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Seltsame Gedanken, die Bibel zu lesen


nannyogg57

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vor 23 Minuten schrieb duesi:

Ich habe den Glaubenssatz, dass Jesus ganz Mensch war, bisher mit folgender Bibelstelle verknüpft.

 

Lukas 2, 52 Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.

 

Das ist so auch nicht falsch: Christus war, während seines Erdenwandels, den Beschränkungen (oder positiv: der Entwicklung) des Menschen unterworfen. Er war Maria und Joseph, seiner Mutter und seinem Nährvater, in allem untertan. Er wuchs heran, wie ein Mensch heranwächst. In allem uns gleich, außer der Sünde. Gerade darin besteht ja das Mysterium der Menschwerdung. Allerdings besagt die Formel Wahrer Mensch und wahrer Gott, dass beide Naturen in der Person Christi vorhanden sind. Ungetrennt, unvermischt. Die Behauptung, das sei zu irgendeinem Zeitpunkt nicht der Fall gewesen, müsste erklärt werden. Doch leider verfangen derlei Erklärungen nicht, sondern neigen zur Häresie (bspw. des Adoptianismus). Wenn die hypostatische Union als gegeben akzeptiert wird, dann sind göttliche Natur und menschliche Natur Christi nicht zu trennen.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 20 Minuten schrieb duesi:

Kannst du mir dazu eine Quelle nennen, wann dies ausdrücklich verworfen wurde? 

 

Im Dekret Lamentabili (1907). Hier in Nummer 35:

 

Zitat

35. Christus hat nicht immer das Bewusstsein seiner messianischen Würde gehabt.

 

Und vielleicht auch interessant, da wir es zuvor von der Auferstehung als historischem Vorgang hatten:

 

Zitat

 


36. Die Auferstehung des Erlösers ist nicht eigentlich eine Tatsache von historischem Range, sondern eine Tatsache von rein übernatürlichem Range, weder bewiesen, noch beweisbar, die das christliche Bewusstsein allmählich aus anderen Tatsachen abgeleitet hat.

37. Der Glaube an die Auferstehung Christi betraf anfangs nicht so sehr die Tatsache der Auferstehung selbst, als das unsterbliche Leben Christi bei Gott.
 

 

 

Zur Benutzung: Es handelt sich jeweils um verworfene Sätze.

 

Lamentabili sane exitu (1907)

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Minuten schrieb Studiosus:

 

Das ist so auch nicht falsch: Christus war, während seines Erdenwandels, den Beschränkungen (oder positiv: der Entwicklung) des Menschen unterworfen. Er war Maria und Joseph, seiner Mutter und seinen Nährvater, in allem Untertan. Er wuchs heran, wie ein Mensch heranwächst. In allem uns gleich, außer der Sünde. Gerade darin besteht ja das Mysterium der Menschwerdung. Allerdings besagt die Formel Wahrer Mensch und wahrer Gott, dass beide Naturen in der Person Christi vorhanden sind. Ungetrennt, unvermischt. Die Behauptung, das sei zu irgendeinem Zeitpunkt nicht der Fall gewesen, müsste erklärt werden. Doch leider verfangen derlei Erklärungen nicht, sondern neigen zur Häresie (bspw. des Adoptianismus). Wenn die hypostatische Union als gegeben akzeptiert wird, dann sind göttliche Natur und menschliche Natur Christi nicht zu trennen.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

Also wenn ich das recht verstanden habe, wird lediglich vertreten, dass der Adoptianismus teilweise in der Geschichte des Christentums geglaubt und vertreten worden ist, nicht dass er auch der Wahrheit entspricht. Mir hat mal ein Katholik erklärt, dass bei Jesu Ruf "Mein Gott, warum hast du mich verlassen" sich nicht der Vater vom Sohn getrennt habe, sondern der göttliche Sohn vom menschlichen Sohn. Wäre das schon Häresie in deinen Augen? 

 

Weiterhin gehört zum Glaubenssatz auch, dass der Sohn zwei verschiedene Willen hat, einen göttlichen und einen menschlichen, während sich der menschliche dem göttlichen unterordnet hat. Würde das nicht auch für ein göttliches und ein menschliches Selbstbewusstsein sprechen? Ein göttliches Selbstbewusstsein, dass sich immer seiner messianischen Würde bewusst ist und ein menschliches Selbstbewusstsein, dass sich erst dieser Würde bewusst wird?

