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Seltsame Gedanken, die Bibel zu lesen


nannyogg57

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vor 13 Minuten schrieb Ennasus:


Ja, das stimmt natürlich:).

Diese verblüffende, grundsätzlichen Offenheit für das Andere, für das Fremde und den Fremden ganz allgemein geht einher mit einer konkreten heftigen Abneigung gegenüber ganz bestimmten Völkern.
Nach meinem Verständnis von Bibel steht hinter solchen krassen, vernichtenden Abgrenzungen immer die Abgrenzung gegenüber konkreten Haltungen, für die die Völker symbolisch stehen.
 

Darf ich fragen, welche Erwägung bzw. welche Erkenntnis die Quelle dieser Ansicht ist?

 

Mir erscheint der Gedanke, dass die eigene Auserwähltheit und Größe des iraelitischen Volkes durch imaginäre millitärische Siege plausibilisiert werden sollte erheblich schlüssiger (was Gegner vorraussetzt). Zudem zieht sich durch das ganze AT der Gedanke, dass Gott das ganze Volk Israel durch Niederlagen und Bedrängnis durch äußere Feinde für Gottlosigkeit auch einzelner straft, was im Gegenzug die Darlegung von Siegen und Erfolgen als Gegenleistung für Gottestreue - ggf. auch großer Einzelner - erfordert, und auch dies setzt eben Gegener vorraus.

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vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Sag es doch ehrlich. Die Verfassungsrichter haben sich auf ein sogenanntes „sittliches Empfinden“ berufen, um den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht anwenden zu müssen. Heute würde man das zu Recht Rechtsbeugung nennen.

Rechtsbeugung durch Verfassungsrichter geht doch gar nicht, da diese sozusagen die Kirche des Evangeliums Grundgesetz sind, mit letztverbindlicher Definitionshoheit; so machten sie auch vor gar nicht allzulanger Zeit aus Art. 1 GG ein Leistungsrecht, was in allen (!) mir vorher bekannten Grundrechtslehrbüchern (also jedenfalls dreien) als unvertretbar dargestellt wurde.

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vor 22 Minuten schrieb Xamanoth:

Darf ich fragen, welche Erwägung bzw. welche Erkenntnis die Quelle dieser Ansicht ist?

 

Mir erscheint der Gedanke, dass die eigene Auserwähltheit und Größe des iraelitischen Volkes durch imaginäre millitärische Siege plausibilisiert werden sollte erheblich schlüssiger (was Gegner vorraussetzt). Zudem zieht sich durch das ganze AT der Gedanke, dass Gott das ganze Volk Israel durch Niederlagen und Bedrängnis durch äußere Feinde für Gottlosigkeit auch einzelner straft, was im Gegenzug die Darlegung von Siegen und Erfolgen als Gegenleistung für Gottestreue - ggf. auch großer Einzelner - erfordert, und auch dies setzt eben Gegener vorraus.

Ja,so sehen einige Autoren des AT das auch durchaus.

Das AT beinhaltet viele Texte aus ganz unterschiedlichen Zeiten und Situationen. Dass dann auch das Gottesbild unterschiedlich ist, verwundert nicht.

 

Deine drei Jesusse sind da ähnlich: Die Autoren nehmen unterschiedliche Aspekte, die für sie wichtig sind. 

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Die Abgrenzung des "Judentums" begann erst mit Josia und wurde durch die Exilserfahrung verstärkt und zementiert. Das AT transportiert die alten Texte und die neueren.

 

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vor 12 Stunden schrieb Xamanoth:

Darf ich fragen, welche Erwägung bzw. welche Erkenntnis die Quelle dieser Ansicht ist?

 

Mir erscheint der Gedanke, dass die eigene Auserwähltheit und Größe des iraelitischen Volkes durch imaginäre millitärische Siege plausibilisiert werden sollte erheblich schlüssiger (was Gegner vorraussetzt). Zudem zieht sich durch das ganze AT der Gedanke, dass Gott das ganze Volk Israel durch Niederlagen und Bedrängnis durch äußere Feinde für Gottlosigkeit auch einzelner straft, was im Gegenzug die Darlegung von Siegen und Erfolgen als Gegenleistung für Gottestreue - ggf. auch großer Einzelner - erfordert, und auch dies setzt eben Gegener vorraus.


