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Historische vs. psychologische Bibelauslegung


Aleachim

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Das ist, mit Verlaub, ein anderer Fall. An der Person scheint kein Zweifel zu bestehen, nur der Verwandtschaftsgrad scheint ungewiss.

 

Natürlich gibt es das Phänomen, dass Personen verschmelzen. Eventuell sollte man aber bedenken, dass schon die früheste Quelle, Paulus, eine Person, keine Inhalte, in den Mittelpunkt stellen. Wir haben die Verbindung zwischen Paulus, der historisch ist, und Kephas, wie er im Galater berichtet, und es gibt keinen Grund, seine Darstellung zu bezweifeln, gerade weil Paulus nur diesen Kontakt angenommen hat und sonst seine Eigenständigkeit betont.

 

Etwas anderes ist das Anlagern von Geschichten und das Ausgestalten von Logien oder Heilungen zu literarischen Produkten.

 

Es gibt ja auch Übereinstimmungen zwischen Markus und den Texten, die der Logienquelle zugeschrieben werden. Man kann natürlich die Zweiquellentheorie anzweifeln, aber es ist ein hartes Los. Das letzte Buch, das ich dazu gelesen habe, war nicht sehr überzeugend. Man muss einfach viel zuviel Hypothesen aufstellen, die eher Vermutungen sind, die auf dem Argument aufruhen "Das hätte ja auch sein können". Das ist mir zu schwammig. Ich sehe da keine überzeugende Alternative.

 

Die Divergenz zwischen dem Sondergut von Matthäus und Lukas ist teilweise enorm. Natürlich handelt es sich dabei um unterschiedliche Entwicklungen in der Überlieferung.

 

Bei Lukas gibt es ja noch die Apostelgeschichte, von der man annimmt, dass er den Reisebericht eines Reisebegleiters des Paulus auf dessen letzter Fahrt nach Jerusalem verwendet hat. Er hatte Zugang zu schriftlichen Quellen. Das er eher theologisch denn historisch unterwegs war, ja.

 

Interessant z.B., dass Mk den Namen des Kaiaphas nicht erwähnt, ihn aber sowohl Matthäus als auch Lukas, der Zweiquellentheorie zufolge, unabhängig voneinander ausgegraben haben und das sich wiederum mit Josephus Flavius deckt. Ganz blöd waren die nicht.

 

Egal wo man hinschaut, das Christentum definiert sich zuerst über die Person Jesu. Ein diffuser Anfang erscheint mehr als unwahrscheinlich.

 

Die Streitigkeiten um die Orthodoxie sind der Tatsache geschuldet, dass der Wanderprediger aus Nazaret dogmatische Inhalte vernachlässigt hat. Wenn man daran denkt, dass weder Jesus noch die frühen Christen eine Weltreligion erwarteten sondern das Ende der Welt, dann versteht man ihren laxen Umgang mit Glaubensinhalten.

 

Das frühe Christentum dokumentiert eher Ablösungskonflikte vom Judentum und die Auseinandersetzung mit der Frage, ob Orthopraxie oder Glaube Vorrang hätten und im welchem Verhältnis sie ständen.

 

Was für Jesus selbst kein Thema war, er gab wohl dem Glauben den Vorrang.

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Am 13.9.2017 um 22:20 schrieb Chrysologus:

Es sind zweifelsohne Texte von Gläubigen - was sie aber als historische Quellen nicht entwertet. Man entschuldige den Vergleich - auch aus den (Tage-)Büchern von Joseph Goebbels und Rudolph Hess kann man historische Informationen über den Nationalsozialismus gewinnen, auch wen hier die weitere Quellenlage besser ist.

Die beiden waren ja auch Zeitzeugen, die selbst was über sich erzählen konnten, während die Evangelisten Jesus wahrscheinlich nie gesehen oder erlebt haben. Zusätzlich beansprucht das Johannesevangelium, von einem Augenzeugen geschrieben zu sein, was sich inzwischen als Lüge erwiesen hat. Und Lukas schwafelt großartig von seiner "sorgfältigen" Recherche. Diese scheint aber auch alles andere, als eine historische Recherche gewesen zu sein. Dieses Heischen nach Seriösität geht eher nach hinten los.

