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Politik für Alle


mn1217

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vor 4 Minuten schrieb Higgs Boson:

 

Mein Mann hat Agrarwirtschaft mit Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaft studiert. Ich war komplett verblüfft in seiner Studienliteratur "Das Kapital" vorzufinden. Woraufhin er mir erklärte, dass der gute Mann sehr recht habe. Daraufhin habe ich ihn geheiratet. Meinen Mann, nicht Marx.

 

Ich selber kannte Marx von vorne bis hinten, nachdem ich in Ethik eine Nachprüfung über den dialektischen Materialismus schreiben musste, weil ich aus dem Religionsunterricht ausgetreten war. Wenig hat mein Denken stärker beeinflußt als seine Ideen.

 

Wie schön! Erklärt nur nicht, warum alle Versuche, Marxismus in praktische Politik umzusetzen, jämmerlich gescheitert sind. 

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40 minutes ago, Marcellinus said:

 

Wie schön! Erklärt nur nicht, warum alle Versuche, Marxismus in praktische Politik umzusetzen, jämmerlich gescheitert sind. 

Das ist wie beim Klimawandel. Dass er stattfindet und seine Auswirkungen sind wissenschaftlich durchaus belegbar. Die Heilsrezepte dagegen sind aber ziemlich fragwürdig. 
 

Werner

bearbeitet von Werner001
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vor 43 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Wie schön! Erklärt nur nicht, warum alle Versuche, Marxismus in praktische Politik umzusetzen, jämmerlich gescheitert sind. 

 

Marx war wie schon @helmut gesagt hat, Analytiker. Er beschreibt Mechanismen.

 

Schwachpunkt seiner Lösungen: es müssten alle mitmachen. Es funktioniert recht gut im Kleinen, sobald allerdings die Identifikation mit der Gruppe endet, versagt das System am Egoismus. Allerdings hat Marx auch das vorausgesehen...

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vor 20 Minuten schrieb Higgs Boson:

 

Marx war wie schon @helmut gesagt hat, Analytiker. Er beschreibt Mechanismen.

 

Schwachpunkt seiner Lösungen: es müssten alle mitmachen. Es funktioniert recht gut im Kleinen, sobald allerdings die Identifikation mit der Gruppe endet, versagt das System am Egoismus. Allerdings hat Marx auch das vorausgesehen...

 

Nein, der Schwachpunkt bei Marx ist schon die monokausale Analyse. Der Marxismus ist nun mal keine Wissenschaft, sondern eine Geschichts- und Sozialphilosophie, die ihre Herkunft aus dem 19. Jh. nicht verleugnen kann.

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vor 3 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Nein, der Schwachpunkt bei Marx ist schon die monokausale Analyse. Der Marxismus ist nun mal keine Wissenschaft, sondern eine Geschichts- und Sozialphilosophie, die ihre Herkunft aus dem 19. Jh. nicht verleugnen kann.

 

Also durchaus eher ein Moralist? Die Analysen zu kapitalistischen Marktmechanismen sind schon ganz interessant, die Geschichtsdialektik aber eher eine a-theistische Religion inkl. Teleologie zum "Paradies".

Blöderweise wurde das revolutionäre Fegefeuer auch auf die Erde verlegt und hat dabei ein paar dutzend Millionen bourgeoise Sünder verbrutzelt.

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vor 2 Stunden schrieb Higgs Boson:

 

Marx war wie schon @helmut gesagt hat, Analytiker. Er beschreibt Mechanismen.

 

Schwachpunkt seiner Lösungen: es müssten alle mitmachen. Es funktioniert recht gut im Kleinen, sobald allerdings die Identifikation mit der Gruppe endet, versagt das System am Egoismus. Allerdings hat Marx auch das vorausgesehen...

Und worin äußert sich die Identifikation mit der Gruppe?

 

Richtig: Sprache, Ritual, Mythik...