Ich arbeite seit rund 40 Jahren intensiv mit diesen Texten und habe ihre Sprache immer besser verstehen gelernt. Es ist eine Bildersprache, die reale Ereignisse aus der Außenwelt berichtet. - nicht neutral sachlich berichtet, sondern immer schon gedeutet auf dem Hintergrund des eigenen Welt-, Menschen- und Gottesbildes. So ungefähr wie du das hier beschreibst.
Aber was nicht auf den ersten Blick sichtbar wird, ist, dass in diese Erzählungen und Deutungen durchgängig ein Geflecht von Wissen über das Leben der Seele hineingewoben ist. Dem kann nachgespürt werden und es muss übersetzt werden in das eigene konkrete Leben, wenn man es sehen und es für das Leben fruchtbar machen will.

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vor 13 Stunden schrieb Xamanoth:

Rechtsbeugung durch Verfassungsrichter geht doch gar nicht, da diese sozusagen die Kirche des Evangeliums Grundgesetz sind, mit letztverbindlicher Definitionshoheit; so machten sie auch vor gar nicht allzulanger Zeit aus Art. 1 GG ein Leistungsrecht, was in allen (!) mir vorher bekannten Grundrechtslehrbüchern (also jedenfalls dreien) als unvertretbar dargestellt wurde.

 

Das ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Ich selbst beispielsweise habe diese Meinung bereits mehr als 20 Jahre vor der entsprechenden Entscheidung des BVerfG vertreten (und zahlreiche andere Literaturvertreter natürlich auch). Das BVerfG hat hier nichts "definiert", sondern lediglich eine "Mindermeinung" zur herrschenden Meinung gemacht. 

 

Für mich war die entsprechende Lesart des Art. 1 GG als Leistungsrecht (jedenfalls in ihrer Zusammenschau mit dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 GG) völlig selbstverständlich und die frühere herrschende Meinung lediglich politisch - aber nicht verfassungsrechtlich -  begründbar.

 

Die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums ist die notwendige Voraussetzung jeglicher anderer Grundrechtsinanspruchnahme und staatlichen Teilhabe. Die Meinungsfreiheit, die Gewährleistung des Post- und Fernmeldegeheimnisses oder das allgemeine Wahlrecht nützen einem Menschen gar nichts, wenn er verhungert, erfriert oder mangels ärztlicher Versorgung elendig krepiert.

 

Diese (banale) Tatsache war im Übrigen auch bereits Jesus völlig klar. Nicht ohne Grund steht im Zentrum des "Vater-unser", als erste der individuellen Bitten, das Gebet um das tägliche Brot. Schuldvergebung und Bewahrung vor Versuchung sind persönlich nachrangig; - oder um es mit Brecht zu sagen: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral."

 

Ein Gott, dem die physische Existenz seiner Geschöpfe gleichgültig ist, wäre genauso abgehoben und lebensfremd wie ein Verfassungsstaat, der über Grundrechte nur idealistisch philosophiert, aber nicht die materiellen Voraussetzung dafür schafft, sie auch tatsächlich wahrnehmen zu können.
 

Dies gilt jedoch weder für den Gott des Christentums, der sich in die Niedrigkeit und materielle Bedürftigkeit des Menschen hinab begibt, indem er selbst Mensch wird - niedrig und bedürftig. Noch gilt es für den Verfassungsstaat des Grundgesetzes. 

 

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Mit den Fremden in der Bibel ist es ganz typisch orientalisch.

Wenn ein einzelner Fremder kommt, genießt der Gastfreundschaft, ist aufzunehmen wie ein Verwandter usw.

Wenn die Fremden in Massen auftreten, sind sie Feinde, die man vernichten muss, und zwar durchaus nicht nur, wenn sie einen angreifen, man kann sie ruhig auch selber angreifen, wenn man stärker ist und ihre Stadt oder ihr Land haben möchte.

 

Werner

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vor 16 Stunden schrieb Xamanoth:

Darf ich fragen, welche Erwägung bzw. welche Erkenntnis die Quelle dieser Ansicht ist?

