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Die Amazonas-Synode


nannyogg57

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vor 39 Minuten schrieb Marcellinus:
Zitat

Eine weitere Tatsache ist auch, dass Christen keine besseren Menschen sind. Dazu ist das Christentum auch nicht da. "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken." (Jesus von Nazareth)

 

Die RKK hält sich für etwas Besonderes, für eine „Anstalt zur Verwaltung von Heilsgewißheiten“, wie Max Weber das so treffend genannt hat. An diesem Anspruch scheitert sie ständig, mag aber nicht darauf verzichten, versucht stattdessen ständig, dieses Scheitern vor sich und anderen zu verbergen.

 

Der Anspruch ist ja "Anstalt zur Verwaltung von Heilswahrheiten" und nicht "Anstalt zur Erzeugung von moralisch perfekten Übermenschen". Und diesen Anspruch erfüllt die Kirche durchaus zuverlässig. Ich kann da auf jeden Fall nicht meckern.

 

.... Wenigstens bis jetzt, das jüngste Gericht muss ich leider noch abwarten ...😀

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7 minutes ago, rorro said:

 

Ganz so war es nicht, zumal der Tomus Leonis in Chalcedon eher entscheidend war. 

Vor allem hat in Chalcedon kein Kaiser eine lange Praxis der ganzen Kirche aufgehoben.

Das der Zölibat zum Zeitpunkt der Trullanischen Synode eine "lange Tradition der ganzen Kirche" gewesen sei, stelle ich in Frage.

 

Werner

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8 minutes ago, Franziskaner said:

 

Das ist eben die Frage. Zölibat ohne Liebe ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das Zölibat beruht auf der Liebe: auf der Liebe zu Jesus Christus, der Liebe zur Kirche und der Liebe zu den Menschen. Und zwar eben "den Menschen", ohne Bevorzugung eines einzelnen. Das geht nur, wenn der Einzelne, den jeder braucht, Jesus Christus ist.

Und es geht nur, wenn man dabei die Unterstützung der Gemeinde hat. Und an der fehlt es leider heutzutage häufig.

 

(Deswegen ist das Zölibat ja auch der Punkt, der von Kirchenkritiker häufig als zentraler Angriffspunkt gesehen wird: An der Haltung zum Zölibat entscheidet sich, ob man Gott für einen Bestandteil der Wirklichkeit, bzw. die reale Grundlage der Wirklichkeit hält, oder eben für eine Fiktion.)

Deine Ausführungen sind ein klares Argument gegen den verpflichtenden Priesterzölibat. Zur Liebe muss man berufen sein, sie als Voraussetzung für etwas zur Vorschrift zu machen, ist ziemlich absurd.

 

Werner

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vor 14 Minuten schrieb Franziskaner:

 

Das ist eben die Frage. Zölibat ohne Liebe ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das Zölibat beruht auf der Liebe: auf der Liebe zu Jesus Christus, der Liebe zur Kirche und der Liebe zu den Menschen. Und zwar eben "den Menschen", ohne Bevorzugung eines einzelnen. Das geht nur, wenn der Einzelne, den jeder braucht, Jesus Christus ist.

Und es geht nur, wenn man dabei die Unterstützung der Gemeinde hat. Und an der fehlt es leider heutzutage häufig.

 

(Deswegen ist das Zölibat ja auch der Punkt, der von Kirchenkritiker häufig als zentraler Angriffspunkt gesehen wird: An der Haltung zum Zölibat entscheidet sich, ob man Gott für einen Bestandteil der Wirklichkeit, bzw. die reale Grundlage der Wirklichkeit hält, oder eben für eine Fiktion.)

Zumindest der Psychiatrie-Professor Raphael Bonelli meint, dass der zölibatäre Lebensstil statistisch gesehen zu den emotional und psychisch stabilsten Lebensformen gehört. An zweiter Stelle stehen Menschen in Langzeitbeziehungen. Am instabilsten sind Menschen mit wechselnden Beziehungen. 