 

Ich habe die Tagebücher von Goebbels und Hess nicht gelesen. Haben sie denn auch geschrieben, dass Adolf über's Wasser gelaufen sei, Wasser in Wein verwandelt habe, oder dass Adolf sonstige magische Kunststücke beherrscht habe? Dies würde nämlich die Elaborate als geschichtliche Quelle zusätzlich in ein fragwürdiges Licht stellen.

 

Bei vielen Evangelienstellen kann man nur sagen: Könnte sein, dass es so geschehen ist. Ob es aber wirklich so geschah, weiß man dadurch um keinen Deut mehr. Bei sehr vielen Bibelstellen ist die Erklärung, dass hier eine Legende erzählt wird oder eine Glaubensaussage illustriert wird oder dass man nach einem vorliegenden Schema "erzählt" hat, oder dass man Propagandasprüche in eine Erzählung umgegossen hat, wahrscheinlich. Dies ist oft eine bessere Erklärung für den Text, als dass er ein historisches Geschehen wiedergäbe. Die Evangelisten haben ihr Werk von vornherein historisch entwertet und unglaubwürdig gestaltet.

 

Das Problem in Deinem Vergleich liegt nicht darin, dass Goebbels und Hess Nazis waren. Das Problem liegt darin, dass die Evangelisten in weitaus größerem Umfang die Historie verfälscht haben. Sie haben ihre Propaganda weit weniger an die Realität gebunden. Und sie waren keine Augenzeugen und haben sehr fragwürdiges Quellenmaterial verwendet, so es nur in ihre gewünschte Propaganda gepasst hat. Und damit es passt, haben sie ihr fragwürdiges Quellenmaterial noch einmal kräftig "überarbeitet". So lange, bis ein Historiker kaum noch etwas Brauchbares herausquetschen kann.

 

Man kann von den allermeisten Evangelienstellen nicht auf die Realität zurückrechnen. 

Du kannst vielleicht auf die Absicht des jeweiligen Evangelisten zurückrechnen. Diese Absicht quillt den Evangelienstellen aus allen Knopflöchern.

Aber auf das, was wirklich geschehen ist oder was Jesus wirklich gesagt hat, kann man nur in Ausnahmefällen zurückrechnen. Und dann erhält man ein reichlich banales Ergebnis.

 

Goebbels und Hess werden in ihren Werken gewiss immer wieder von der Wahrheit abgewichen sein. Aber ein solches Gewirr von Lügen, "Überformungen", "Gemeindebildungen", Falschdarstellungen, Unterstellungen, haltlosen Behauptungen und phantasiereichen Zusammendichtungen wie in den Evangelien hätten sie sich gar nicht leisten können. Das wäre bei der geringsten Nachprüfung aufgeflogen. Und die Leser hätten es als lächerlich empfunden, wenn sie von einer gemeinsamen Wanderung von Goebbels, Hess und Hitler über den Starnberger See geschrieben hätten. Und die Lächerlichkeit einer solchen Erzählung (oder eines solchen Tagebucheintrags) hätte ihr gesamtes Elaborat vor den Augen ihrer Leser lächerlich gemacht. 

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vor 5 Stunden schrieb nannyogg57:

Die Divergenz zwischen dem Sondergut von Matthäus und Lukas ist teilweise enorm. Natürlich handelt es sich dabei um unterschiedliche Entwicklungen in der Überlieferung.

Das bedeutet: Es kommt auf die postfaktische Entwicklung an. Nicht auf das, was ursprünglich vorgefallen ist. 

Das ursprüngliche Ereignis verschwindet hinter der späteren Entwicklung. 

Es zählt nicht mehr das, was geschehen ist, sondern nur noch das, was irgendjemand (notfalls der Evangelist selbst) daraus gemacht hat.

