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Sünde wider den Hl. Geist


Maximilian

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Hallo zusammen!

Wie ist die Sünde wider den Hl. Geist, von der man ja keine Vergebung bekommt (siehe Evangelium von morgen), genau zu verstehen?

Was unterscheidet diese Sünde von anderen? Und warum gibt es keine Vergebung, wo Gott ja im Falle des Bereuens jede Sünde vergibt?

Danke

Max

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Grob gesagt wird die Unbußfertigkeit bis zum Tod als Sünde wider den Heiligen Geist bezeichnet. Im Katechismus (KKK von 1992, Nr. 1864) steht es so: „Die Barmherzigkeit Gottes ist grenzenlos; wer sich aber absichtlich weigert, durch Reue das Erbarmen Gottes anzunehmen, weist die Vergebung seiner Sünden und das vom Heiligen Geist angebotene Heil zurück. Eine solche Verhärtung kann zur Unbußfertigkeit bis zum Tod und zum ewigen Verderben führen.“

Bis zu dieser Formel war es ein langer Weg. Der Begriff "Sünde wider den Heiligen Geist" geht ja auf den Bericht von der Heilung eines Besessenen in Matthäus 12, 22-32 (und in den Parallelstellen bei Markus und Lukas) zurück. Mit dem Satz "Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden, aber die Lästerung des Geistes wird den Menschen nicht vergeben werden" reagiert Jesus auf die Beschuldigung durch Pharisäer, er, also Jesus, habe die Dämonen aus dem Besessenen mit der Hilfe von Beelzebul ausgetrieben, dem obersten aller Dämonen.

Daraus folgernd wurde als Sünde wider den Heiligen Geist benannt, wenn jemand göttliches Handeln als Handeln des Teufels bezeichnet. Im Lauf der Kirchengeschichte wurde das breiter ausgefächert. Ich bin gerade im Urlaub und habe die Fachliteratur nicht zur Hand, erinnere mich nur, dass im LThK 2 (also der zweiten Auflage des Lexikons für Theologie und Kirche) eine umfassende Darstellung des Themas zu finden ist. Laut Wikipedia zählten in der scholastischen Dogmatik als Sünden wider den Heiligen Geist: Die vermessene Hoffnung auf Heil, die Verzweiflung am Heil, das Widerstreben gegen die erkannte Wahrheit, der Neid auf die Gnadengabe eines anderen, die Verstockung in den Sünden und die Unbußfertigkeit bis zum Tod. Das hat sich ziemlich reduziert.

Im evangelischen Glauben wird als Sünde wider den Heiligen Geist angesehen, wenn jemand ein göttliches Handeln als Handeln des Teufels ausgibt (wie die Pharisäer in den neutestamentlichen Bericht) oder ein teuflisches Handeln als Handeln Gottes. Jedoch immer unter der Prämisse, dass der Sünder diese Sünde erkennt und dennoch wider besseres Wissen daran festhält. Martin Luther hat in seiner 1529 verfassten Schrift "Von der Sünde wider den heiligen Geist" als Beispiel für die zweite Möglichkeit - also Böses tun im Glauben, man tue etwas nach Gottes Willen - Paulus genannt. Paulus hat ja vor seinem Damaskus-Erlebnis die Jesus-Anhänger verfolgt im Glauben, etwas Gottgefälliges zu tun. Hätte er nach Damaskus, also im Wissen darum, dass er falsch lag, dennoch auf seiner früheren Haltung beharrt, wäre das eine Sünde wider den Heiligen Geist gewesen. Auf dieser Argumentation beruht zum Beispiel auch die Aussage des evangelischen Theologen Karl Barth, dass Antisemitismus im Wissen um die Judenverfolgung eine solche Sünde wider den Heiligen Geist sei.

Alfons

 

 

bearbeitet von Alfons
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vor 2 Minuten schrieb Alfons:

Petrus genannt. Petrus hat ja vor seinem Damaskus

Corrigee: Das war Paulus

 

Werner

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vor 2 Stunden schrieb Ennasus:

Hier und in den anschließenden Postings findest du eine frühere Diskussion zu diesem Thema.

