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Wie wichtig ist euch, Menschen für die Kirche zu gewinnen?


duesi

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Ich weiß nicht, ob auf diese Frage jemand antworten wird. Rein vorgeblich tun die meisten User hier im Forum so, als ob ihnen der Fortbestand der Kirche wirklich wichtig wäre und der massenhafte Austritt und der Priestermangel beklagenswerte Zustände wären. Aber wenn ich Mal tiefer in die katholische Gedankenwelt blicke, scheint sich um wirkliche Lösungen fast niemand Gedanken zu machen. Die meisten vorgeblichen Lösungsansätze erschöpfen sich darin zu behaupten, dass der Mitgliederschwund daran liegen würde, dass die Kirche nicht mehr anziehend sei, weil sie nicht konservativ/liberal genug sei.

 

Ich habe als einer, der es mit dieser Kirche für mehrere Jahre vergeblich versucht hat, den Eindruck, dass es die meisten Katholiken gar nicht interessiert, was Menschen, die sich für die katholische Kirche öffnen könnten, wirklich bewegt. Willkommenskultur ist zumindest nach meinem Eindruck in der katholischen Kirche Fehlanzeige. Um wirklich Zugang zu der katholischen Geisteswelt zu bekommen, muss man schon katholisch geboren und sozialisiert sein oder man muss die Bereitschaft mitbringen, sich radikal anzupassen, ohne Dinge, die anderen lieb und gewohnt sind, jemals kritisch in Frage zu stellen. 

 

Das Bemühen, in dieser Kirche wirklich dazuzugehören, ist mühsamer und anstrengender als sich in einem Boxclub beweisen zu wollen. Nach meinem Empfinden ist es kein Wunder, dass diese Kirche zumindest in Deutschland wenig Anziehungskraft hat.

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Meinst du mit wirklich zugehören stärker das Katholische allgemein oder das Ankommen in einer konkreten Gemeinde? 

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Mir ist am wichtigsten, dass Menschen erst mal den Glauben für sich entdecken. Natürlich bevorzugt in der katholischen Kirche. Wahrscheinlich geht bei den meisten der Weg über eine konkrete Gemeinschaft. Und dann wären sie auch schon angekommen. 

Aber wie das geht...?

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Im Übrigen vermute ich, dass die Menschen vielleicht weniger religiös sind als früher, aber vor allem, dassdie Nichtgläubigen viel eher austreten als früher. Und die Suchenden spontan nicht zuerst bei Kirche suchen.

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Ich meine das Ankommen vor Ort in einer konkreten Gemeinde. Trotz Beteiligung an Chorgesang und diversen kleineren Kreisen wirklich mühsam.

 

Ich fühle mich mit dem katholischen Glauben nach wie vor verbunden. Der Respekt vor der Tradition und die diversifizierte Glaubenslehre sagen mir weit mehr als stumpfer Biblizismus. Dennoch: In freikirchlichen Gemeinden ist es sehr viel einfacher, willkommen geheißen zu werden und dazu zu gehören.

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vor 1 Minute schrieb Chrysologus:

Wann würdest du davon reden, angekommen zu sein?

Hm, der Pfarrer meiner Pfarrei erklärte mir Mal in einem persönlichen Gespräch, dass der Anspruch, den viele in der Freikirche haben, sich wie eine Familie zu fühlen, in der katholischen Kirche so nicht gesehen wird. Dass die Nächstenliebe aber zumindest soweit gehen sollte, dass man füreinander beten kann. Das sehe ich ja auch ein, dass ich nicht erwarten kann, dass jeder in der Kirche mit mir per du ist. Aber dass Menschen, mit denen ich in Kleingruppen öfters Kontakt habe, auch Mal ein stärkeres mitmenschliches Interesse entwickeln, dass ich auch Mal darüber reden kann, warum dies und das so und so gemacht oder geglaubt wird und kritische Nachfragen nicht direkt als Kränkung empfunden werden, ich denke, das wären so ein paar Punkte, die mir helfen würden, mich als angekommen zu fühlen. Ich habe in der katholischen Kirche genau einen Freund gewonnen, mit dem ich immer noch verstärkt Kontakt habe und der mich ab und zu mitnimmt, wenn noch andere katholische Freunde von ihm anwesend sind. Eine Gruppe, in der ich noch am ehesten das Gefühl hatte, wirklich dazuzugehören, war die Legion Mariens, bei deren Treffen und Verteilaktionen ich ab und an anwesend war. Aber die immer wieder aufkommende Betonung, dass wir NUR durch Maria zu Gott kommen könnten und dass wir den Menschen wichtig machen sollten, wie wichtig Maria sei, waren einfach theologische Standpunkte, bei denen ich nicht mitgehen konnte, so sehr ich auch den Gemeinschaftsaspekt in dieser Gruppe geschätzt habe.

