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Wow, gewaltig 😍! Danke dafür! 

 

Besonders gefällt mir

 

vor 1 Stunde schrieb rorro:

"Mir kommen die Worte Christi in den Sinn: Die Kinder bitten um Brot, und ihr gebt ihnen einen Stein (Mt 7,9). Selbst die säkulare Welt hat genug von der Säkularisierung und sucht nach Spiritualität."

Ich werde noch was dazu schreiben, habe heute nur sehr wenig Zeit.

Cosifantutti
Posted (edited)

Vielen Dank für die Postierung und Übersetzung dieses Briefes von Clodovis Boff. Du hast vollkommen recht, seine Gedanken über den Grundauftrag der Kirche sind ganz grundsätzlicher Art und treffen auch die Kirchen Europas in den Kern. 

 

In der Tat, muss sich die Kirche zu allen Zeiten und in allen Kulturen die Frage stellen: Was ist unser eigener, ganz spezieller Auftrag, was ist unsere besondere  "Mission" ? 

 

Die Worte des Auferstandenen: 

"Ihr sollt ( werdet ) meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde."

 

Manchmal hat man den Eindruck, die Kirche will bei allen möglichen politischen, gesellschaftlichen Fragen "mitreden"... um in irgendeiner Form auch heute noch von "der Gesellschaft", von den politischen Akteuren "anerkannt" zu werden, es geht  um die Frage ihrer bleibenden "Relevanz..."

 

In meinem Verweis auf Jürgen Habermas möchte ich ja gerade auf diesen kuriosen Sachverhalt aufmerksam machen: Habermas erkennt in seinem Blick "von außen", als dezidiert nichtreligiöser Zeitgenosse ( er bezeichnet sich als "religiös unmusikalisch" ),  dass der Kern der Religion und - das ist das Entscheidende - die bleibende "Relevanz" für eine nichtreligiöse Gesellschaft, eben gerade nicht im sozialen, politischen Engagement liegt, sondern in der gottesdienstlichen Praxis, der Liturgie...  

 

Clodovis Boff schreibt seinen Brief aufgrund seines brasilianischen Kontextes. Die katholische Kirche hat in diesem Land in den letzten 30 / 40 Jahren erschreckend viele Mitglieder verloren. Die Ursache sind natürlich sehr vielfältig. Aber auffällig ist doch, dass viele "Ex-Katholiken" eine neue spirituelle Heimat in evangelikalen Freikirchen finden, die sich schlicht um das "Seelenheil" der Gläubigen kümnern, wie fragwürdig das immer auch aussieht. Andererseits schlägt in Brasilien mit Sicherheit der eklatante Priestermangel und die fehlenden Berufungen zum Ordensleben durch, sodass die Kirche "vor Ort" oftmals nicht mehr im genügenden Maße "präsent" ist und die Menschen bei den evangelischen Kirchen anheuern. 

 

 

Edited by Cosifantutti
Posted

 

Boff (jr.) kritisiert in einem offenen Brief an die Bischöfe des CELAM (Lateinamerikanischer Bischofsrat) deren Fokussierung auf soziale Themen in ihrer offiziellen Botschaft und bemängelt das Fehlen einer explizit religiösen, spirituellen und christozentrischen Verkündigung. Er wirft den Bischöfen vor, über Jahrzehnte hinweg soziale Anliegen wie Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie zu betonen, während zentrale Glaubensinhalte – wie die Verkündigung Christi, Gnade, Erlösung und Eschatologie – vernachlässigt oder nur oberflächlich behandelt würden. Er sieht darin eine Ursache für den Niedergang der katholischen Kirche in Lateinamerika und fordert eine Rückbesinnung auf das religiöse und spirituelle Zentrum, insbesondere auf Christus als Mittelpunkt. Er warnt davor, dass die Kirche sonst Gefahr laufe, zu einer bloßen NGO zu werden, und fordert einen „überwältigenden Christozentrismus“. Der Brief endet mit einem Appell, Christus wieder ins Zentrum des kirchlichen Lebens und Handelns zu

 

Boff äußert eine tiefe Enttäuschung über die Entwicklung „seiner“ Kirche. Die wiederholte Betonung von „es reicht!“ und die Schilderung eines inneren Impulses, sich Gehör zu verschaffen, deuten auf einen hohen Leidensdruck und das Bedürfnis nach Sinn und Identität hin. Die Kirche wird als Institution beschrieben, die ihre eigene Identität verloren hat. Er projiziert seine Sehnsucht nach spiritueller Tiefe und Zugehörigkeit auf die Institution und beklagt deren „Verweltlichung“. Dies spiegelt eine klassische Identitätskrise wider, wie sie auch Individuen erleben, wenn zentrale Werte und Sinnangebote wegbrechen.