 

Ich meine, ich glaube ja, dass dem Allmächtigen nichts unmöglich ist. Aber die Vorstellung von einem allwissenden Baby, dass sich für den Messias der Welt hält, ist das wirklich notwendig, um katholischer Christ zu sein?

 

 

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vor 8 Minuten schrieb Studiosus:

 

Im Dekret Lamentabili (1907). Hier in Nummer 35:

 

 

Und vielleicht auch interessant, da wir es zuvor von der Auferstehung als historischem Vorgang hatten:

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

Danke für die Quellenangaben. Wie verbindlich ist dieses Lehrschreiben? Genauso verbindlich wie die Aussage, Adam sei eine historische Person gewesen, von dem das ganze Menschengeschlecht abstammt? Oder so verbindlich wie die Konzilien, die eine abweichende Meinung mit dem Anathema bedrohen?

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@duesi

 

Das ist jetzt sehr viel auf einmal. Monotheletismus etc.

 

Also die Aussage dieses Katholiken klingt für mich merkwürdig, ohne sie bewerten zu wollen.

 

Irgendwo im Forum habe ich mich schonmal ausführlicher über "Das Wissen Christi" ausgelassen. Das müsste ich suchen. Ob ichs nach dem Umbau noch finde, kann ich nicht versprechen.

 

Ad hoc fällt mir Bonaventuras Traktat De scientia Christi ein.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 8 Minuten schrieb duesi:

Danke für die Quellenangaben. Wie verbindlich ist dieses Lehrschreiben? Genauso verbindlich wie die Aussage, Adam sei eine historische Person gewesen, von dem das ganze Menschengeschlecht abstammt? Oder so verbindlich wie die Konzilien, die eine abweichende Meinung mit dem Anathema bedrohen?

 

Ordentliches (päpstliches) Lehramt. In Form eines autoritativen Dekretes der Kongregation für die Glaubenslehre.

Nicht auf dem selben Rang wie ein allgemeines Konzil. 

 

Die Experten hier werden Dir, wie ich sie kenne, darlegen, warum es überhaupt nicht verbindlich ist ;).

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 4 Stunden schrieb duesi:

Fakt ist auch, dass wir vom gallischen Krieg keine historisch belastbaren Fakten außerhalb der römischen Überlieferung haben. Und dabei sind die ältesten Schriftfundstücke von Caesars Commentarii de bello Gallico deutlich jünger als die ältesten Schriftfundstücke der christlichen Überlieferung. Und trotzdem werden sie als historisch belastbare "Belege", wenn auch durchaus kritisch hinterfragt, respektiert. Es ist eine Sache, die weltanschauliche Deutung in den Evangelien abzulehnen, was jedem freisteht. Aber es ist intellektuell unredlich, sie gar nicht als historische Quellen ernst zu nehmen, wie auch immer man ihre Relevanz bewerten mag.

 

Da Gallien unzweifelhaft danach eine römische Provinz war, gibt es für Krieg wie Sieg Caesars einen Beleg, der außerhalb seiner Schriften liegt. Sein Schilderung war zwar sicherlich propagandistisch überhöht, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Deine Behauptung ist also falsch. 

 

Die Evangelien sind ebenfalls historische Quellen (niemand bestreitet das), aber eben nur für das, was die Christen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und danach als Geschichten geglaubt haben. Daß sie historische Ereignisse im wissenschaftlichen Sinne sind, läßt sich dagegen nicht belegen.

 

Deine von dir behauptete Analogie ist also keine, und hat mit Geschichtswissenschaft nichts zu tun. Ich denke auch, daß das alles ein Missverständnis ist. Die Geschichtswissenschaft beschäftigt sich mit belegbaren historischen Tatsachen, und in diesem Sinn kann man über eine historische Person Jesus nichts sagen. Gläubige glauben daran, daß es eine historische Person Jesus/Christus gegeben habe. Das ist etwas anderes. Das eine ist Wissenschaft, das andere Religion. Das sollte man nicht vermischen.

