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Den Ruf der Gemeinschaft schützen? Parallelen bei Niels H.


rorro

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Hallo zusammen,

 

ist es nicht interessant jetzt zu erfahren, wie bei dem Vertuschen (derzeit euphemistisch "Versagen der Kontrollinstanzen") der Tötungen des Pflegers Niels H. die exakt gleichen Motivationen zugrunde lagen wie bei der Kirche?

 

In beiden Bereichen, im Krankenhaus wie im kirchlichen Umfeld, rechnet man erst einmal überhaupt nicht damit, daß dort Menschen tätig sind, die einen Schaden im Sinn haben - d.h. bis zum ersten Verdacht schwingt sehr viel "das kann doch gar nicht sein" mit. und wenn ich mal die Fälle McCarrick und Niels H. nebeneinander stelle, dann war der eine eine sehr mächtige und einflußreiche Person in der Kirche, der andere ein fachlich exzellenter Pfleger mit ausgewiesenen Kenntnissen der Notfallmedizin - über so ein Backup freut sich jeder Arzt.

Eigentlich "kann so was" dann gar nicht sein - und ist doch so.

 

Und wenn dann der Verdacht im Raum steht, sogar schon mehr als das, was passierte mit Niels H: erst weigerten sich Chefärzte, ihn bei sich in der Abteilung zu haben, schließlich - nach ca. 35 Todesfällen(!!!) - wurde er mit gutem Zeugnis(!) von Oldenburg nach Delmenhorst "geschickt", nur um dort noch einmal mehr als 60 Pat. zu töten.

 

Die Polizei wurde nie informiert. Den Kollegen war aufgefallen, daß Niels H. fast immer bei den Todesfällen im Dienst war, doch angeblich ist niemandem aufgefallen, daß die Sterblichkeit sich mehr als verdoppelte, daß ein Intensivmedikament - mit welchem Niels H. die Pat. tötete, also einen Herzstillstand auslöste, damit er beim Reanimieren zeigen kann, was für ein toller Hecht er ist - daß dieses Medikament 7mal(!) häufiger verbraucht wurde als vor Niels H.?

 

Alles, um den Ruf des Hauses bzw. der Häuser zu schützen.

 

Die Verfahren gegen die damaligen Verantwortlichen werden nach dem jetzigen gegen Niels H. beginnen. Mögen Sie ein breites Umdenken auslösen.

 

Interessanterweise sagte heute morgen der Coautor des Buches "Tatort Krankenhaus" im Interview mit dem DLF, daß es nicht möglich sei, potentielle Täter zu erkennen:

 

Zitat

 

Zerback: Lässt sich denn, Ihrer Erfahrung nach, schon bei der Einstellung etwa einer neuen Pflegekraft besser durchsieben und filtern, wer zu einer solchen Tat fähig wäre?

Beine: Sicherlich nicht, wer zu einer solchen Tat fähig wäre. [...] 

 

 

Die Parallelen sind augenfällig.

bearbeitet von rorro
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Es bewahrheitet sich, dass man den Menschen eben nur bis vor den Kopf (Fontanelle) schauen kann. 

 

Alle Bemühungen, quasi analog zu Hunden einen Wesenstest für Menschen in bestimmten Berufen, seien es nun Priester, Ärzte oder Pfleger, zu etablieren, halte ich für utopisch. Außerdem halte ich die Gefahr, dass solche Tests systematisch umgangen würden, für hoch. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor einer Stunde schrieb rorro:

Alles, um den Ruf des Hauses bzw. der Häuser zu schützen.

[...]

Die Parallelen sind augenfällig.

 

Richtig, so augenfällig, daß man von einem sozialen "Mechanismus" sprechen kann. Passiert immer dann, wenn man es mit Organisation zu tun hat, die einerseits einen besonderen Anspruch erhebt, sei es moralischer, sei es metaphysischer Art, und in der der Apparat sich selbst kontrolliert. Die Lösung kann nur Skepsis gegenüber jedem solchen Anspruch sein, also die Macht Einzelner in einem solchen Apparat begrenzen, und externe, vom Apparat unabhängige Kontrollen einrichten.