Frühere Zustände der Kirche („erste Liebe“, „Christozentrismus“) werden idealisiert und er fordert eine Rückkehr zu diesen Ursprüngen. Dies kann als regressiver Bewältigungsmechanismus verstanden werden, um mit der als bedrohlich empfundenen Gegenwart umzugehen.

Er weist die Verantwortung für den Niedergang der Kirche fast ausschließlich den Bischöfen zu. Die Komplexität gesellschaftlicher Veränderungen wird dabei ausgeblendet – ein typischer Abwehrmechanismus, um Ambivalenz und Unsicherheit zu reduzieren.

 

Der Brief ist durchdrungen von einer tiefen Sehnsucht nach Sinn, Transzendenz und spiritueller Erfahrung – grundlegende Bedürfnisse vieler Menschen. Die Argumentation ist jedoch einseitig. Boff stellt soziale Anliegen und spirituelle Verkündigung als Gegensätze dar, obwohl sie sich in der katholischen Soziallehre traditionell ergänzen. Die Reduktion des kirchlichen Auftrags auf reine Spiritualität ignoriert die biblische und theologische Tradition der „option for the poor“ und der sozialen Gerechtigkeit. Die Herausforderungen Lateinamerikas – Armut, Gewalt, soziale Ungleichheit – sind real und betreffen Millionen Menschen. Die Kirche kann sich diesen Problemen nicht entziehen, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Der Vorwurf, sie agiere wie eine NGO, unterschätzt die spirituelle Motivation vieler kirchlicher Sozialinitiativen.


Boff verallgemeinert die Haltung der Bischöfe und ignoriert die Vielfalt kirchlicher Praxis in Lateinamerika. Viele Pfarreien, Bewegungen und Bischöfe verbinden erfolgreich soziale Arbeit mit spiritueller Erneuerung. Die Forderung nach einem „überwältigenden Christozentrismus“ und die Idealisierung vergangener Zeiten bergen die Gefahr, gesellschaftliche Entwicklungen und neue Formen von Spiritualität auszublenden. Die Kirche muss sich weiterentwickeln, um relevant zu bleiben. Er arbeitet mit starken Gegensätzen, emotionalen Appellen und apokalyptischen Bildern („Haus brennt“, „Niedergang“), was die sachliche Diskussion erschwert und zu einer Dramatisierung beiträgt.

 

Der Brief ist Ausdruck einer tiefen spirituellen Sehnsucht und einer Sorge um die Identität der Kirche. Er spiegelt klassische Muster von Enttäuschung wider. Inhaltlich bleibt er jedoch einseitig und verkennt die Notwendigkeit, Spiritualität und soziales Engagement als komplementäre Dimensionen kirchlichen Handelns zu begreifen. Eine zukunftsfähige Kirche wird beides brauchen: die klare Verkündigung des Glaubens und ein glaubwürdiges Engagement für die Welt.
 

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vor 7 Minuten schrieb Frey:

Die Argumentation ist jedoch einseitig. Boff stellt soziale Anliegen und spirituelle Verkündigung als Gegensätze dar, obwohl sie sich in der katholischen Soziallehre traditionell ergänzen.

Das dachte ich auch zuerst. Aber er geht ja nochmal darauf ein:

 

vor 2 Stunden schrieb rorro:

"Liebe Bischöfe, ich glaube schon Ihre unterdrückte und vielleicht empörte Reaktion zu hören: „Aber sollte die Kirche dann mit dieser angeblich „spirituellen“ Rede die Armen, die soziale Gewalt, die ökologische Zerstörung und so viele andere soziale Dramen jetzt beiseite lassen? Wäre das nicht ein Zeichen von Blindheit und sogar Zynismus?“ Einverstanden, Brüder. Dass sich die Kirche in solche Dramen einmischen muss, ist unbestreitbar. Die eigentliche Frage lautet jedoch: Wenn sich die Kirche in solche Dramen einmischt, tut sie das dann im Namen Christi? Sind ihr soziales Engagement und das ihrer Aktivisten wirklich vom Glauben und, auch wenn es redundant ist, vom christlichen Glauben geprägt? Wenn die Kirche sich in den sozialen Kampf einmischt, ohne von ihrem Glauben, dem christologischen Glauben, informiert und beseelt zu sein, wird sie nicht mehr tun als jede andere NGO."

 

Shubashi
Posted

Wir hatten das Thema „Christentum in Latein- und Mittelamerika“ ja schon mal hier angesprochen, ebenso den Erfolg der Evangelikalen. 
Die größte dieser Gruppen scheint die „Universal Church of the Kingdom of God“ zu sein. Sie hat wohl etwa 8 Mio. Mitglieder in Brasilien und ist auch in den USA vertreten.

