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Bald sind wir vorne


rorro

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In den letzten Jahrzehnten waren wir, von wenigen Ausnahmen abgesehen, immer hinter der EKD. Doch jetzt scheint es die katholische Kirche in Deutschland endlich zu schaffen und sich an die Spitze zu stellen - bei den

 

Kirchenaustritten.

 

Das Bistum Münster vermutet für 2018 einen Anstieg von fast 50%.

 

Für andere Bistümer werden ähnliche Zahlen erwartet.

 

Zusammen mit dem "Überhang" an Sterbefällen verglichen mit Taufen und der (verschwindend geringen) Zahl an Aufnahmen hatte in den letzten Jahren die Kirche jährlich rund 1% weniger Mitglieder. Das wird jetzt auf vielleicht 1,5% ansteigen.

 

In einigen Jahren werden die nominellen Christen in Deutschland die Minderheit sein, die orthodoxen und freikirchlichen werden diesen Zustand etwas aufhalten, aber nicht verhindern können.

 

Mich persönlich stört das jetzt nicht so arg wegen irgendwelcher Privilegien und institutionalisierter Einflußnahme, die ich eh am liebsten abgeschafft sähe. Viele der christlichen Errungenschaften (die die Kirche oft erst spät verstand) sind säkular voll akzeptiert, daher mache ich mir nicht allzu viele SOrgen. Was allerdings noch mehr zunehmen wird als schon bislang (falls das noch möglich ist), ist eine Form des praktischen Utilitarismus, bei der die Stärkeren immer gewinnen werden. Die Absolutheit von Werten wird zunehmend verschwinden.

 

Was sind Eure Erwartungen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre? Nicht in Austrittszahlen, sondern in Folgen derer. Sowohl intra- wie extrakirchlich.

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vor 10 Stunden schrieb rorro:

Die Absolutheit von Werten wird zunehmend verschwinden.

 

Die „Absolutheit von Werten“ gab es auch früher nicht, nur die Illusion davon, und die  , die sich für stärker hielten, aber meistens nur die Rücksichtsloseren waren, haben sich auch früher durchgesetzt, zumindest kurzfristig. Was zunimmt, ist die Notwendigkeit, unterschiedliche Interessen zu verhandeln. Das muß kein Nachteil sein.

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vor 14 Minuten schrieb Xamanoth:

„Praktischer Utilitarismus“ hat nichts mit dem Recht des Störkeren zu tun.

 

Nein, es ist vielmehr die Illusion, man wäre in der Lage, den „Gesamtnutzen“ von etwas zu bestimmen, und das wäre zufällig identisch mit den eigenen Wünschen, so eine Art „Volonté générale“ für geistig Arme.

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vor 11 Stunden schrieb rorro:

Was sind Eure Erwartungen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre? Nicht in Austrittszahlen, sondern in Folgen derer. Sowohl intra- wie extrakirchlich.

Etwa um 2004 tingelte Thomas von Mitschke-Collande mit Zahlen durch die Republik, die exakt das prognostiziert haben, was nun eintritt (sogar seine Zeitfenster waren erstaunlich präzise): Er hatte im Grunde nur zwei Zahlen kombiniert: der von den Leuten gesehenen Reformbedarf in der Kirche verbunden mit der Erwartung, dass sich etwas ändern werde. Wo das erste hoch und das zweite niedrig war, da werden die Kirchenaustrittszahlen ansteigen, Spitzenreiter werden Münster und Bamberg werden, denn da sei die Schere am größten.

 

Demnach liegen die Ursachen für dieses Phänomen weit vor der Mißbrauchskrise und den aktuellen Strukturprozessen. Ich denke jedoch nicht, dass sich in der Kirchenleitung jemand entsprechende Gedanken machen wird, insofern wird das so weiter gehen. 