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Macht kann man nur verteilen und somit die einer Einzelperson beschränken, wenn man Verantwortungen verteilt. Letztere zu übernehmen scheint aber nicht sehr beliebt zu sein (so erlebe ich es in der Industrie auch bei Hochbezahlten). Das ganze ist nicht so trivial.

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vor 1 Minute schrieb rorro:

Macht kann man nur verteilen und somit die einer Einzelperson beschränken, wenn man Verantwortungen verteilt. Letztere zu übernehmen scheint aber nicht sehr beliebt zu sein (so erlebe ich es in der Industrie auch bei Hochbezahlten). Das ganze ist nicht so trivial.

 

Es passiert halt immer, wenn es niemand für möglich hält. Wer überprüft zB die Ausstellung von Totenscheinen? Wenn jeder Todesfall nach außen hätte gemeldet werden müssen, wäre die Massierung vermutlich aufgefallen. Aber ein Krankenhaus ist eben eine vertrauenswürdige Organisation, nicht wahr? Da ist doch sicher alles in Ordnung! Und dann passiert es eben.

 

Und je größer und undurchschaubarer die Organisation, und je größer der Vertrauensvorschuß, um so größer die Wahrscheinlichkeit, daß etwas richtig schief geht. Eben weil es von außen keiner für möglich hält, und von innen es niemand nach außen dringen lassen will, denn sonst wäre ja das Vertrauen futsch. 

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Dieser Mechanismus läuft in jeder Sparkasse genauso ab, wenn der Hauptbuchhalter etwas zu seinen Gunsten umgebucht hat. Wer will denn schon in der Öffentlichkeit blöd dastehen? 

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Ich stimme kam zu - es gibt allerdings zwei weitere Parallele zwischen Kirche und Klinik, und sind die fehlende Fehlerkultur und die fehlenden Kontrollmechanismen. So konnte die ihn entfernende Ärztin offensichtlich keine weitere Untersuchung veranlassen, und so führte der abnorme Medikamentenverbrauch zu keiner Reaktion. Hieraus kann man zumindest lernen, das heißt, Kliniken sollten ihren Medikamentenverbrauch einem Monitoring unterziehen, und das nicht aus Gründen der Wirtschaftlichkeit. Dass man in Deutschland von etwa 1.200 unentdeckte Tötungsdelikten im Jahr ausgeht, das liegt an der fehlenden Kontrolle bei der Leichenschau. Hier sparen die Länder leider zugunsten der eigenen Kriminalstatistik. Auch hier hätte der Staat eventuell Morde verhindern können, wenn es eine unabhängige Leichenschau gäbe, und nicht der behandelnde Arzt den Totenschein ausfüllt.

 

Klinik und Kirche unterscheidet von der Sparkasse, dass es dort Kontrollsysteme gibt, deren Umgehung eine höhere kriminelle Energie voraussetzt.

 

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Gerade eben schrieb Chrysologus:

Ich stimme kam zu - es gibt allerdings zwei weitere Parallele zwischen Kirche und Klinik, und sind die fehlende Fehlerkultur und die fehlenden Kontrollmechanismen. So konnte die ihn entfernende Ärztin offensichtlich keine weitere Untersuchung veranlassen, und so führte der abnorme Medikamentenverbrauch zu keiner Reaktion. Hieraus kann man zumindest lernen, das heißt, Kliniken sollten ihren Medikamentenverbrauch einem Monitoring unterziehen, und das nicht aus Gründen der Wirtschaftlichkeit. Dass man in Deutschland von etwa 1.200 unentdeckte Tötungsdelikten im Jahr ausgeht, das liegt an der fehlenden Kontrolle bei der Leichenschau. Hier sparen die Länder leider zugunsten der eigenen Kriminalstatistik. Auch hier hätte der Staat eventuell Morde verhindern können, wenn es eine unabhängige Leichenschau gäbe, und nicht der behandelnde Arzt den Totenschein ausfüllt.

 

Klinik und Kirche unterscheidet von der Sparkasse, dass es dort Kontrollsysteme gibt, deren Umgehung eine höhere kriminelle Energie voraussetzt.