 

Danke für den Link. Da finde ich ganz wunderbar erklärt, wie sich "Sünde wider den heiligen Geist" psychologich-lebensweisheitlich verstehen lässt. Ich ziehe die wichtigsten Sätze von Ennasus aus der Diskussion von 2014 mal hier rüber, das macht es einfacher zu lesen:

 

Zitat

Wenn der heilige Geist der dynamische, der Wirkaspekt von "Gott" ist, dann bedeutet "Sünde wider den Heiligen Geist", sich dieser wachstumsanstoßenden, vorwärtstreibenden Kraft zu verweigern, zu stagnieren, zu erstarren und abzunehmen in seiner Lebendigkeit und Beziehungsfähigkeit.

(Das "kann nicht verziehen werden" - weil, wenn jemand sich innerlich völlig abschließt und sich durch nichts in seiner Resignation bewegen lässt, kann sich nichts mehr neu und weiter entwickeln.)
[...]

Wenn man genauer hinschauen will, was für Haltungen das im konkreten Fall genau sein könnten, kann man natürlich darüber nachdenken, was eine solche "Verhärtung" bewirken kann. Hochmut (die Einstellung, unabhängig von andern alles selbst - und das besser - zu können, niemanden zu brauchen,...) bewirkt ein Umsichselbstkreisen und verhindert eine Öffnung nach außen, die Entwicklung anstoßen könnte. Insofern kann Hochmut sehr wohl zu einer Sünde wider den Heiligen Geist werden.

[...]

Ich habe das versucht, vorhin zu thematisieren, als ich darüber geschrieben habe, warum eine Sünde wider den Heiligen Geist "nicht vergeben werden kann".

Es ist nicht Gott, der nicht vergibt, sondern:

Vergebung ist nicht etwas, das abgeschlossen ist, indem einer dem andern nicht (mehr) böse ist. Sondern Vergebung ist erst dann "fertig", wenn der, der gefehlt hat, es in seinem Herzen ankommen lassen hat, dass "alles wieder gut ist". Dafür braucht es einen Prozess in der Psyche des schuldig Gewordenen - und wenn es jemand nicht zulässt, dass er erschrickt über sein eigenes Versagen, dass er sich schämt, dass es ihm leid tut - und dann auch noch, dass er dem andern glaubt, dass der ihm nicht mehr nachträgt, kann wirkliche Vergebung nicht stattfinden.

 

 

 

bearbeitet von Alfons
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Das Erleben der menschlichen Not, die die christliche Religion mit der "Sünde wider den Heiligen Geist" geschaffen hat, ließ mich bei meiner dritten Ausbildung zum Pflegefachmann Psychiatrie immer kritischer werden.

 

Ein Beispiel ist mir besonders eindrücklich in der Erinnerung geblieben. Ein sehr fundamentalistischer Christ erlebte eine schwere Depression. Er meinte, die "Sünde wider den Heiligen Geist" gemacht zu haben. Die christlichen Freundinnen, die ihn besuchten, sagten ihm, er solle mehr beten. Sie stießen ihn damit noch tiefer in die Not. Und die Ärzte spotteten: "Die Religion hat ihn krank gemacht." Alle lagen sie falsch. Der Mann hatte einen Hypophysen-Tumor. Durch diesen Tumor geriete alle Hormone durcheinander. Bei solchen Tumoren sind Depressionen ein bekanntes Symptom.

 

Mit der Vergöttlichung Jesus hat man ihn jeder Korrektur entzogen. Diese Vergöttlichung Jesus hat viele Menschen verletzt.

 

@Alfons hat das sehr gut beschrieben.

bearbeitet von Gerhard Ingold
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Am 23.1.2023 um 23:09 schrieb Gerhard Ingold:

....

Ein Beispiel ist mir besonders eindrücklich in der Erinnerung geblieben. Ein sehr fundamentalistischer Christ erlebte eine schwere Depression. Er meinte, die "Sünde wider den Heiligen Geist" gemacht zu haben. Die christlichen Freundinnen, die ihn besuchten, sagten ihm, er solle mehr beten. Sie stießen ihn damit noch tiefer in die Not. Und die Ärzte spotteten: "Die Religion hat ihn krank gemacht." Alle lagen sie falsch. Der Mann hatte einen Hypophysen-Tumor. Durch diesen Tumor geriete alle Hormone durcheinander. Bei solchen Tumoren sind Depressionen ein bekanntes Symptom.