Wenn „Christus“ der Kern ihres Erfolges als katholisches Konkurrenzprojekt wäre, wie ist dann dieser Eintrag bei Wikipedia zu werten:

Quote

The church supported Jair Bolsonarofor president in the 2018 Brazilian general election,[12] which he won.

The UCKG has been accused of cult-like[13][14][15][16] illegal activities and corruption, including money laundering,[17]charlatanism,[18][7][19] and witchcraft,[7] as well as intolerance towards other religions.[20][21] There have also been accusations that the church extracts money from poor members for the benefit of its leaders.[22] In 2000, a London-based UCKG pastor arranged an exorcism which resulted in the death of a child and the conviction of her guardians for murder.[23][24] The UCKG has been subject to bans in several African countries. In 2017 it was alleged to have been adopting children in Portugal and taking them abroad illegally.


Ich denke, man sollte auch ins Auge fassen, dass die Menschen in der Abwendung von der katholischen Kirche von ganz anderen Gründen motiviert werden, als einem Vermissen katholischer „Christuszentriertheit“.

Posted

Dieser Weckruf ist berechtigt. Die KIrche sollte sich mehr auf die charismatischen Gemeinschaften fokussieren, sonst wird sie von ihrer Konkurrenz aus dem Markt gedrängt. Als Laie brauche ich mich zum Glück nicht dafür zu interessieren, aber für Bischöfe sollte das schon ein Thema sein. Bisher war die Kirche recht gut darin, die Erfolgsrezepte anderer für ihre Zwecke fruchtbar zu machen. 

Posted

Ich begrüße die Sehnsucht, die Herr Boff ausdrückt, denn wer Gott nicht sucht, dem kann er kein Vergelter sein. Aber das Evangelium ist doch bereits in der Welt? Keiner kann sagen, er wüßte nicht davon. Was erwartet Herr Boff also, dass seine Amtskirche hinzufügen möge? Erklärende Vertiefungen, Auslegungen hat sie im Verbund mit der globalen Amtskirche doch auch bereits hinzugefügt. Sie soll mehr darüber reden, ihre Verlautbarungen darauf konzentrieren? Aber die Offenbarung ändert sich doch nicht. Wenn man nur darüber redet, dann wiederholt man sich unendlich bis zum Sanktnimmerleinstag. Im Gegensatz dazu, ändert sich die Welt kontinuierlich und es gibt zu ihr immer Neues zu sagen.

 

Ich denke, Herr Boff hat ein typisch katholisches Problem: die Amtskirche muss für alles herhalten, weil sie die weltliche Autorität ist, auf die jeder Gläubige hoffnungsvoll blickt. Und wenn man ein spirituelles Problem hat oder eine Krise, dann muss das natürlich mit der Amtskirche zu tun haben. So gesehen erntet die Amtskirche genau die Frucht, die sie Jahrtausende lang ausgesät hat: Wir sind Mittler zwischen dir, Gläubiger, und Gott, und an uns vorbei oder ohne uns geht gar nichts.

 

Und wenn sich die Gläubigen anderen Kirchen zuwenden, die ihre Hoffnung vermeintlich besser erfüllen, dann hat das die gleiche Ursache: das Evangelium ist nie bei ihnen angekommen, deshalb fokussieren sie ihre Hoffnung auf ein irreführendes weltliches Objekt.

 

Shubashi
Posted
3 minutes ago, Merkur said:

Dieser Weckruf ist berechtigt. Die KIrche sollte sich mehr auf die charismatischen Gemeinschaften fokussieren, sonst wird sie von ihrer Konkurrenz aus dem Markt gedrängt. Als Laie brauche ich mich zum Glück nicht dafür zu interessieren, aber für Bischöfe sollte das schon ein Thema sein. Bisher war die Kirche recht gut darin, die Erfolgsrezepte anderer für ihre Zwecke fruchtbar zu machen. 


Deswegen habe ich mal eine dieser Gruppen vorgestellt. Eine andere wichtige Gruppe sind z.B. die „Pfingstkirchen“ (engl. „Assemblies of God“), die aber wohl div. Spaltungen durchlaufen.

Deswegen frage ich hier ja, was speziell an den Erfolgen der evangelikalen Kirchen in Lateinamerika nachahmbar wäre, ohne z.B. Aspekte wie Kommerzialisierung, Korruption oder Schismata mit aufzunehmen, die eben wohl auch Teil des freikirchlichen Wachstums sind.

Posted (edited)
vor 48 Minuten schrieb Shubashi:

Deswegen frage ich hier ja, was speziell an den Erfolgen der evangelikalen Kirchen in Lateinamerika nachahmbar wäre, ohne z.B. Aspekte wie Kommerzialisierung, Korruption oder Schismata mit aufzunehmen, die eben wohl auch Teil des freikirchlichen Wachstums sind.