 

Die Kirche paßt auf ihr Geld so gut auf, wie auf ihr Personal. Soll man das Prinzip Vertrauen jetzt grundsätzlich schlecht finden? - Der Aufbau weiterer bürokratischer Überwachungssysteme wird die Verhältnisse insgesamt verschlechtern, das Personal stöhnt doch jetzt schon über zu viel Arbeit. Leichenschau ist etwas für sehr spezialisierte und erfahrene Ärzte, davon gibt es sowieso nicht genug. Die tun dann besser Dienst an Lebenden. Es ist eine Krankheit dieser Gesellschaft, daß überhaupt kein Risiko mehr ertragen wird. Shit happens. Wir haben hier grad eine aberwitzige Diskussion, wie sehr der Striezelmarkt eingemauert werden muß, damit er "sicher" sei vor allfälligen Terroranschlägen. 

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vor 3 Stunden schrieb Chrysologus:

Ich stimme kam zu - es gibt allerdings zwei weitere Parallele zwischen Kirche und Klinik, und sind die fehlende Fehlerkultur und die fehlenden Kontrollmechanismen. So konnte die ihn entfernende Ärztin offensichtlich keine weitere Untersuchung veranlassen, und so führte der abnorme Medikamentenverbrauch zu keiner Reaktion. Hieraus kann man zumindest lernen, das heißt, Kliniken sollten ihren Medikamentenverbrauch einem Monitoring unterziehen, und das nicht aus Gründen der Wirtschaftlichkeit. Dass man in Deutschland von etwa 1.200 unentdeckte Tötungsdelikten im Jahr ausgeht, das liegt an der fehlenden Kontrolle bei der Leichenschau. Hier sparen die Länder leider zugunsten der eigenen Kriminalstatistik. Auch hier hätte der Staat eventuell Morde verhindern können, wenn es eine unabhängige Leichenschau gäbe, und nicht der behandelnde Arzt den Totenschein ausfüllt.

 

Klinik und Kirche unterscheidet von der Sparkasse, dass es dort Kontrollsysteme gibt, deren Umgehung eine höhere kriminelle Energie voraussetzt.

 

 

Ach, das mit den Totenscheinen ist ja noch viel skurriler. 

Ich habe schon mehre Hundert ausgefüllt und nicht selten im Notdienst bei Patienten (Heim!), die ich nie zuvor gesehen habe. Eigentlich müsste ich jedes Mal(!) den Verdacht auf nicht natürlichen Tod ankreuzen, was ein langes Warten (auch für andere Patienten im Notdienst) bedeutet, denn  die unmotivierte Polizei hat darauf nie Bock. Natürlich kann mir der Pfleger was vom Pferd erzählen, aber warum sollte ich ihm nicht glauben? Also wird natürlich angekreuzt.

Die Todesursache bastelt man sich zurecht - und das ist dann die offizielle Basis für die Todesursachenstatistik in Deutschland! 

 

Übrigens gibt es nur bei der Urnenbestattung eine zweite Leichenschau. 

 

Und alle Fälle, wo ich wirklich den Tod mir bekannter Patienten nicht erklären konnte (glücklicherweise nur wenige) hat die Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt. Sie hat solange gesucht, bis ihr irgendein ein Arzt eine einigermaßen passende Begründung brachte.

 

Das ist in Deutschland ein Trauerspiel.

bearbeitet von rorro
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vor 3 Stunden schrieb kam:

Soll man das Prinzip Vertrauen jetzt grundsätzlich schlecht finden? 

Ich weiß, es ist eigentlich nicht so relevant, aber der Inder Vishal Mangalwadi ist der Meinung, dass das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens eins der Erfolgsrezepte der westlichen Welt sei. Er nennt als Beispiel den Milchverkauf in Holland, wo einfach jeder kommen kann, seine Milch abholt und das Geld passend in einen Kasten legt. Er meint, so etwas sei in Indien nicht denkbar aufgrund der Diebstahlgefahr. Dort müsste man mindestens einen Verkäufer einstellen, was natürlich den Preis hebt. Dazu würde man in Indien ein großes Problem mit gepanschter Milch haben. Die Wasserzusätze würden die Gewinne erhöhen. Was in der Bevölkerung natürlich zu der Forderung zur Einführung von Kontrollen führt, was sich natürlich wieder auf den Milchpreis auswirkt. Und wenn die Kontrolleure schlecht arbeiten stellt sich wieder die Frage, wer die Kontrolleure kontrolliert usw. Er schreibt auch, dass ihm viele Inder, die nach Europa gegangen sind, gesagt haben, dass sie dort super Geschäfte machen könnten, weil einem dort jeder vertrauen würde, was in Indien ein großes Problem sei.