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Marx erklärte die Geschichte als eine Geschichte von Klassenkämpfen um den Besitz der Produktionsmittel. Ausgehend von den realen Auseinandersetzungen zwischen bürgerlichen Fabrikbesitzern und der Klasse der Industriearbeiter entwickelte er eine Theorie langfristiger sozialer Prozesse, in der er einem Teilaspekt der Gesellschaft, der Ökonomie, die Rolle des Motors der sozialen Entwicklung zuwies. 

 

Nach seiner Ansicht bestimmte die Entwicklung der Produktivkräfte die Entwicklung der Gewaltmittel ebenso wie die Wissensproduktion und den psychosozialen Habitus der einzelnen Menschen, oder kurz gesagt: das (ökonomische) Sein bestimmt das Bewußtsein.  

 

Damit behauptete die marx‘sche Theorie, daß die Geschichte gewissermaßen bewußtlos verlaufe, ausschließlich bestimmt von ökonomischen Triebkräften, mithin deterministisch und zielgerichtet hin auf einen als Ideal verstandenen Endzustand, an dem die gesellschaftlichen Widersprüche, die bisher die Geschichte angetrieben hätten, aufgelöst seien.

 

Einen Fortschritt gegenüber den Gesellschaftstheorien der damaligen Zeit stellte die Marx‘sche Theorie insofern dar, als sie diese vom „Kopf auf die Füße“ stellte, indem sie weg kam von der Erklärung des Geschichtsverlaufes aus den Absichten und Handlungen einzelner mächtiger Männer (und gelegentlich Frauen). Ein  Fortschritt war weiterhin die Berücksichtigung der Ökonomie, im Unterschied zur vorherigen Dynastie- und Militärgeschichte. Und schließlich stellte es einen der ersten Versuche einer Prozeßgeschichte dar, der Versuch, theoretische Modelle zu erstellen, die erklären sollten, warum die Geschichte so verlaufen war, wie sie verlaufen war.

 

Ihre Mägel hat die Theorie, wo sie einem einzigen Aspekt menschlicher Gesellschaften, der Ökonomie, den absoluten Vorrang einräumt gegenüber allen anderen. Marx behauptete damit gewissermaßen das soziale Ideal des wirtschaftlichen Liberalismus, dem „Nachtwächerstaat“, als eine soziale Tatsache, als wenn es nicht auch zu seiner Zeit noch ganz andere Machtgewichte außer der Ökonomie gegeben hätte.

 

Was er vollends ausblendete in seiner Theorie ist der Einfluß der Entwicklung von Gewalt- und Orientierungsmitteln auf den Verlauf gesellschaftlicher Prozesse, sowie die Bedeutung von Stammes- und Staatenbildungen, die zum für ihn allesamt zu einem sekundären „Überbau“ werden.

 

In seinem philosophischen Wahrheitsanspruch, seinem teleologischen Weltbild, der Reduzierung aller sozialen Prozesse auf die Ökonomie, dem Ignorieren, ja Leugnen jeder anderen Machtquelle als der ökonomischen, und der völlig ungeklärten Rolle des Wissens und Bewußtseins der Menschen liegen die Gründe, warum man die marx’sche Theorie heute als Fehltheorie bezeichnen muß, sowie die tiefere Ursache für die Gewalttätigkeit wie das Scheitern der marxistischen Bewegungen.

 

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vor 4 Stunden schrieb Higgs Boson:

 

Mein Mann hat Agrarwirtschaft mit Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaft studiert. Ich war komplett verblüfft in seiner Studienliteratur "Das Kapital" vorzufinden. Woraufhin er mir erklärte, dass der gute Mann sehr recht habe. Daraufhin habe ich ihn geheiratet. Meinen Mann, nicht Marx.

 

Ich selber kannte Marx von vorne bis hinten, nachdem ich in Ethik eine Nachprüfung über den dialektischen Materialismus schreiben musste, weil ich aus dem Religionsunterricht ausgetreten war. Wenig hat mein Denken stärker beeinflußt als seine Ideen.

