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Wollte Jesus überhaupt eine neue Religion gründen?


Die Angelika

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vor einer Stunde schrieb Long John Silver:

Der einzige, der unsere Wege zu werten weiss , ist Gott, und dem duerfte es am Ende aller Tage  ziemlich egal sein, welchen Glaubensartikel der einzelne  genau nun speziell wertete oder wie er sich damit  herum schlug oder nicht oder welche "Kaempfe" er mit dem Lehramt auffocht, ob er konvertierte oder welche Konfession oder Religion er ueberhaupt hatte.

 

Ich weiß zwar nicht, ob es bei Dir so ist, aber ich treffe häufiger bei den selben Personen eine Aufregung, wenn andere (bspw. das Lehramt) zu wissen vorgeben, was Gott angeblich will und gleichzeitig die feste Überzeugung zu wissen, was Ihm egal ist.

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vor 2 Stunden schrieb rince:

Pass du mal auf, nicht mehr lange, und die DUH fordert Verbot von Kerzen und Weihrauch in Gottesdiensten zum Schutz der Umwelt und der Gläubigen ;)

 

Osterfeuer finden Sie schon offiziell doof.

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Ich finde es immer hilfreich, erst einmal von den biblischen Texten auszugehen und das Ganze unter einem historischen Blickwinkel zu betrachten.

 

In den Evangelien begegnen wir einer Religion im Entstehen. Auf der einen Seite haben wir Menschen, die sich auch nach ihrer Taufe noch als Teil des Judentums betrachteten, aber dann feststellen mussten, dass ihre Sicht der Dinge von den Synagogen als nicht kompatibel beurteilt wurde. Auf der anderen Seite haben wir Menschen, meist aus dem Umfeld der jüdischen Synagogen, die diese Variante eines aus dem Judentum entstehenden Glaubens eher annehmen konnten als ein Judentum mit all den Vorschriften inklusive der Beschneidung.

 

Den Autoren der Evangelien war schon klar, dass hier etwas entsteht, das nicht mehr als jüdisch bezeichnet werden kann. Entsprechend wird Jesus auch als Lehrer beschrieben, der über die Grenzen des Judentums hinausgeht. Allerdings wird gleichzeitig auch betont, dass die Juden durch ihre eigene Entscheidung Jesus aus dem Judentum herausgetrieben haben. Oder umgekehrt: wären die Juden den Weg Jesu mitgegangen, hätte die Welt jetzt ein Judentum 2.0. 

 

In den Details der Überlieferung der Worte Jesu ergibt sich ein heterogenes Bild. Teilweise erscheint Jesus als jemand, der sich nur zu den Kindern Israels gesandt sieht, teilweise eröffnen Jesu Worte eine Perspektive, die die Grenzen Israels sprengt. 

 

Unter diesen Rahmenbedingungen ist die Fragestellung, ob Jesus eine Religion gründen wollte oder nicht, in gewisser Weise anachronistisch, weil sie sich in der Bibel so nicht stellt, sondern eine Frage zu sein scheint, die aus einer späteren Perspektive an die biblischen Zeugnisse herangetragen wird.

 

Aus der Sicht der Bibel müsste man wohl - ich sage das mit aller gebotenen Vorsicht - am ehesten sagen: Jesus hat in seiner Verkündigung etwas in Gang gesetzt, das ziemlich schnell zu einer neuen Religion geführt hat. Diese Religion bestand zunächst aus einem losen Netzwerk von Gemeinden mit einigen Persönlichkeit, die in der ganzen Kirche anerkannt waren. Daraus entwickelte sich dann Kirche, wie wir sie heute kennen.

 

Die Annahme, dass Jesus dies so gewollt und vorausgesehen hat, lässt sich m.E. nicht aus der Bibel ableiten, sondern allein aus der Tradition.

 

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vor 11 Minuten schrieb Mat:

Die Annahme, dass Jesus dies so gewollt und vorausgesehen hat, lässt sich m.E. nicht aus der Bibel ableiten, sondern allein aus der Tradition.