 

Auf der anderen Seite: Wenn das Vertrauen verloren gegangen ist, wie soll man es anders wiederherstellen als durch unabhängige Kontrollen?

 

Aber um zum Thema zurückzukommen: Moralisch gesehen sollte die Frage nach richtig und falsch einen größeren Stellenwert für uns haben als der Ruf einer Einrichtung. Und darum geht es, denke ich, in den beiden genannten Fällen. Und natürlich um die Frage, ob moralische Fragen für das tägliche Handeln für den einzelnen überhaupt relevant sind.

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  • Alfons changed the title to Den Ruf der Gemeinschaft schützen? Parallelen bei Niels H.
vor 4 Stunden schrieb duesi:

Ich weiß, es ist eigentlich nicht so relevant, aber der Inder Vishal Mangalwadi ist der Meinung, dass das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens eins der Erfolgsrezepte der westlichen Welt sei. Er nennt als Beispiel den Milchverkauf in Holland, wo einfach jeder kommen kann, seine Milch abholt und das Geld passend in einen Kasten legt. Er meint, so etwas sei in Indien nicht denkbar aufgrund der Diebstahlgefahr. Dort müsste man mindestens einen Verkäufer einstellen, was natürlich den Preis hebt. Dazu würde man in Indien ein großes Problem mit gepanschter Milch haben. Die Wasserzusätze würden die Gewinne erhöhen. Was in der Bevölkerung natürlich zu der Forderung zur Einführung von Kontrollen führt, was sich natürlich wieder auf den Milchpreis auswirkt. Und wenn die Kontrolleure schlecht arbeiten stellt sich wieder die Frage, wer die Kontrolleure kontrolliert usw. Er schreibt auch, dass ihm viele Inder, die nach Europa gegangen sind, gesagt haben, dass sie dort super Geschäfte machen könnten, weil einem dort jeder vertrauen würde, was in Indien ein großes Problem sei.

 

Auf der anderen Seite: Wenn das Vertrauen verloren gegangen ist, wie soll man es anders wiederherstellen als durch unabhängige Kontrollen?

 

Aber um zum Thema zurückzukommen: Moralisch gesehen sollte die Frage nach richtig und falsch einen größeren Stellenwert für uns haben als der Ruf einer Einrichtung. Und darum geht es, denke ich, in den beiden genannten Fällen. Und natürlich um die Frage, ob moralische Fragen für das tägliche Handeln für den einzelnen überhaupt relevant sind.

Es ist doch keine Frage, daß die Ermordung von alten Leuten durch ihren Pfleger unmoralisch ist. Es geht darum, mit welchen Mitteln die mögliche Begehung verbotener Taten verhindert werden kann, ohne damit mehr Schaden als Nutzen zu stiften. Vielleicht ist das bei anderen Delikten deutlicher: Die gerade aktuell viel Aufsehen machenden Diskobesuchsanschlußvergewaltigungen ließen sich zweifellos vermeiden, wenn Diskobesuche entweder der potentiellen Tätergruppe oder der potentiellen Opfergruppe oder der Betrieb von gemischtgeschlechtlichen Lustbarkeiten verboten würden. Aber wer will das schon? Freiheit hat ihren Preis und eine freiheitliche Gesellschaft muß Risiken aushalten. 

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vor 15 Minuten schrieb kam:

Es ist doch keine Frage, daß die Ermordung von alten Leuten durch ihren Pfleger unmoralisch ist. 

Es ist aber eine Frage, ob das Melden von konkreten Verdachtsfällen moralischer ist als den Ruf des Hauses zu schützen. Und diese Frage müssen sich die Einzelpersonen stellen, die davon Wind bekommen haben. Und anscheinend ist das eine Frage. Und anscheinend handeln die betreffenden Personen nicht moralisch. Und ich weiß persönlich nicht, ob ich da besser bin.