Wenn man Marx als gesellschaftskritischen Beitrag zur Volkswirtschaftslehre ließt, kann man von Marx auch viel lernen. Aber dann soll man auch die berechtigten Kritiken von von Hayek und anderen dazu lesen. Wenn man Marx jedoch zum Säulenheiligen macht, ohne seine nachweislichen Irrtümer als solche zur Kenntnis zu nehmen, sehe ich nicht, wie Marx hier nützlich sein soll.

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vor 4 Stunden schrieb Higgs Boson:

 

Marx war wie schon @helmut gesagt hat, Analytiker. Er beschreibt Mechanismen.

 

Schwachpunkt seiner Lösungen: es müssten alle mitmachen. Es funktioniert recht gut im Kleinen, sobald allerdings die Identifikation mit der Gruppe endet, versagt das System am Egoismus. Allerdings hat Marx auch das vorausgesehen...

Das Problem von Marx ist nicht nur der Egoismus. Er hat auch den Wandel der menschlichen Bedürfnisse nicht berücksichtigt. In einem freien Markt kann man auf die Änderung der Bedürfnisse mit Preisanpassung reagieren. Eine Zentralverwaltungswirtschaft ist dafür zu unflexibel. Selbst wenn alle die höchsten Ideale hätten, würde das darum auch nicht funktionieren.

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vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Nein, der Schwachpunkt bei Marx ist schon die monokausale Analyse. Der Marxismus ist nun mal keine Wissenschaft, sondern eine Geschichts- und Sozialphilosophie, die ihre Herkunft aus dem 19. Jh. nicht verleugnen kann.

Zwischen Marx und Marxismus würde ich aber noch unterscheiden. Marx' Schriften können als volkswirtschaftlicher Beitrag seiner Zeit durchaus von Interesse sein. Dabei muss man aber zur Kenntnis nehmen, dass sich das Rad der Geschichte weiter gedreht hat. Und dass es andere neuere Volkswirte gibt, die weit konstruktiveres geschrieben haben als Marx. Der Marxismus, der Marx zum Säulenheiligen macht und behauptet, Gesellschaft müsse nach den Ideen von Karl Marx gestaltet werden, ist tatsächlich eine Geschichts- und Sozialphilosophie.

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vor 9 Minuten schrieb duesi:

 Der Marxismus, der Marx zum Säulenheiligen macht und behauptet, Gesellschaft müsse nach den Ideen von Karl Marx gestaltet werden, ist tatsächlich eine Geschichts- und Sozialphilosophie.

Laut Marx braucht es keine Marxisten, die die Gesellschaft gestalten, weil die von ihm beschriebene Entwicklung angeblich unausweichlich ist. Das Absurde an den Marxisten ist dass sie erfolglos versuchen, eine Entwicklung herbeizuführen, die angeblich auch ohne ihr Zutun mit Sicherheit eintreten muss.

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vor 2 Minuten schrieb Aristippos:

Laut Marx braucht es keine Marxisten, die die Gesellschaft gestalten, weil die von ihm beschriebene Entwicklung angeblich unausweichlich ist. Das Absurde an den Marxisten ist dass sie erfolglos versuchen, eine Entwicklung herbeizuführen, die angeblich auch ohne ihr Zutun mit Sicherheit eintreten muss.

Naja, obwohl Marx tatsächlich der Auffassung ist, dass diese bessere Welt ohnehin kommen wird, beschreibt er als Mittel zum Ziel den Klassenkampf. Während Religion das "Opium fürs Volk" ist und die bestehenden Zustände zementiert. Die Marxisten setzen sich dafür ein, dass dieses Ziel schneller erreicht wird. Was sie eben nicht begriffen haben, ist, dass es dieses Marxsche Paradies nicht gibt. Und dass der Weg, den Marx beschreibt, kein Heilsweg ist. Wären die Marxisten wirklich daran interessiert, die Welt zu verbessern, würden sie sich der volkswirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Diskussion stellen, die von klugen Menschen seit dem 19. Jahrhundert längst fruchtbringend weitergeführt worden ist und nicht bei überkommenen Ideen stehen bleiben, die sich längst als falsch herausgestellt haben. 