 

Die Bibel ist Teil dieser Tradition.

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Im Übrigen ist die Tradition älter als die Schrift. Also ist die Behauptung, diese oder jene Lehre sei nachbiblisch oder erst später hinzu gekommen in dieser Pauschalität nicht zu halten. 

 

Das lässt sich leicht vor allem an liturgischen Schilderungen darstellen: Wenn Paulus, als wohl zeitlich erster Autor des Neuen Testaments, schon die eucharistische Praxis der Gemeinde rezipiert, dann ist diese notwendigerweise älter als die älteste Schrift des Kanons. Und lange - wieder: wenn man die gängigen Datierungen akzeptiert - vor dem Abschluss der Redaktion der Evangelien zu verorten.

 

In diesem Zusammenhang ist die Definition der Offenbarung des Ersten Vatikanums (Dei filius) einschlägig, die ausdrücklich bestätigt, dass die Offenbarung einerseits in der Schrift, andererseits in einer ungeschriebenen Überlieferung enthalten ist, welche die Apostel aus Christi eigenem Munde vernommen haben. Die Schrift enthält nur das unmittelbar Heilsnotwendige, was nicht ausschließt, dass den Aposteln mehr zuteil wurde, als schriftlich festgehalten wurde (vgl. Joh 20,30f.).

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Sah sich Jesus als Stifter einer neuen Religion? Ich glaube nicht. Wenn er sich als etwas sah, meine ich, dann nach dem Buch Jesaja als Reis, das aus dem Baumstumpf Isais wächst, ein junger Trieb aus der Wurzel Jesse, der Frucht bringt, als Gottesknecht und als Messias, jedenfalls tief verwurzelt im jüdischen Glauben seiner Zeit.

bearbeitet von Mistah Kurtz
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Dass Christus immer das Wissen um seine messianische Würde hatte, glaube ich auch. Allerdings würde ich die, meiner Ansicht nach, etwas schwache Formulierung "sah sich" nicht gebrauchen. Er wusste, wer er war. Sich als etwas oder jemanden sehen schließt für mich die potenzielle Option des Irrtums mit ein, eine subjektive Wahrnehmung seiner selbst und kein objektives Sein. Christus deutete ja immer wieder an, wer er war, und befahl danach Stillschweigen (Messiasgeheimnis). Auch vor seinen Gegnern, die dadurch entsprechend verärgert wurden. Ich denke da z.B. an Joh 8,58.

 

Jedenfalls sehe ich auch, dass es durchaus schwer ist, Jesus Christus zu begreifen, wenn man ihn allein vom Kontinuum des Judentums seiner Zeit her verstehen will. So ist es für mich durch die Schilderungen aus dem Abendmahlssaal durchaus ersichtlich, dass hier etwas Neues beginnt und gestiftet wird, was nicht heißt, dass das Alte vollkommen obsolet geworden wäre. Was bleibt ist jedoch der neue Bund in Christi Blut. Das ist allerdings eher Thema einer Bundestheologie, weniger die Antwort auf die Frage, ob damit bereits eine neue Religion im formalen Sinne entstand.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Long John Silver
vor 2 Stunden schrieb Mat:

Ich finde es immer hilfreich, erst einmal von den biblischen Texten auszugehen und das Ganze unter einem historischen Blickwinkel zu betrachten.

 

In den Evangelien begegnen wir einer Religion im Entstehen. Auf der einen Seite haben wir Menschen, die sich auch nach ihrer Taufe noch als Teil des Judentums betrachteten, aber dann feststellen mussten, dass ihre Sicht der Dinge von den Synagogen als nicht kompatibel beurteilt wurde. Auf der anderen Seite haben wir Menschen, meist aus dem Umfeld der jüdischen Synagogen, die diese Variante eines aus dem Judentum entstehenden Glaubens eher annehmen konnten als ein Judentum mit all den Vorschriften inklusive der Beschneidung.