 

Irgendwo geschieht ein Unfall. Und ein Schriftsteller beschreibt diesen Unfall durch eine Abhandlung über das Liebesleben der deutschen Waldameise. 

Und man kann nach einiger Zeit diese Abhandlung noch so genau lesen: Klarheit über den Unfall wird man dadurch nicht erhalten.

 

Der Leser wird durch alle Exegese zwar nicht zum Fachmann für den Unfall. Aber immerhin: Er hat was über Waldameisen und deren Erotik zu sagen. Ist ja auch ganz schön.

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vor 11 Stunden schrieb Mecky:

Das bedeutet: Es kommt auf die postfaktische Entwicklung an. Nicht auf das, was ursprünglich vorgefallen ist. 

Das ursprüngliche Ereignis verschwindet hinter der späteren Entwicklung. 

Es zählt nicht mehr das, was geschehen ist, sondern nur noch das, was irgendjemand (notfalls der Evangelist selbst) daraus gemacht hat.

 

Irgendwo geschieht ein Unfall. Und ein Schriftsteller beschreibt diesen Unfall durch eine Abhandlung über das Liebesleben der deutschen Waldameise. 

Und man kann nach einiger Zeit diese Abhandlung noch so genau lesen: Klarheit über den Unfall wird man dadurch nicht erhalten.

 

Der Leser wird durch alle Exegese zwar nicht zum Fachmann für den Unfall. Aber immerhin: Er hat was über Waldameisen und deren Erotik zu sagen. Ist ja auch ganz schön.

Mecky, Mecky, ich seh es noch kommen, dass man dich wegen fehlendem Glauben und den solchen zersetztenden nicht mehr in den GG schreiben lässt. Wenn Wine solches geschrieben hätte, wäre er wahrscheinlich für ne Woche gesperrt worden. Denk an dein Seelenheil.:ninja:

 

sich langsam echt Sorgen machend...............tribald

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Diese Gefahr sehe ich ehrlich gesagt nicht. Wer sich durch Meckys Elaborate im Glauben verunsichern lässt, dem ist wohl ohnehin kaum mehr zu helfen. 

 

Ansonsten sind Meckys biblische Lehrstunden ein nettes Hintergrundrauschen. Ich bin sicher noch nicht lange genug dabei um sämtliche Theorien gelesen zu haben. Aber im Großen und Ganzen funkt der Sender immer auf der gleichen Frequenz. Irgendwann stellt sich da ein Gewöhnungseffekt ein. 

 

Für bahnbrechende, subversive Erkenntnisse halten Meckys Beiträge offensichtlich nur noch die üblichen Claqueure hier. Der Rest ignoriert. Mehr oder weniger amüsiert.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 12 Stunden schrieb Mecky:

Und Lukas schwafelt großartig von seiner "sorgfältigen" Recherche. Diese scheint aber auch alles andere, als eine historische Recherche gewesen zu sein.

Stimmt. Dieser Stümper hat, das weiß ich sicher, weder das Internet noch Facebook konsultiert. Kein Wunder, dass da so ein Mist rausgekommen ist.

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Und wie man mit Claqueren umgeht: Dafür gibt es ja genügend biblische Vorlagen.

Vor 2000 Jahren ist man mit dem Claqueur Jesus auch dementsprechend umgegangen. Der war Claqueur, der war Ork, der war lästige Kopflaus. Also: Umbringen. Am Besten noch zuvor mundtot machen, schikanieren, verspotten und foltern. 

 

Diese Vorgehensweise ist prima biblisch belegt. Und jemand, der mit dieser Umgangsweise nicht zufrieden ist, der ist logischerweise selbst Claqueur und verdient selbige Misshandlung. Du selbst hast ja auch schon einige Male ein "katholisches Forum" angemahnt. Schon klar: Dies Forum wirkt auf Dich nicht katholisch genug, weil man die katholisch und biblisch vorgeschlagenen Verhaltensweisen zu lax ausübt.

