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Religion und Fortschritt: Versöhnung der Widersprüche?


Studiosus

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2 minutes ago, DonGato said:

Da verstehe ich aber auch nicht Deine Ausführungen, warum sich dann diese Form der Lebenssinnstiftung an den Fortschritt anpassen muss.

Weil durch den Fortschritt auch neue Fragen auftauchen. Ich hab ja nicht gesagt, dass man alles ständig ändern muss.

 

Werner

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vor 5 Minuten schrieb Werner001:

Weil durch den Fortschritt auch neue Fragen auftauchen. Ich hab ja nicht gesagt, dass man alles ständig ändern muss.

 

Werner

 

Da bin ich deutlich pessimistischer als Du. Die Technik entwickelt sich weiter, aber der Mensch kaum. Du kannst heute die mehr als 2500 Jahre alte Ilias oder Odyssee lesen und es sagt Dir etwas, es spricht Dich an (kann Dich ansprechen) weil sich die menschliche Psyche in dieser Zeitspanne im wesentlichen nicht verändert hat und die zwischenmenschlichen Problem immer noch die gleichen sind. Lebenssinnstiltung spricht aber die menschliche Psyche an, nicht das technische Umfeld. Es ist völlig gleichwertig, ob Du zu einem Priester gehst, um einen Glücks-Angelhaken oder um eine Glücks-Keyboard zu bitten. Meiner Ansicht nach sind diese technischen Dinge beliebig austauschbar. 

 

DonGato.  

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Gerade eben schrieb DonGato:

 

Da bin ich deutlich pessimistischer als Du. Die Technik entwickelt sich weiter, aber der Mensch kaum. Du kannst heute die mehr als 2500 Jahre alte Ilias oder Odyssee lesen und es sagt Dir etwas, es spricht Dich an (kann Dich ansprechen) weil sich die menschliche Psyche in dieser Zeitspanne im wesentlichen nicht verändert hat und die zwischenmenschlichen Problem immer noch die gleichen sind. Lebenssinnstiltung spricht aber die menschliche Psyche an, nicht das technische Umfeld. Es ist völlig gleichwertig, ob Du zu einem Priester gehst, um einen Glücks-Angelhaken oder um eine Glücks-Keyboard zu bitten. Meiner Ansicht nach sind diese technischen Dinge beliebig austauschbar. 

 

DonGato.  

 

Das ist ein interessanter Gedanke. Ja, die Ilias und die Odyssee haben mich immer angesprochen, aber die germanische Sagen oder die Bibel zB nicht. Gleiches gilt für das Altägyptische Totenbuch. Vielleicht hat sich die menschliche Psyche doch mehr geändert, als du annimmst, und die griechisch-römische Antike ist manchen von uns näher als andere Mythologien.

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vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das ist ein interessanter Gedanke. Ja, die Ilias und die Odyssee haben mich immer angesprochen, aber die germanische Sagen oder die Bibel zB nicht. Gleiches gilt für das Altägyptische Totenbuch. Vielleicht hat sich die menschliche Psyche doch mehr geändert, als du annimmst, und die griechisch-römische Antike ist manchen von uns näher als andere Mythologien.

 

Rein von meiner Vorstellung, wie sich etwas in biologischen System entwickelt, halte ich 2500 Jahre für zu kurz in Hinblick auf menschliche Generationsfolge und Mutationsrate (besonders natürlich gain-of-function). Oder meinst Du einen nicht genetische codierte Veränderung?

 

Dein Anführen von diesem Totenbuch verstehe ich nicht. Ich dachte immer, es ist eine Sammlung von Zaubersprüchen, die man braucht, um im Jenseits gut anzukommen. Es gibt wirklich Menschen, die sich davon angesprochen fühlen? Solche Texte von Beschwörungsritualen sind besonders langweilig. Um keine religösen Gefühle zu verletzten werde ich das mit der Bible nicht kommentieren - aber eine reine Sammlung von Mythen und Legenden in guter literarischer Qualität ist es auch nicht.

 

DonGato.

 

 

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vor einer Stunde schrieb DonGato:

Ich denke auch nicht, ein Banco wird es ablehnen, Dein Mobil von Einfluss schlechter Geister zu befreien nur weit es keine traditionelles Ritual dafür gibt.