 

Den Autoren der Evangelien war schon klar, dass hier etwas entsteht, das nicht mehr als jüdisch bezeichnet werden kann. Entsprechend wird Jesus auch als Lehrer beschrieben, der über die Grenzen des Judentums hinausgeht. Allerdings wird gleichzeitig auch betont, dass die Juden durch ihre eigene Entscheidung Jesus aus dem Judentum herausgetrieben haben. Oder umgekehrt: wären die Juden den Weg Jesu mitgegangen, hätte die Welt jetzt ein Judentum 2.0. 

 

In den Details der Überlieferung der Worte Jesu ergibt sich ein heterogenes Bild. Teilweise erscheint Jesus als jemand, der sich nur zu den Kindern Israels gesandt sieht, teilweise eröffnen Jesu Worte eine Perspektive, die die Grenzen Israels sprengt. 

 

Unter diesen Rahmenbedingungen ist die Fragestellung, ob Jesus eine Religion gründen wollte oder nicht, in gewisser Weise anachronistisch, weil sie sich in der Bibel so nicht stellt, sondern eine Frage zu sein scheint, die aus einer späteren Perspektive an die biblischen Zeugnisse herangetragen wird.

 

Aus der Sicht der Bibel müsste man wohl - ich sage das mit aller gebotenen Vorsicht - am ehesten sagen: Jesus hat in seiner Verkündigung etwas in Gang gesetzt, das ziemlich schnell zu einer neuen Religion geführt hat. Diese Religion bestand zunächst aus einem losen Netzwerk von Gemeinden mit einigen Persönlichkeit, die in der ganzen Kirche anerkannt waren. Daraus entwickelte sich dann Kirche, wie wir sie heute kennen.

 

Die Annahme, dass Jesus dies so gewollt und vorausgesehen hat, lässt sich m.E. nicht aus der Bibel ableiten, sondern allein aus der Tradition.

 

 

Ich wuerde da gern noch aus meiner Sich hinzufuegen, dass der Weg zum Christentum nicht erklaerbar ist ohne die Entwicklung im Alten Testament, also den gesamten Prozess, mit dem Gott in die Geschichte eingriff und sie zu einem Punkt fuehrte, an dem Jesus, der  Menschensohn, geboren werden konnte und seine Botschaft verkuenden. Die Kraft dieses langen Prozesses wurde in das Neue Testament und die neue Religionsgemeinschaft mit genommen, sie ist mit ihr Naehrboden. 

bearbeitet von Long John Silver
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Also diese Feststellung finde ich auch wichtig: Inkarnation, Tod und Auferstehung Christi sind gerade nichts, was irgendwie zufällig geschehen wäre, sondern Teil der einen Heilsgeschichte, Kontinuität, nicht Abbruch. Einer Geschichte, die Begann mit den Patriarchen des Alten Bundes, die fortlebte in den Propheten und die schließlich in Christus Jesus zu ihrer Erfüllung gelangte. Das mysterium paschale, das Pascha-Geheimnis: Wie Gott Israel aus der Hand der Ägypter befreit hat, so hat Christus uns vom Tod durch die Sünde erlöst. Und diese Entwicklung harrt noch ihrer Vollendung, so sind dann auch die Väter von der letzten Identität Israels und der Kirche überzeugt.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 3 Stunden schrieb Mat:

Ich finde es immer hilfreich, erst einmal von den biblischen Texten auszugehen und das Ganze unter einem historischen Blickwinkel zu betrachten.

 

In den Evangelien begegnen wir einer Religion im Entstehen.

Danke erst mal für deinen tollen Beitrag. Allerdings sehe ich die neue "Religion im Entstehen" eher in der Apostelgeschichte als in den Evangelien - genauer gesagt: es ist eigentlich das Pfingstereignis, mit dem das Christentum aufhört, eine jüdische Sekte zu sein und zur eigenständigen Religion wird. 

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vor 4 Stunden schrieb Mat:

Ich finde es immer hilfreich, erst einmal von den biblischen Texten auszugehen und das Ganze unter einem historischen Blickwinkel zu betrachten.