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vor 18 Stunden schrieb rorro:

ist es nicht interessant jetzt zu erfahren, wie bei dem Vertuschen (derzeit euphemistisch "Versagen der Kontrollinstanzen") der Tötungen des Pflegers Niels H. die exakt gleichen Motivationen zugrunde lagen wie bei der Kirche?

Das sag ich ja die ganze Zeit: Wer nur nach 'katholischen' Gründen sucht wird die zugrunde liegenden menschlichen Gründe übersehen.

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vor 16 Stunden schrieb Chrysologus:

 So konnte die ihn entfernende Ärztin offensichtlich keine weitere Untersuchung veranlassen, und so führte der abnorme Medikamentenverbrauch zu keiner Reaktion.

 

So was wie ein angestiegener Medikamentenverbrauch muß zuallererst mal auffallen.

 

Aus eigener Erfahrung: Als ich einen neuen Chef bekam fiel dem auf, daß es in einer Abteilung bei uns deutlich schlechter lief als er das von seiner vorherigen Stelle kannte. Daraufhin hat er teure Änderungen durchgesetzt, die uns richtig viel Geld gekostet haben. Sein Vorgänger war nicht schlecht, aber dem sind die Probleme nicht aufgefallen oder er hatte zufriedenstellende Begründungen gehabt.

 

Ich halte es für sehr menschlich, daß man zunächst andere, naheliegende Erklärungen sucht: Andere Ärzte mit einer anderen Verschreibungspraxis, verändertes Patientenkollektiv etc. Daß man an Massenmord zuallerletzt denkt halte ich für verständlich - und möchte eigentlich auch nicht in einer Welt leben, in der das Misstrauen so groß ist, daß damit sofort gerechnet wird.

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vor 9 Stunden schrieb duesi:

Es ist aber eine Frage, ob das Melden von konkreten Verdachtsfällen moralischer ist als den Ruf des Hauses zu schützen. Und diese Frage müssen sich die Einzelpersonen stellen, die davon Wind bekommen haben. Und anscheinend ist das eine Frage. Und anscheinend handeln die betreffenden Personen nicht moralisch. Und ich weiß persönlich nicht, ob ich da besser bin.

Wer sollte was wohin melden? Ein Pflegerkollege, sofern er Verdacht geschöpft hat an die Vorgesetzten? Hat der Pflegerkollege Informationen zum Medikamentenverbrauch? 

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vor 52 Minuten schrieb kam:

Wer sollte was wohin melden? Ein Pflegerkollege, sofern er Verdacht geschöpft hat an die Vorgesetzten? Hat der Pflegerkollege Informationen zum Medikamentenverbrauch? 

Also wenn der Verdacht schon so konkret war, dass die Chefärzte sich geweigert haben, ihn in der Abteilung zu haben, dann wäre es angebracht gewesen, ihn der Polizei zu melden. Wobei, wenn ich darüber nachdenke: Das biblische Prinzip "auf zweier Zeugen Mund", dass ohne konkrete Beweise keine Anklage erfolgen sollte, sollte schon gelten. Und dass man einem unbeliebten Mitarbeiter den weiteren Weg nicht durch ein schlechtes Zeugnis verbauen möchte, ist menschlich nachvollziehbar. Bei Pflegekräften ist zur Zeit sowieso Not am Mann, so dass sich die Pflegekräfte beinahe aussuchen können, wo sie arbeiten wollen. Ich habe drei Schwestern, die alle drei im Pflegebereich arbeiten und sie meinen, dass die Arbeitsbedingungen so schlecht seien, dass man ständig mit einem Bein im Gefängnis stehen würde.

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vor 23 Stunden schrieb rorro:

Und wenn dann der Verdacht im Raum steht ...


Déjà vu (irgendwie), vor fast 10 Jahren.
Schwester C., vom Krankenhausträger entlassen, heuerte bei einem privaten ambulanten Pflegedienst an, bei dem sie bis zur erneuten Verhaftung tätig war.

Wegen Mordes angeklagt, wurde sie schließlich 2011, sieben Jahre nach den ersten Vorfällen, aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

 

 

bearbeitet von Julius
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Es ist so ähnlich wie manche hier schon angedeutet haben.