 

Dabei ist es völlig egal, ob man die Bibel eher historisch oder psychologisch auslegt. Den Widerspruch zwischen historisch oder psychologisch muss mir sowieso noch jemand aufzeigen. Eine psychologische Herangehensweise wird gelegentlich als Alternative gesehen, wenn man erkennt, dass es sich um historischen Murks handelt. 

Viele psychologische oder symbolische Herangehensweisen bringen leider auch keine wirkliche Entlastung. Man muss nämlich die Psychologie oder die Symbolik ebenso verbogen anwenden, wie die Historie: Sonst kommt man in ebenso große Bedrängnis, wie auf dem Feld der Historie.

 

Der liebste Trick ist das Rosinenpicken. Würde man dazu stehen, dass man gerade am Rosinenpicken ist, wäre nichts dagegen einzuwenden. Das wäre ein gleichwertiges Zugeständnis wie die auf der historischen Seite. "Die Bibelstelle ist nicht historisch zu verstehen!" Dann sagt man eben: "Die Bibelstelle ist nur dann symbolisch oder psychologisch bedeutsam, wenn man wesentliche Teile des Bibeltextes eben NICHT psychologisch oder symbolisch ausdeutet."

 

Die einen versuchen sich auf wissenschaftlich-historische Erkenntnisse zu berufen - und erhalten oftmals ein Ergebnis, das der Bibelstelle direkt widerspricht.

Das ist nicht befriedigend.

Und wenn man sich um die Psychologie nicht nur der Täter, sondern auch der Opfer kümmern würde, käme man zu ebenso desaströsen Ergebnissen. 
Was würde es für Seelenleben eines 18-jähriges Mädchen bedeuten, wenn sie von Gott zum Steinigungsfreiwild freigegeben wüsste? 

Neinein! So weit soll die psychologische Untersuchung natürlich nicht gehen. 

 

Was besagt das auf der symbolischen Ebene, wenn Gott die Ägyptererstgeburt seinem Todesengel zum Abschuss freigibt? Das ist ein Symbol für ...

das Wirken Gottes. So isser nun mal. Und Ägypterbabys sind definitiv besser, als Israelitenbabys - deswegen hat er ja auch die Israelitenbabys verschont, die Ägypterbabys und die Amalekiterbabys nicht. Symbol für einen ungerechten Gott mit Tendenz zur Sippenhaftung.

 

So lange auch die brutalen, menschenfeindlichen und das Vertrauen in den Glauben zerstörenden Stellen der Bibel einfach ignoriert werden,

macht es keinen großen Unterschied, ob man sie historisch ignoriert, psychologisch ignoriert oder symbolisch ignoriert. 

Es ist einfach Ignoranz - vom mir aus: Fein säuberlich in verschiedene Kategorien sortierte Ignoranz.

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vor 12 Minuten schrieb ThomasB.:
vor 13 Stunden schrieb Mecky:

Und Lukas schwafelt großartig von seiner "sorgfältigen" Recherche. Diese scheint aber auch alles andere, als eine historische Recherche gewesen zu sein.

Stimmt. Dieser Stümper hat, das weiß ich sicher, weder das Internet noch Facebook konsultiert. Kein Wunder, dass da so ein Mist rausgekommen ist.

Lenk nicht darauf ab, dass es damals weder Internet noch Facebook gab. 

Es gab sehr wohl Recherchemöglichkeiten. Andere zeitgenössische Schriftsteller haben sie genutzt.

Dass Lukas sie nicht genutzt hat, trotzdem aber gleich zu Beginn des Evangeliums heftig mit seiner Sorgfalt prahlt, wirft kein gutes Licht auf ihn.

 

Er ist ein brauchbarer narrativer Theologe. Aber seriös und ehrlich ist er nicht. Er geht mit seinem Quellmaterial weitaus sorgfältiger um, als Kollege Matthäus. Aber dies wirft zusätzlich noch ein übles Licht auf Matthäus. Der macht es NOCH beliebiger, als Lukas. 

