, dann kommt man auch nicht zur absoluten geschichtlichen Wahrheit, aber: Dass alles zu 100 % gefaßt ist, das ist komplett unwahrscheinlich.

 

Wie gesagt, dann könnte die Erde auch erst letzten Dienstag entstanden sein und, sollte ich diese Meinung vertreten, könntest du mich nicht überzeugen.

 

Aber wir sind von der Papsttreue ziemlich weit weg. Es gibt für mich einen Grund, warum ich die Position der Kardinäle ablehne und ich stütze mich dabei bewusst nicht auf pastorale Gründe und bitte auch, mir diese nicht unterzuschieben:

 

Ich stütze mich auf das, was wir von Jesus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wissen können. Und da ist Franziskus mit seiner "Sowohl-als-auch"-Theologie näher bei Jesus und das ist für mich entscheidend.

bearbeitet von nannyogg57
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Wir haben auch kein "wahrscheinliches" Wissen von Jesus, sondern etwas anderes - das ich für viel, viel, viel wichtiger halte.

Wir bekommen beim Lesen der Evangelien etwas an die Hand, was uns plausibel, glaubwürdig und prägend ist. Und danach suchen wir sogar.

 

Dass Jesus über das Wasser gelaufen ist, ist nicht plausibel und glaubwürdig. Da auf der Realitätsebene nicht viel zu holen ist, schwenken hier viele auf eine Symbolebene um.

Dass Jesus über den Wassern des Todes dahinschreitet und er dadurch zur Hoffnung und zur Sicherheit der Versinkenden wird, ist etwas anderes. Es ergibt sich nicht direkt aus dem Bibeltext, sondern da läuft im Bibelleser sehr subjektiv etwas Bewegendes ab. Die Argumentation: "Christen können nicht ertrinken, denn Jesus zieht sie aus den Wassern hinaus. So steht es ja in der Bibel." bringt nicht auf direktem Wege etwas.

 

Ich vermute, dass Du Dich nur zu einem sehr kleinen Teil auf das stützt, was man von Jesus "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit" sagen kann. Den weitaus größeren Teil Deiner Stütze wird man in Dir selbst finden.

 

Gedankenbeispiel: Angenommen es kommt heraus, dass die Kardinäle recht haben. Exegeten finden heraus, dass Jesus eine klare Anweisung gegeben hat, dass Wiederverheiratete bestraft werden sollen. (Wir befinden uns in einem Gedankenbeispiel!)

Würdest Du Dich dann von diesen Worten umkrempeln lassen?

 

Ein noch drastischeres Beispiel: Exegeten finden heraus, dass das deuteropaulinische Statement "Die Frau soll in der Kirche schweigen" auf ein Originallogion Jesu zurückführbar ist.

Würdest Du dann einfach schweigen? So ganz ohne weitere Begründung dieser Aussage, einfach nur weil man "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit" weiß, dass Jesus es gesagt hat?

 

Da kommen noch eine Menge andere Stützen ins Spiel. Nachvollziehbarkeit. Lebenserfahrung. Innere Antriebe (z.B. sich nicht so einfach den Mund verbieten zu lassen). Dann aber auch das Selbst- und Menschenbild und die sich daraus ergebenden Wertungssysteme, Dein Menschenverstand, Deine Fähigkeit zu logischem Denken und Urteilen. Letztlich ist es Dein ganzes Leben, das angesammelte Wissen aus vielerlei Bereichen, die angesammelten Erfahrungen, die dazugehörigen Gedankengänge und Gefühle, auf die Du Dich stützt.

 

Und das ist hervorragend übertragbar. Denn in gleicher Weise gehst Du auch auf das los, was vom Papst kommt. Da passt offensichtlich einiges. Wenn sich der Papst für Arme und Entrechtete engagiert, dann bist Du ihm gewogen - nicht, weil Eurer beider Stütze ein gemeinsames, wahrscheinliches Wissen über Jesus ist.

 

Du würdest für Franziskus und gegen die Kardinäle schreiben, auch wenn Du gar nicht Christin wärst und noch nie von Jesus gehört hättest.

 

Dieses "Wissen mit gewisser Wahrscheinlichkeit" ist wohl schwerlich Deine Stütze, als vielmehr Motivator und Illustration Deiner ganzen Person. Du kannst Dich durch dieses wahrscheinliche Wissen nicht wissensmäßig bereichern, aber es kann was in Dir in Gang setzen. Es hilft Dir beim Nachfragen, beim Ausdifferenzieren und beim Formulieren.

 

PS: "Es gibt für mich einen Grund, warum ich die Position der Kardinäle ablehne und ich stütze mich dabei bewusst nicht auf pastorale Gründe und bitte auch, mir diese nicht unterzuschieben:"

Das würde ich Dir nie unterschieben. So wirkst Du auf mich in keiner Weise.

Den Grund, warum Du die Position der Kardinäle ablehnst, sehe ich wo ganz anders. Ich kann nur halbwegs beurteilen, wo Du ihn NICHT siehst. Und es würde mich sehr überraschen, wenn Du diesen Grund vollständig formulieren könntest, denn solche Gründe sind nur selten in klare Worte fassbar. Und all die vielen Einflüsse auf diese Gründe sind auch durch die sorgfältigste Selbstreflexion nicht eruierbar. Deshalb habe ich vorhin "die ganze Person" als Chiffre für den Ursprung dieser Gründe genommen.

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