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vor 35 Minuten schrieb duesi:

Hm, der Pfarrer meiner Pfarrei erklärte mir Mal in einem persönlichen Gespräch, dass der Anspruch, den viele in der Freikirche haben, sich wie eine Familie zu fühlen, in der katholischen Kirche so nicht gesehen wird.

 

Ja, darum wachsen auch freikirchliche Gemeinden, egal welche. Das gilt für kleine Hausgemeinden ebenso, wie für mittelgroße oder Megachurches. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass man nur zu den Gottesdiensten geht und ansonsten für sich alleine ist, freikirchliche Gemeinden haben aber immer auch als Kern Kleingruppen, die als 'Kleinfamilie' fungieren. Heute Abend ist endlich zum ersten Mal seit Monaten wieder Realhauskreis, ohne Videokonferenz. Zur Feier des Tages fangen wir 2 Stunden früher an und essen erstmal gemeinsam zu Abend.

 

Und ja, auch in unserer Gemeinde, haben wir ein paar Mitglieder, die nicht in einem Hauskreis sind, das nicht wollen und sich nirgendwo anschließen. Das ist auch ok. Die arbeiten nur in den Teams mit und sind ansonsten für sich.

 

(Vergleichen mit der Tatsache, dass die Gemeinden, die in der Bibel beschrieben wurden, geradezu kommunistische Zellen waren, sind wir gerade zu einfach nur ein lockerer Haufen.)

bearbeitet von Higgs Boson
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vor 2 Stunden schrieb duesi:

Ich weiß nicht, ob auf diese Frage jemand antworten wird. Rein vorgeblich tun die meisten User hier im Forum so, als ob ihnen der Fortbestand der Kirche wirklich wichtig wäre und der massenhafte Austritt und der Priestermangel beklagenswerte Zustände wären. Aber wenn ich Mal tiefer in die katholische Gedankenwelt blicke, scheint sich um wirkliche Lösungen fast niemand Gedanken zu machen. Die meisten vorgeblichen Lösungsansätze erschöpfen sich darin zu behaupten, dass der Mitgliederschwund daran liegen würde, dass die Kirche nicht mehr anziehend sei, weil sie nicht konservativ/liberal genug sei.

 

Ich zitiere mal der Einfachheit halber den ganzen Absatz, weil ich zu all diesen Punkten Stellung nehme.

 

Ich bin der festen Auffassung, dass die Kirchen deswegen schrumpfen, weil es derzeit kein allgemeinverständliches Konzept für die Frage "was ist Glaube" gibt. Vermutlich hat es dieses Konzept nie gegeben, denn früher hat es auch genug Ungläubige gegeben, nur mussten diese in die Kirche gehen, weil man das eben musste (womit wir beim Thema der vor der Kirche rauchenden Männer wären, die erst "zur Opferung" in die Kirche reingegangen sind).

 

Heute ist man außerdem der Meinung, dass man, um authentisch ein kirchlich gebundener Christ zu sein, gläubig sein muss. Und hier sind wir bei der Frage - "was ist Glaube". Wenn man darunter versteht, dass man ein gesamtes Glaubensgerüst in einer bestimmten Weise vollständig akzeptieren muss, dann dürfte es bei allen christlichen Kirchen so sein, dass sie nicht viel Zukunft haben. Denn die Zahl derer, die das wirklich glauben, was die Kirchen dogmatisch vorgeben, nimmt ab. Wie viele Leute glauben heute noch an den christlich determinierten Gott? Auch das werden weniger.