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vor 6 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Da Gallien unzweifelhaft danach eine römische Provinz war, gibt es für Krieg wie Sieg Caesars einen Beleg, der außerhalb seiner Schriften liegt. Sein Schilderung war zwar sicherlich propagandistisch überhöht, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Deine Behauptung ist also falsch. 

 

Die Evangelien sind ebenfalls historische Quellen (niemand bestreitet das), aber eben nur für das, was die Christen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und danach als Geschichten geglaubt haben. Daß sie historische Ereignisse im wissenschaftlichen Sinne sind, läßt sich dagegen nicht belegen.

 

Deine von dir behauptete Analogie ist also keine, und hat mit Geschichtswissenschaft nichts zu tun. Ich denke auch, daß das alles ein Missverständnis ist. Die Geschichtswissenschaft beschäftigt sich mit belegbaren historischen Tatsachen, und in diesem Sinn kann man über eine historische Person Jesus nichts sagen. Gläubige glauben daran, daß es eine historische Person Jesus/Christus gegeben habe. Das ist etwas anderes. Das eine ist Wissenschaft, das andere Religion. Das sollte man nicht vermischen.

Mit Verlaub, das halte ich für falsch. „Irgendwas muss man glauben“-ok ich glaube ich hol mir noch ein  Bier bzw „der Glaube ist Ausdruck psychologisch-innerer Verhältnisse“ völlig uninteressant. Glaube ist nur interessant wenn er Intersubjektivi-objektive Wahrheiten beansprucht. Am interessantesten, wenn er bereit ist, die Leugner dieser Wahrheiten zu verbrennen.

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vor 24 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Da Gallien unzweifelhaft danach eine römische Provinz war, gibt es für Krieg wie Sieg Caesars einen Beleg, der außerhalb seiner Schriften liegt. Sein Schilderung war zwar sicherlich propagandistisch überhöht, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Deine Behauptung ist also falsch. 

Und da es unzweifelhaft nach der Entstehung der Evangelien Christen gab, die sich auf Jesus, den Christus, beriefen, gibt es für die Person Jesus durchaus einen Beleg, der außerhalb der Schriften liegt. Die Analogie ist also gar nicht so verkehrt.

 

vor 24 Minuten schrieb Marcellinus:

Die Evangelien sind ebenfalls historische Quellen (niemand bestreitet das), aber eben nur für das, was die Christen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und danach als Geschichten geglaubt haben. Daß sie historische Ereignisse im wissenschaftlichen Sinne sind, läßt sich dagegen nicht belegen.

Darauf kann man aufbauen. Jedoch muss die Tatsache, dass die Christen zur Zeit der Entstehung der Evangelien an diese Geschichten geglaubt haben (was du ja auch für historisch hältst), plausibel erklärt werden. Und da Geschichtswissenschaft durchaus mit Plausibilitätskriterien arbeitet, ist das durchaus eine historische Fragestellung. Diese Fragestellung kannst du anders beantworten (alles geschickt ausgedacht, alles Lügen, etc.pp) als sie beispielsweise der evangelische Theologie-Professor Jürgen Becker in seinem Buch "Jesus von Nazareth" beantwortet. Aber als ernst zu nehmender Historiker solltest du in der Lage sein, dich mit den Plausibilitätskriterien von beispielsweise einem Jürgen Becker (oder auch anderen, die sich dieser Frage in ernstzunehmender Weise gestellt haben) auseinanderzusetzen und ihnen argumentativ zu widersprechen und mehr entgegenzusetzen als nur, dass dies keine historisch-wissenschaftliche Fragestellung sei (was eindeutig falsch ist).

bearbeitet von duesi
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vor 13 Minuten schrieb duesi:

Und da es unzweifelhaft nach der Entstehung der Evangelien Christen gab, die sich auf Jesus, den Christus, beriefen, gibt es für die Person Jesus durchaus einen Beleg, der außerhalb der

Schriften liegt. Die Analogie ist also gar nicht so verkehrt.