Die Auseinandersetzung mit den sog. Fremdvölkern ist in der Regel vor dem Hintergrund des sich entwickelnden Monotheismus versus umgebenden Polytheismus zu verstehen.

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Am 19.11.2018 um 07:23 schrieb Long John Silver:

 

Nein, ich habe die Floskeln von Dorothee Soelle damit gemeint. Ich wollte nur sagen, dass ich ueber eine solche Ebene (Leid notwendig zu Erloesung) einfach aus Erfahrung nicht mehr diskutiere, falls so etwas im Raum stuende, das bringt nichts.Dazu gehen dann meistens die Grundvorstellungen zu weit auseinander. Hat jetzt mit dir nichts zu tun, keine Panik und es muss dir auch nichts leid tun. 

 

Ich moechte doch noch einmal etwas zu diesem Satz von mir sagen (von dem ich immer noch nicht weiss, ob er von ihr stammt oder einrfach nur die Zusammenfasssung und Interpretation ihrer Gedanken von jemand anderem ist):

 

Ich lege wirklich Wert darauf, klarzustellen, dass mit dem Begriff Floskeln in dem Zusammenhang nicht gemeint war oder ist, dass jemand nicht integer ist oder einfach Dinge plappert, nur um fromm vor sich hin zu reden oder andere abzuspeisen oder einen einfachen Weg aus der Theodizee-Frage zu finden oder einfach inhaltlich leeres von sich gibt. Im religioesen Zusammenhang bedeutet fuer mich der Begriff eine bestimmte theologische Insider-Sprache (wobei ich wie gesagt jetzt gar nicht weiss, weil ich sie nicht kenne, ob Dorothee Soelle diese generell benutzt oder ob dieses Beispiel jetzt hier nur durch die Zusammenfassung oder Interpretation so schrecklich verkuerzt klingt. Im Grund ist es wohl generell so, dass theologische Sprache zum groessten Teil zuerst zurueck uebersetzt werden muesste in normale in dem meisten Faellen, egal ob das nun vom Papst kommt, den Katechismus betrifft oder evangelische Theologie, was ich persoenlich oft sehr schade finde und auch sehr schwierig, denn Leute winken eben leider oft genug bereits ab, wenn sie bestimmte theologische Versatzstuecke hoeren. Sie koennen sie nicht mit Leben fuellen.

Wie gesagt, das bedeutet nicht, dass  diese "Floskeln/Versatzstuecke" nicht von tiefen ehrlichen Gedanken getragen sind oder dass die so redende Person nicht ein  tiefes Anliegen hat. Im Bezug auf Dorothee Soelle, ueber deren Leben ich jetzt einiges gelesen habe, moechte ich das gern aus ganzem Herzen betonen, auch wenn ich, nach allem, was ich jetzt las,  mit ihr bestimmt in dem meisten Dingen nicht uebereinstimme theologisch,  aber das betrifft die gesamte protestantische Theologie, in deren Umfeld sie einzuordnen ist. (In diesem Umfeld, Stichwort Theologie nach Auschwitz, Gott- ist-Tot, Befreiungstheologie etc. ist sie auch einzuordnen). Warum lege ich Wert darauf, das noch einmal klarzustellen: weil sich da ein Mensch vom Innersten her bemueht hat. die Welt besser zu machen und ich trotz meiner wirklich fundamentalen Kritik an dieser Theologie und ihrern Ansaetzen nicht in die Masse der dumpfen Ablehnung mich eingliedern moechte, von der man auch einiges lesen kann, wenn man sich kurz mit ihrer Person im Internet beschaeftigt. 

 

Ich moechte noch etwas zum Leiden am Kreuz sagen. Leid transzendiert nicht, Schmerz auch nicht.  Die Groesse von Jesus liegt fuer mich nicht im Erdulden von Qualen, sondern in seinem Glauben (Herr, Dein Wille geschehe). Dieser Glaube, den er vorlebte und durch den er faehig war, diesen grausigen Weg zu gehen, ist fuer mich massgebend. 

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Am 20.11.2018 um 11:12 schrieb gouvernante:

Die Auseinandersetzung mit den sog. Fremdvölkern ist in der Regel vor dem Hintergrund des sich entwickelnden Monotheismus versus umgebenden Polytheismus zu verstehen.