 

Innerkirchlich machen die Leute mehr und mehr das, was sie eben machen wollen, und lassen Pfarrer und Bischof einen guten Mann sein. Bis einer der beiden meint, sich einmischen zu müssen - dann gehen sie und kommen nicht wieder.

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Noch einmal zu den Kirchenaustritten gerade in Münster, die sich doch jüngst erst einen Kirchentag umfangreich von der Öffentlichkeit habe sponsorn lassen. Vielleicht wäre etwas mehr Bescheidenheit im öffentlichen Auftreten angesagt. 

 

Viel interessanter scheint mir, daß sich 40% der Katholiken einen Austritt vorstellen können, was noch mal eine ganz andere Hausnummer ist. Vielleicht kommt da ja etwas ins Rutschen, was viel größer ist. Menschen sind nämlich Herdentiere.

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

 Was zunimmt, ist die Notwendigkeit, unterschiedliche Interessen zu verhandeln. Das muß kein Nachteil sein.

Das ist ein ganz gravierender Nachteil. Eine Gesellschaft in der permanent verhandelt wird ist nicht mehr stabil, da alles jederzeit zur Disposition steht.

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Das ist ein ganz gravierender Nachteil. Eine Gesellschaft in der permanent verhandelt wird ist nicht mehr stabil, da alles jederzeit zur Disposition steht.

 

Es wird ja nicht permanent alles verhandelt! Das ist doch eine Illusion! In den allermeisten Dingen sind sich die allermeisten Menschen über die meiste Zeit eigentlich einig. Und in den übrigen Fällen hat Basta noch nie geholfen. ;)

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vor 10 Minuten schrieb Flo77:

Das ist ein ganz gravierender Nachteil. Eine Gesellschaft in der permanent verhandelt wird ist nicht mehr stabil, da alles jederzeit zur Disposition steht.

Nun, NICHTS ist einfach so selbstverständlich und begründungsfrei gegeben. Ein Wert, der nicht argumentativ hergeleitet werden kann existiert faktisch nicht.

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vor 11 Minuten schrieb Xamanoth:

Nun, NICHTS ist einfach so selbstverständlich und begründungsfrei gegeben. Ein Wert, der nicht argumentativ hergeleitet werden kann existiert faktisch nicht.

Das habe ich auch nicht behauptet. Aber eine Gesellschaft braucht in paar Grundwerte, die schlicht unverhandelbar sein müssen und auf denen alles weitere aufbaut.

 

Dazu gehört - um bei Rousseau zu bleiben - z.B. der Tausch des Rechts des Stärkeren gegen das Gewaltmonopol des Staates, der Tausch des gleichen Rechts gegen die Anerkennung des Rechts auf Eigentum, der Tausch der Unabhängigkeit gegen die Sicherheit der sozialen Absicherung durch die Gruppe.

 

Aber das sind ja nur die Einstiegsvereinbarungen - da kommt ja noch ein ganzer Satz an Regeln für das Zusammenleben zu und nur ein Teil davon ist "verhandelbar" in dem Sinne, als das man darüber situativ diskutieren könnte.

bearbeitet von Flo77
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vor 44 Minuten schrieb Xamanoth:

Nun, NICHTS ist einfach so selbstverständlich und begründungsfrei gegeben. Ein Wert, der nicht argumentativ hergeleitet werden kann existiert faktisch nicht.

 

Das halte ich für einen Irrtum. Werte existieren ganz praktisch, weil Menschen sich darauf geeinigt haben, ob sich das nun jeweils begründen läßt oder nicht. Und so ändern sich Werte auch, wie sich auch Gesellschaften verändern. Meistens ergeben sich Werte aus den Lebensbedingungen der Menschen, und so wie die sich ändern sich auch deren Werte. Begründungen sind meistens etwas, was sich für klug haltende Köpfe nachträglich so einfallen lassen. Marx nannte das Überbau. ;)

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vor 37 Minuten schrieb Flo77:

Das habe ich auch nicht behauptet. Aber eine Gesellschaft braucht in paar Grundwerte, die schlicht unverhandelbar sein müssen und auf denen alles weitere aufbaut.