 

Logikfehler! Es gibt nur den Beleg, daß es die Evangelien gab, auf die sich Christen beriefen. Über den Glaubwürdigkeit der Evangelien selbst sagt das nichts. 

 

vor 13 Minuten schrieb duesi:

Darauf kann man aufbauen. Jedoch muss die Tatsache, dass die Christen zur Zeit der Entstehung der Evangelien an diese Geschichten geglaubt haben (was du ja auch für historisch hältst), plausibel erklärt werden. Und da Geschichtswissenschaft durchaus mit Plausibilitätskriterien arbeitet, ist das durchaus eine historische Fragestellung. Diese Fragestellung kannst du anders beantworten (alles geschickt ausgedacht, alles Lügen, etc.pp) als sie beispielsweise der evangelische Theologie-Professor Jürgen Becker in seinem Buch "Jesus von Nazareth" beantwortet. Aber als ernst zu nehmender Historiker solltest du in der Lage sein, dich mit den Plausibilitätskriterien von beispielsweise einem Jürgen Becker (oder auch anderen, die sich dieser Frage in ernster Weise gestellt haben) auseinanderzusetzen und ihnen argumentativ zu widersprechen und mehr entgegenzusetzen als nur, dass dies keine historisch-wissenschaftliche Fragestellung sei (was eindeutig falsch ist).

 

Ist das für einen Religiösen so schwer zu verstehen? Die Welt ist voller ausgedachter Glaubensvorstellungen. Auch deine Religion ging lange davon aus, daß alle anderen Religionen Fantasievorstellungen seien. Und doch glaubten die Menschen daran, bei einigen Religionen länger, als es das Christentum gibt. Die Spartaner glaubten zB. an ihren Gesetzgeber Lykurgos, und das sollte ein realer Mensch gewesen sein. 

 

Ich dagegen versuche dir klarzumachen, daß es keine Fakten gibt bzgl. der Existenz oder Nichtexistenz einer historischen Person Jesus, daß es aber vollkommen klar ist, daß der Glaube der Christen sich eben nicht auf eine naturalistisch verstandene historische Person bezieht, sondern in dieser Glaubensvorstellung naturalistische und supranaturalistische Vorstellungen auf metaphysische Weise untrennbar verbunden sind. DER Jesus, an den du glaubst, hat also garantiert nicht existiert. Das bleibt eine Glaubensvorstellung. Für mich bestätigt sich aber wieder, daß das in einem Kirchenforum nicht zu diskutieren ist. Entschuldige also, daß ich mich überhaupt noch einmal gemeldet habe.

 

 

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vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Logikfehler! Es gibt nur den Beleg, daß es die Evangelien gab, auf die sich Christen beriefen. Über den Glaubwürdigkeit der Evangelien selbst sagt das nichts. 

Bei der Beschuldigung der Christen für den Stadtbrand in Rom haben sich Christen auf Christus berufen, nicht auf die Evangelien. Dass die Christen ihre Glaubensvorstellung erst von den Evangelien abgeleitet haben, ist eine unbelegte Behauptung.

 

vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Ist das für einen Religiösen so schwer zu verstehen? Die Welt ist voller ausgedachter Glaubensvorstellungen. Auch deine Religion ging lange davon aus, daß alle anderen Religionen Fantasievorstellungen seien. Und doch glaubten die Menschen daran, bei einigen Religionen länger, als es das Christentum gibt. Die Spartaner glaubten zB. an ihren Gesetzgeber Lykurgos, und das sollte ein realer Mensch gewesen sein. 

Diese "ausgedachten" Glaubensvorstellungen kommen aber doch irgendwo her. Auch bei Sparta und Lykurgos gibt es einen historischen Hintergrund für diese Weltanschauung, auch wenn dieser wohl noch schwerer rekonstruierbar sein dürfte als bei der Entstehung des frühen Christentums.

 

vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

Für mich bestätigt sich aber wieder, daß das in einem Kirchenforum nicht zu diskutieren ist. Entschuldige also, daß ich mich überhaupt noch einmal gemeldet habe.