 

Aus meiner eigenen psychischen Verfasstheit heraus habe ich sehr großen Respekt vor Menschen, die diesen Lebensstil wählen, weil er meiner eigenen psychischen Verfasstheit so diametral widerspricht. Ich kann sehr gut eine Zeitlang ohne Frau leben und mich um mich selbst kümmern. Aber mein Interesse für Frauen, werbendes Verhalten,  Imponiergehabe usw. völlig abzustellen und dieses Interesse vollständig in meiner Liebe zu Gott zu kanalisieren, scheint für mich ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, obwohl die Hingabe an Gott für mich von Kindheit an ein zentrales Lebensmotiv ist.

 

Gerade aus dieser Perspektive heraus frage ich mich aber, ob das Zölibatsversprechen, das Männer häufig in jungen Lebensjahren geben, nicht häufig ein Ausdruck von Selbstüberschätzung und Hochmut ist. Wie bei Petrus: "Ich werde dich nie verlassen und mein Leben will ich für dich geben." Wie oft muss der Herr auf solch ein Versprechen antworten "Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen"?

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Just now, duesi said:

Zumindest der Psychiatrie-Professor Raphael Bonelli meint, dass der zölibatäre Lebensstil statistisch gesehen zu den emotional und psychisch stabilsten Lebensformen gehört. An zweiter Stelle stehen Menschen in Langzeitbeziehungen. Am instabilsten sind Menschen mit wechselnden Beziehungen. 

Er meint aber sicher nur die, bei denen das (Zölibat bzw. Langzeitbeziehung) auch funktioniert. Nur das Eingehen einer solchen Beziehung macht nicht psychisch stabil.

 

Werner

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vor 1 Minute schrieb Werner001:

Er meint aber sicher nur die, bei denen das (Zölibat bzw. Langzeitbeziehung) auch funktioniert. Nur das Eingehen einer solchen Beziehung macht nicht psychisch stabil.

 

Werner

Ich denke nicht, dass man das statistisch auseinanderhalten kann, ob es funktioniert oder nicht. Es gibt natürlich auch psychisch und emotional instabile Zölibatäre und instabile Menschen in Langzeitbeziehungen. Aber anscheinend sind Menschen auch in einer eher mittelmäßigen Langzeitbeziehung tendenziell stabiler als mit wechselnden Partnerschaften.

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vor 6 Minuten schrieb Werner001:

Er meint aber sicher nur die, bei denen das (Zölibat bzw. Langzeitbeziehung) auch funktioniert. Nur das Eingehen einer solchen Beziehung macht nicht psychisch stabil.

 

Werner

Nachtrag: Er führt das in seinem Vortrag, den ich dazu gesehen habe, weniger auf die Qualität der Beziehung oder das Gelingen des Zölibats zurück, als darauf, dass das Treffen einer Vorentscheidung (Zölibat oder Langzeitbeziehung) einem Menschen Struktur im Leben gibt. Und Menschen mit Struktur im Leben sind tendenziell stabiler als Menschen, die ständig auf der Suche sind und sich ständig neu erfinden wollen.

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vor 39 Minuten schrieb Franziskaner:

 

Das ist eben die Frage. Zölibat ohne Liebe ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das Zölibat beruht auf der Liebe: auf der Liebe zu Jesus Christus, der Liebe zur Kirche und der Liebe zu den Menschen. Und zwar eben "den Menschen", ohne Bevorzugung eines einzelnen. Das geht nur, wenn der Einzelne, den jeder braucht, Jesus Christus ist.

Und es geht nur, wenn man dabei die Unterstützung der Gemeinde hat. Und an der fehlt es leider heutzutage häufig.

 

(Deswegen ist das Zölibat ja auch der Punkt, der von Kirchenkritiker häufig als zentraler Angriffspunkt gesehen wird: An der Haltung zum Zölibat entscheidet sich, ob man Gott für einen Bestandteil der Wirklichkeit, bzw. die reale Grundlage der Wirklichkeit hält, oder eben für eine Fiktion.)