 

Dazu gehört - um bei Rousseau zu bleiben - z.B. der Tausch des Rechts des Stärkeren gegen das Gewaltmonopol des Staates, der Tausch des gleichen Rechts gegen die Anerkennung des Rechts auf Eigentum, der Tausch der Unabhängigkeit gegen die Sicherheit der sozialen Absicherung durch die Gruppe.

 

Aber das sind ja nur die Einstiegsvereinbarungen - da kommt ja noch ein ganzer Satz an Regeln für das Zusammenleben zu und nur ein Teil davon ist "verhandelbar" in dem Sinne, als das man darüber situativ diskutieren könnte.

 

Das Verhandeln findet ja auch nicht in der konkreten Situation statt, sondern dann, wenn ein Problem für viele Leute dringend wird. Vordergründig gegen solche Debatten um Gesetze, meistens aber stecken geänderte Lebensbedingungen dahinter. 

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Ich fürchte, die schleichende "Entkirchlichung" hat ihre Ursachen weit vor unserer Zeit, nämlich in der Zeit des Kirchenkampfes, also Ende des 19. Jahrhunderts. Und sie hat ihre tatsächlichen Ursachen nicht darin, dass ein Papst, der durch die Staatsgründung Italiens traumatisiert wurde, durchgeknallt ist und auf der anderen Seite der böse Bismarck zeigen wollte, wo der Bartel den Moschd holt. Sondern sie hat ihre Gründe darin, dass der faktische Untergang des Kirchenstaates schlicht möglich war und auch umgesetzt wurde. In einer streng arbeitsteiligen Gesellschaft, in der sich langsam aber sicher der Tribalismus auflöst, tun sich schwerfällige kirchliche Strukturen, die letztlich mit 50 Jahren Verspätung den "Zeitgeist" (was das auch immer sei) umsetzen, immer schwerer. Bereits damals gab es Priestermangel, bereits damals gab es Rückgänge in den Kirchenbesuchen, wo man es sich gesellschaftlich leisten konnte. 

 

Das passt auch mit der (allerdings mir nur ohne Quellen bekannten) Statistik zusammen, dass in Europa ein mehrheitlicher Glaube daran, dass Gott im christlichen Verständnis tatsächlich existiert, nur noch in den Schwellenländern Georgien und Armenien vorkommt - zwei Staaten, die zum einen um ein fundamentales Staatsgebiet ringen (Georgien im Hinblick auf Südossetien und Abkhazien, Armenien im Hinblick auf Nagorno-Karabach / Artsakh sowie die an die Türkei verlorenen Gebiete) und die zum anderen beide unter einer Deindustrialisierung leiden, die zu unzählbar hohen Arbeitslosenraten führen. Das sind fundamentale Bedrohungen, gerade für Staaten, die ihre Staatlichkeit erst vor nicht mal 30 Jahren gewonnen haben.

 

Zu der Befürchtung von Flo: Es gibt Länder, die sind traditionell sehr wenig kirchlich: Tschechien, Niederlande, Kanada, mit Einschränkungen: Australien. Das sind alles keine Länder mit schwieriger Gesellschaftsstruktur. Offensichtlich ist man in der Lage, sich auch in problematischen Fragen auf durchaus nicht unmoralische oder gar unmenschliche Kompromisse zu einigen. Was zeigt, dass man nicht unbedingt eine Kirche mit einem inzwischen arg wackeligen Naturrechtsbegriff benötigt, um eine lebenswerte Gesellschaft aufzubauen.

 

Ich sehe ja inzwischen auch in meiner Kirche die Entkirchlichungstendenzen - trotz gleichbleibender bzw. ganz leicht steigender Mitgliederzahlen und trotz einer - platt ausgedrückt - ziemlich offenen Theologie und vielen Mitsprache- und Mitmachmöglichkeiten. Wir hatten bei einigen Beitritten bereits vor dem Beitritt die Aussage des Beitretenden, dass er wohl nie im Gottesdienst auftauchen werde, aber die Kirchenmitgliedschaft für sich selber benötigen würde - und dafür auch bereit ist, Kirchensteuer zu zahlen. 