 

In den Evangelien begegnen wir einer Religion im Entstehen. Auf der einen Seite haben wir Menschen, die sich auch nach ihrer Taufe noch als Teil des Judentums betrachteten, aber dann feststellen mussten, dass ihre Sicht der Dinge von den Synagogen als nicht kompatibel beurteilt wurde. Auf der anderen Seite haben wir Menschen, meist aus dem Umfeld der jüdischen Synagogen, die diese Variante eines aus dem Judentum entstehenden Glaubens eher annehmen konnten als ein Judentum mit all den Vorschriften inklusive der Beschneidung.

 

Den Autoren der Evangelien war schon klar, dass hier etwas entsteht, das nicht mehr als jüdisch bezeichnet werden kann. Entsprechend wird Jesus auch als Lehrer beschrieben, der über die Grenzen des Judentums hinausgeht. Allerdings wird gleichzeitig auch betont, dass die Juden durch ihre eigene Entscheidung Jesus aus dem Judentum herausgetrieben haben. Oder umgekehrt: wären die Juden den Weg Jesu mitgegangen, hätte die Welt jetzt ein Judentum 2.0. 

 

In den Details der Überlieferung der Worte Jesu ergibt sich ein heterogenes Bild. Teilweise erscheint Jesus als jemand, der sich nur zu den Kindern Israels gesandt sieht, teilweise eröffnen Jesu Worte eine Perspektive, die die Grenzen Israels sprengt. 

 

Unter diesen Rahmenbedingungen ist die Fragestellung, ob Jesus eine Religion gründen wollte oder nicht, in gewisser Weise anachronistisch, weil sie sich in der Bibel so nicht stellt, sondern eine Frage zu sein scheint, die aus einer späteren Perspektive an die biblischen Zeugnisse herangetragen wird.

 

Aus der Sicht der Bibel müsste man wohl - ich sage das mit aller gebotenen Vorsicht - am ehesten sagen: Jesus hat in seiner Verkündigung etwas in Gang gesetzt, das ziemlich schnell zu einer neuen Religion geführt hat. Diese Religion bestand zunächst aus einem losen Netzwerk von Gemeinden mit einigen Persönlichkeit, die in der ganzen Kirche anerkannt waren. Daraus entwickelte sich dann Kirche, wie wir sie heute kennen.

 

Die Annahme, dass Jesus dies so gewollt und vorausgesehen hat, lässt sich m.E. nicht aus der Bibel ableiten, sondern allein aus der Tradition.

 

 

Danke

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vor 1 Stunde schrieb Long John Silver:

 

Ich wuerde da gern noch aus meiner Sich hinzufuegen, dass der Weg zum Christentum nicht erklaerbar ist ohne die Entwicklung im Alten Testament, also den gesamten Prozess, mit dem Gott in die Geschichte eingriff und sie zu einem Punkt fuehrte, an dem Jesus, der  Menschensohn, geboren werden konnte und seine Botschaft verkuenden. Die Kraft dieses langen Prozesses wurde in das Neue Testament und die neue Religionsgemeinschaft mit genommen, sie ist mit ihr Naehrboden. 

 

🙂

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Die "Gründung" des Christentums als eigenständiger Religion ist vergleichbar der Kirchenspaltung im 16. Jahrh.: Das Abdriften eines Teiles der Kirche/Religion wird durch einen Ausschluss zementiert. Mit dem Tridentinum schloss die RKK die Protestanten aus und definierte sich neu durch klare Abgrenzungen und nahm das Entstehen anderer Kirchen in Kauf, mit dem Ausschluss der Jesusjünger*innen aus dem Judentum war die Entstehung des Christentums abgeschlossen.

Geplant war das keinesfalls. Es war die logische Konsequenz, als man, zuverlässig erstmals in Antiochia belegt, Heiden ohne Judentum zum Jesusglauben zuließ, was übrigens vorpaulinisch ist (Paulus als Verursacher aller schlimmen Dinge ist die These derer, die es mit der Lektüre der Bibel nicht so genau nehmen).  Ich vermute, dass man damals mit dem Ansinnen der Heiden, an Jesus zu glauben, einfach überfordert war. Hätte man es ihnen untersagt, dann wäre das Christentum wohl schon früher entstanden, aber als eine Religion, die ihre jüdischen Wurzeln noch konsequenter leugnet.