 

Eines vorweg: ich kritisiere nicht den Zölibat der RKK. Es ist eine innere Angelegenheit einer Kirche, der man angehören kann, aber nicht muß. Man kann dort Priester werden wollen, muß es aber nicht. Insofern ist es nicht mein Ding. Mich interessiert das Thema als Historiker, weil der Zölibat etwas ist, was von Anfang an in den christlichen Kirchen gefordert wurde, aber nie funktioniert hat. Nenne es also Neugier. ;)

 

Nein, ich halte irgendwelche Götter nicht für Bestandteile der Wirklichkeit, und auch nicht für deren Grundlage. Meines Wissens gibt es dafür keine Belege, aber jede Menge Gegenargumente. Alle Gottesbeweise sind bekanntlich gescheitert. Aber auch darum geht es mir nicht.

 

Interessant finde ich den Gedanken, der Zölibat setze einen Glauben derart voraus, daß er etwas an sich Unmögliches, nämlich die Liebe zwischen konkreten Menschen, ohne ein konkretes menschliches Gegenüber doch möglich mache, indem man "konkret Jesus Christus liebe". Nun scheint diese Liebe als Ersatz für die zwischen zwei Menschen historisch gesehen noch nie sehr verbreitet gewesen zu sein. Das offenkundige Nichtfunktionieren des Zölibats wäre demnach ein Mangel an Glauben. Habe ich das richtig verstanden?

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9 minutes ago, Alfons said:

Wenn Papst Benedikt VIII. auf der Synode von Pavia 1022 beklagt, dass die Kirche verarmt sei, weil immer mehr Pfarrer ihre Pfründen an ihre Kinder vererben, dann kann die angebliche Tradition der Ehelosigkeit nicht sehr fest gewesen sein.

 

Auf der Synode von Winchester 1076 setzte der erste normannische Erzbischof von Canterbury, Lanfrank von Bec, durch, dass Priester ab sofort nicht mehr heiraten dürften. Die bereits verheirateten durften aber ihre Frauen behalten. Bischöfe wurden verpflichtet, bei künftigen Weihen darauf zu achten, dass die Kandidaten unverheiratet seien. (Loyn, The Englisch Church 949 - 1154,  chapter four)

 

Werner

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vor 16 Minuten schrieb duesi:

Ich denke nicht, dass man das statistisch auseinanderhalten kann, ob es funktioniert oder nicht. Es gibt natürlich auch psychisch und emotional instabile Zölibatäre und instabile Menschen in Langzeitbeziehungen. Aber anscheinend sind Menschen auch in einer eher mittelmäßigen Langzeitbeziehung tendenziell stabiler als mit wechselnden Partnerschaften.

 

Erstens sollte man bei jeder Statistik (soweit man sie nicht selbst gefälscht hat! Vorsicht! Scherz!) den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität beachten. Was ist Ursache, was Wirkung und was tritt einfach nur aus anderen Gründen häufig zusammen auf. Ist zB eine stabile Partnerschaft ursächliche für eine stabile Psyche, oder ist es vielleicht umgekehrt? Könnte es nicht sein, daß jemand, der psychisch instabil ist, auch zu wechselnden Partnerschaften neigt.

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vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

nteressant finde ich den Gedanken, der Zölibat setze einen Glauben derart voraus, daß er etwas an sich Unmögliches, nämlich die Liebe zwischen konkreten Menschen, ohne ein konkretes menschliches Gegenüber doch möglich mache, indem man "konkret Jesus Christus liebe". Nun scheint diese Liebe als Ersatz für die zwischen zwei Menschen historisch gesehen noch nie sehr verbreitet gewesen zu sein. Das offenkundige Nichtfunktionieren des Zölibats wäre demnach ein Mangel an Glauben. Habe ich das richtig verstanden?