 

Was soll ich nun davon denken? Ich weiß es nicht. Was denke ich von Schwerkraft? Das ist eine Entwicklung, die kommt einfach. Und wir alle - innerhalb oder außerhalb der Kirchen - werden damit leben. Ich vermute sogar, dass wir alle - Christen oder nicht - damit ganz gut leben werden. Unsere Gesellschaft besteht immerhin aus Menschen. Zum einen vertraue ich ganz grundsätzlich den Mehrheitsentscheidungen unserer Gesellschaft (jawoll, trotz Brexit und Merkel), zum anderen kenne ich zwar ziemlich viele ausgeprägte Atheisten, ich kenne allerdings keinen davon, der eine ausgeprägt un- bzw. antimoralische Vorstellung hätte. In der Sicht unterscheiden sie sich nicht von den Christen, die ich kenne.

 

Insofern habe ich persönlich keine Angst vor dieser Entwicklung

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vor 2 Stunden schrieb Lothar1962:

Zu der Befürchtung von Flo: Es gibt Länder, die sind traditionell sehr wenig kirchlich: Tschechien, Niederlande, Kanada, mit Einschränkungen: Australien. Das sind alles keine Länder mit schwieriger Gesellschaftsstruktur. Offensichtlich ist man in der Lage, sich auch in problematischen Fragen auf durchaus nicht unmoralische oder gar unmenschliche Kompromisse zu einigen. Was zeigt, dass man nicht unbedingt eine Kirche mit einem inzwischen arg wackeligen Naturrechtsbegriff benötigt, um eine lebenswerte Gesellschaft aufzubauen.

Zum einen habe ich nicht behauptet, daß die Kirche die einzige Garantin eines stabilen Wertesystems ist. Sie ist nur diejenige, die das für Europa über 1500 Jahre lang leisten konnte bzw. geleistet hat.

 

Darüber hinaus halte ich z.B. die Niederlande nicht für stabil und erst recht nicht für fortschrittlich geschweige denn für erstrebenswert. Euthanasie, Abtreibung, Zuwanderung, etc. Alles Punkte die ich für ziemlich kritisch halte, weil sich dort eine Haltung gegenüber dem menschlichen Leben manifestiert, die ich nicht teile. Nun gut, das allein ist noch nicht wirklich ein Argument, zumal ich selbst ja im Grunde der Meinung bin, es braucht keine Gesetze, wenn die Gesellschaft einen ordentlichen Kodex teilt. In den Niederlanden hat die "Toleranz" (die selbst unter Niederländern mittlerweile eher den Ruf des gepflegten Desinteresses und der zelebrierten Ignoranz hat) eine derartige Tradition, die dazu geführt hat, daß Amsterdam heute als die am wenigstens Niederländische Stadt des Landes empfunden wird. D.h. letztlich, daß alles, was nicht gesetzlich verboten ist auch gemacht wird.

 

Ich habe große Zweifel, daß eine solche Gesellschaft überlebensfähig ist. Nicht aus eigener Schuld sondern aufgrund der nicht vorhandenen Widerstandskraft gegenüber Einflüssen von außen.

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vor 5 Minuten schrieb Flo77:

Ich habe große Zweifel, daß eine solche Gesellschaft überlebensfähig ist. Nicht aus eigener Schuld sondern aufgrund der nicht vorhandenen Widerstandskraft gegenüber Einflüssen von außen.

 

Ich habe eher den Eindruck, daß du mit dem Bedeutungsverlust deiner Kirche nicht fertig wirst. Damit bist du allerdings 500 Jahre zu spät. 

