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Gewissen und Lehramt der Kirche im Konflikt


theresa???

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Was ist, wenn jemand in Übereinstimmung mit seinem Gewissen im Widerspruch zur Morallehre der Kirche lebt/handelt?
Erstens: Ist das moralisch richtig, aus Perspektive der Kirche? Ist man im Zweifelsfall der Morallehre der Kirche auch dann verpflichtet, wenn das eigene Gewissen etwas, wovon die Kirche lehrt, es sei falsch, auch nach reichlicher Überlegung noch nicht verurteilt?
Zweitens: Die betroffene Person kann diese Handlungen ja nicht beichten, weil sie sie gar nicht als Sünde ansieht und folglich auch nicht bereuen kann. Darf sie trotzdem das Bußsakrament empfangen? (Da ja trotzdem noch genug Sünden übrig bleiben können, die diese Person als Sünden erkennt und bereut)
Und darf sie die hl. Kommunion empfangen, obwohl sie etwas tut, was die Kirche als Sünde betrachtet, ohne es zu bereuen und ohne es vor Empfang der hl. Kommunion gebeichtet zu haben?

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Was ist, wenn jemand in Übereinstimmung mit seinem Gewissen im Widerspruch zur Morallehre der Kirche lebt/handelt?

Erstens: Ist das moralisch richtig, aus Perspektive der Kirche? Ist man im Zweifelsfall der Morallehre der Kirche auch dann verpflichtet, wenn das eigene Gewissen etwas, wovon die Kirche lehrt, es sei falsch, auch nach reichlicher Überlegung noch nicht verurteilt?

Irgendwann (ich vermute, beim 2. Vatikanischen Konzil) wurde dem Gewissen ein hoher Stellenwert eingeräumt. Das hätte man nicht tun müssen, wenn man in jedem Falle den Vorrang des Lehramtes hätte haben wollen. Denn ein Gewissen, welches nur dann zu beachten ist, wenn es mit dem Lehramt korreliert, braucht überhaupt nicht erwähnt zu werden. Es ist schlicht unwichtig. Völlig unwichtig.

 

Ich denke, der Schlüssel zu dem Wunsch des Lehramtes liegt in Deiner Formulierung "auch nach reichlicher Überlegung" (vielleicht meintest Du auch "reiflich", ist aber egal).

 

Warum soll diese Person das Bußsakrament nicht empfangen dürfen? Dann könnte man ja gleich mit dem Priester die Probleme, die man hat, ansprechen und vielleicht dabei auch den einen oder anderen Punkt klären. Beichtgespräche müssen nicht unbedingt einem strengen Formalismus folgen...

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Die Kirche kennt drei Ursprünge der Reue:

 

- aus Liebe zu Gott

- aus Furcht vor Gott

- aus Peinlichkeit vor den Menschen

 

Dabei hat die Scham vor den Menschen keinen Wert für die Beichte (ich vermute, weil sie lediglich auf Oberflächlichkeit beruht).

 

Für das Gewissen heißt das: Wenn man etwas tut oder lässt, weil es alle machen und man nur durch die soziale Kontrolle "erzogen wird" wirddas Gewissen kaum berührt.

 

Nimmt man die Lehre der Kirche zum Maßstab und geht in eine Form der Pascalschen Wette (sprich hält die Gebote wie sie die Kirche predigt aus Sorge Gott könnte zürnen, wenn man es nicht tut) ist das auch noch nicht perfekt, aber schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Wer aber Gott liebt und im Stand der Gnade ist (also in der ständigen bewussten Gegenwart Gottes lebt), dem wird es leid tun Gott und die Menschen "verletzt" zu haben. Diese Verinnerlichung ist das Ziel der Gewissensbildung.

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Irgendwann (ich vermute, beim 2. Vatikanischen Konzil) wurde dem Gewissen ein hoher Stellenwert eingeräumt.

 

Das ist schon Thomas von Aquin, ich meine, den Gedanken auch schon bei Abaelard gelesen zu haben.

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Grundsätzlich gilt, dass das Gewissen dem Lehramt verpflichtet ist.

Das Gewissen kann die Lehre des Lehramtes nicht entkräften.

 

Das Interessante ist, dass diejenigen Theologen, die anderes postulieren, das nur auf bestimmte Themen beziehen:

Erlaubt mir das Gewissen Kondome, dann ist das o.k., egal, was das Lehramt sagt, aber berufe ich mich auf mein Gewissen, wenn ich die Kirchensteuer nicht zahle, dann gilt auf einmal das Gesetz vor dem Gewissen.