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1 hour ago, duesi said:

Während Religion das "Opium fürs Volk" ist 

Bei Marx ist Religion das Opium des Volkes. Bei Lenin wird daraus Opium für das Volk. Ein feiner Unterschied, ich vermute er kommt von der unterschiedlichen Sichtweise auf die Religion bedingt durch ihre Herkunft und Sozialisierung 

 

Werner

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vor 2 Stunden schrieb duesi:

Wenn man Marx als gesellschaftskritischen Beitrag zur Volkswirtschaftslehre ließt, kann man von Marx auch viel lernen. Aber dann soll man auch die berechtigten Kritiken von von Hayek und anderen dazu lesen. Wenn man Marx jedoch zum Säulenheiligen macht, ohne seine nachweislichen Irrtümer als solche zur Kenntnis zu nehmen, sehe ich nicht, wie Marx hier nützlich sein soll.

 

Auf Säulenheilige steh ich nicht, und Schriften stets in ihrem historischen Kontext zu betrachten, ist wissenschaftliche Banalität.

 

Mein Ausgangspunkt war hier die globale Solidarität. Bei Marx bezogen auf die 'Proletarier' aller Länder. Solange weltweit immer irgendwo billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden können, werden sie ausgebeutet werden.

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vor 3 Stunden schrieb Flo77:

Und worin äußert sich die Identifikation mit der Gruppe?

 

Richtig: Sprache, Ritual, Mythik...

 

Spezies?

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vor 15 Stunden schrieb Aristippos:

Laut Marx braucht es keine Marxisten, die die Gesellschaft gestalten, weil die von ihm beschriebene Entwicklung angeblich unausweichlich ist. Das Absurde an den Marxisten ist dass sie erfolglos versuchen, eine Entwicklung herbeizuführen, die angeblich auch ohne ihr Zutun mit Sicherheit eintreten muss.

 
Hi,

 

ich habe meinen Kindern erfolgreich den Unterschied zwischen Kommunismus und Kapitalismus erklären können. Ein intelligenter und ehrgeiziger Mensch hat im Kommunismus die Wahl zwischen einer Karriere in der Partei oder im Militär. Im Kapitalismus kommt die Option dazu, etwas herzustellen oder bereitzustellen, wofür viele andere gerne bezahlen. Wenn man den Grad von Freiheit definiert als Anzahl von echten Wahl- und Handlungsoptionen, dann ist der Kapitalismus immer freier als der Kommunismus. Ein Erich Honecker musste also 18Millionen Menschen einsperren, um einen Lebensstandard zu erreichen, der vergleichbar ist (war) mit einem westdeutschen Handwerkermeister mit 18 Angestellten. Und weil die Empirie immer das letzte Wort hat, habe ich sie danach losgeschickt, die Lebenssituation in kommunistischen Ländern zu recherchieren. Geheilt.

 

Die von Marx postulierte glückselige Wirkung einer Ökonomie als Allmende kann ich mir nur aus seiner persönlichen Situation als Philosoph erklären, der auf die Wohltätigkeit seiner Verwandschaft angewiesen ist, weil schlaues Gelaber den Bauch nicht füllt.

 

ich denke, dass so ein Typ heute keine Gesellschaftskritik mehr schreiben, sondern maximal das heute-Journal moderieren würde. Falls es auch dafür nicht reicht, gibt es ja HartzIV.

 

Gruss, Martin

 

P.S. Ich bin nach 15 Jahren Selbstständigkeit in einen Konzern gewechselt. Es ist superwitzig sich vorzustellen welche Kollegen und warum in einem „Nationenkonzern“ karrierebefähigt wären.