 

Ich denke, dass die Kirchen weniger schnell austrocknen, die ein anderes Fundament für die Verbindung zwischen "Kirche" und "Gläubige" haben. Ich persönlich hänge der (ursprünglich germanischen, aber auch schiitisch-islamischen) Sichtweise an, dass es nicht auf einen persönlichen Glauben ankommt, sondern darauf, mit wem man mitfeiert. Vielleicht verstehst Du auch, warum mir genau deswegen der gemeinschaftlich-menschliche Aspekt der gemeinsamen Eucharistiefeier sehr wichtig ist und gesellschaftliche bzw. allgemein moralische Fragen eher nicht so sehr wichtig sind. Dies ist auch das Band, welches mich an meine Kirche bindet - das ist eine emotionale Ebene. Der Glaube an einen in einer bestimmten Weise definierten Gott ist es jedenfalls nicht.

 

Wie soll ich Leute für die Kirche gewinnen? Ich kann Menschen einladen, habe ich schon getan. Wenn diese eine verschüttete katholische Tradition haben, dann kommen sie vielleicht etwas häufiger. Wenn nicht, dann werden sie nicht kommen. Natürlich ist es bedauerlich, wenn eine Einrichtung, die ich als positiv für mich wahrnehme, langsam aber sicher austrocknet. Nur - was soll man tun? Ich sehe keine Lösung. Das ist ja auch keine Entwicklung, die gestern anfing. Letztlich geht der Exodus der Kirchen bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts los, der Kulturkampf in Preußen fiel ja nicht aus dem Himmel, da gab es politische Vorgeschichten und zum damaligen Zeitpunkt geänderte Mehrheiten. Damals gingen die ersten Kirchenaustritte los, und wenn man sich überlegt, dass sehr viele Kirchen in den 1950ern und 1960ern nicht deswegen gebaut wurden, weil damals so viele Leute zum Glauben gekommen waren, sondern weil damals jede Menge Vertriebene samt ihren Priestern / Pfarrern in den Westen kamen (auch mein altkatholisches Kirchlein in Weidenberg hat diesen Hintergrund, es wurde vom gleichen Architekten gebaut wie die rkk-Kirche im benachbarten Warmensteinach) und man für diese Leute Kirchen bauen musste / konnte. Geld war auch da, auch aus Sondermitteln des Lastenausgleichs. Dennoch war in den 1960ern die Zahl der Kirchenmitglieder immer noch niedriger als vor dem Krieg. Und inzwischen setzt sich das fort.

 

Meine aus dem Bauch kommende Vorhersage für Westeuropa: Die Zukunft der Kirchen liegt bei vielleicht 10% der gesamten Bevölkerung und die Kirchen werden Partikularinteressen ihrer Mitglieder vertreten. Die "Konservativen" werden ihre Kirchen haben, die "Liberalen" ihre Kirchen. Wie man das dann mit dem Gedanken an die Una Sancta zusammenbringt, weiß ich nicht, irgendwas wird schon gehen. Wenn nicht, dann definiert man halt um. Wäre nicht zum ersten Mal, und eine gemeinsame Taufe kriegt man ja bereits heute weitgehend hin.

 

Ich sehe auch Kirche eher als Angebot an. Nachdem für mich persönlich das Leben nach dem Tod kein Glaubensinhalt ist und ich davon ausgehe, dass es nach dem Tod in etwa so sein wird wie vor der Geburt, sehe ich keine moralische Notwendigkeit, den Leuten aus Angst um deren Zukunft auf den Keks zu gehen. Ich freue mich an meiner Kirche (na ja, nicht immer, aber meistens) und ich würde mich freuen, wenn es andere schräge Gestalten gibt, denen ich diese Freude vermitteln kann.