 

Bei allen Evangelisten ist man gut beraten, auf ihre theologischen Produkte zu schauen, nicht aber auf ihre Seriösität oder ihre Ehrlichkeit oder ihre intellektuelle oder historische Redlichkeit. 

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Mundtot will zumindest ich Dich sowieso nicht machen. Im Gegenteil: ich habe ja ausdrücklich geschrieben, dass ich deine biblischen Beiträge für eine Konstante in diesem Forum halte. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich sie gut finden muss oder ich mir deine Meinung zu eigen mache.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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vor 6 Minuten schrieb Mecky:

Es gab sehr wohl Recherchemöglichkeiten. Andere zeitgenössische Schriftsteller haben sie genutzt.

Dass Lukas sie nicht genutzt hat, trotzdem aber gleich zu Beginn des Evangeliums heftig mit seiner Sorgfalt prahlt, wirft kein gutes Licht auf ihn.

Könntest Du der Allgemeinheit bitte mitteilen, woher Du Dein profundes Wissen darüber hast, was und wie Lukas recherchiert hat. Und vor allem, welche Recherchemöglichkeiten bzw. Quellen er NICHT genutzt hat. Das würde mich am meisten interessieren.

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vor 1 Stunde schrieb Mecky:

Vor 2000 Jahren ist man mit dem Claqueur Jesus auch dementsprechend umgegangen. Der war Claqueur, der war Ork, der war lästige Kopflaus. Also: Umbringen.

Das haben sich die Evangelisten nur ausgedacht. Sein Vater hat ihn gerettet und er ist nach Indien gegangen, das weiß man doch. Von einem Gott, der seinen Sohn so verrecken lässt, kann man sich nur angeekelt abwenden.

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Hätte er ihn hinterher nicht auferweckt, würde ich mich tatsächlich vor ihm ekeln.

 

Und tatsächlich: Weder das Leben Jesu noch seine Auferstehung und auch nicht die Erscheinungen sind auch nur ansatzweise glaubwürdig beschrieben. 

Die Glaubwürdigkeit der Auferstehung entspringt nicht in den wirren Spukgeschichten, auch nicht im höchst zweifelhaften "leeren Grab".

 

Das,  was den Evangelien gelingt: Sie sprechen damit ein sehr menschliches Begehren an. Andere Religionen (seit der Steinzeit) haben auch ihre Anspielungen auf die Auferstehung beinhaltet - in der einen oder anderen Weise. Auch Judas Makkabäus glaubt an eine Auferstehung, obwohl er die Spukgeschichten der Evangelisten niemals gelesen hatte. 

Die Evangelien sprechen eine Menschheitshoffnung an. Und durch die Darstellungsweise wird sie noch einmal ausgeformt. Übrigens: Dies ist wahrscheinlich die größte Leistung der Evangelisten. Und völlig unabhängig von der Qualität der Spukgeschichten und unabhängig von der Historizität derselben. Wären die Gläubigen allein von der Qualität der Spukgeschichten oder von der Historizität des leeren Grabes abhängig: Dann gute Nacht, du liebes Christentum.

 

Gott sei Dank! hat uns Gott einen Bedarf im Herzen verankert. "So einer wie Jesus kann doch nicht einfach sterben - und das war's!". Die Evangelien lassen den Gläubigen spüren, dass das einfach nicht sein kann. Da bleibt was über. Selbiges gilt bei mir übrigens auch für Dumbledore - literarisch um Grade besser gestaltet, aber leider auch um Grade phantastischer in einer Phantasy-Welt, die nun einmal nicht die Welt ist, in der wir real leben.

 

Leider ist Rowling eben ehrlicher, als es die Evangelisten waren. Sie steht dazu, dass ihre Story von vorne bis hinten erfunden ist. Ich bedaure sehr, dass die Evangelisten diese Ehrlichkeit nicht im Geringsten teilen. Und gerade Lukas, der uns gleich zu Beginn seines Evangeliums mit seiner Sorgfalts-Angeberei irreführt.