Keine Ursache. Ich finde es interessant und herausfordernd, mit dir zu diskutieren. Schade, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruht.

bearbeitet von duesi
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Da muss man Marcellinus schon zustimmen: Was lässt sich aus der Sicht des Historikers der Bibel entnehmen? Sicher nicht, dass eine historisch feststellbare, individuierte Person namens Jesus (von Nazareth) existiert hat. Jetzt wird man einwenden: Aber das steht doch expressis verbis in ebendieser Bibel. Weit gefehlt. Ein Historiker muss Quellenkritik betreiben. Und dabei wird ihm auffallen, dass sich in den Evangelien widersprüchliche Darstellungen finden und verschiedene Stadien der Bearbeitung des "Jesus-Stoffes" durch Redakteure. Was die Schrift aus Sicht des Historikers darstellt ist ein Buch, das tradierte Glaubenserfahrungen der christlichen Gemeinden kompiliert und schriftlich fixiert. Es sind keine Augenzeugenberichte, wahrscheinlich nicht einmal Berichte von Augenzeugenberichten. Vielmehr findet sich in jedem Evangelium bereits eine theologische Bearbeitung bzw. Absicht oder Deutung. Über einen etwaigen historischen Jesus sagt die Schrift demnach nichts aus. In der Schrift strahlt der verkündigte, der kerygmatische Christus auf. Weshalb ihre Schilderungen nicht als Beschreibung des Tatsächlichen und historisch Faktischen gewertet werden dürfen. Ich betone nochmals: So stellt es sich aus Sicht des Historikers dar.

 

Leider, und ich empfinde darüber wirklich tiefes Bedauern, hat man sich in der Bibelwissenschaft bzw. der Exegese gezwungen gesehen, diese historisch-kritischen Methoden zu adaptieren, um letztendlich bei obigem Ergebnis zu landen. Der Schaden für das gläubige Volk ist unermesslich, der Nutzen nicht zu erkennen. Jedenfalls hat das Verlegen auf historische Methoden nicht dazu geführt, das Standing der biblischen Theologie unter den anderen Wissenschaft zu verbessern. Im Gegenteil. Sie macht sich dadurch überflüssig. Wozu noch Theolgen, wenn sie ohnehin alle historisch-kritisch arbeiten? Ähnliches könnte auch ein Althistoriker mit Schwerpunkt Altes Israel/Palästina bzw. Mittelmeerraum oder frühchristliche Religionsgeschichte leisten. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Natürlich haben Glaubensvorstellungen einen historischen Hintergrund. Lykurgos war übrigens eines meiner Examensthemen. Vielleicht gab es auch eine oder mehrere Personen, deren Handlungen sich in dieser fiktiven Person verdichteten. Andererseits neigen Menschen dazu, Ereignisse zu personalisieren. 

 

Auch für die Geschichten der Artus-Sage gibt es einen oder mehrere Kandidaten, deren Eigenschaften sich in Artus wiederfinden. Trotzdem ist Artus eine sicherlich fiktive Person.

 

Und eine fiktive Person ist sicherlich auch Jesus/Christus, so wie die Evangelien ihn schildern. Nimm nur die Weihnachtsgeschichte. 

 

Aber das alles ist nicht mein Thema. Es geht mir nicht darum, die Historizität des biblischen Jesus zu bestreiten, sondern auf die simple Tatsache hinzuweisen, daß die Geschichtswissenschaft über eine historische Person Jesus nichts sagen kann, es also höchstens Hypothesen geben kann, und mit Hypothesen kann man nun mal in den Wissenschaften nicht argumentieren. Da macht die Geschichtswissenschaft keine Ausnahme.

 

Da ich aber nicht einmal den Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft vermitteln kann (außer @Studiosus), macht das für mich hier keinen Sinn.

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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

Über einen etwaige historischen Jesus sagt die Schrift demnach nichts aus. 