 

Da halte ich es eher mit der Annahme, dass die Auseinandersetzungen mit der kananäischen Landnahme zusammenhängen. Ich gaube nicht, dass es damals die einzelnen Stämme sonderlich juckte, wer welchen oder welche Götter verehrte. Es war damals ja der Allgemeinzustand, also überhaupt nichts besonderes, dass jede Volksgruppe und jeder Stamm ihre eigenen Götter hatte. Die Herausstreichung der Sonderrolle des Gottes der Stämme Israels erfolgte wohl eher nach einer längeren Phase der Reflexion, sind also eine a posteriori vorgenommene Interpretation in der Zeit des 2. Tempels. Zuvor war das Judentum nicht minder polytheistisch wie die benachbarten und konkurrierenden Stämme und fremden Völker. Das änderte sich erst nach dem babylonischen Exil, zuvor war JHWH sogar mit der Göttin Aschera quasi verheiratet. 

 

Amaryo sprach zu seinem Herrn: …
Ich habe dich gesegnet durch JHWH und seine Aschera.

 

Inschrift auf einem Vorratskrug aus dem 8. bis 7. Jahrhundert v. Chr., gefunden bei den Ausgrabungen der Karawanserei  Kuntillet 'Adschrud.

bearbeitet von Mistah Kurtz
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vor 9 Stunden schrieb Mistah Kurtz:

 

Da halte ich es eher mit der Annahme, dass die Auseinandersetzungen mit der kananäischen Landnahme zusammenhängen. Ich gaube nicht, dass es damals die einzelnen Stämme sonderlich juckte, wer welchen oder welche Götter verehrte. Es war damals ja der Allgemeinzustand, also überhaupt nichts besonderes, dass jede Volksgruppe und jeder Stamm ihre eigenen Götter hatte. Die Herausstreichung der Sonderrolle des Gottes der Stämme Israels erfolgte wohl eher nach einer längeren Phase der Reflexion, sind also eine a posteriori vorgenommene Interpretation in der Zeit des 2. Tempels. Zuvor war das Judentum nicht minder polytheistisch wie die benachbarten und konkurrierenden Stämme und fremden Völker. Das änderte sich erst nach dem babylonischen Exil, zuvor war JHWH sogar mit der Göttin Aschera quasi verheiratet. 

 

Amaryo sprach zu seinem Herrn: …
Ich habe dich gesegnet durch JHWH und seine Aschera.

 

Inschrift auf einem Vorratskrug aus dem 8. bis 7. Jahrhundert v. Chr., gefunden bei den Ausgrabungen der Karawanserei  Kuntillet 'Adschrud.

in der davidsstadt wurden ca. 200 kleine ashtarte-figuren aus bronze gefunden

vor 2 monaten wurde dort ein gewichtsstein mit der aufschrift 1/2 shekel  aus der zeit des ersten tempels gefunden.

der beitrag fuer den tempelbesuch betrug einen shekel, anstatt muenzen zu zaehlen wurden das "eintrittsgeld" gegen gewichtssteine gewogen. digitale geldueberweisung kam spaeter
 

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vor 14 Stunden schrieb Long John Silver:

Ich moechte noch etwas zum Leiden am Kreuz sagen. Leid transzendiert nicht, Schmerz auch nicht.  Die Groesse von Jesus liegt fuer mich nicht im Erdulden von Qualen, sondern in seinem Glauben (Herr, Dein Wille geschehe). Dieser Glaube, den er vorlebte und durch den er faehig war, diesen grausigen Weg zu gehen, ist fuer mich massgebend. 




Kyrie, Dorothee Sölle

Herr wir bringen vor dich alle unsere angst
...

 

Für’s ganze Gedicht bitte den Link nutzen (Ennasus hat richtig vermutet: Copyright) 


Aus Dorothee Sölle, den Rhythmus des Lebens spüren, Herder, Freiburg, Basel, Wien, 2001, S 50
Falls das wegen de Copyrights problematisch sein sollte - ich habe das Gebet gerade auch im Netz gefunden

bearbeitet von gouvernante
Kürzung weg. Copyright
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vor 53 Minuten schrieb Ennasus:




Kyrie, Dorothee Sölle

Herr wir bringen vor dich alle unsere angst
...