Wir alle sind vom historischen Jesus nicht geplant gewesen.

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vor 8 Stunden schrieb nannyogg57:

Wir alle sind vom historischen Jesus nicht geplant gewesen.

 

Was Du alles weißt! Hast Du eine Standleitung zu ihm? Rotes Telefon? Beeindruckend! 

 

Ehrlich gesagt finde ich zu Jesu Planungsabsichten in der Hl. Schrift eher wenig. Daraus zu schließen Er hat das alles nicht geplant ist aus Sicht der Logik zumindest interessant. Mit gleicher Logik lässt sich positiv behaupten (Du stellst ja kein Nichtwissen fest, sondern behauptest positiv), Er habe sich nie die Zähne geputzt.

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vor 2 Stunden schrieb rorro:

 

Was Du alles weißt! Hast Du eine Standleitung zu ihm? Rotes Telefon? Beeindruckend! 

 

Ehrlich gesagt finde ich zu Jesu Planungsabsichten in der Hl. Schrift eher wenig. Daraus zu schließen Er hat das alles nicht geplant ist aus Sicht der Logik zumindest interessant. Mit gleicher Logik lässt sich positiv behaupten (Du stellst ja kein Nichtwissen fest, sondern behauptest positiv), Er habe sich nie die Zähne geputzt.

Deiner Logik folgend hat Jesus möglicherweise alles gemacht, was nicht in der Bibel ausdrücklich als Taten Jesu verneint wird.

 

Spannend.

 

Auf der Basis war er vielleicht doch in Indien.

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vor 2 Stunden schrieb rorro:

Ehrlich gesagt finde ich zu Jesu Planungsabsichten in der Hl. Schrift eher wenig.

 

Schön, dass du das so ehrlich sagst! Dann kannst du aber wohl auch nicht sicher und ehrlich sagen, dass Jesus eine neue Religion gründen wollte. Oder? 😉

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vor 16 Stunden schrieb Studiosus:

Im Übrigen ist die Tradition älter als die Schrift. Also ist die Behauptung, diese oder jene Lehre sei nachbiblisch oder erst später hinzu gekommen in dieser Pauschalität nicht zu halten. 

 

Das lässt sich leicht vor allem an liturgischen Schilderungen darstellen: Wenn Paulus, als wohl zeitlich erster Autor des Neuen Testaments, schon die eucharistische Praxis der Gemeinde rezipiert, dann ist diese notwendigerweise älter als die älteste Schrift des Kanons. Und lange - wieder: wenn man die gängigen Datierungen akzeptiert - vor dem Abschluss der Redaktion der Evangelien zu verorten.

 

In diesem Zusammenhang ist die Definition der Offenbarung des Ersten Vatikanums (Dei filius) einschlägig, die ausdrücklich bestätigt, dass die Offenbarung einerseits in der Schrift, andererseits in einer ungeschriebenen Überlieferung enthalten ist, welche die Apostel aus Christi eigenem Munde vernommen haben. Die Schrift enthält nur das unmittelbar Heilsnotwendige, was nicht ausschließt, dass den Aposteln mehr zuteil wurde, als schriftlich festgehalten wurde (vgl. Joh 20,30f.).

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

Das natürlich vollkommen richtig. Und es gibt darauf im NT sehr viele Hinweise (das begeistert den historisch kritischen Exeget geradezu 😌)

 

Ich habe aber bewusst als Startpunkt die schriftliche Überlieferung, so wie sie uns heute in der Form des NT vorliegt gewählt, weil die Betrachtung der dem NT zugrunde liegenden mündlichen Traditionen eher in Aporien oder rechthaberische Diskussionen führt, als dass sie in irgendeiner Weise dazu geeignet wäre, einer sachlichen Diskussion fruchtbare Informationen hinzuzufügen. Wir wissen darüber viel zu wenig, als dass wir mehr als spekulieren könnten.