 

Wir werden zu sozialer Integrität erzogen und lernen, dass wir in das Gute vertrauen sollen. Niemand soll zu Unrecht beschuldigt werden, Gebote des Anstands, der Hilfsbereitschaft und Höflichkeit usw. sollen fester Bestandteil unseres Arbeitsalltags und Lebens sein.

 

Solche Fälle sind die Kehrseite dieser Einstellung, die jeder, der es darauf anlegt, ausnutzen kann(„Psychos“). Dazu muss man eben derart übel drauf sein, aber wenn, dann hat man leichtes Spiel.

Wer das Böse nicht kennt, kann es kaum erkennen bzw. „glauben“.

 

Ein anderer Aspekt ist, dass Verantwortung in einer Hierarchie bei den Obersten liegt und Gehorsam obligatorisch ist. Auch eine Frage des Vertrauens. Läuft es aber schief, wird diese an die Unteren abgegeben. 

 

Diese Leute haben ja gemerkt, dass etwas nicht stimmt, nur welchen rechtlich abgesicherten Spielraum hatten sie? 

Möglichleiten fallen mir viele ein, nur wohl nicht so einfach erlaubt.

 

Eher also ein psychologisch sehr üblicher, sehr häufiger, altbekannter Mechanismus, auf den wohl fast alle immer wieder und wieder reinfallen würden. 

 

Klar, außer, jemand wäre selbst noch nicht betroffen gewesen, dann wäre alles natürlich anders und besser gewesen ; )

bearbeitet von josephine
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Zu dem, was rorro meinte:

 

Ich wollte noch anmerken, dass ich eine konsequentere, vielleicht statistisch unterfütterte und computergestützte - mit einer Art Alarmmodus und verbindlicher Überprüfungspflicht(ich kenne jedoch die derzeitige Handhabung und Umsetzbarkeit, also Praxis nicht) -

Kontrolle bezüglich der Medikamente durchaus für einen guten Ansatz halte, um solchen Vorfällen zu begegnen.

 

Bei stärkeren Unregelmäßigkeiten vielleicht sogar Überwachung ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen(Videoüberwachung; auch wenn dies extrem ist und die Ausnahme sein sollte).

 

Etwas Besseres, um

solchen Auswüchsen vorzubeugen, fällt mir dazu auch nicht ein.

bearbeitet von josephine
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Am ‎06‎.‎11‎.‎2018 um 23:40 schrieb josephine:

Zu dem, was rorro meinte:

 

Ich wollte noch anmerken, dass ich eine konsequentere, vielleicht statistisch unterfütterte und computergestützte - mit einer Art Alarmmodus und verbindlicher Überprüfungspflicht(ich kenne jedoch die derzeitige Handhabung und Umsetzbarkeit, also Praxis nicht) -

Kontrolle bezüglich der Medikamente durchaus für einen guten Ansatz halte, um solchen Vorfällen zu begegnen.

 

Bei stärkeren Unregelmäßigkeiten vielleicht sogar Überwachung ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen(Videoüberwachung; auch wenn dies extrem ist und die Ausnahme sein sollte).

 

Etwas Besseres, um

solchen Auswüchsen vorzubeugen, fällt mir dazu auch nicht ein.

Womit die Kranken in der Krankenpflege noch weiter in den Hintergrund gedrängt würden...

Jede Krankenhausapotheke dürfte den Medikamentenverbrauch kontrollieren - schon alleine, um die Zahlen nicht all zu rot werden zu lassen. Eigentlich gibt es auch regelmäßige gemeinsame Begehungen, bei denen Auffälligkeiten besprochen werden könnten. Wenn man denn die Zeit dafür findet...

Und es gibt spezielle Verfahrensweisen für den Umgang mit 'besonderen' Medikamenten, Betäubungsmitteln z.B. Nur, das ist ein extremer Aufwand, den man nicht für Allerweltsmedikamente treiben kann.

Wer Unheil anrichten will, der findet Wege dazu. Man kann nicht alles vermeiden.

Ich vermute, wir leben besser damit, ein mal pro Jahrzehnt einen Psychopathen unter dem Krankenhauspersonal zu entdecken als in ständigem Misstrauen zu leben.

 

Eine andere Frage ist, wie man mit Verdachtsfällen umgeht. Einerseits darf man keinem Unschuldigen die Zukunft verbauen. Andererseits darf man auch nicht die Augen zudrücken. Aber: Im Zweifel für den Angeklagten.