 

Für’s ganze Gedicht bitte den Link nutzen (Ennasus hat richtig vermutet: Copyright) 


Aus Dorothee Sölle, den Rhythmus des Lebens spüren, Herder, Freiburg, Basel, Wien, 2001, S 50
Falls das wegen de Copyrights problematisch sein sollte - ich habe das Gebet gerade auch im Netz gefunden

Was soll man da noch sagen? Tiere und Pflanzen werden geschützt aber von abgetriebenen Kindern kein Wort.

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Am ‎20‎.‎11‎.‎2018 um 08:52 schrieb Werner001:

Mit den Fremden in der Bibel ist es ganz typisch orientalisch.

Wenn ein einzelner Fremder kommt, genießt der Gastfreundschaft, ist aufzunehmen wie ein Verwandter usw.

Wenn die Fremden in Massen auftreten, sind sie Feinde, die man vernichten muss, und zwar durchaus nicht nur, wenn sie einen angreifen, man kann sie ruhig auch selber angreifen, wenn man stärker ist und ihre Stadt oder ihr Land haben möchte.

 

Werner

 

Das ist das grundsätzliche Schema.

 

Ein Problem des Volkes Israels ist die Frage nach der eigenen Identität.

 

Vor dem Untergang der Königreiche unterschied sich Israel nicht groß von ihren Nachbarn. Jedes dieser kleinen Reiche hatte seine Königsdynastie (wobei diese zumeist auch mal wechseln konnte, wie beispielsweise im Nordreich Israel), seine Staatsgötter (Israel/Juda: Jahwe; Moab: Kemosh usw.), jeder hatte seine eigenen Sprache oder seinen Dialekt. Für die einfachen Leute spielte das aber oft keine so große Rolle, denn sie hatten im Rahmen ihrer Familien und Orte ihre eigenen Götter, bis hin zu der Vorstellung, dass man seinen eigenen lokalisierten Jahwe haben konnte. Insofern sollten Fremde, so lange sie keine politische macht hatten, keine große Rolle spielen.

 

Erst am Ende der Königszeit von Juda unter dem Eindruck des Untergangs Israels und dem Druck durch die Neubabylonier begann ein Prozess der Identitätsbildung. Das war aber nicht ein rein spiritueller Prozess, sondern hatte sehr viel mit Macht zu tun. Der Jahwe-Tempel in Jerusalem (das Staatsheiligtum) wurde immer mehr zu einem Machtzentrum. Hier hat sich auch die Vorstellung herausgebildet, dass das Land deshalb von Fremdherrschaft und Zerstörung bedroht war, weil es auch andere Götter als den Gott der Königsdynastie verehrte. Möglicherweise spielt hier auch der extrem lange Bestand der Davidischen Dynastie eine Rolle. Hier handelt es sich sicher um eine religiöse Deutung der Geschichte unter Ausblendung historischer Entwicklungen und Machtverhältnisse, aber das wäre noch einmal ein anderes Thema.

Insgesamt führte dieser Prozess zu der Forderung,  nur Jahwe zu verehren und zwar allein im Jerusalemer Tempel. Entsprechend wirkte sich das auch auf die Darstellung der Geschichte aus.

 

All das hatte natürlich auch Folgen für die Sicht des Fremden. Plötzlich gab es Kanaaniter. Bevor sich die oben dargestellten Entwicklungen anbahnten, war das kein Problem. Es gab keinen Unterschied zwischen kanaatischer und israelitischer Religionspraxis. Und es gab damit wohl auch nicht verschiedene Teile der Bevölkerung, die man in kanaanitisch und israelitisch aufteilen konnte.

 

Erst die Sage von der Einwanderung Israels in das gelobte Land, ließ eine solchen Unterschied aufscheinen, nämlich dergestalt, dass alles kanaanitisch ist, was dem Alleinverehrungsgebot widersprach.

 

Insofern ist diese unterschiedliche Sicht des Fremden auch ein Ergebnis der spezifischen Geschichtsdeutung der Bibel bzw. der Entwicklung zu dieser Deutung.