 

Tradition bedeutet ja nicht "aus der Luft gegriffen", sondern sie stützt sich auch auf historische und theologische Entwicklungen und Fragestellungen. M.E. muss man aber nicht die mündliche Tradition vor der Niederschrift der Bibel bemühen, um über das Bewusstsein Jesu zu diskutieren. Damit würde man eine weitere spekulative Ebene eröffnen, die die Komplexität um die Frage erhöht, ob denn die Urchristen eine göttliches Bewusstsein Jesu bezeugt haben oder nicht. Wir kennen dazu ein Ergebnis, nämlich die Schrift. Und wir kennen hier beispielsweise die Darstellung des Johannesevangeliums, das ohne Frage von einem solchen Bewusstsein ausgeht. Wir kennen aber auch Passagen aus den anderen Evangelien, in denen man nicht unbedingt von einem göttlichen Bewusstsein Jesu ausgehen.

 

Eine theologische Normierung dieses heterogenen Befundes, nämlich dahingehend, dass man von einem göttlichen Bewusstsein auszugehen hat, erfolgte erst in der nachbiblischen Tradition.

 

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vor 14 Stunden schrieb Long John Silver:

 

Ich wuerde da gern noch aus meiner Sich hinzufuegen, dass der Weg zum Christentum nicht erklaerbar ist ohne die Entwicklung im Alten Testament, also den gesamten Prozess, mit dem Gott in die Geschichte eingriff und sie zu einem Punkt fuehrte, an dem Jesus, der  Menschensohn, geboren werden konnte und seine Botschaft verkuenden. Die Kraft dieses langen Prozesses wurde in das Neue Testament und die neue Religionsgemeinschaft mit genommen, sie ist mit ihr Naehrboden. 

 

Es war den Urchristen immer klar, dass sie fest auf dem Boden der Schriften stehen, womit sie immer das gesamte Alte Testament meinten. Es ist damit geradezu offensichtlich, dass Jesu Leben, Lehre und Tod sowie die Erfahrung der Auferstehung im Lichte des Alten Testamentes interpretiert wurde und sich hier die Rede von der Heilsgeschichte geradezu aufdrängte.

 

Wenn man das Thema dieser Diskussion berücksichtigt, dann stellt sich die Frage, in wieweit die Alttestamentliche Tradition dazu beiträgt, zu klären, ob Jesus sich seiner Göttlichkeit bewusst war.

 

Im Alten Testament gibt es verschiedene Vorstellungen über die Personen, durch die Gott rettendes Eingreifen umgesetzt werden kann. Es gibt hier (endzeitliche) Könige, die man der orientalischen Tradition folgend als Söhne Gottes bezeichnet. Das bedeutet normalerweise im Alten Orient (mit lokalen Varianten), dass Könige vor dem Tod besondere Menschen, nach dem Tod aber Götter sind. Ob eine solche Übertragung auf Jesus so glücklich ist, würde ich einmal dahingestellt lassen.

 

Es gibt die Sicht, dass die rettende Person ein Engel (der Menschensohn) ist, vor allem in der apokalyptischen Tradition. Aber auch das würde wohl unserer Rede von Jesus nicht unbedingt entsprechen.

 

Und es gibt Propheten, die zwar nicht diesen endzeitlichen Charakter aufweisen, die sich aber sehr wohl als Werkzeuge Gottes verstehen. Und die Stilisierung Jesu als Prophet findet sich auch im NT.

 

Dann wäre hier die Mosetradition zu sehen. Jesus als neuer Mose, dafür würde die Bergpredigt sprechen, wobei Jesu Selbstbewusstsein als von Gott legitimierte Autorität die seines Vorbildes übertreffen dürfte.

 

Dann bliebe noch der Messias und der Menschensohn.