Du bist hier bei Albert Schweitzer und Rudolf Bultmann stehen geblieben. Albert Schweitzer hat nachgewiesen, dass viele "historisch-kritischen" Exegeten das biblische Jesus-Bild solange dekonstruktivistisch entkleidet haben, bis Jesus genau für die eigene politische Agenda stand. Auch im kommunistischen Manifest von Karl Marx gibt es ganz viele Bibelzitate. Rudolf Bultmann hat deswegen jede Leben-Jesu-Forschung als unwissenschaftlich abgelehnt und nur noch den kerygmatischen Jesus stark gemacht. Die Schüler von Bultmann allerdings haben dem vehement widersprochen (man spricht auch von einer Palastrevolution in der evangelischen Kirche). Jürgen Becker geht in seinem Vorwort sehr genau auf die Fehler der Leben-Jesu-Forschung ein und stellt an sich den Anspruch, diese Fehler in seiner Abhandlung über die historische Person Jesus von Nazareth zu vermeiden. Er argumentiert streng historisch und auf der Grundlage dessen, was die Quellen hergeben. 

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vor 16 Minuten schrieb duesi:

streng historisch und auf der Grundlage dessen, was die Quellen hergeben

 

Da ich immer an Diskussion interessiert bin: Welche Quellen (außer den kanonischen Evangelien) berichten uns vom "historischen Jesus"? Und was geben sie her? 

 

Sollten damit Autoren wie Tacitus oder das berühmte (und berüchtigte) Testimonium Flavianum gemeint sein, so geben diese meines Erachtens für die Frage nach dem historischen Jesus nichts her. Das muss ich so offen bekennen.

 

Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich den von Dir genannten Autor nicht kenne, daher seine Argumente nicht würdigen kann.

 

Außerdem sehe ich ehrlich gesagt die Relevanz der Frage nach dem historischen Jesus nicht. Um es ohne Umschweife zu sagen: Alles, was dabei herauskommen kann, wenn man "streng historisch" vorgeht, kann dem Glauben nur abträglich sein. Oder was wäre deiner Ansicht nach gewonnen, wenn historisch belegt werden könnte, dass es einen jüdischen Wanderprediger namens Jesus aus Nazareth gegeben habe? Damit würde kein Beistrich der kirchlichen Verkündigung bestätigt, eher - je nach Befund - ins Wanken gebracht. Das Instrumentarium der historischen Wissenschaft ist schlichtweg nicht dafür ausgelegt, hier Maßgebliches beizutragen.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Minuten schrieb Marcellinus:

Aber das alles ist nicht mein Thema. Es geht mir nicht darum, die Historizität des biblischen Jesus zu bestreiten, sondern auf die simple Tatsache hinzuweisen, daß die Geschichtswissenschaft über eine historische Person Jesus nichts sagen kann, es also höchstens Hypothesen geben kann, und mit Hypothesen kann man nun mal in den Wissenschaften nicht argumentieren. Da macht die Geschichtswissenschaft keine Ausnahme.

 

Da ich aber nicht einmal den Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft vermitteln kann (außer @Studiosus), macht das für mich hier keinen Sinn.

Wieso wird das Argumentieren mit Hypothesen in der Geschichtswissenschaft dann laufend gemacht? Man nehme nur die Hypothese, dass die Kirche 400 Jahre Kirchengeschichte einfach so dazu erfunden hätte und wir eigentlich im Jahr 1618 leben würden. Eine sehr gewagte Hypothese und absolut unplausibel. Aber sie wird vertreten. Wenn du die historische Wissenschaft auf das eingrenzen möchtest, was deiner Meinung nach "eindeutig belegbar" ist (was a posteriori gar nicht möglich sein kann), dann ist das ein erkenntnistheoretisches Problem, dass du selbst mit deiner eigenen Wissenschaft hast und nicht ein Problem der historischen Wissenschaft an sich. Und auch keine Frage der Abgrenzung von Religion zur Geschichtswissenschaft. Ich kann sehr wohl zwischen plausiblen historischen Hypothesen und meinem subjektiven Glauben an eine objektive intersubjektive Wahrheit unterscheiden.

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vor 2 Minuten schrieb duesi:

Wieso wird das Argumentieren mit Hypothesen in der Geschichtswissenschaft dann laufend gemacht? Man nehme nur die Hypothese, dass die Kirche 400 Jahre Kirchengeschichte einfach so dazu erfunden hätte und wir eigentlich im Jahr 1618 leben würden. Eine sehr gewagte Hypothese und absolut unplausibel. Aber sie wird vertreten. 