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vor 2 Stunden schrieb ThomasB.:

Könntest Du der Allgemeinheit bitte mitteilen, woher Du Dein profundes Wissen darüber hast, was und wie Lukas recherchiert hat. Und vor allem, welche Recherchemöglichkeiten bzw. Quellen er NICHT genutzt hat. Das würde mich am meisten interessieren.

Um Lukas bei der Recherche zu beobachten, muss man nach seiner vollmundigen Recherchebehauptung nicht weit ausgreifen.

 

Da kommt dann erst die gut recherchierte Zeugungsgeschichte von Johannes dem Täufer. Prima recherchiert. Genau so, wie Lukas es beschrieben hat, wird es wohl gewesen sein. Mitsamt gut recherchierter Engelerscheinung bei Zacharias. Wahrscheinlich Videorecherche.

 

Dann die gut recherchierte Verkündigungs-Szene. Wie recherchiert man eigentlich eine Jungfrauenschwangerschaft? Ein Interview mit Joseph könnte für diese Zwecke eventuell nicht ganz ausreichen. Lukas muss, wenn er wirklich sauber recherchiert hat, mit Maria gesprochen haben. Aber Lukas erwähnt im ganzen Evangelium nicht, wie er tatsächlich recherchiert hat. Schön, dass Du monierst, dass ich über seine Recherche nichts weiß. Ich weiß nichts darüber, weil Lukas nur großartig damit angegeben hat. Ansonsten erwähnt er seine Recherche nicht im Evangelium. Er gibt nicht an, woher er seine phantastischen Storys hat. Dass wir heute vermuten, dass er eine Logienquelle verwendet hat, verschweigt er ja auch. Tolle Recherche. 

 

So. Und dann diese phantastische, natürlich bestens recherchierte Weihnachtsstory mit gut recherchiertem Engelchor und gut recherchierten Hirten. Und er hat auch recherchiert, dass sich dies alles in Betlehem zugetragen habe. Klingt auch eher phantastisch, als gut recherchiert. Die Zahl der historisch-kritischen Exegeten, die diese Weihnachtsstory für historisch halten, ist gering. Sie war schon gering zu meiner Studienzeit. 

 

Was hat Lukas nochmal zu vor behauptet: 

"3 Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben.
4 So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest."

Ach ja. Ach ja. Wenn die Lehre so zuverlässig ist, wie die angebliche Recherche, dann ist es auch mit der Lehre nicht weit her.

 

Kaum ist Lukas mit seiner Angeberei fertig, präsentiert er uns schon Storys, die keineswegs auf einem sorgfältigen Nachgehen beruhen, sondern traditionelle Textschemata einfach auf Jesus pressen. Ein geradezu paradigmatischer Fall von Selbst-Enttarnung, sozusagen programmatisch als Überschrift an den Anfang des Evangeliums gestellt.

 

Lukas hat auch die Story mit dem 12-jähren Jesus im Tempel recherchiert. Jaja, das war so! Lass Dir das mal von dem gut informierten Lukas sagen.

Und das Verhältnis zu Johannes dem Täufer, dessen Vorwürfe an Herodes und Johannei Eigenheiten war wohl auch so, wie es Lukas recherchiert und wiedergegeben hat. Nicht so, wie es der Rest der Welt beschreibt.

 

Danach kommen dann ein gut fingierter recherchierter Stammbaum Jesu und diese gut recherchierte Wüstenszene mit dem Teufelchen und den präzise recherchierten 40 Tagen.
Hat er Jesus interviewt? Oder hat er den Teufel interviewt? Bei wem auch immer Lukas recherchiert haben könnte: Er verrät es nicht. Womöglich hat er überhaupt niemanden interviewt, sondern: Das mit der Recherche ist ebenso eine Erfindung, wie auch viele andere Storys seines Evangeliums.