 

Mit der Vergöttlichung Jesus hat man ihn jeder Korrektur entzogen. Diese Vergöttlichung Jesus hat viele Menschen verletzt.

....

 

Mit dem was Du schreibst, bin ich nicht ganz einverstanden.  Wie Du schon geschrieben hast, hatte der Christ einen Hypophysentumor. Man kann natürlich zu Jesus beten, daß er ihn vom Hypophysentumor heilt und er gesund wird. Ob das Wunder eintrifft, ist natürlich eine andere Sache und das hängt allein von Gott ab. Es gibt da ja auch noch die Diagnostik und die Therapie im Krankenhaus....

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vor 29 Minuten schrieb Bartholomäa:

Mit dem was Du schreibst, bin ich nicht ganz einverstanden.  Wie Du schon geschrieben hast, hatte der Christ einen Hypophysentumor. Man kann natürlich zu Jesus beten, daß er ihn vom Hypophysentumor heilt und er gesund wird. Ob das Wunder eintrifft, ist natürlich eine andere Sache und das hängt allein von Gott ab. Es gibt da ja auch noch die Diagnostik und die Therapie im Krankenhaus....

Um das ging es mir nicht. Es geht darum, dass sich theistisch Gläubige wie atheistische Nichtgläubige irren können.

 

Druck auf Menschen können sowohl als auch machen.

 

Wie schwächer Menschen in allen Ebenen sind, benötigen sie Hilfe. Körperliche Leiden sind relativ einfach zu therapieren. Wo es um die Psyche des Menschen geht, wird es komplizierter. Wie kompliziert es ist, zeigen die neutestamentlichen Erzählungen. Bei Behinderungen, Krankheiten, psychischen Krankheiten sah man überall Dämonen oder Schuld im Spiel. Erst Freud hat tiefer geforscht.  Und wir kennen heute Zusammenhänge, die man früher nicht erkannt hat.

 

Das Thema hier aber ist die "Sünde wider den Heiligen Geist". Was Menschen ohne wirkliche Grundkenntnisse der Seele alles geschrieben haben, ist teils erschreckend. So formuliert zB. der Hebräerbriefschreiber: "Denn so wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, haben wir fürder kein anderes Opfer mehr für die Sünden, 27sondern ein schreckliches Warten des Gerichts und des Feuereifers, der die Widersacher verzehren wird.…" (Heb. 10,26f). Aber der Schreiber schreibt nicht, was mutwillige Sünde sei. Das hat viele schwache, sensible und feinfühlige Menschen in tiefe Krisen geführt. In Krisen geführt, weil der Schreiber nicht darauf hingewiesen hat, was denn "mutwillige Sünde sei".

 

Ich kann in der Erziehung Kinder regelrecht zur Sau machen, wenn ich sie mit Schlägen bedrohe, ohne zu deklarieren, wofür sie Schläge erwarten könnten. Genau diesen Erziehungsfehler haben auch der Johannesbriefschreiber, der Hebräerbriefschreiber usw. gemacht. Das geschah aus Unkenntnis. Und da man Gläubigen eingebläut hat, die Bibel sei vom Geist Gottes inspiriert und damit irrtums- und fehlerloses Wort Gottes, haben schwache Menschen solche Schriften viel zu nahe an sich heran gelassen.

 

Wir Theologen haben hier viel Schuld auf uns geladen.

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vor 5 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Um das ging es mir nicht. Es geht darum, dass sich theistisch Gläubige wie atheistische Nichtgläubige irren können.

 

Druck auf Menschen können sowohl als auch machen.

 

Wie schwächer Menschen in allen Ebenen sind, benötigen sie Hilfe. Körperliche Leiden sind relativ einfach zu therapieren. Wo es um die Psyche des Menschen geht, wird es komplizierter. Wie kompliziert es ist, zeigen die neutestamentlichen Erzählungen. Bei Behinderungen, Krankheiten, psychischen Krankheiten sah man überall Dämonen oder Schuld im Spiel. Erst Freud hat tiefer geforscht.  Und wir kennen heute Zusammenhänge, die man früher nicht erkannt hat.