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Ich habs ja angemerkt, dass mir die alltägliche Praxis nicht geläufig ist, bereits ähnliche Argumente vorgebracht wie du und kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst.

War nur am Überlegen, welche Strategien überhaupt möglich wären, würde man alles ausloten.

bearbeitet von josephine
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vor 10 Stunden schrieb josephine:

Ich habs ja angemerkt, dass mir die alltägliche Praxis nicht geläufig ist, bereits ähnliche Argumente vorgebracht wie du und kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst.

War nur am Überlegen, welche Strategien überhaupt möglich wären, würde man alles ausloten.

Man kann in so ziemlich allen Berufen großes Unheil anrichten, wenn man es darauf anlegt: Patienten reihenweise umbringen, mit dem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt rasen, Züge entgleisen lassen, die Umwelt übelst vergiften...

Bislang lautet die Strategie: Die Leute müssen wissen, was sie tun (deshalb: Ausbildung); eine Sicherheitsüberprüfung gibt es nur in besonderen Fällen. Die Alternative würde wohl lauten: Polizeistaat.

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vor 12 Stunden schrieb Moriz:

Man kann in so ziemlich allen Berufen großes Unheil anrichten, wenn man es darauf anlegt: Patienten reihenweise umbringen, mit dem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt rasen, Züge entgleisen lassen, die Umwelt übelst vergiften...

Bislang lautet die Strategie: Die Leute müssen wissen, was sie tun (deshalb: Ausbildung); eine Sicherheitsüberprüfung gibt es nur in besonderen Fällen. Die Alternative würde wohl lauten: Polizeistaat.

Zu deinem ersten Punkt - so ähnlich habe ich ja im vorherigen Post(nicht jenen, auf den zu dich hier beziehst) argumentiert und sehe es auch größtenteils so.

Nur im Nachhinein war ich am

Überlegen, ob man solchen Vorfällen nicht doch mehr entgegensetzen könnte, wie rorro meinte.

Eine computergestützte Erfassung und Auswertung erschien mir da nicht so übel. Nur weiß ich noch immer nicht mit welchem zusätzlichen Aufwand dies verbunden wäre und ob es tatsächlich greifen würde.

bearbeitet von josephine
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vor 11 Stunden schrieb josephine:

Überlegen, ob man solchen Vorfällen nicht doch mehr entgegensetzen könnte, wie rorro meinte.

Eine computergestützte Erfassung und Auswertung erschien mir da nicht so übel. Nur weiß ich noch immer nicht mit welchem zusätzlichen Aufwand dies verbunden wäre und ob es tatsächlich greifen würde.

Die computergestützte Erfassung der Medikamente kommt, wo sie nicht schon da ist (elektronisches Bestellsystem).

Vielleicht gelingt es sogar, passable Parameter zu finden, bei denen die "gelbe Lampe" angeht (jeder Fall ist anders!).

(Ich denke, solche "gelben Lampen" sind auch schon implementiert - nicht unbedingt zum Schutz der Patienten, wohl aber zum Schutz des Budgets. Wenn von irgendwas "zu viel" verbraucht wird wird nachgefragt. Wobei der "Billigkram" am Ende der Liste meist nicht weiter beachtet wird - die verwendeten Elektrolytlösungen dürften so gut wie nix gekostet haben...)

Dann muß es aber auch jemanden geben, der diesen Verdachtsfällen nachgeht.

Und "dieser Jemand" muß damit leben, daß sich "nie" so ein Fall bewahrheitet - ein 'echter' Fall in zehn Jahren in Deutschland heißt nämlich auch: ALLE Alarme sind Fehlalarme (halt bis auf den einen einmal in zehn Jahren, irgendwo). Und wenn es "nur" Fehlalarme gibt, dann wird man den einen echten Alarm auch nicht ernst nehmen.

Man sieht das ja auch an diesem Fall: Es gab Verdachtsmomente, aber keiner konnte sich die bittere Wahrheit dahinter vorstellen. 

Der erste Schritt wäre also: Damit rechnen! Sonst bringt das beste Warnsystem nichts. Das geht dann aber auch ohne Computer.

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