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@Lothar1962: Danke für deinen sehr differenzierten Beitrag. Ich kann natürlich nicht wissen, ob mein gemeinschaftliches Interesse ein Partikularinteresse ist oder ob es repräsentativ für Menschen sein kann, die offen für die Botschaft der RKK sind. Jedoch habe ich in meinen Gesprächen mit anderen Menschen den Eindruck gewonnen, dass gerade suchende Menschen die Erfahrung von sozialer Akzeptanz auch mit einem Glauben verbinden, dass in dieser Gemeinschaft Gott wohnt und anzutreffen ist.

 

Ein solches positives Identitätsgefühl, wie du es beschreibst, kann man glaube ich nur dort empfinden, wo man sozialisiert wurde. Dieses Gefühl habe ich auch zuweilen, wenn ich die Menschen treffe, mit denen ich aufgewachsen bin, wenn ich die Kirchenlieder aus meiner Kindheit und Jugend höre oder in die Kirche gehe, von der ich herkomme. Ob die Förderung einer solchen Identitätsnostalgie allerdings die Kirchen wieder voller machen könnte, darf bezweifelt werden. "Glauben" ist ja nach katholischem Verständnis - so wie ich bis jetzt verstanden habe - eher ein aktives Wort als ein Abnicken von Glaubenswahrheiten. Von daher würde ich dich nach deiner Beschreibung als auf dem "Glaubensweg" und damit als gläubig betrachten, obwohl du ein Glauben im Sinne von "Fürwahrhalten" eher ablehnen würdest. Ich würde dich ermutigen, nicht drängen, Gott als personales Gegenüber stärker in deinem Denken für möglich zu halten, würde das aber nicht als Grenze für gläubig/ungläubig definieren. 

 

Einen massiven Glaubensabfall hat es ja bereits im 18. Jahrhundert durch die Aufklärung gegeben. Darauf gab es im 19. Jahrhundert die Gegenbewegung der Romantik, in der der Glaube als persönliches Erfahrungsgeschehen sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche neu belebt hat. Von daher sehe ich keinen unumkehrbaren Abwärtstrend.

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vor 58 Minuten schrieb duesi:

Einen massiven Glaubensabfall hat es ja bereits im 18. Jahrhundert durch die Aufklärung gegeben. Darauf gab es im 19. Jahrhundert die Gegenbewegung der Romantik, in der der Glaube als persönliches Erfahrungsgeschehen sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche neu belebt hat. Von daher sehe ich keinen unumkehrbaren Abwärtstrend.

 

Das ist so nicht ganz richtig. Die Aufklärung im 18. Jh. richtete sich vor allem an Bürgertum und Oberschicht. Im 19. Jh. erreichte die Industrialisierung die Landbevölkerung und mit der Umsiedlung in die Städte verloren auch kirchliche Bindungen ihre Kraft, und neue Weltanschauungen entstanden, oft in direkter Konfrontation mit Kirchen und Religion. Im 20. Jh. begann dann der reale Austritt aus den Kirchen, der seitdem umgebrochen anhält und neuerdings weiter zunimmt. Waren zu Beginn des 20. Jh, noch über 95% der Bevölkerung Mitglieder eines Glaubensvereins, sind es heute gerade noch 50%.

 

Aber auch die verbleibenden Kirchenmitglieder sind davon nicht unberührt geblieben. Auf der einen Seite gibt es eine Zunahme bei den Strenggläubigen und Freikirchen, auf der anderen Seite nehmen gerade mal 10 % der Kirchenmitglieder noch regelmäßig am Gottesdienst teil, während sich beim Rest die Vorstellungen immer mehr differenzieren. Die Kirchenleitungen verlieren immer mehr an Einfluß auf ihre Mitglieder, und haben daher kaum noch die Kraft, diesem Spaltpilz Einhalt zu gebieten. 

 

Daher breitet sich ein religiöser Individualismus immer mehr aus, aucn „Privatgläubigkeit“ genannt, nicht selten mit Nähe zur Esoterik, die sich in ihrer Vielfalt kaum noch kirchlich organisieren läßt, auch wenn die Protestanten es versuchen. Zudem ist der Übergang fließend zu einer Art innerweltlicher Religiosität, einer Naturmystik, die viel von den romantischen Impulsen aufgenommen hat. 