 

Welcher ernstzunehmende Historiker vertritt das? In jeder Firma gibt es Schwachköpfe. Aber gib dir keine Mühe. Wenn du Religion und Wissenschaft nicht auseinanderhalten willst, kann ich dir auch nicht helfen. Sie nehmen übrigens beide Schaden dabei, da hat @Studiosus schon Recht (auch wenn ich die Schwerpunkte wohl anders setze als er ;) ).

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vor 6 Minuten schrieb Studiosus:

 

Da ich immer an Diskussion interessiert bin: Welche Quellen (außer den kanonischen Evangelien) berichten uns vom "historischen Jesus"? Und was geben sie her? 

Jürgen Becker bezieht sich hauptsächlich auf biblische Quellen. Und die geben, wenn man seinen Argumenten folgen mag, mehr her als man denkt. Ich hab das Buch damals in einer Bibliothek ausgeliehen, weil es mir von einem evangelischen Theologen empfohlen wurde. Ich habe das Buch nicht zu Hause. Um seine Argumentation zu rekonstruieren, müsste ich mir das Buch nochmal zu Gemüte führen.

 

vor 10 Minuten schrieb Studiosus:

Außerdem sehe ich ehrlich gesagt die Relevanz der Frage nach dem historischen Jesus nicht. Um es ohne Umschweife zu sagen: Alles, was dabei herauskommen kann, wenn man "streng historisch" vorgeht, kann dem Glauben nur abträglich sein.

Ich bin davon überzeugt, dass sich eine objektive intersubjektive Wahrheit (und diesen Anspruch vertritt die römisch-katholische Kirche) nicht vor der Wirklichkeit verstecken muss und auch eine historisch-kritische Betrachtungsweise der Bibel nicht scheuen muss. Dein Urteil zeugt von Fatalismus. Du warst es doch, der geschrieben hat, die Schrift würde die Kirche legitimieren.  Wenn sich aus der Bibel rein gar nichts glaubwürdiges ableiten ließe, wäre das das Ende für den christlichen Glauben. Das ist letztendlich eine Bankrotterklärung.

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@duesi

 

Nur um es klar zu machen: Ich persönlich zweifle keineswegs an der Historizität Jesu (und damit an der Historizität des Erdenwandels Christi). Und ich glaube nicht, dass ernsthafte Historiker historische Fakten, die in der Schrift genannt werden (viele biblische Orte sind bekannt/wiederentdeckt, historische Konstellationen schlüssig), bestreiten. Nur geht es mir darum, dass die historische Wissenschaft oder Wissenschaft im Allgemeinen, so wie sie angelegt ist, keinen Beitrag zur Verifizierung der Schrift oder der Lehre leisten kann. Das Höchste, was ich mir vorstellen könnte, wäre das zustimmende Votum der Wissenschaft: Ja, Jesus, ein jüdischer Prediger hat gelebt, zog durchs Land, lehrte seine Botschaft und starb im Jahre 33 n. Chr. am Kreuz. Welchen Nutzen hätte eine solche Feststellung?

 

Dass die Kirche sich und ihre Botschaft nicht vor dem Forum der historischen und philosophischen Vernunft verleugnen muss, glaube ich allerdings. Jedoch bin ich auch der Meinung, dass der Christ keines Historikers bedarf, der ihm seinen Glauben mit dem Stempel "plausibel" abzeichnet.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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@StudiosusDie Frage nach dem Menschen Jesu ist schon allein deshalb geboten, da wir an die Inkarnation glauben und nicht an ein diffuses Wesen.

 

Du hast einerseits recht klare Vorstellungen vom psychischen Innenleben Jesu, der sich ständig seiner Göttlichkeit bewusst gewesen sein soll, andererseits aber interessiert dich der historische Jesus nicht.

 

Du lamentierst, die Frage nach dem historischen Jesus hätte einen Glaubensverlust zur Folge und lässt dir dabei von Marcellinus sekundieren.

 

Da hier ständig von wissenschaftlichen Beweisen die Rede ist: Ist der Zusammenhang zwischen Leben-Jesu-Forschung und Glaubensverlust beweisbar oder ist das nur eine These, die gut ins eigene Weltbild passt?