 

Das hab' ich gerne: Am Anfang von "sorgfältigem Nachgehen" reden ... und dann einen unwahrscheinlichen Klops nach dem nächsten bringen. 

Gleich zu Beginn des Evangeliums macht sich Lukas unglaubwürdig, ja, geradezu lächerlich. Seine Phantasiestorys ausgerechnet mit einer Nachforschungsbehauptung zu beginnen, ist schon ein starkes Stück. 

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vor einer Stunde schrieb Mecky:

Hätte er ihn hinterher nicht auferweckt, würde ich mich tatsächlich vor ihm ekeln.

Das ist eine schlecht erfundene Geschichte, Tokien hätte sich das weit besser und vor allem glaubwürdiger ausdenken können - es ist aber schon erstaunlich, wie leicht du den Sadismuss Gottes zu ignorieren bereit bist, nur weil er sein Opfer nachher tröstet. Das ist doch die alte Masche des Unmenschen, er erwartet Dankbarkeit dafür, dass er dich aus dem von ihm inszenierten Leid befreit.

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vor 1 Minute schrieb Chrysologus:

Das ist eine schlecht erfundene Geschichte, Tokien hätte sich das weit besser und vor allem glaubwürdiger ausdenken können - es ist aber schon erstaunlich, wie leicht du den Sadismuss Gottes zu ignorieren bereit bist, nur weil er sein Opfer nachher tröstet. Das ist doch die alte Masche des Unmenschen, er erwartet Dankbarkeit dafür, dass er dich aus dem von ihm inszenierten Leid befreit.

Gegenfrage: Da du ja soweit ich weiß auch an diesen Gott glaubst: Was hast du dann zu seiner Verteidigung vorzubringen? ;)

 

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vor 7 Minuten schrieb Chrysologus:

Das ist eine schlecht erfundene Geschichte, Tokien hätte sich das weit besser und vor allem glaubwürdiger ausdenken können - es ist aber schon erstaunlich, wie leicht du den Sadismuss Gottes zu ignorieren bereit bist, nur weil er sein Opfer nachher tröstet. Das ist doch die alte Masche des Unmenschen, er erwartet Dankbarkeit dafür, dass er dich aus dem von ihm inszenierten Leid befreit.

"Sadismus" ist in Bezug auf Gott ist ein absurder Begriff. "Gott" kann seine Geschöpfe zerschmettern wie er lustig ist, und tut das auch. Er kann und darf das, weil er Gott ist. 

Er ist trotzdem Allgütig - weil Gott das sagt. Der Ton kann den Töpfer nicht richten. 

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Zustimmung. Dieses Herunterziehen Gottes auf menschliche "Augenhöhe" ist nur eines von vielen Symptomen, die anzeigen, was mit der Theologie unserer Tage nicht stimmt.

 

Die "moderne Kirche" hat gar das Dies irae aus der Totenliturgie entfernt. Ein strenger Richtergott passt wohl nicht mehr ins Bild.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Minuten schrieb Studiosus:

Zustimmung. Dieses Herunterziehen Gottes auf menschliche "Augenhöhe" ist nur eines von vielen Symptomen, die anzeigen, was mit den Theologie unserer Tage nicht stimmt.

 

Die "moderne Kirche" hat gar das Dies irae aus der Totenliturgie entfernt. Ein strenger Richtergott passt wohl nicht mehr ins Bild.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

 

Aber auf das "Ne irascaris domine ..." antwortet Gott erstaunlicherweise (im Lied) auch nicht mit dem von den Menschen erwarteten Zorn, sondern mit "Quare moerore consumeris te? Quia innovabis te dolor? Salvabo te, noli timere." (Ich hoffe, ich habe das richtig im Gedächtnis, aber du wirst ja eh wissen, was ich meine. )

 

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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Die "moderne Kirche" hat gar das Dies irae aus der Totenliturgie entfernt. Ein strenger Richtergott passt wohl nicht mehr ins Bild.