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@Marcellinus: Es gab hier wohl im 19. Jahrhundert sehr unterschiedliche Effekte, die teilweise gegensätzlich waren. Einerseits eine Entwurzelung von großen Teilen der Landbevölkerung durch die Industrialisierung. Andererseits neue religiöse Bindungskräfte. Die Romantik hat ja in Oberschicht und Bürgertum, wie in Kunst und Musik sichtbar ist, wohlwollende Impulse zur Religion geliefert. Daneben gab es spirituelle Aufbruchbewegungen, die durchaus innerhalb der großen Konfessionen kanalisiert werden konnten.

 

Siehe zum Beispiel folgende Betrachtung zu den pietistischen Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, die auch Teile der katholischen Kirche erfasst haben.

 

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bearbeitet von duesi
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vor 3 Stunden schrieb duesi:

Hm, der Pfarrer meiner Pfarrei erklärte mir Mal in einem persönlichen Gespräch, dass der Anspruch, den viele in der Freikirche haben, sich wie eine Familie zu fühlen, in der katholischen Kirche so nicht gesehen wird.

In den 1970er Jahren gab es mal das Programm, aus Pfarreien Gemeinden zu machen. Davon übrig geblieben ist der Begriff der Pfarrgemeinde, und der entsprechende Rat.

Dieser Begriff zwingt zwei Dinge zusammen, die eigentlich aus verschiedenen Welten stammen. Die Pfarrei ist ein Ordnungsbegriff der Kirchenverfassung, mit der die einem Pfarrer zugeordneten Gläubigen bezeichnet werden. Gemeinde ist demgegenüber eine soziologische Größe, die (hier) eine im Glauben verbundene konkrete Gemeinschaft von Menschen beschreibt, die sich nahe genug stehen, um zumindest als Großfamilie durchzugehen.

BTW: Wer unter Geschwisterlichkeit Friede, Freude, Eierkuchen versteht, der muss Einzelkind sein. 

Pfarreien sind in der regel nicht identisch mit Gemeinden, sie bestehen aus verschiedenen Gemeinden, die ihrerseits Mitglieder aus verschiedenen Pfarreien haben können. In fast jedem Sonntagsgottesdienst gibt es zumindest eine Ansatz von Gemeinde, ein fester Kreis, der bemerkt, wenn jemand fehlt. Der Kirchenkaffee ist eine Möglichkeit, eine solche Gemeinde weiter in die Tiefe wachsen zu lassen. Aber auch andere Kreise und Gruppen können Gemeinde sein.

Es ist ein leider naheliegender Fehler, wenn man von der Pfarrei erwartet, Gemeinde zu sein. Da sind Enttäuschungen vorprogrammiert - wenn du umgekehrt aber einen Kreis findest, bei dem du das Gefühl hat, dass hier "etwas geht", dann kann das Deine Gemeinde werden. Ganz gleich, was die Kreis sonst macht. In "meinem" Seelsorgebereich gibt es zum Beispiel eine Gruppe genannt die Krippenbauer (die haben keinen Namen, aber man weiß, wer gemeint ist), die nicht nur die Krippe bauen, sondern gewissermaßen das THW der Pfarrei sind. Die sind Gemeinde, auch wenn sie wohl nicht gemeinsam in der Bibel lesen und eher durch das Tragen der Maria als durch Vorbeten an der Liturgie teilnehmen. Die haben im übrigen auch Nachwuchs.

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vor 32 Minuten schrieb Chrysologus:

BTW: Wer unter Geschwisterlichkeit Friede, Freude, Eierkuchen versteht, der muss Einzelkind sein.