 

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Da an anderer Stelle (im Thread "Gedanken zu einem Manifest") der Vorwurf aufkam, Johannes Hartl würde sich in seinem Gebetshaus keiner kritischen Hinterfragung des Glaubens widmen, möchte ich für den kritischen Betrachter auf einen Vortrag hinweisen, den Johannes Hartl heute Abend ab ca. 20:15 halten wird und der live im Internet übertragen wird. Das Thema lautet: "Muss man den Verstand an der Garderobe abgeben, wenn man die Bibel liest? Und wie verhalten sich die Ergebnisse moderner Bibelwissenschaft mit dem Glauben? Es gibt einen Umgang mit der Heiligen Schrift jenseits von Fundamentalismus und totaler Skepsis."

 

Hier der Link. Achtung: Unter dem Link befindet sich bis heute 19:30 ein alter Vortrag, der vor zwei Wochen zu einem anderen Thema gehalten wurde. Ab 19:30 wird dann Live-Lobpreis übertragen. Ab ca. 20:15 startet dann live der Vortrag. Der Vortrag wird die nächsten 2 Wochen unter dem Link zugänglich sein.

 

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Am 21.11.2018 um 15:08 schrieb Ennasus:




Kyrie, Dorothee Sölle

Herr wir bringen vor dich alle unsere angst
...

 

Für’s ganze Gedicht bitte den Link nutzen (Ennasus hat richtig vermutet: Copyright) 


Aus Dorothee Sölle, den Rhythmus des Lebens spüren, Herder, Freiburg, Basel, Wien, 2001, S 50
Falls das wegen de Copyrights problematisch sein sollte - ich habe das Gebet gerade auch im Netz gefunden

 

Ja, das geht, wenn auch in anders gesetzten Zusammenhaengen, in die Richtung, was ich meinte. Dass der Glaube das entscheidende Moment ist, das Vertrauen in Gott.

 

@kam: ich ueberlege, ob das nicht in dem Satz "ueber das kalte Geschaeft mit der Entstehung des Lebens"  enthalten ist. Ich habe etwas recherchiert und dieses Interview mit Soelle gefunden:

 

https://weltall-erde-ich.de/gott-oder-goetzen/


Da aeussert sie sich unter anderem (vor allem am Anfang) auch ueber Sexualitaet, Fruchtbarkeit und Abtreibung. Es zeigt wohl auch ganz gut, wie sie insgesamt dachte. 

bearbeitet von Long John Silver
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vor 3 Stunden schrieb Long John Silver:

 

Ja, das geht, wenn auch in anders gesetzten Zusammenhaengen, in die Richtung, was ich meinte. Dass der Glaube das entscheidende Moment ist, das Vertrauen in Gott.

 

@kam: ich ueberlege, ob das nicht in dem Satz "ueber das kalte Geschaeft mit der Entstehung des Lebens"  enthalten ist. Ich habe etwas recherchiert und dieses Interview mit Soelle gefunden:

 

https://weltall-erde-ich.de/gott-oder-goetzen/


Da aeussert sie sich unter anderem (vor allem am Anfang) auch ueber Sexualitaet, Fruchtbarkeit und Abtreibung. Es zeigt wohl auch ganz gut, wie sie insgesamt dachte. 

Danke für den Hinweis!

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vor 20 Stunden schrieb duesi:

Da an anderer Stelle (im Thread "Gedanken zu einem Manifest") der Vorwurf aufkam, Johannes Hartl würde sich in seinem Gebetshaus keiner kritischen Hinterfragung des Glaubens widmen, möchte ich für den kritischen Betrachter auf einen Vortrag hinweisen, den Johannes Hartl heute Abend ab ca. 20:15 halten wird und der live im Internet übertragen wird. Das Thema lautet: "Muss man den Verstand an der Garderobe abgeben, wenn man die Bibel liest? Und wie verhalten sich die Ergebnisse moderner Bibelwissenschaft mit dem Glauben? Es gibt einen Umgang mit der Heiligen Schrift jenseits von Fundamentalismus und totaler Skepsis."

 

Hier der Link. Achtung: Unter dem Link befindet sich bis heute 19:30 ein alter Vortrag, der vor zwei Wochen zu einem anderen Thema gehalten wurde. Ab 19:30 wird dann Live-Lobpreis übertragen. Ab ca. 20:15 startet dann live der Vortrag. Der Vortrag wird die nächsten 2 Wochen unter dem Link zugänglich sein.