 

Ich bezweifle, dass ein Nichtfunktionieren des Zölibats ein 'Mangel an Glauben' ist. Und ich bezweifle, dass ein Priester/Mönch/Nonne sich Jesus wie einem Partner zuwendet. Ganz einfach deshalb, da Jesus/Gott in einer Ehe genauso geliebt werden kann. Gemeinsam, Seite an Seite, erreicht das eine Dimension, die jeden Priester/Mönch/Nonne vor Neid erblassen lassen kann.

 

Der Mensch ist nicht dafür bestimmt ohne menschliches Gegenüber zu leben. Darum ist ein zölibatäres Leben in einem Orden nicht mit dem eines sogenannten Weltpriesters zu vergleichen. Ursprünglich bestand ein Pfarrhaushalt aus Pfarrer, Pfarrhaushälterin und drei Kaplänen. Das war also ein WG im Stile Vater-Mutter-Kinder. Dass es praktisch weder Pfarrhaushälterinnen noch Kapläne mehr gibt, ist eine neue Entwicklung, die das Leben im Zölibat in kompletter Isolation zu einer Tortur machen.

 

Selig sind die Pfarrer, die sich während des Studiums eine Religionspädagogin sichern konnten, die fürderhin als Pfarrhaushälterin leben möchte...

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vor 13 Minuten schrieb Marcellinus:

Interessant finde ich den Gedanken, der Zölibat setze einen Glauben derart voraus, daß er etwas an sich Unmögliches, nämlich die Liebe zwischen konkreten Menschen, ohne ein konkretes menschliches Gegenüber doch möglich mache, indem man "konkret Jesus Christus liebe".

 

Dieser Gedanke ist mir neu. Ich ging immer davon aus, dass der eine zur Ehelosigkeit berufen sei - also der "Junggesellen-Typ" - und der andere eben zur Ehe berufen wäre.

Natürlich bleibt dabei das Problem bestehen, dass sich Menschen ändern können oder sich falsch entscheiden, weil eben nicht fest steht, wozu man berufen ist oder nicht.

 

Dann...

 

vor 13 Minuten schrieb Marcellinus:

Nun scheint diese Liebe als Ersatz für die zwischen zwei Menschen historisch gesehen noch nie sehr verbreitet gewesen zu sein. Das offenkundige Nichtfunktionieren des Zölibats wäre demnach ein Mangel an Glauben. Habe ich das richtig verstanden? 

 

… wäre diese Konsequenz ebenfalls vom Tisch, denn dann wäre der Hauptgrund des Scheiterns des Zölibates eben eine Folge einer falschen Lebensentscheidung.

 

 

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vor 21 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Erstens sollte man bei jeder Statistik (soweit man sie nicht selbst gefälscht hat! Vorsicht! Scherz!) den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität beachten. Was ist Ursache, was Wirkung und was tritt einfach nur aus anderen Gründen häufig zusammen auf. Ist zB eine stabile Partnerschaft ursächliche für eine stabile Psyche, oder ist es vielleicht umgekehrt? Könnte es nicht sein, daß jemand, der psychisch instabil ist, auch zu wechselnden Partnerschaften neigt.

Klar kann die Kausalität hier prinzipiell auch anders sein. Aber dass das Aufbauen von Struktur und einem stabilen Lebensumfeld eine gesunde Psyche und emotionale Stabilität eindeutig begünstigen, wird von so vielen Statistiken belegt, dass das unter Psychologen und Psychiatern eigentlich common sense ist. Struktur und ein stabiles Umfeld sind hier weit gewichtigere Faktoren als genetische Komponenten. Daher denke ich, dass Raphael Bonelli als anerkannter Professor durchaus Gründe für seine Interpretation der Statistik hat.

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vor 1 Stunde schrieb Werner001:

Naja, dafür hat man die Christologie in Chalzedon auch auf Druck des Kaisers verabschiedet. 

So what.