Genau das ist die von Werner geforderte Anpassung: es gibt etwas Neues (Mobilfon) und ich weigere mich nicht, dies ins (alte) Ritual einzubeziehen.

Aktuelles Beispiel aus dem christlichen Bereich und der Netzwelt: die #twomplet

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vor 47 Minuten schrieb Marcellinus:

Das ist ein interessanter Gedanke. Ja, die Ilias und die Odyssee haben mich immer angesprochen, aber die germanische Sagen oder die Bibel zB nicht. Gleiches gilt für das Altägyptische Totenbuch. Vielleicht hat sich die menschliche Psyche doch mehr geändert, als du annimmst, und die griechisch-römische Antike ist manchen von uns näher als andere Mythologien.

Ich halte das "von-etwas-Angesprochen-werden" für eine Konsequenz aus der Sozialisation, die man erfahren hat.

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vor 12 Minuten schrieb DonGato:

 

Rein von meiner Vorstellung, wie sich etwas in biologischen System entwickelt, halte ich 2500 Jahre für zu kurz in Hinblick auf menschliche Generationsfolge und Mutationsrate (besonders natürlich gain-of-function). Oder meinst Du einen nicht genetische codierte Veränderung?

 

Ja, es besteht für mich kein Zweifel, daß der psychologische wie soziale Habitus von Menschen sich verändern kann, und definitiv auch verändert, ohne daß sich die genetische Veranlagung ändert. Menschen sind sehr anpassungsfähig, je nach den sozialen Bedingungen, unter denen sie heranwachsen und leben.

 

 

vor 12 Minuten schrieb DonGato:

Dein Anführen von diesem Totenbuch verstehe ich nicht. Ich dachte immer, es ist eine Sammlung von Zaubersprüchen, die man braucht, um im Jenseits gut anzukommen. Es gibt wirklich Menschen, die sich davon angesprochen fühlen? Solche Texte von Beschwörungsritualen sind besonders langweilig. Um keine religösen Gefühle zu verletzten werde ich das mit der Bible nicht kommentieren - aber eine reine Sammlung von Mythen und Legenden in guter literarischer Qualität ist es auch nicht.

 

Da hast du Recht. Mir fiel gerade kein anderes Beispiel ein. Allerdings kenne ich auch wenig literarische Werke aus dem alten Ägypten. Die Götter- und Heldensagen der Griechen verbinden ein einmaliger Form beides, religiöse Vorstellungen mit menschlichen, die uns ansprechen. Dafür waren sie auch gedacht, und wurden zB in der gesamten Antike auch zur Erziehung der Jugend eingesetzt.

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vor 2 Minuten schrieb gouvernante:

Ich halte das "von-etwas-Angesprochen-werden" für eine Konsequenz aus der Sozialisation, die man erfahren hat.

 

Ja, keine Frage. 

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Zitat

Daher möchte ich die entscheidende Frage stellen: wie weit kann Religion auf Wissenschaft und Fortschritt zugehen ohne sich selbst dabei zu verlieren und ihrem Glauben untreu zu werden? Kann sie es überhaupt? Welchen Nutzen versprächen sich säkulare Gesellschaft und Religionen gleichermaßen von einem Schritt aufeinander zu? Kann ein Gläubiger zugleich in beiden Welten leben? In der fortschrittlichen und der religiösen? Wie geht man mit dieser Diskrepanz (Schizophrenie) um?

 

Für Religion insgesamt kann ich nicht sprechen, noch nicht einmal für die christliche Kirche insgesamt.

Für mich selbst nehme ich die Widersprüche zwischen tradierten Glaubensinhalten und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen als Chancen, der Wahrheit nach und nach näher zu kommen. Manche richten sich in einer geteilten Welt ein. Das geht, aber ich fände das auf die Dauer nicht erträglich. Deshalb vertraue ich im Zweifel auf die sicherere Quelle, und das ist in den meisten Fällen die Naturwissenschaft. Bei biblisch berichteten Wundern, die ganz klar gegen gut gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse verstoßen, wie z. B. das Anhalten der Sonne auf Wunsch von Josua, gehe ich deshalb davon aus, dass sie nicht oder nicht so passiert sind.