 

Falls den Vortrag noch jemand schauen möchte, möchte ich davon nun nachträglich abraten. Ich fand den Vortrag insgesamt enttäuschend. Johannes Hartl kommt über Gemeinplätze nicht hinaus. Immerhin ist es schon mutig, seinem teilweise fundamentalistisch geprägten Publikum zuzumuten, dass Adam und Eva keine historischen Personen waren und dass der Fall von Jericho so nicht stattgefunden hat. Und dass der 2.Korintherbrief möglicherweise aus mehreren Fragmenten zusammengesetzt worden ist. Das muss man ihm zugute halten. Mit Albert Schweitzer weist er zurecht darauf hin, dass in der Geschichte der Leben-Jesu-Forschung oft die Ansichten der Autoren in das jeweilige Jesus-Bild hineinprojiziert wurden. Neu für mich war, dass auch die Nazis ihr Jesus-Bild hatten. Mit Hans Urs von Balthasar plädiert er dann dafür, alles ernst zu nehmen, was in der Bibel über Jesus gesagt wird. Weiterhin zugute halten muss man ihm, dass er weiterhin dafür plädiert, die Theorien der Bibelwissenschaftler über die Entstehung der biblischen Bücher ernst zu nehmen. Einige heikle Themen wie die Widersprüche in den Evangelien bring er leider gar nicht zur Sprache. Ihm gelingt es mMn durchaus, für einen fundamentalistisch geprägten Menschen eine Brücke zur universitären Theologie zu schlagen. Das muss man an seinem Vortrag durchaus würdigen. Für jemanden, der sich allerdings bereits intensiv mit bibelkritischer Exegese befasst hat, ergeben sich aus dem Vortrag allerdings leider keine neuen Erkenntnisse.

bearbeitet von duesi
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vor einer Stunde schrieb duesi:

Für jemanden, der sich allerdings bereits intensiv mit bibelkritischer Exegese befasst hat, ergeben sich aus dem Vortrag allerdings leider keine neuen Erkenntnisse.

 

Hast Du etwas anderes erwartet? Ich habe den Vortrag nicht gehört, aber so, wie ich Deine Ankündigung verstanden habe, war er wohl für interessierte Laien gedacht, zielte also nicht auf Leute, die sich schon  "intensiv mit bibelkritischer Exegese" befasst haben. Das ist ja fast immer so bei derlei Veranstaltungen, alleine schon, weil, je fachlicher ein Vortrag wird, er immer weniger Leute interessiert. Ist aber nicht nur in der Theologie so, ich kenne das auch aus meiner eigenen Arbeit. 

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vor 21 Minuten schrieb Mistah Kurtz:

 

Hast Du etwas anderes erwartet? Ich habe den Vortrag nicht gehört, aber so, wie ich Deine Ankündigung verstanden habe, war er wohl für interessierte Laien gedacht, zielte also nicht auf Leute, die sich schon  "intensiv mit bibelkritischer Exegese" befasst haben. Das ist ja fast immer so bei derlei Veranstaltungen, alleine schon, weil, je fachlicher ein Vortrag wird, er immer weniger Leute interessiert. Ist aber nicht nur in der Theologie so, ich kenne das auch aus meiner eigenen Arbeit. 

Naja, ich habe keine Hochschultheologie erwartet. Aber dass er beispielsweise jede Frage nach dem historischen Jesus mit den Selbstprojektionen der frühen Leben-Jesu-Forschung in einen Topf geworfen hat, die Albert Schweitzer zu Recht kritisiert hat, fand ich für einen studierten Theologen enttäuschend. Wenn er schon über Albert Schweitzer und Rudolf Bultmann spricht, hätte er zumindest erwähnen können, dass es in der Leben-Jesu-Forschung durchaus auch fruchtbare Ansätze gibt.

bearbeitet von duesi
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vor 5 Stunden schrieb duesi:

Wenn er schon über Albert Schweitzer und Rudolf Bultmann spricht, hätte er zumindest erwähnen können, dass es in der Leben-Jesu-Forschung durchaus auch fruchtbare Ansätze gibt.