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vor 7 Minuten schrieb nannyogg57:

Du lamentierst, die Frage nach dem historischen Jesus hätte einen Glaubensverlust zur Folge und lässt dir dabei von Marcellinus sekundieren.

 

Ich denke, er besteht nur wie ich auf dem Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft, zwischen Glauben und Wissen, allerdings aus durchaus unterschiedlichen Perspektiven. Einig sind wir uns höchstens darin, daß die Vermischung beiden nicht gut tut, wobei er sich wohl mehr Sorgen um die Religion macht, ich mir um die Wissenschaft. Ich denke, um die Abgrenzung zwischen uns beiden mußt du dir keine Sorgen machen. ;)

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vor 18 Minuten schrieb nannyogg57:

@StudiosusDie Frage nach dem Menschen Jesu ist schon allein deshalb geboten, da wir an die Inkarnation glauben und nicht an ein diffuses Wesen.

 

Und die Inkarnation wird durch die Schrift verbürgt, die - falls man das noch sagen darf - inspiriert ist. Nicht verbal, bis ins letzte Komma, dennoch Gottes Wort. Warum nicht darauf vertrauen? Brauchst Du das zustimmende Nicken eines Archäologen, um deinen Glauben rechtfertigen zu können? 

 

Daneben bürgt die Kirche, angefangen von den Aposteln, die Christus noch im Fleische selbst gesehen haben, für die Wahrheit der Botschaft. Wenn wir, als gläubige Katholiken ihrem Wort nicht glauben und ihrer Weisung folgen, wer dann? Stelltest Du das Forschungsergebnis eines Historikers über die Lehre der Kirche und ihre Autorität, wenn es darauf ankäme? 

 

Ich kann mir allerdings schon denken, woher diese Affinität gerade des liberalen Katholizismus zur historischen Kritik rührt. Es ist dies die - durchaus berechtigte - Angst, von der modernen Welt und ihrer Gesellschaft abgehängt zu werden, wenn man sich nicht gewissen Spielregeln beugt. Die Gefahr, als Fossil, das tatsächlich noch den unverkürzten Glauben bekennt, zu gelten, ist manchen einfach zu groß. Daher auch der verkrampfte Versuch, Dogma und Wissenschaft in irgendein schillerndes Amalgam zu vermischen. Mit dem Ergebnis, dass am Ende von beidem nicht mehr viel übrig bleibt.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

@duesi

 

Nur um es klar zu machen: Ich persönlich zweifle keineswegs an der Historizität Jesu (und damit an der Historizität des Erdenwandels Christi). Und ich glaube nicht, dass ernsthafte Historiker historische Fakten, die in der Schrift genannt werden (viele biblische Orte sind bekannt/wiederentdeckt, historische Konstellationen schlüssig), bestreiten. Nur geht es mir darum, dass die historische Wissenschaft oder Wissenschaft im Allgemeinen, so wie sie angelegt ist, keinen Beitrag zur Verifizierung der Schrift oder der Lehre leisten kann. Das Höchste, was ich mir vorstellen könnte, wäre das zustimmende Votum der Wissenschaft: Ja, Jesus, ein jüdischer Prediger hat gelebt, zog durchs Land, lehrte seine Botschaft und starb im Jahre 33 n. Chr. am Kreuz. Welchen Nutzen hätte eine solche Feststellung?

Eine solche Feststellung würde zumindest ernsthaft suchenden Christen eine Hilfe sein, ihren Glauben und ihre persönlichen Zweifel miteinander zu versöhnen. 

 

vor 8 Minuten schrieb Studiosus:

Jedoch bin ich auch der Meinung, dass der Christ keines Historikers bedarf, der ihm seinen Glauben mit dem Stempel "plausibel" abzeichnet.

Das brauche ich auch nicht. Jedoch habe ich zeitweise nach Erklärungen gesucht, die mir dabei helfen konnten, vor mir selbst zu rechtfertigen, dass ich keinem subjektiven Hirngespinst aufgesessen bin, sondern an etwas glaube, dass sich zumindest plausibel begründen lässt, wenn es sich auch nicht beweisen lässt. Und ich denke, damit stehe ich nicht alleine.

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