 

Gewissensfreiheit gilt innerhalb der Kirche nur in den Fragen, zu denen die Kirche keine verbindliche Stellung bezieht.

bearbeitet von Udalricus
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... berufe ich mich auf mein Gewissen, wenn ich die Kirchensteuer nicht zahle, dann gilt auf einmal das Gesetz vor dem Gewissen.
Zumundest hier im Forum wird für diesen Fall immer darauf hingewiesen, dass dann bitte die Konsequenzen zu tragen seien.

Dies gilt für ausnahmslos alle Gewissensentscheidungen.

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... berufe ich mich auf mein Gewissen, wenn ich die Kirchensteuer nicht zahle, dann gilt auf einmal das Gesetz vor dem Gewissen.

Zumundest hier im Forum wird für diesen Fall immer darauf hingewiesen, dass dann bitte die Konsequenzen zu tragen seien.

Dies gilt für ausnahmslos alle Gewissensentscheidungen.

 

Exakt.

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Grundsätzlich gilt, dass das Gewissen dem Lehramt verpflichtet ist.

Das Gewissen kann die Lehre des Lehramtes nicht entkräften.

 

Das Interessante ist, dass diejenigen Theologen, die anderes postulieren, das nur auf bestimmte Themen beziehen:

Erlaubt mir das Gewissen Kondome, dann ist das o.k., egal, was das Lehramt sagt, aber berufe ich mich auf mein Gewissen, wenn ich die Kirchensteuer nicht zahle, dann gilt auf einmal das Gesetz vor dem Gewissen.

 

Gewissensfreiheit gilt innerhalb der Kirche nur in den Fragen, zu denen die Kirche keine verbindliche Stellung bezieht

Selbstredend kann ein einzelnes Gewissen das Lehramt der Kirche nicht entkräften. Meine Frage war folgende: Gesetzt, ich tue etwas, das gegen die Lehre der Kirche verstößt, im Glauben daran, richtig zu handeln, obwohl ich mich ehrlich bemüht habe, die Position der Kirche nachzuvollziehen. Ist das Sünde? Laut der mir bekannten Sündedefinition (bewusst und freiwillig falsch handeln) nicht. Auch wenn Kriterium 1 (falsch handeln) natürlich immer noch gegeben ist, auch wenn man sich dessen nicht bewusst ist. Aber, da Kriterium 2 (bewusst) fehlt, ist es dann doch trotzdem keine Sünde, oder?

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Franz Jagerstätter verweigerte den Wehrdienst unter Berufung auf sein Gewissen, obwohl die Aussagen des Lehramtes klar und eindeutig dagegen sprachen. Er hat die Konsequenzen in bewundernswerter Weise getragen.

 

Nach Udalricus Darlegung allerdings hätte er anders handeln müssen.

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Die Frage kam mir im Nachbarthread, als es um die Beichte ging:

Wenn man einen Dissens zwischen sich und dem Lehramt feststellt: Wenn Kirche sagt das Sex in eine dauerhafte Beziehung gebettet sein muss, in der die Partner zusammen stehen, das ganze Leben (nicht ausschliesslich das Bett) teilen stimme ich zu, mein Wiederspruch fängt da an wo Kirche sagt das sei ausschliesslich in der Ehe verwirklicht. Nein, auch eine Beziehung ohne Trauschein kann so angelegt sein.

Folglich geh ich auf den Themenkomplex "6. Gebot" in der Beichte nur auf ausdrückliche Nachfrage ein (ich habe keinen Beichtvater erlebt der nachgefragt hätte) - mal ganz davon abgsehen dass das Thema angesichts meines Beziehungsstatuses eh nichts hergibt, mit oder ohne Dissens.

 

Kirche sagt: "Nur in der Ehe", Mein Gewissen sagt: "Ja aber" -> Handeln nach dem Gewissen Sünde?

Was macht das mit der Beichte? Gültig, obwohl ich einen Themenkomplex auslasse?

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Wie ist das mit der Epikie?

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Grundsätzlich gilt, dass das Gewissen dem Lehramt verpflichtet ist.

Das Gewissen kann die Lehre des Lehramtes nicht entkräften.

 

Das Interessante ist, dass diejenigen Theologen, die anderes postulieren, das nur auf bestimmte Themen beziehen:

Erlaubt mir das Gewissen Kondome, dann ist das o.k., egal, was das Lehramt sagt, aber berufe ich mich auf mein Gewissen, wenn ich die Kirchensteuer nicht zahle, dann gilt auf einmal das Gesetz vor dem Gewissen.

 

Gewissensfreiheit gilt innerhalb der Kirche nur in den Fragen, zu denen die Kirche keine verbindliche Stellung bezieht.

hallo Udalricus,

 

danke Dir für Deine Darstellung.