Ich denke doch, dass ich als erster von sieben Geschwistern ein realistisches Bild von Geschwisterlichkeit habe. Auch die Sozialisation in einer freikirchlichen Gemeinde, die sich als zusammengehörig empfand, war sicher nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. So eine Gruppe wie die "Krippenbauer" hätte mir auch völlig gereicht. Nur fand ich es schwierig, etwas auch nur im Ansatz vergleichbares zu finden. Aber vielleicht habe ich auch zu früh aufgegeben. Ich habe den Pfarrer Mal nach einer Möglichkeit zum Engagement gefragt. Und er hat mir eine Gruppe genannt, die älteren Geburtstagskindern von der Pfarrgemeinde Besuche abstatten. Nach drei Monaten (!) hin und her kam dann tatsächlich ein Anruf mit der Leiterin der Gruppe zustande. Aber in der Zeit sah ich es aus verschiedenen Gründen nicht mehr als möglich an, an diesem Engagement teilzunehmen. Vielleicht wäre das die Möglichkeit gewesen. Aber nach Jahren der Suche vergeht auch irgendwann die Motivation, nach solchen Strohhalmen zu suchen.

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@ alle: Vielen Dank für eure Beiträge in diesem Thread. Ich bin positiv überrascht, dass hier überhaupt jemand drauf eingegangen ist. Vielleicht sollte ich die Vorurteile, die durch angestauten Frust gegenüber dieser Kirche bei mir entstanden sind, doch noch Mal überdenken.

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vor 21 Minuten schrieb duesi:

Ich denke doch, dass ich als erster von sieben Geschwistern ein realistisches Bild von Geschwisterlichkeit habe. Auch die Sozialisation in einer freikirchlichen Gemeinde, die sich als zusammengehörig empfand, war sicher nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. So eine Gruppe wie die "Krippenbauer" hätte mir auch völlig gereicht. Nur fand ich es schwierig, etwas auch nur im Ansatz vergleichbares zu finden. Aber vielleicht habe ich auch zu früh aufgegeben. Ich habe den Pfarrer Mal nach einer Möglichkeit zum Engagement gefragt. Und er hat mir eine Gruppe genannt, die älteren Geburtstagskindern von der Pfarrgemeinde Besuche abstatten. Nach drei Monaten (!) hin und her kam dann tatsächlich ein Anruf mit der Leiterin der Gruppe zustande. Aber in der Zeit sah ich es aus verschiedenen Gründen nicht mehr als möglich an, an diesem Engagement teilzunehmen. Vielleicht wäre das die Möglichkeit gewesen. Aber nach Jahren der Suche vergeht auch irgendwann die Motivation, nach solchen Strohhalmen zu suchen.

Das ist leider eine Erfahrung, die nicht wenige machen.

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vor 50 Minuten schrieb Chrysologus:

Das ist leider eine Erfahrung, die nicht wenige machen.

Du hast sicher, wenn du Seelsorge machst (ich hoffe, ich habe das richtig verstanden), Einblick in die Schwierigkeiten, die Menschen in und mit der Kirche so haben. Das mag auf der einen Seite sehr individuell sein, aber sicher wird es da Gemeinsamkeiten geben. Ich lese ja in diesem Forum seit etwa 2 Jahren hin und wieder mit. Vielleicht habe ich Dinge nicht mitbekommen. Aber nach meinem Eindruck kam das Thema des Mitgliederschwundes der Kirche hier sehr oft vor.  Natürlich spielen dogmatische Überlegungen und Strukturfragen für mögliche Interessenten an der Kirche auch eine Rolle. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass solche seelsorgerlichen oder soziologischen Fragestellungen in den Diskussionen hier je eine Rolle gespielt hätten. Aber es ist doch sehr erfreulich, dass es da in Teilen der Kirche durchaus auch ein Bewusstsein dafür gibt, dass diese Themen für die Attraktivität der Kirche von Relevanz sind.

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Der pastorale Neusprech des 21. Jahrh. verwendet hier den Begriff "andocken": Man findet den Platz in der Gemeinde, an dem man andocken kann. Dazu gehört ein Gemeindekonzept, das auf andere Leute zugeht und damit die Offenheit, durch die Begegnung mit neuen Menschen Veränderungen bei sich selbst zuzulassen.