 

Das Thema hier aber ist die "Sünde wider den Heiligen Geist". Was Menschen ohne wirkliche Grundkenntnisse der Seele alles geschrieben haben, ist teils erschreckend. So formuliert zB. der Hebräerbriefschreiber: "Denn so wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, haben wir fürder kein anderes Opfer mehr für die Sünden, 27sondern ein schreckliches Warten des Gerichts und des Feuereifers, der die Widersacher verzehren wird.…" (Heb. 10,26f). Aber der Schreiber schreibt nicht, was mutwillige Sünde sei. Das hat viele schwache, sensible und feinfühlige Menschen in tiefe Krisen geführt. In Krisen geführt, weil der Schreiber nicht darauf hingewiesen hat, was denn "mutwillige Sünde sei".

 

Ich kann in der Erziehung Kinder regelrecht zur Sau machen, wenn ich sie mit Schlägen bedrohe, ohne zu deklarieren, wofür sie Schläge erwarten könnten. Genau diesen Erziehungsfehler haben auch der Johannesbriefschreiber, der Hebräerbriefschreiber usw. gemacht. Das geschah aus Unkenntnis. Und da man Gläubigen eingebläut hat, die Bibel sei vom Geist Gottes inspiriert und damit irrtums- und fehlerloses Wort Gottes, haben schwache Menschen solche Schriften viel zu nahe an sich heran gelassen.

 

Wir Theologen haben hier viel Schuld auf uns geladen.

Ich persönlich habe mit dem Johannesbrief und mit dem Hebräerbrief keine Probleme. Wichtig ist im Leben, daß wir demütig sind und die Schuld auch mal bei uns suchen. Da muß man nicht gleich in eine Depression fallen. Gott liebt uns auch mit unseren Fehlern. Jesus ist für uns am Kreuz gestorben, weil wir Sünder sind. Wir können trotzdem frohe Christen sein, auch wenn wir wissen, daß Jesus Christus für uns am Kreuz gestorben ist.

Das was Du mit der Erziehung der Kinder schreibst macht mich wirklich im ersten Moment sehr traurig. Ich habe das Glück eine sehr gute Mutter zu haben. Ich habe sehr viel Liebe und Verständnis von ihr erhalten. Kinder soll man natürlich verständnisvoll behandeln.

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vor 6 Stunden schrieb Bartholomäa:

Ich persönlich habe mit dem Johannesbrief und mit dem Hebräerbrief keine Probleme. Wichtig ist im Leben, daß wir demütig sind und die Schuld auch mal bei uns suchen. Da muß man nicht gleich in eine Depression fallen. Gott liebt uns auch mit unseren Fehlern. Jesus ist für uns am Kreuz gestorben, weil wir Sünder sind. Wir können trotzdem frohe Christen sein, auch wenn wir wissen, daß Jesus Christus für uns am Kreuz gestorben ist.

Das was Du mit der Erziehung der Kinder schreibst macht mich wirklich im ersten Moment sehr traurig. Ich habe das Glück eine sehr gute Mutter zu haben. Ich habe sehr viel Liebe und Verständnis von ihr erhalten. Kinder soll man natürlich verständnisvoll behandeln.

Mein Satz sollte nicht missverstanden werden: "Ich kann in der Erziehung Kinder regelrecht zur Sau machen, wenn ich sie mit Schlägen bedrohe, ohne zu deklarieren, wofür sie Schläge erwarten könnten."

Das wäre eben keine Erziehung. Aber genau das macht der Hebräerbriefschreiber. Er droht, ohne zu deklarieren, was falsch ist.

 

So geht man mit keinem Mensch um. 

 

Ich machte 1984-1987 meine dritte Ausbildung zum Pflegefachmann Psychiatrie. Da kam ich auf die Welt, als ich die vielen religiös erkrankten Menschen auf Aufnahmestationen erlebt hatte. Als Theologe schreibe ich aus der Praxis.

bearbeitet von Gerhard Ingold
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