 

 

bearbeitet von Soulman
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vor 16 Stunden schrieb Marcellinus:

Marx erklärte die Geschichte als eine Geschichte von Klassenkämpfen um den Besitz der Produktionsmittel. Ausgehend von den realen Auseinandersetzungen zwischen bürgerlichen Fabrikbesitzern und der Klasse der Industriearbeiter entwickelte er eine Theorie langfristiger sozialer Prozesse, in der er einem Teilaspekt der Gesellschaft, der Ökonomie, die Rolle des Motors der sozialen Entwicklung zuwies. 

 

Nach seiner Ansicht bestimmte die Entwicklung der Produktivkräfte die Entwicklung der Gewaltmittel ebenso wie die Wissensproduktion und den psychosozialen Habitus der einzelnen Menschen, oder kurz gesagt: das (ökonomische) Sein bestimmt das Bewußtsein.  

 

Damit behauptete die marx‘sche Theorie, daß die Geschichte gewissermaßen bewußtlos verlaufe, ausschließlich bestimmt von ökonomischen Triebkräften, mithin deterministisch und zielgerichtet hin auf einen als Ideal verstandenen Endzustand, an dem die gesellschaftlichen Widersprüche, die bisher die Geschichte angetrieben hätten, aufgelöst seien.

 

Einen Fortschritt gegenüber den Gesellschaftstheorien der damaligen Zeit stellte die Marx‘sche Theorie insofern dar, als sie diese vom „Kopf auf die Füße“ stellte, indem sie weg kam von der Erklärung des Geschichtsverlaufes aus den Absichten und Handlungen einzelner mächtiger Männer (und gelegentlich Frauen). Ein  Fortschritt war weiterhin die Berücksichtigung der Ökonomie, im Unterschied zur vorherigen Dynastie- und Militärgeschichte. Und schließlich stellte es einen der ersten Versuche einer Prozeßgeschichte dar, der Versuch, theoretische Modelle zu erstellen, die erklären sollten, warum die Geschichte so verlaufen war, wie sie verlaufen war.

 

Ihre Mägel hat die Theorie, wo sie einem einzigen Aspekt menschlicher Gesellschaften, der Ökonomie, den absoluten Vorrang einräumt gegenüber allen anderen. Marx behauptete damit gewissermaßen das soziale Ideal des wirtschaftlichen Liberalismus, dem „Nachtwächerstaat“, als eine soziale Tatsache, als wenn es nicht auch zu seiner Zeit noch ganz andere Machtgewichte außer der Ökonomie gegeben hätte.

 

Was er vollends ausblendete in seiner Theorie ist der Einfluß der Entwicklung von Gewalt- und Orientierungsmitteln auf den Verlauf gesellschaftlicher Prozesse, sowie die Bedeutung von Stammes- und Staatenbildungen, die zum für ihn allesamt zu einem sekundären „Überbau“ werden.

 

In seinem philosophischen Wahrheitsanspruch, seinem teleologischen Weltbild, der Reduzierung aller sozialen Prozesse auf die Ökonomie, dem Ignorieren, ja Leugnen jeder anderen Machtquelle als der ökonomischen, und der völlig ungeklärten Rolle des Wissens und Bewußtseins der Menschen liegen die Gründe, warum man die marx’sche Theorie heute als Fehltheorie bezeichnen muß, sowie die tiefere Ursache für die Gewalttätigkeit wie das Scheitern der marxistischen Bewegungen.

 

Ich stimme dir weitgehend zu, möchte aber noch zwei Punkte ergänzen:

 

Marx kritisierte berechtigterweise die traditionelle Geschichtsschreibung, die Geschichte durch das Handeln einzelner erklärte. Allerdings beging er den Fehler, zum anderen Extrem zu gehen, nämlich, dass sich Geschichte notwendigerweise aus gesellschaftlichen Prozessen entwickelte. 
Hätte jemand anderer als Cäsar Gallien erobert? Eine Notwendigkeit, dies zu tun, gab es nach übereinstimmendem Urteil aller Historiker nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderer es trotzdem versucht hätte, halte ich für groß - allerdings hätte ein anderer auch scheitern oder sich übernehmen können (etwa durch Eroberung Germaniens oder Britanniens - Alexander der Große galt vielen antiken Schriftstellern bereits als abschreckendes Beispiel).