 

Ich bin mir nicht sicher, ob Kirche heute schon generell diesen Weg gehen könnte, weil die Wunder eben der Gläubigen liebstes Kind sind. Vielleicht ist die Hoffnung auf Wunder auch so etwas wie die Hoffnung auf Lottogewinne. Vom rationalen Standpunkt der Gewinnwahrscheinlichkeit her ist es Unsinn, Lotto zu spielen. Trotzdem tun es Millionen von Menschen regelmäßig. Vielleicht verhält es sich mit dem Wunderglauben ähnlich.

bearbeitet von Tojak
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"Nothing defines humans better than their willingness to do irrational things in the pursuit of phenomenally unlikely payoffs. This is the principle behind lotteries, dating, and religion."

(Scott Adams)

 
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Am 13.9.2017 um 14:02 schrieb Studiosus:

Und was oben vielleicht nicht ganz deutlich wurde: besonders würden mich natürlich die Implikationen für den christlichen bzw. katholischen Glauben interessieren. Welchen Platz hat Christus in dieser modernen Welt noch? Welchen Stellenwert haben Dogmen, wenn es keine metaphysische Gewissheit gibt? Kann ein Katholik guten Gewissens den Segnungen der modernen Wissenschaft folgen?

Dogmen haben Konjunktur. Gerade im Wahlkampf werden massenweise Dogmen zitiert. Für eines der schönsten Dogmen halte ich:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar."

Man kann den Satz nicht nur als Postulat verstehen - er ist nicht einmal als Postulat formuliert, sonst hätte man "sei" statt "ist" schreiben müssen.

Es ist ein unbeweisbarer, dem Individuum entspringender Satz, ein Glaubenssatz.

Und man hat nicht einmal Zugriff darauf. Entweder man hält die Würde des Menschen für unantastbar, oder man sieht es anders. Das kann man nicht einmal für sich selbst willentlich steuern. 

 

Die christlichen Dogmen finden Anerkennung je nach ihrer Formulierung.

"Jesus Christus ist wahrer Mensch und wahrer Gott" - da kommt kaum jemand drauf. Man muss einen solchen Satz eingetrichtert bekommen. In dieser Formulierung fehlt die Natürlichkeit. Der Satz entspringt auch nur für einen überzeugten Christen dem Inneren. Ein anderer sagt: "Nö, der Typ ist mir egal. Vielleicht war er Mensch. Gott wohl kaum."

 

Ich finde eine Suche nach Dogmen immer sehr interessant. Allerdings nur nach Dogmen, die nicht anerzogen sind, sondern die authentisch von innen heraus entspringen.

Wären doch die christlichen Dogmen gute Hilfestellungen, um wenigstens seine eigenen Dogmen zu entdecken! Aber sie sind meist so fern formuliert. Fern: In der Sprache und in der Denkweise womöglich des 4. Jahrhunderts. Diskussionen um solche Dogmen ergehen sich um Spitzfindigkeiten und Haarspaltereien, um Begrifflichkeiten und sonstigen Kruscht, der weit, weit weg vom heutigen Leben und vom heutigen Glauben ist.

Allein schon die Vorstellungen, die man mit "wahrer Mensch" und auch "wahrer Gott" verbindet. Hypostatische Union. Boah, mehr als Oberinspektor. Monophysitismus, Adoptianismus, Monoteletismus, Doketismus, sabbriger Modalismus. Da kommt man direkt vor das "Gott ist in drei distinkten Weisen Subsistenz." Anlass zum ultimativen Liturgasmus. Aber nicht zum Glauben. Diese ganzen umständlichen Beschreibungen, denen auch noch die Aporien des Neu-, Mittel- und Altplatonismus anhaften, helfen mir nicht auf der Suche nach meinem Glaubenssatz über Jesus und seinen Vater.

 

Und dies, obwohl ich ausgebildet bin und einigermaßen gescheit. Ein Nichtausgebildeter oder Nichtgescheiter weicht dann aus: Er glaubt's halt, weil es die Kirche vorgibt.

Das ist aber nicht dasselbe. Das ist keine innere Überzeugung, sondern einfach nur Gehorsam. Die Kirche wird schon das Rechte sagen.