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Es mag sicherlich auch damit zusammenhängen, daß ich eine christliche Gesellschaft oder wenigstens eine Gesellschaft aus christlicher Tradition einer islamischen oder einer aus islamischer Tradition grundsätzlich vorziehe.

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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Es mag sicherlich auch damit zusammenhängen, daß ich eine christliche Gesellschaft oder wenigstens eine Gesellschaft aus christlicher Tradition einer islamischen oder einer aus islamischer Tradition grundsätzlich vorziehe.

 

Ja, das ist bekannt. Du bist bei der Propagierung deiner Wunsch- und Angstträume durchaus nicht leise gewesen. Aber es müßte auch dir mittlerweile aufgefallen sein, daß Islam und Islamismus sich auf der Verliererstraße befinden.

 

Wenn du dir Sorgen machen willst, dann um die Rolle Chinas in der Welt von morgen. Das Christentum, ebenso wie die anderen monotheistischen Religionen, hat schon lange keine kreative Kraft mehr. Überall dort, wo sie noch beherrschenden Einfluß haben, lassen sie ihre Gesellschaften zurückfallen. 

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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

Wenn du dir Sorgen machen willst, dann um die Rolle Chinas in der Welt von morgen. Das Christentum, ebenso wie die anderen monotheistischen Religionen, hat schon lange keine kreative Kraft mehr. Überall dort, wo sie noch beherrschenden Einfluß haben, lassen sie ihre Gesellschaften zurückfallen. 

Ich sehe den Islam nicht wirklich auf dem absteigenden Ast, aber Du willst jetzt nicht wirklich China als Vorbild für die ideale Gesellschaft der Zukunft vorstellen?

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Ich sehe den Islam nicht wirklich auf dem absteigenden Ast, aber Du willst jetzt nicht wirklich China als Vorbild für die ideale Gesellschaft der Zukunft vorstellen?

 

„Vorbild“ und „ideale Gesellschaft der Zukunft“ sind moralische Kategorien. Man könnte es auch Weinerlichkeit nennen. Ich rede einfach von machtpolitischen Tatsachen. 1,5 Mrd. Chinesen bilden einfach einen im Moment unschlagbaren Wirtschaft- und Herrschaftsraum.

 

Die Chinesen sind auch mittlerweile technologisch führend. Die US-Amerikaner demontieren sich selbst, und Europa ist längst machtpolitisch ein Zwerg, und technologisch auf vielen Gebieten nur noch drittklassig. Und da kommst du mit einer Kirche, die nicht einmal mit ihren eigenen Problemen fertig wird.

 

Gerade lief auf 3sat ein interessanter Beitrag über die neue Seidenstraße. Deren Zukunftsprognose für Europa: Fremdenverkehrsregion vor historischer Kulisse für reiche Asiaten, ein Bild, das an vielen Orten schon heute zu bestaunen ist. 

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vor 40 Minuten schrieb Flo77:

Sie ist nur diejenige, die das für Europa über 1500 Jahre lang leisten konnte bzw. geleistet hat.

Wenn ich mir das Europa der letzten 1500 Jahre anschaue und mit der Zeit vergleiche, die wir erleben, seit die Kirchen an Bedeutung verlieren... dann ist die behauptete 'Leistung' keine, mit der man prahlen könnte.

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vor 19 Stunden schrieb rorro:

Zusammen mit dem "Überhang" an Sterbefällen verglichen mit Taufen und der (verschwindend geringen) Zahl an Aufnahmen hatte in den letzten Jahren die Kirche jährlich rund 1% weniger Mitglieder. Das wird jetzt auf vielleicht 1,5% ansteigen.

Da der jährliche Schwund um 1% im Wesentlichen aus der Differenz zwischen Taufen und Sterbefällen beruht wird auch eine gestiegene Austrittszahl daran nichts ändern. 50% mehr Kirchenaustritte bedeutet noch lange keinen um 50% gestiegenen Mitgliederschwund.