 

In meiner Gemeinde gibt es viele Andockstellen und ich kenne reihenweise Leute, die diese Stellen genützt haben. Unser großer Vorteil ist, dass wir traditionell, wie gestern beim Wortgottesdienstleitertreffen wieder einmal in Erinnerung gerufen wurde, Laien im pastoralen Dienst haben, die automatisch das pastorale Angebot einer Gemeinde bereichern, eine KV, die Geld in die Hand nimmt und eine begnadete Musikerin anstellt, die zwei Chöre leitet (Kinder und Jugendliche) und eine Kerngemeinde, die es akzeptiert hat, dass bei der Kinderbibelwoche die Kirche voll ist mit Leuten, die nur bei diesem Event andocken, und sich darüber freut.

 

Dazu gehört aber auch das Konzept, dass nicht jeder, der da kommt, gleich ein hundertprozentiger Gläubiger ist, sondern jemand auf der Suche nach Heimat und Gemeinschaft in einem kirchlichen Rahmen.

 

Meine Freundin kam über die Erstkommunion ihrer Kinder mit unserer Gemeinde in Kontakt und wollte, wie sie offen kommuniziert, anschließend aus der Kirche austreten. Tatsächlich landete sie bei der Kibiwo. Inzwischen gilt sie dank eines Bibelprojektes als Expertin fürs Matthäusevangelium und entging der Mitgliedschaft beim PGR nur durch Zufall. Eine große Kirchgängerin ist sie aber nie geworden, das sagt sie auch ganz klar.

 

Dafür ist ein sehr rühriges Mitglied des PGR erst vor kurzem wieder in die Kirche eingetreten, da sie zufällig vor ein paar Jahren bei uns im Gottesdienst war. Anschließend checkte sie in der Sakristei vorbei, weil sie dem Pfarrer nur sagen wollte, dass ihr die Predigt und der Gottesdienst gefallen habe. Der Pfarrer zog die Pastoralreferentin dazu, die lud die Dame zur "Exerzitien im Alltag"-Gruppe ein, die bei uns auch übers Jahr sich regelmäßig trifft und in der Phase offen ist. Das war es dann.

 

Usw.

 

Ich gestehe: Ich habe Menschen für die Kirche gewonnen. Ich würde auch für @Marcellinus einen Platz in meiner Gemeinde finden. Irgendwann würde es passieren und er stände beim Pfarrfest hinterm Grill oder in der Küche. 

bearbeitet von nannyogg57
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vor 6 Minuten schrieb nannyogg57:

Dazu gehört aber auch das Konzept, dass nicht jeder, der da kommt, gleich ein hundertprozentiger Gläubiger ist, sondern jemand auf der Suche nach Heimat und Gemeinschaft in einem kirchlichen Rahmen. [...]

Ich gestehe: Ich habe Menschen für die Kirche gewonnen. Ich würde auch für @Marcellinus einen Platz in meiner Gemeinde finden. Irgendwann würde es passieren und er stände beim Pfarrfest hinterm Grill oder in der Küche. 

 

Du denkst nicht wirklich von mir, daß ich nach einer „Gemeinschaft in einem kirchlichen Rahmen“ suche? :D

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Naja, du müsstest schon eine komplette und traumatische Aversion gegen einen kirchlichen Rahmen haben ... bei Kuchenspenden kann ich dich nicht unterbringen, das ist fest in der Hand vom Frauenbund.

 

Ich könnte dir auch eine Rolle in meinem Kibiwo-Ensemble anbieten, aber die sind zu heiß begehrt und ich darf nur 30 Leute auf die Bühne bringen, sonst steigt mir mein Team aufs Dach.

 

Die "Exerzitien im Alltag"-Gruppe ist auch zu frauenlastig und ich weiß nicht, ob du gerne meditative Kreistänze machst.

 

Derzeit sind Ordner beim Gottesdienst sehr gefragt, wegen Corona, und nächstes Jahr, an Pfingsten, gibt es die Wallfahrergruppe nach Altötting, da sind auch ziemlich interessante Leute dabei.

 

Der Gospelchor und der Kirchenchor suchen immer Männer, btw.

 

 

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vor einer Stunde schrieb duesi:

Du hast sicher, wenn du Seelsorge machst (ich hoffe, ich habe das richtig verstanden), Einblick in die Schwierigkeiten, die Menschen in und mit der Kirche so haben.