Mit Differenzierung gewinnst Du bei Fundamentalisten aller Art aber keinen Blumentopf. Und Hartl will ja meiner Einschätzung nach vor allem eines: gut ankommen.

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@Xamanoth: Ich bin jetzt ungefähr auf Seite 200 im Tagebuch-Buch. Beeindruckend ist die Bibliographie. Die Autoren legen ihre These -Sesshaftwerdung als Ursache - recht überzeugend, manchmal aber etwas aufdringlich dar. Auf alle Fälle ein wahnsinnig interessantes Buch. Bin trotzdem froh, dass ich mir vorher ein Buch über den neuesten Stand der Literaturgeschichte des AT reingezogen habe. Zufällig bin ich nämlich gerade beruflich über beide Ohren im AT unterwegs.

Danke für die Empfehlung! Mit der Bibliographie habe ich auch einen guten Zugang und Überblick über weitere Bücher. Die Autoren sind echt auf dem Stand der neuesten Forschung. Respekt.

bearbeitet von nannyogg57
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Ich habe bisher nur die Einleitung gelesen, aber schon dabei ist mir ein Gedanke gekommen, der Historikern eigentlich kommen muß. Die Bibel (Bibeln?) ist ja nur eine Art kultureller Selbstvergewisserung, ihr Monotheismus war lange Zeit eine Minderheitenposition selbst unter den Hochkulturen und manche Texte sind der oft holprige Versuch, die ursprünglichen Geschichten an eben diesen Monotheismus anzupassen, was nicht wirklich gelungen ist. Die Sesshaftwerdung als Menschheitskatastrophe habe auch schon anderswo gelesen (Harari: Kurze Geschichte der Menschheit).

 

Ich hätte es daher naheliegender gefunden, die verschiedenen Narrative der Hochkulturen zu vergleichen, um so zu einem Verständnis von Gemeinsamkeiten wie Unterschieden zu kommen. Erst wenn man weiß, was diese eine Kultur von den anderen unterscheidet, und vor allem jede einzelne als eine Leistung eigenen Rechts betrachtet, kann man dann diese eine mit mehr Recht würdigen. Die Bibel, die ja nun wirklich nur das „heilige“ Buch einer Minderheit ist, steht eben nur für eine von vielen Kulturen.

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vor 22 Minuten schrieb Marcellinus:

Ich habe bisher nur die Einleitung gelesen, aber schon dabei ist mir ein Gedanke gekommen, der Historikern eigentlich kommen muß. Die Bibel (Bibeln?) ist ja nur eine Art kultureller Selbstvergewisserung, ihr Monotheismus war lange Zeit eine Minderheitenposition selbst unter den Hochkulturen und manche Texte sind der oft holprige Versuch, die ursprünglichen Geschichten an eben diesen Monotheismus anzupassen, was nicht wirklich gelungen ist. Die Sesshaftwerdung als Menschheitskatastrophe habe auch schon anderswo gelesen (Harari: Kurze Geschichte der Menschheit).

 

Ich hätte es daher naheliegender gefunden, die verschiedenen Narrative der Hochkulturen zu vergleichen, um so zu einem Verständnis von Gemeinsamkeiten wie Unterschieden zu kommen. Erst wenn man weiß, was diese eine Kultur von den anderen unterscheidet, und vor allem jede einzelne als eine Leistung eigenen Rechts betrachtet, kann man dann diese eine mit mehr Recht würdigen. Die Bibel, die ja nun wirklich nur das „heilige“ Buch einer Minderheit ist, steht eben nur für eine von vielen Kulturen.

Aber das geschieht in diesem Buch - wie in anderen entsprechenden Texten auch. Insbesondere der Sintflutmythen, der Formen göttlicher Gesetzgebung und dem Baalskult.

 

Parallel habe ich Martin Zimmermanns "Gewalt in der Antike" gelesen. Eine Beschreibung der Formen von Gewaltdarstellung in antiken (griechisch/römischen) historien wie Mythendarstellungen. Im Vergleich der klassischen Tyrannentopik, der antiperserpropaganda, der selbstgefälligen römischen Genoziddarstellungen und der willkürlichen Drastik der griechischen Götter (man denke an den häutenden Apollo) sticht das alte Testament nicht an Grausamkeit hervor. 

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