 

"Recordare Iesu pie, quod sum causa tuae viae" paßt aber nicht zu dem vom Xamanoth beschriebenen Gottesbild.

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vor 12 Minuten schrieb Chrysologus:

Das ist eine schlecht erfundene Geschichte, Tokien hätte sich das weit besser und vor allem glaubwürdiger ausdenken können - es ist aber schon erstaunlich, wie leicht du den Sadismuss Gottes zu ignorieren bereit bist, nur weil er sein Opfer nachher tröstet. Das ist doch die alte Masche des Unmenschen, er erwartet Dankbarkeit dafür, dass er dich aus dem von ihm inszenierten Leid befreit.

Du sprichst von trösten. Es klingt schon eher wie "vertrösten".

Davon habe ich nichts geschrieben. Ich habe von Auferweckung geschrieben. Ich hätte auch von Erlösung reden können. 

Ein billiges Trösten würde mich nicht besänftigen. Im Gegenteil. Ich wehre mich gegen billiges Trösten ebenso, wie gegen Deine Ausreden.

 

Es genügt auch nicht (Mann, Mann, wie oft habe ich dies schon geschrieben), dass Gott lediglich uns von dem Leiden befreit. Eine ausgleichende Gerechtigkeit würde mich auch nicht zufriedenstellen. Da müsste noch weitaus mehr her. Insbesondere den Aufweis, dass das von Gott inszenierte Leid notwendig war ... und zwar für die Opfer dieses Leides. Gott muss aufweisen, dass dieses Leiden keine im gefällige Schikane war, sondern notwendig ... und zwar zugunsten der Opfer.

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vor 5 Minuten schrieb Merkur:

"Recordare Iesu pie, quod sum causa tuae viae" paßt aber nicht zu dem vom Xamanoth beschriebenen Gottesbild.

 

Ich plädiere für ein ausgewogenes, authentisches Gottesbild, wie es Schrift und Tradition zeichnen. Absolute Gerechtigkeit und absolute Barmherzigkeit sind keine Widersprüche.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 4 Minuten schrieb Xamanoth:

Wieso sollte man sich einem Gott ohne jede Strenge beugen?

Hauptsache: Vor Gott gebeugt.

Ich halte nicht viel von dem Beugen von Menschen.

 

Aber viele Menschen sehen das so. Sie anerkennen jemanden nur, wenn er sie beugt, schikaniert, foltert oder noch Schlimmeres.

Gerade im AT gibt es viele Belege dafür, dass Gott durch brutale und brutalste Gewalttaten dieses Beugen erzwingt. Das nennt sich dann "Macht" und "Machterweis".

 

Ich beuge mich lieber in einem anderen Sinne. Ich verbeuge mich zum Beispiel vor den Fähigkeiten oder der Charakterstärke oder dem Mut oder der Selbstlosigkeit eines Menschen, an den ich nicht heranreiche (und wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle). Das ist dann ein bewunderndes Beugen - und zugleich das Anerkennen, dass nicht ich der Größte bin. Und es ist Freude, wenn ich mich im Schutze eines Größeren geborgen wissen kann.

 

Die Brutalos halten allerdings prima zusammen. Menschen, die gewohnheitsmäßig herumgräulen, um sich Respekt zu verschaffen und andere in die Knie zu zwingen, verehren zumeist auch einen ebensolchen Gott.

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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

Ich plädiere für ein ausgewogenes, authentisches Gottesbild, wie es Schrift und Tradition zeichnen. Absolute Gerechtigkeit und absolute Barmherzigkeit sind keine Widersprüche.

Doch sind es Widersprüche - zumindest nach menschlichen Vorstellungen. 

Meine Hoffnung ist, dass Gott gerade diesen Widerspruch auflösen kann.

Bis er dies tut, besteht dieser Widerspruch aber ungemindert

und ich halte es für eine große Selbstüberschätzung,

wenn jemand behauptet, er könne diesen Widerspruch aus eigener Kraft auflösen oder zumindest erklären.

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