Messias basiert auf der Vorstellung des endzeitlichen Königs. Während es im Alten Testament darum geht, konkret das Land Israel wieder aufzurichten, ist Jesus als Messias und König sehr viel spiritueller und zum Teil auch globaler gezeichnet. Man kann also sagen, dass die Messiastradition im NT sich anders entwickelt, als die AT Tradition vorgibt.

Der Menschensohn ist ein kniffligeres Thema. Im AT ist es ein Engel, der wie ein Mensch aussieht (ich blende hier bewusst die Anrede Menschensohn für den Profeten Ezechiel aus), im NT aber ist es Jesu Hohheitstitel, der ihn von allen Menschen entrückt. In diesem Titel würde ich das göttliche Bewusstsein am deutlichsten erfasst sehen (wenn man mal vom Johannesevangelium absieht). Aber auch das ist eine Weiterentwicklung der AT Tradition, die die vorgezeichneten Entwicklungslinien überschreitet.

 

Man sieht also, dass das NT in einem produktiven Prozess die AT Traditionen auf Jesus anwendet. Aber das sagt natürlich nichts darüber aus, ob Jesus so über sich selbst gedacht hat oder nicht. Unser Professor für biblische Einleitungswissenschaftern hat uns damals gesagt, er glaube, dass der Menschensohntitel vom historischen Jesus selbst verwendet worden sei, was auf ein göttlcihe Bewusstsein hindeuten würde. Aber, das ist genauso unsicher wie jeder Bezug zum historischen Jesus.

 

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vor 52 Minuten schrieb nannyogg57:

Deiner Logik folgend hat Jesus möglicherweise alles gemacht, was nicht in der Bibel ausdrücklich als Taten Jesu verneint wird.

 

Spannend.

 

Auf der Basis war er vielleicht doch in Indien.

 

Ja, vielleicht auch auf dem Mond!

 

Dann machen wir es doch so: Spekulation nennen wir auch so und stellen keine Behauptungen auf, die als Beleg nur das Fehlen von Belegen gegenseitiger Thesen vorweisen kann.

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vor 52 Minuten schrieb Die Angelika:

 

Schön, dass du das so ehrlich sagst! Dann kannst du aber wohl auch nicht sicher und ehrlich sagen, dass Jesus eine neue Religion gründen wollte. Oder? 😉

 

Stimmt. Habe ich auch nicht. Ich kenne dazu keine Willensäußerung des Herrn. Für mein Leben reichen die Willensäußerungen von Ihm, die niedergeschrieben wurden - damit habe ich mehr als genug zu tun.

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vor 2 Stunden schrieb nannyogg57:

Deiner Logik folgend hat Jesus möglicherweise alles gemacht, was nicht in der Bibel ausdrücklich als Taten Jesu verneint wird.

 

Spannend.

 

Auf der Basis war er vielleicht doch in Indien.

Und er hatte doch Sex mit Maria Magdalena ;) 

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vor 2 Stunden schrieb rorro:

 

Ja, vielleicht auch auf dem Mond!

 

Dann machen wir es doch so: Spekulation nennen wir auch so und stellen keine Behauptungen auf, die als Beleg nur das Fehlen von Belegen gegenseitiger Thesen vorweisen kann.

Was erwartest du? Eine Bibelstelle, die lautet: "Übrigens, gründet keine Kirche!"?

 

Es gibt so was wie Wahrscheinlichkeit. Dass der historische Jesus so etwas wie die RKK geplant hätte, ist unwahrscheinlich.

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Dann nutz dieses Wort.

 

"Wir alle sind vom historischen Jesus nicht geplant gewesen."

 

klingt deutlich anders als "wahrscheinlich".

 

Was ich also erwarte? Richtiges Sprache, mehr nicht.

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vor 51 Minuten schrieb nannyogg57:

Es gibt so was wie Wahrscheinlichkeit. Dass der historische Jesus so etwas wie die RKK geplant hätte, ist unwahrscheinlich.

 

Aber warum denn? Er hat doch auch Wein zu Wasser gewandelt!

Ach ne, sorry, das war ja umgekehrt. 🙂

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