Auch durch die Kaiser hat offensichtlich der Heilige Geist gewirkt.

 

Werner

Der heute gesehene (oder nicht gesehene) Wert solcher Beschlüsse erwuchs nie aus der Dignität der Versammlung noch der Unterzeichner, sondern alleine aus der Rezeptionsgeschichte. Die formelle Beschlussfassung wird hier schlicht meist überbewertet. So gibt es "Konzils"beschlüsse, die im Orkus der Geschichte verschwunden sind (zB die Unversetzbarkeit von Bischöfen deren Bindung an das Bistum so sakramental wie eine Ehe sein solle, so die Lehre der Kirche), und zugleich können Provinzveranstaltungen wie zB Elvira (im Vergleich dazu sind der synodale Weg und die DBK Repräsentanten eines großen Teils der Kirche) tiefgreifende Wirkung entfalten.

 

Der Heilige Geist wirkt selten in der Promulgationsgeschichte und meist in der Rezeptionsgeschichte, so dass formelles argumentieren an der Sache total vorbei geht.

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12 minutes ago, Chrysologus said:

Der heute gesehene (oder nicht gesehene) Wert solcher Beschlüsse erwuchs nie aus der Dignität der Versammlung noch der Unterzeichner, sondern alleine aus der Rezeptionsgeschichte. Die formelle Beschlussfassung wird hier schlicht meist überbewertet. So gibt es "Konzils"beschlüsse, die im Orkus der Geschichte verschwunden sind (zB die Unversetzbarkeit von Bischöfen deren Bindung an das Bistum so sakramental wie eine Ehe sein solle, so die Lehre der Kirche), und zugleich können Provinzveranstaltungen wie zB Elvira (im Vergleich dazu sind der synodale Weg und die DBK Repräsentanten eines großen Teils der Kirche) tiefgreifende Wirkung entfalten.

 

Der Heilige Geist wirkt selten in der Promulgationsgeschichte und meist in der Rezeptionsgeschichte, so dass formelles argumentieren an der Sache total vorbei geht.

Ich bin da sowieso ein Anhänger der Tradition. "Steht (nicht) in der Bibel" ist für mich genauso wenig ein Argument wie "aber im Jahr 631 hat die Synode von Babaorum gesagt, dass..."

Es ist wie es ist, und das ergibt sich aus der Tradition. Manches steht zufällig in der Bibel, anderes nicht, wieder anderes widerspricht sogar der Bibel. Dito für diverse Konzilien und Synoden.

So wie es ist, hat es sich entwickelt, und so ist es nun mal.

Allerdings ergibt sich für mich daraus die Möglichkeit, Dinge auch zu ändern, wenn sie nicht mehr passen. 

 

Werner

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vor 51 Minuten schrieb Marcellinus:

Interessant finde ich den Gedanken, der Zölibat setze einen Glauben derart voraus, daß er etwas an sich Unmögliches, nämlich die Liebe zwischen konkreten Menschen, ohne ein konkretes menschliches Gegenüber doch möglich mache, indem man "konkret Jesus Christus liebe". Nun scheint diese Liebe als Ersatz für die zwischen zwei Menschen historisch gesehen noch nie sehr verbreitet gewesen zu sein. Das offenkundige Nichtfunktionieren des Zölibats wäre demnach ein Mangel an Glauben. Habe ich das richtig verstanden?

 

Es ist ja nicht unmöglich. Man kann durchaus auch abstrakte Dinge lieben: seinen Beruf, sein Vaterland, die Freiheit etc. Die Liebe zu Jesus Christus und zur Kirche ist also auf jeden Fall möglich. Die Liebe zur Kirche hat sogar ein unbestreitbar reales Gegenüber. Allerdings ist diese Liebe zur Kirche nur sinnvoll, wenn auch die Liebe zu Gott bzw. zu Jesus Christus ein reales Gegenüber hat. Darüber gehen dann die Meinungen auseinander. Aber unmöglich ist die Existenz Gottes ja nun nicht.