Wenn der ansteigt, dann eher, weil in Zukunft die Zahl der Kindertaufen nochmal deutlich sinken wird. Da kommen geburtenschwache Jahrgänge und der Kirche entfremdete zukünftige Eltern zusammen. Und irgendwann kommen auch die geburtenstarken Jahgänge ins Sterbealter...

 

Vor einer Weile ist eine Bekannte von mir zur katholischen Kirche konvertiert. Dazu musste sie zunächst aus der evangelischen Kirche austreten. Taucht die in der Statistik der (evangelischen) Kirchenaustritte und (katholischen) Kircheneintritte auf? Wobei das ja kein 'Wieder'Eintritt war. Oder sind Konversionen zahlenmäßig bedeutungslos?

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vor 46 Minuten schrieb Moriz:

Oder sind Konversionen zahlenmäßig bedeutungslos?

Ja. Promillebereich.

bearbeitet von gouvernante
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vor 11 Stunden schrieb Xamanoth:

„Praktischer Utilitarismus“ hat nichts mit dem Recht des Störkeren zu tun.

 

In der Theorie nicht, aber faktisch schon - denn wenn es widerstreitende Interessen gibt, gewinnt eben der Stärkere und kann seinen maximalen Nutzen bekommen.

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vor 6 Stunden schrieb Lothar1962:

Ich fürchte, die schleichende "Entkirchlichung" hat ihre Ursachen weit vor unserer Zeit, nämlich in der Zeit des Kirchenkampfes, also Ende des 19. Jahrhunderts. Und sie hat ihre tatsächlichen Ursachen nicht darin, dass ein Papst, der durch die Staatsgründung Italiens traumatisiert wurde, durchgeknallt ist und auf der anderen Seite der böse Bismarck zeigen wollte, wo der Bartel den Moschd holt. Sondern sie hat ihre Gründe darin, dass der faktische Untergang des Kirchenstaates schlicht möglich war und auch umgesetzt wurde. In einer streng arbeitsteiligen Gesellschaft, in der sich langsam aber sicher der Tribalismus auflöst, tun sich schwerfällige kirchliche Strukturen, die letztlich mit 50 Jahren Verspätung den "Zeitgeist" (was das auch immer sei) umsetzen, immer schwerer. Bereits damals gab es Priestermangel, bereits damals gab es Rückgänge in den Kirchenbesuchen, wo man es sich gesellschaftlich leisten konnte. 

 

Das passt auch mit der (allerdings mir nur ohne Quellen bekannten) Statistik zusammen, dass in Europa ein mehrheitlicher Glaube daran, dass Gott im christlichen Verständnis tatsächlich existiert, nur noch in den Schwellenländern Georgien und Armenien vorkommt - zwei Staaten, die zum einen um ein fundamentales Staatsgebiet ringen (Georgien im Hinblick auf Südossetien und Abkhazien, Armenien im Hinblick auf Nagorno-Karabach / Artsakh sowie die an die Türkei verlorenen Gebiete) und die zum anderen beide unter einer Deindustrialisierung leiden, die zu unzählbar hohen Arbeitslosenraten führen. Das sind fundamentale Bedrohungen, gerade für Staaten, die ihre Staatlichkeit erst vor nicht mal 30 Jahren gewonnen haben.

 

Zu der Befürchtung von Flo: Es gibt Länder, die sind traditionell sehr wenig kirchlich: Tschechien, Niederlande, Kanada, mit Einschränkungen: Australien. Das sind alles keine Länder mit schwieriger Gesellschaftsstruktur. Offensichtlich ist man in der Lage, sich auch in problematischen Fragen auf durchaus nicht unmoralische oder gar unmenschliche Kompromisse zu einigen. Was zeigt, dass man nicht unbedingt eine Kirche mit einem inzwischen arg wackeligen Naturrechtsbegriff benötigt, um eine lebenswerte Gesellschaft aufzubauen.