 

Da aber die Kirche ebenso an Lebendigkeits- und Glaubens- und Einsichtigkeitsmangel leidet, sowie (in der Folge davon) an ganz konkretem Glaubwürdigkeitsverlust, bleibt Nichtausgebildeten ein solcher Satz äußerlich. 

 

Und deshalb (und aus vielen ähnlich gelagerten Dogmenproblemen) sehe ich keine Anzeichen auf eine größere Verbreitung der christlichen Dogmen. 

Andere bieten Einfacheres, Eingängigeres. Und ganz viele lassen sich von einem Blind-Gehorsams-Ekel erst gar nicht auf "so was" ein. 

Dies spiegelt ja auch die Situation der Kirche ganz gut wieder. In Gegenden, wo Blind-Gehorsam nicht zu den Tugenden gehört: Glaubensverfall, Unverständnis gegenüber Dogmen.

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Mit der Vermittlung der Schöpfung ist es in den letzten Jahren etwas leichter geworden.

Aber so lange die Kirche nicht klipp und klar sagt, dass sie keine kreationistischen Position vertritt und dass die biblische Schöpfungsgeschichten ein Schöpfungslied und ein Mythos ist, wird sich im Großen und Ganzen nicht viel verändern.

 

In den Schulen werden die Schüler ja ganz fleißig nicht-kreationistisch belehrt. Zumindest meistens. Aber das, was da aus dem Mund der Lehrer kommt, ist eigentlich langweilig. 

"Okay, dann eben nicht-kreationistisch. Gähn." Oft landet man bei Plattitüden, noch öfter bei Moralismen. "Wir sollen uns für Gerechtigkeit, Frieden UND BEWAHRUNG DER SCHÖPFUNG engagieren!" So ein moralischer Imperativ ersetzt natürlich keinen Glaubenssatz. 

 

Und wenn die Kirche dann immer wieder betont, dass die Evolutionstheorie tatsächlich und überraschenderweise trotz allem und eventuell, mit Vorsicht gesagt, eine Hypothese sein könnte, dann ist das so interessant wie Schneckenwettrennen einmal um den Äquator. In Youtube gibt es massenhaft gute Videos zu Astrophysik und zu Evolutionsthemen. Ziemlich faszinierend. Warum sollte sich jemand so eine öde Rechtfertigung der Evolutionslehre (als gangbare Hypothese) antun? 

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On 24.9.2017 at 4:03 PM, Mecky said:

Dogmen haben Konjunktur. Gerade im Wahlkampf werden massenweise Dogmen zitiert. Für eines der schönsten Dogmen halte ich:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar."

Man kann den Satz nicht nur als Postulat verstehen - er ist nicht einmal als Postulat formuliert, sonst hätte man "sei" statt "ist" schreiben müssen.

Es ist ein unbeweisbarer, dem Individuum entspringender Satz, ein Glaubenssatz.

Und man hat nicht einmal Zugriff darauf. Entweder man hält die Würde des Menschen für unantastbar, oder man sieht es anders. Das kann man nicht einmal für sich selbst willentlich steuern. 

 

Und wie es sich für ein richtiges Dogma gehört, können die Fachleute zigbändige Werke darüber verfassen, was denn nun unter "Menschenwürde" zu verstehen sei und was nicht, und man könnte für das rechte Verständnis dieses Wortes sogar Leute auf Scheiterhaufen verbrennen, wie es sich halt für echt Dogmen gehört. 

 

Werner

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Ich denke, zumindest in unseren Breiten hat sich die ideologische Auseinandersetzung zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen erledigt. Als Erklärungsmodell für diese Welt hat Metaphysik ausgedient. Wo es noch vorherrscht, tut es dies mit Gewalt, überall sonst privatisiert es sich. Entscheidend ist dagegen, wie wir im praktischen Leben miteinander auskommen, unabhängig von unterschiedlichen "Weltanschauungen", und dazu gehört ganz wesentlich die Verständigung über die Realität. Womit wir wieder bei den Wissenschaften wären. ;)

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Die entscheidende Frage scheint mir zu sein, was "glauben" denn meint. Der Begriff wird oft und gerne verwendet, meist, ohne zu klären, was das denn sein soll, und damit wird eine Kontinuität vorgetäuscht, die es womöglich nicht oder zumindest nicht im vermuteten Maße gibt.