 

Der Zölibat ist in der Kirche immer eine Ausnahmesituation gewesen und auch so bewertet worden. Die Kirche hat niemals die Ehelosigkeit als alleinige anzustrebende Lebensform gelehrt (anders übrigens als viele mittelalterliche Ketzergruppen). Historisch stimmt es zwar, dass es eine ungute Bevorzugung  der Ehelosigkeit gegenüber der Ehe gegeben hat. Sowohl Paulus als auch verschärft Augustinus hielten die Ehe für eine Notlösung für die nicht so glaubensstarken Christen.

Diese Bewertung war aber nie dogmatisierte Kirchelehre und hat sich im 20. Jahrhundert grundlegend geändert. Ich kann hierzu nur die Enzyklika "Humanae Vitae" empfehlen, die die Beziehung zwischen Mann und Frau ausdrücklich auch in der sexuellen Komponente für gut und gottgewollt hält.

 

Insofern gilt: Dass es zu allen Zeiten mehr Ehepaare als Zölibatäre gegeben hat, ist gut und richtig. Dass aber sogar in den Gemeinden oft gar kein Verständnis für diese Lebensform besteht, halte ich durchaus für einen Mangel an Glauben.

 

Um mal den Bogen zurück zur Amazonien-Synode zu schlagen: Ein Theologe sagte, dass die indigene Bevölkerung Mann und Frau als komlementär begreift und von daher den Zölibat, also das Leben ohne komplementären Partner, gar nicht versteht. Er zog daraus den Schluss, dass der Zölibat im Amzonasgebiet nicht sinnvoll ist.

Ich würde eher den Schluss daraus ziehen, dass viele Mitglieder der indigenen Gemeinden den Grundansatz des Christentums noch gar nicht mitvollzogen haben. Nämlich dass die viel wichtigere Komplementarität die zwischen der geschaffenen Welt und Gott ist. Dadurch ist es für die Kirche unerlässlich, dass es Menschen gibt, die diese Komplementarität des Menschen zu Gott auch ohne Abstriche leben.

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vor 1 Stunde schrieb Werner001:

Das der Zölibat zum Zeitpunkt der Trullanischen Synode eine "lange Tradition der ganzen Kirche" gewesen sei, stelle ich in Frage.

 

Werner

 

Das kannst Du gerne tun, ändert aber nichts am Umstand, dass es so war. Das erste Konzil von Nizäa schreibt nichts zur Ehelosigkeit von Priester oder Bischof, keine Ahnung wo das Leute herhaben. Der im Netz einsehbare dritte Canon spricht von was ganz anderem. 

Die Synode von Elvira, noch vor der Legalisierung des Christentums, behauptet nicht, irgendeine Neuerung einzuführen, indem sie Enthaltsamkeit nach der Weihe vorschreibt.

 

 Zu unterscheiden sind die Enthaltsamkeit nach der Weihe, das ist eine sehr lange alte Ordnung der Kirche, vom Zölibat. Weil diese alte Ordnung verheiratet schlecht durchzuhalten ist, hat der Westen irgendwann den Zölibat verpflichtend eingeführt, der Osten ließ sich vom Ost-Kaiser beeinflussen und hat die Ordnung umgestoßen.

bearbeitet von rorro
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4 minutes ago, rorro said:

 

Das kannst Du gerne tun, ändert aber nichts am Umstand, dass es so war. Das erste Konzil von Nizäa schreibt nichts zur Ehelosigkeit von Priester oder Bischof, keine Ahnung wo das Leute herhaben. Der im Netz einsehbare dritte Canon spricht von was ganz anderem. 

Die Synode von Elvira, noch vor der Legalisierung des Christentums, behauptet nicht, irgendeine Neuerung einzuführen.