 

Ich sehe ja inzwischen auch in meiner Kirche die Entkirchlichungstendenzen - trotz gleichbleibender bzw. ganz leicht steigender Mitgliederzahlen und trotz einer - platt ausgedrückt - ziemlich offenen Theologie und vielen Mitsprache- und Mitmachmöglichkeiten. Wir hatten bei einigen Beitritten bereits vor dem Beitritt die Aussage des Beitretenden, dass er wohl nie im Gottesdienst auftauchen werde, aber die Kirchenmitgliedschaft für sich selber benötigen würde - und dafür auch bereit ist, Kirchensteuer zu zahlen. 

 

Was soll ich nun davon denken? Ich weiß es nicht. Was denke ich von Schwerkraft? Das ist eine Entwicklung, die kommt einfach. Und wir alle - innerhalb oder außerhalb der Kirchen - werden damit leben. Ich vermute sogar, dass wir alle - Christen oder nicht - damit ganz gut leben werden. Unsere Gesellschaft besteht immerhin aus Menschen. Zum einen vertraue ich ganz grundsätzlich den Mehrheitsentscheidungen unserer Gesellschaft (jawoll, trotz Brexit und Merkel), zum anderen kenne ich zwar ziemlich viele ausgeprägte Atheisten, ich kenne allerdings keinen davon, der eine ausgeprägt un- bzw. antimoralische Vorstellung hätte. In der Sicht unterscheiden sie sich nicht von den Christen, die ich kenne.

 

Insofern habe ich persönlich keine Angst vor dieser Entwicklung

 

Ich sehe das mittlerweile ähnlich, früher habe ich Flos Bedenken geteilt. Faktisch ist es ja, so, daß der postmoderne Wertekanon von der weit überwiegenden Mehrheit der hiesigen Christen geteilt wird, insofern spielt deren Kirchenzugehörigkeit diesbezüglich keine Rolle.

Allerdings geht die Einschätzung fehl bzgl. nur Armenien und Georgien. Von dem EU-Land Rumänien bin ich sehr sicher, daß auch dort dieser Glaube mehrheitlich vertreten wird, gleiches vermute ich von Polen (noch) und bspw. der Slowakei (die ganz anders tickt als Tschechien diesbezüglich).

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vor 11 Stunden schrieb Chrysologus:

Etwa um 2004 tingelte Thomas von Mitschke-Collande mit Zahlen durch die Republik, die exakt das prognostiziert haben, was nun eintritt (sogar seine Zeitfenster waren erstaunlich präzise): Er hatte im Grunde nur zwei Zahlen kombiniert: der von den Leuten gesehenen Reformbedarf in der Kirche verbunden mit der Erwartung, dass sich etwas ändern werde. Wo das erste hoch und das zweite niedrig war, da werden die Kirchenaustrittszahlen ansteigen, Spitzenreiter werden Münster und Bamberg werden, denn da sei die Schere am größten.

 

Demnach liegen die Ursachen für dieses Phänomen weit vor der Mißbrauchskrise und den aktuellen Strukturprozessen. Ich denke jedoch nicht, dass sich in der Kirchenleitung jemand entsprechende Gedanken machen wird, insofern wird das so weiter gehen. 

 

Innerkirchlich machen die Leute mehr und mehr das, was sie eben machen wollen, und lassen Pfarrer und Bischof einen guten Mann sein. Bis einer der beiden meint, sich einmischen zu müssen - dann gehen sie und kommen nicht wieder.

 

Das mag auch stimmen, setzt den Fokus allerdings sehr auf die irgendwie noch mit der Kirche Verbundenen. Allen Umfragen gemäß ist aber der Austritt mehrheitlich das Ergebnis einer langen Entfremdung. Und das Desinteresse setzt da schon früh ein.

Ich denke auch, daß man in Münster nur früh veröffentlicht, vielleicht wollen andere Bistümer nicht im Rampenlicht stehen. Wird da nicht anders sein.

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