 

Der systematische Index des DH kennt zum Stichwort "Der Glaube - Antwort auf die Offenbarung Gottes" (was schon ein klares Konzept andeutet, nach dem er systematisiert)eine Seite Verweise, wobei die Passage "Gott als Grund des Glaubens" nur Texte ab Dei filius,also dem Vaticanum I, kennt. Dies deutet darauf hin, dass dies der erste lehramtliche Text ist, der überhaupt eine nähere Begriffsbestimmung versucht, und er tut dies recht gründlich. Im Glauben habe der Mensch Gott vollen Gehorsam des Verstandes und des Willens zu leisten, ist dort zu lesen, und weiter: Der  Glaube sei eine übernatürliche Tugend, "durch die wir mit Unterstützung und Hilfe der Gnade Gottes glauben, dass das von ihm Geoffenbarte wahr ist, nicht wegen der […] Vernunft […], sondern wegen der Autorität" (DH 3008). Im Zentrum dieses Glaubensbegriffes steht also der Gedanke, dass man etwas glaubt.

 

In den früheren Stellen geht es meist eher um Gnade denn um Glauben, stellvertretend sei auf die 2. Synode von Orange verwiesen (um 529), die Glauben als Folge der Gnade beschreibt und den Gedanken, der Mensch könne ohne Gnade glauben, grundweg ablehnt. Einzig in Kan 5 dieser Synode findet sich ein Hinweis zum Wesen des Glaubens: "der Glaube, mit dem wir an Gott glauben". Hier - und kursorisches Blättern durch die Patristik bestätigt diesen Eindruck - wird nicht etwas, sondern jemand geglaubt.Auch die Glaubensbekenntnisse der alten Kirche beginnen fast immer mit Credo in (ich glaube an) / Credimus in  (wir glauben an) oder als Frage Credis in (glaubst du), also glaubst du an Gott, der so-und-so ist, nicht glaubst du, dass Gott so-und-so sei.

 

In der Patristik wird Glaube verstanden (ich formuliere jetzt modern) als die von Gott getragene Antwort des von Gott begnadeten Menschen auf die Begegnung mit Gott, und diese Antwort ist nicht weniger als eine Beziehung zu Gott.

 

Den Mechanismus "Gnade ermöglicht Glauben" kennt die Neuscholastik ebenfalls, aber sie erliegt bisweilen der Versuchung, bei der Fragen nach dem Inhalt des Glaubens Glaubenssätze an die Stelle Gottes zu setzen. Eine Interpretation der Lehre auch von Dei filius im Licht der Tradition musste hier den Fokus wieder neu ausrichten.

 

Inhalt der christlichen Verkündigung ist das Anbrechen des Reiches Gottes in der Welt. Damit ist uns der Weg in eine reine Metaphysik verbaut, die fein unterscheidet zwischen hier Welt und da Glaube. Wenn ich aber - was wiederum eine metaphysische Aussage ist - glaube, dass es die Welt gibt, weil Gott ihr Sein will und gut heißt, dann sehe ich auch keinen Grund, Wissenschaft, die diese Welt zu erfassen versucht, skeptisch zu sehen. Sie ist ein legitimer Weg der Erkenntnis, der keine Bestätigung von dritter Seite benötigt.

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Am 13.9.2017 um 13:52 schrieb Studiosus:

Der wissenschaftliche, kulturelle und ethische Fortschritt stellt für alle Religionen eine kaum mehr übersehbare Belastungsprobe dar.

 

Nein, nicht für alle. Aber um das zu erkennen, müßte man natürlich erstmal alle kennen. Wenigstens ansatzweise.

bearbeitet von GermanHeretic
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vor 1 Stunde schrieb GermanHeretic:

 

Nein, nicht für alle. Aber um das zu erkennen, müßte man natürlich erstmal alle kennen. Wenigstens ansatzweise.


Ich glaube, eigentlich für keine Religion eine unlösbare Belastungsprobe.
Es hängt weniger von der Religion ab, sondern davon, wie man Glauben und Religion versteht.
Metanoia, neu denken und verstehen lernen, bleibt vermutlich keinem erspart, egal in welchem religiösen System er/sie beheimatet ist.

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