 

 Zu unterscheiden sind die Enthaltsamkeit nach der Weihe, das ist eine sehr lange alte Ordnung der Kirche, vom Zölibat. Weil diese alte Ordnung verheiratet schlecht durchzuhalten ist, hat der Westen irgendwann den Zölibat verpflichtend eingeführt, der Osten ließ sich vom Ost-Kaiser beeinflussen und hat die Ordnung umgestoßen.

meine Meinung wurde durch Alfons und mich begründet.

Wie widerlegst du diese Begründungen?

Ich behaupte ja nicht, dass es keine zölibatären Bestrebungen vor der Trullanischen Synode gab, lediglich, dass der Zölibat zu dieser Zeit eine "lange Tradition der ganzen Kirche" gewesen sei. Wäre er es gewesen, wie kann er dann nachweislich erst 400 Jahre nach dieser Synode in England eingeführt worden sein, oder wie kann Benedikt VIII 350 Jahre nach dieser Synode beklagen, die Priester würden ihre Pfründe an ihre Kinder vererben?

Beides widerspricht ganz klar einer "langen Tradition der ganzen Kirche", die schon Jahrhunderte vorher existiert haben soll.

 

Werner

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vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Auf deutsch: Zölibat funktioniert nicht, verheiratete Kleriker auch nicht. Vielleicht ist das eigentliche Problem, daß Religion im Verein betrieben wird, besonders wenn diese Vereine so groß werden, daß sie hauptamtliche Funktionäre brauchen. Ämter verführen zu Amtsmißbrauch, oder neutraler formuliert zu einem Konflikt zwischen Ideal und Wirklichkeit. Das ist normal.

Ja, Kirche funktioniert halt nicht. 2000 Jahre haben das hinreichend bewiesen:evil:

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Just now, ultramontanist said:

Ja, Kirche funktioniert halt nicht. 2000 Jahre haben das hinreichend bewiesen:evil:

Naja, die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität war in den 2000 Jahren schon die meiste Zeit über ziemlich groß.

 

Werner

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vor einer Stunde schrieb Werner001:

meine Meinung wurde durch Alfons und mich begründet.

Wie widerlegst du diese Begründungen?

Ich behaupte ja nicht, dass es keine zölibatären Bestrebungen vor der Trullanischen Synode gab, lediglich, dass der Zölibat zu dieser Zeit eine "lange Tradition der ganzen Kirche" gewesen sei. Wäre er es gewesen, wie kann er dann nachweislich erst 400 Jahre nach dieser Synode in England eingeführt worden sein, oder wie kann Benedikt VIII 350 Jahre nach dieser Synode beklagen, die Priester würden ihre Pfründe an ihre Kinder vererben?

Beides widerspricht ganz klar einer "langen Tradition der ganzen Kirche", die schon Jahrhunderte vorher existiert haben soll.

 

Werner

 

Alfons hat nichts begründet, sondern auf eine Quelle verwiesen, die wiederum auf eine Quelle verweist, die offensichtlich daneben liegt. Die Canones des Konzils von Nizäa von 325 sind im Netz einsehbar, genaugenommen handelt es sich hier um den Canon 3.

 

Dann wiederum fände ich es schön, wenn Du genau lesen würdest, was ich schrieb. Der Zölibat als Verpflichtung zur Ehelosigkeit ist eingeführt worden, weil es die jahrhundertelange Tradition der Enthaltsamkeit nach der Weihe gab (womöglich apostolischen Ursprunges). Natürlich hatten Priester Kinder - allerdings zumindest die, die die Kirche ernst nahmen, hatten diese vor der Weihe gezeugt.

Da diese lange Tradition nicht gut durchzuhalten ist, wenn man verheiratet ist, hat die Kirche des Westens den Zölibat verpflichtend eingeführt. Sie hätte auch wie der Osten diese wahrscheinlich apostolische Tradition verlassen können, stimmt.

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Die einzige apostolisch überlieferte Tradition diesbezüglich ist wohl die Aussage des Paulus, ein Bischof solle nur eine Frau haben.

 

Werner

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