Mit Cäsar war der Mann da, der gleichzeitig ehrgeizig und skrupellos genug war, einen Angriffs- und Eroberungskrieg, der eigentlich auch römischem Recht widersprach, zu führen, andererseits militärisch fähig genug, um ihn zu gewinnen und politisch klug genug, an Grenzen, die er mit damaligen Methoden gut sichern konnte, Halt zu machen.

 

Zweitens beging Marx einen ähnlichen Fehler wie Heraklit ("Der Krieg ist der Vater aller Dinge"), indem er geschichtliche Veränderungen ausschließlich von Revolutionen herleitete. 

Im Mittelalter fand keine grundsätzliche Veränderung des politischen Systems statt. Kriege führten dazu, dass ein Fürst stärker wurde als vorher, das Feudal- und Lehenssystem blieb allerdings bestehen.

Dennoch wird niemand behaupten können, die Gesellschaft am Vorabend der Reformation sei die gleiche gewesen wie zur Karolingerzeit. Das Jahr, ab dem man auch bzw. überwiegend durch Handel, nicht mehr durch Landbesitz und Eroberungen reich wurde, das Jahr, ab dem  die Mehrheit der Bevölkerung lesen konnte oder das Jahr, ab dem Macht von Städten, nicht mehr von Ritterburgen, ausging, gibt es allerdings nicht.

Auch die Gesellschaft in Deutschland oder Österreich heute ist nicht mehr die gleiche wie in den 50er-Jahren - obwohl es keinen Krieg und keine Revolution gab.

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vor 22 Stunden schrieb Higgs Boson:

.....Ich selber kannte Marx von vorne bis hinten, nachdem ich in Ethik eine Nachprüfung über den dialektischen Materialismus schreiben musste, ....

wirklich von vorne bis hinten? dialektisches denken ist schon wichtig. man kann mit widersprüchen, sie sind normal im leben. besser umgehen.

aber sein materialismus wie seine prognostik führen in die irre.

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vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Wie schön! Erklärt nur nicht, warum alle Versuche, Marxismus in praktische Politik umzusetzen, jämmerlich gescheitert sind. 


Hi Marcellinus,

 

dazu hätte ich eine Frage. Hat Marx selber „seinen“ Marxismus in einem Wettbewerb gesehen? Denn was wäre ein „Scheitern“ ohne einen Vergleich?

 

Gruss, Martin

 

 

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vor 2 Stunden schrieb MartinO:

Marx kritisierte berechtigterweise die traditionelle Geschichtsschreibung, die Geschichte durch das Handeln einzelner erklärte. Allerdings beging er den Fehler, zum anderen Extrem zu gehen, nämlich, dass sich Geschichte notwendigerweise aus gesellschaftlichen Prozessen entwickelte. 

 

Wer die Geschichte als eine Abfolge von Klassenkämpfen versteht, kann Einzelpersonen keine Bedeutung beimessen. Der Kampf zwischen Römern und Gallieren änderte außerdem nichts an der vorherrschenden Gesellschaftsform der Sklavenhalter, war also mithin für den Gang der Geschichte ohne Belang. Kriege, Eroberungen, Staatenbildung interessieren Marx nicht, es sei denn, sie waren der Ausdruck von Klassenkömpfen. Marx war halt kein Historiker.

 

vor 2 Stunden schrieb MartinO:

Zweitens beging Marx einen ähnlichen Fehler wie Heraklit ("Der Krieg ist der Vater aller Dinge"), indem er geschichtliche Veränderungen ausschließlich von Revolutionen herleitete. 

Im Mittelalter fand keine grundsätzliche Veränderung des politischen Systems statt. Kriege führten dazu, dass ein Fürst stärker wurde als vorher, das Feudal- und Lehenssystem blieb allerdings bestehen.