Ich habe meine kleinen Seelsorgsgärtlein in der rechtlichen Betreuung und bei der DPSG, und ein wenig auch hier. Aber ich kenne das Problem aus eigener Erfahrung durchaus. Aber wir hier sind ja auch so eine Art Gemeinde.

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vor 2 Minuten schrieb nannyogg57:

Naja, du müsstest schon eine komplette und traumatische Aversion gegen einen kirchlichen Rahmen haben ...

 

Traumatisch weiß ich nicht, aber komplett sicherlich! :D Die einzigen kirchlichen Veranstaltungen, an denen ich gezwungenermaßen teilnehmen muß, sind Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Leider habe ich eine unangenehme Eigenschaft: ich kann nicht weghören. Nicht nur, aber vor allem wenn jemand Blödsinn erzählt, höre ich hin, und mir rollen sich die Fußnägel hoch. Ich hab dann schon gelegentlich hinterher einige der Anwesenden gefragt, ob sie überhaupt gehört haben, was der Pastor da von sich gegeben hat. Die Antwort war immer nein. Es ginge halt um die Feier, und das sei halt so. Das sind also Sachen, mit denen ich leben muß, aber um alle kirchlichen Veranstaltungen, zu denen ich nicht hin muß, mache ich einen großen Bogen. 

 

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vor 2 Stunden schrieb Chrysologus:

Das ist leider eine Erfahrung, die nicht wenige machen.

 

Ich denke, Kirche lebt von beidem, persönlichem Glauben und (irgendeiner Form von) Heimat in der Gemeinde.

 

Ohne persönlichen Glauben wird Kirche zum Karnickelzüchterverein.

Und ohne Aufgehobensein in der Gemeinschaft und im Glauben der Gemeinschaft kann der persönliche Glaube vertrocknen oder zu dünnem Eis werden, das nicht mehr genügend trägt. 

 

Und Gemeinde braucht ebenso beide Typen, die, die stärker den Glauben tragen, und die, die mehr dabei sind und organisieren. Was dem einen fehlt,  ergänzt der andere.

 

Und leider wird die Gemeinschaft leicht zur geschlossenen Gesellschaft. Störe meine Kreise nicht...

bearbeitet von Gratia
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@Marcellinus: Ok, da muss ich passen. Ich liege seit gefühlt zwei Jahren mit meinem Pfarrer in einem Punkt über Kreuz, das ist seine Feindlichkeit gegenüber neuen Kommunikationsmedien. Dass er nicht mal Email hat, das sagt schon alles.

 

Corona zwang ihn, sich von seiner pastoralen Mitarbeiterin zu einem Youtube-Video breitschlagen zu lassen und er hat das gut gemacht, sein Ding isses nicht.

 

Meine Söhne, mehr oder weniger atheistisch angehaucht (die übrigens allesamt in meiner Gemeinde bei Gelegenheit andocken) nehmen das leider, aus deiner Sicht, gelassen: Sie schätzen seine persönliche Integrität zu sehr um sich daran zu stoßen, dass er immer wieder auf sein Lieblingsthema zurückkommt, die authentische Begegnung im Gegensatz zu der in den neuen Medien. Beim letzten Weihnachtsgottesdienst wirkten sie fast erleichtert, dass das Thema in den Fürbitten endlich kam, nachdem er es in der Predigt ausgelassen hatte.

 

Blödsinn reden wir alle viel, wenn der Tag lang ist. Beim Pfarrer halte ich dagegen, aber ich weiß auch, warum er so unterwegs ist. Im tiefsten Herzen weiß er, dass das nicht alles schlecht ist und hat es natürlich auch schon zugegeben, unter vier Augen, aber er hat halt keine Lust darauf und genießt jetzt wieder die Begegnungen erster Hand.

 

Theologischen Blödsinn hat er noch nie verzapft, du wärest also save. Und er hat zu viel Erfahrung mit Kirche um nicht zu wissen, wie absurd der Verein sein kann. Aber um ihn herum und um mich herum und um uns herum da ist ein Transformationsfeld, da ist Kirche nicht absurd.

 

 

 

 

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