 

Da Du in Deinem Beitrag sowohl Kondome als auch Fragen, zu denen die Kirche keine verbindliche Stellung bezieht, erwähntest,

 

hier meine Frage an Dich, Udalricus, im Zusammenhang dieses threads,

 

meine Frage:

 

was bedeutet Dir mehr -

 

Humanae Vitae oder die Königsteiner Erklärung?

 

(solltest Du Dich darauf hinausreden wollen, dass das Gewissen oder so oder vielleicht oder doch anders oder doch nicht ...)

 

nö, Udalricus.

 

diesen Weg hast Du Dir leider mit Deinem, von mir zitierten Beitrag zuverlässig versperrt.

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was bedeutet Dir mehr -

 

Humanae Vitae oder die Königsteiner Erklärung?

 

 

Mir bedeutet das mehr, was die höhere Geltungskraft besitzt, also ersteres.

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Franz Jagerstätter verweigerte den Wehrdienst unter Berufung auf sein Gewissen, obwohl die Aussagen des Lehramtes klar und eindeutig dagegen sprachen. Er hat die Konsequenzen in bewundernswerter Weise getragen.

 

Nach Udalricus Darlegung allerdings hätte er anders handeln müssen.

 

Gutes Argument!

 

Ich weiß jetzt nicht genau, welches lehramtliche Dokument es damals verboten hätte, den Wehrdienst zu verweigern, ich nehme an, du meinst die Position des für Jägerstätter zuständigen Bischofs von Linz, der Jägerstätter vor diesem Schritt gewarnt hatte.

 

Nun, in der Tat kommt es vor, dass einzelne Taten oder Aussagen momentan im Widerspruch zum Lehramt stehen, dass aber später das Lehramt die andere Position rehabilitiert, im Falle Jägerstätters gar durch eine Seligsprechung.

Das ändert aber nichts daran, dass hier durch einen Ungehorsam quasi auf krummen Zeilen dann doch Gutes geschieht.

Darauf sollte man sich allerdings nicht berufen, denn dann verlöre jede Rechtsnorm ihre Verbindlichkeit, da sie ja vielleicht irgendwann einmal geändert werden könnte und man somit ja nur in "vorauseilendem Gehorsam" handle.

 

Im Prinzip geht es aber doch in diesem Thread eher um die Frage, ob das Lehramt eine ihm widersprechende Entscheidung akzeptieren oder tolerieren sollte, wenn diese augenscheinlich mit gutem Gewissen begangen wurde.

 

Ich meine, die Kirche kommt in Teufels Küche, wenn sie sich auf eine solche Unterscheidung einlassen würde.

Auf der anderen Seite gilt aber für den "Lehramtszweifler", dass er natürlich seinem Gewissen folgen muss, wenn er glaubt, dass er sonst sündigen würde. Er muss dann aber auch die eventuellen Sanktionen des Lehramtes in Kauf nehmen.

 

bearbeitet von Udalricus
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Hast Du diese Wertung mit Deinem Gewissen ausgemacht?

 

Ja

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Nun, in der Tat kommt es vor, dass einzelne Taten oder Aussagen momentan im Widerspruch zum Lehramt stehen, dass aber später das Lehramt die andere Position rehabilitiert, im Falle Jägerstätters gar durch eine Seligsprechung.

Verstehe ich das richtig, Jägerstätter wurde seliggesprochen, weil das Lehramt seine Position rehabilitiert hat?

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Gast Mactafledis

"Ich habe dich bei deinem Namen gerufen" - und ich ergänze: "und daher möchte ich deine Antwort hören!" Drunter geht es nicht.

 

Ja. "Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt." (KKK 1776)

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"Ich habe dich bei deinem Namen gerufen" - und ich ergänze: "und daher möchte ich deine Antwort hören!" Drunter geht es nicht.

 

Ja. "Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt." (KKK 1776)

 

Ein Satz, der aus einer Rede Pius XII. vor Psychiatern stammt und die Grenzen dessen auslotet, was mit diagnostischen Methoden erforscht (oder eben nicht erforscht) werden darf.

 

:off_topic: Der Satz (bzw sein Inhalt) ist der Kern meiner Argumentation, mit der ich forensisch-psychiatrische Gutachten im Diensrrecht ablehne.

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Sicherer und bequemer wäre es auf jeden Fall, wenn das Lehramt Vorrang vor dem Gewissen hätte. Dann wären die Mitglieder des Lehramts nicht nur für die eigenen, sondern auch noch für die Sünden aller anderen verantwortlich, wenn sich beim Gericht herausstellte, dass das Lehramt im Irrtum war.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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Ich formuliere meinen obigen Gedanken nochmal anders: wäre ich Teil des Lehramts, und jeder Gläubige wäre verpflichtet, meinen Anweisungen ohne wenn und aber und Gewissen zu folgen, dann könnte ich beim Gedanken an das letzte Gericht nicht mehr ruhig schlafen

 

Werner

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