Dennoch wird niemand behaupten können, die Gesellschaft am Vorabend der Reformation sei die gleiche gewesen wie zur Karolingerzeit. Das Jahr, ab dem man auch bzw. überwiegend durch Handel, nicht mehr durch Landbesitz und Eroberungen reich wurde, das Jahr, ab dem  die Mehrheit der Bevölkerung lesen konnte oder das Jahr, ab dem Macht von Städten, nicht mehr von Ritterburgen, ausging, gibt es allerdings nicht.

Auch die Gesellschaft in Deutschland oder Österreich heute ist nicht mehr die gleiche wie in den 50er-Jahren - obwohl es keinen Krieg und keine Revolution gab.

 

Auch da gilt es zu unterscheiden. Die Veränderungen, die für Marx interessant waren, war der Aufstieg der Städt, damit des Bürgertums, und die daraus sich ergebenden Klassenkonflikte. Spannend waren aus dieser Sicht zB die Bauernkriege, weil sie die Macht des Adels herausforderten und seine Kontroll über die Produktionsmittel, den Boden, bestritten, wenn auch erfolglos. Verschiebung der Machtgewichte innerhalt der feudalen Klasse interessieren aus der Sicht der Marxisten nicht, weil sie nichts an den Produktionsverhältnissen ändern. Das ist halt alles bürgerliche Geschichtsschreibung.

 

Der Marxismus ist ein geschlossenes geschichtsphilosophisches System, das seine Bewertungsmaßstäbe aus einer politisch-sozialen Frontstellung bezieht, der der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische Bürgertum. Von daher wird alles bewertet,  in Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. Insofern hat der Marxismus auf alles eine Antwort (aber für nichts eine Lösung). Argumentativ ist dem Marxismus kaum beizukommen, weil nur der Marxismus als Grundlage für solch eine Argumentation akzeptiert wird. Ein perfekter Zirkelschluß, die jede Ideologie beherrschen muß, wenn sie überleben will.

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vor 59 Minuten schrieb Soulman:


Hi Marcellinus,

 

dazu hätte ich eine Frage. Hat Marx selber „seinen“ Marxismus in einem Wettbewerb gesehen? Denn was wäre ein „Scheitern“ ohne einen Vergleich?

 

Gruss, Martin

 

 

 

Marx hat seinen "Marxismus" schlicht als "die Wahrheit" betrachtet. Er war Philosoph, Politiker, Journalist. Für ein Scheitern hätte es erst einmal einen Erfolg gebraucht. Den hatten aber erst Lenin und Stalin.

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vor 28 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Marx hat seinen "Marxismus" schlicht als "die Wahrheit" betrachtet. Er war Philosoph, Politiker, Journalist. Für ein Scheitern hätte es erst einmal einen Erfolg gebraucht. Den hatten aber erst Lenin und Stalin.

Und die - bzw. die Oktoberrevolution in Russland - waren zugleich der Beweis dafür, dass Marx' These falsch war: Einen Industriekapitalismus gab es dort vor 1918 nicht.

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vor 16 Minuten schrieb MartinO:

Und die - bzw. die Oktoberrevolution in Russland - waren zugleich der Beweis dafür, dass Marx' These falsch war: Einen Industriekapitalismus gab es dort vor 1918 nicht.

 

Was wohl auch der Grund für den Erfolg der Revolution war. In einer entwickelten Industriegesellschaft hat es meines Wissens noch nie eine dauerhaft erfolgreiche Revolution gegeben. 

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vor 18 Stunden schrieb Higgs Boson:

 

Auf Säulenheilige steh ich nicht, und Schriften stets in ihrem historischen Kontext zu betrachten, ist wissenschaftliche Banalität.

 

Mein Ausgangspunkt war hier die globale Solidarität. Bei Marx bezogen auf die 'Proletarier' aller Länder. Solange weltweit immer irgendwo billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden können, werden sie ausgebeutet werden.

der marx"sche solidaritätsgedanke ging weit über den heutigen hinaus. so lehnte er konsequent migrationshemmnisse ab.

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