Es gibt ja bereits Versuche in diese Richtung (die Gruppen im ICCRS). Diese und evtl. neu zu gründende Gruppen müssen dann eben versuchen, die Differenzen zwischen dem, was in charismatischen Kreisen gewünscht wird und der traditionellen katholischen Lehre irgendwie zu glätten. Mit der Aufrechterhaltung der Disziplin in religiösen Bewegungen hat die Kirche Erfahrung, daher denke ich, dass sie die Risiken managen kann.  

Edited by Merkur
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Posted (edited)
vor 3 Stunden schrieb Frey:

 

Boff (jr.) kritisiert in einem offenen Brief an die Bischöfe des CELAM (Lateinamerikanischer Bischofsrat) deren Fokussierung auf soziale Themen in ihrer offiziellen Botschaft und bemängelt das Fehlen einer explizit religiösen, spirituellen und christozentrischen Verkündigung. Er wirft den Bischöfen vor, über Jahrzehnte hinweg soziale Anliegen wie Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie zu betonen, während zentrale Glaubensinhalte – wie die Verkündigung Christi, Gnade, Erlösung und Eschatologie – vernachlässigt oder nur oberflächlich behandelt würden. Er sieht darin eine Ursache für den Niedergang der katholischen Kirche in Lateinamerika und fordert eine Rückbesinnung auf das religiöse und spirituelle Zentrum, insbesondere auf Christus als Mittelpunkt. Er warnt davor, dass die Kirche sonst Gefahr laufe, zu einer bloßen NGO zu werden, und fordert einen „überwältigenden Christozentrismus“. Der Brief endet mit einem Appell, Christus wieder ins Zentrum des kirchlichen Lebens und Handelns zu

 

Boff äußert eine tiefe Enttäuschung über die Entwicklung „seiner“ Kirche. Die wiederholte Betonung von „es reicht!“ und die Schilderung eines inneren Impulses, sich Gehör zu verschaffen, deuten auf einen hohen Leidensdruck und das Bedürfnis nach Sinn und Identität hin. Die Kirche wird als Institution beschrieben, die ihre eigene Identität verloren hat. Er projiziert seine Sehnsucht nach spiritueller Tiefe und Zugehörigkeit auf die Institution und beklagt deren „Verweltlichung“. Dies spiegelt eine klassische Identitätskrise wider, wie sie auch Individuen erleben, wenn zentrale Werte und Sinnangebote wegbrechen.

Frühere Zustände der Kirche („erste Liebe“, „Christozentrismus“) werden idealisiert und er fordert eine Rückkehr zu diesen Ursprüngen. Dies kann als regressiver Bewältigungsmechanismus verstanden werden, um mit der als bedrohlich empfundenen Gegenwart umzugehen.

Er weist die Verantwortung für den Niedergang der Kirche fast ausschließlich den Bischöfen zu. Die Komplexität gesellschaftlicher Veränderungen wird dabei ausgeblendet – ein typischer Abwehrmechanismus, um Ambivalenz und Unsicherheit zu reduzieren.

 

Der Brief ist durchdrungen von einer tiefen Sehnsucht nach Sinn, Transzendenz und spiritueller Erfahrung – grundlegende Bedürfnisse vieler Menschen. Die Argumentation ist jedoch einseitig. Boff stellt soziale Anliegen und spirituelle Verkündigung als Gegensätze dar, obwohl sie sich in der katholischen Soziallehre traditionell ergänzen. Die Reduktion des kirchlichen Auftrags auf reine Spiritualität ignoriert die biblische und theologische Tradition der „option for the poor“ und der sozialen Gerechtigkeit. Die Herausforderungen Lateinamerikas – Armut, Gewalt, soziale Ungleichheit – sind real und betreffen Millionen Menschen. Die Kirche kann sich diesen Problemen nicht entziehen, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Der Vorwurf, sie agiere wie eine NGO, unterschätzt die spirituelle Motivation vieler kirchlicher Sozialinitiativen.


Boff verallgemeinert die Haltung der Bischöfe und ignoriert die Vielfalt kirchlicher Praxis in Lateinamerika. Viele Pfarreien, Bewegungen und Bischöfe verbinden erfolgreich soziale Arbeit mit spiritueller Erneuerung. Die Forderung nach einem „überwältigenden Christozentrismus“ und die Idealisierung vergangener Zeiten bergen die Gefahr, gesellschaftliche Entwicklungen und neue Formen von Spiritualität auszublenden. Die Kirche muss sich weiterentwickeln, um relevant zu bleiben. Er arbeitet mit starken Gegensätzen, emotionalen Appellen und apokalyptischen Bildern („Haus brennt“, „Niedergang“), was die sachliche Diskussion erschwert und zu einer Dramatisierung beiträgt.

 

Der Brief ist Ausdruck einer tiefen spirituellen Sehnsucht und einer Sorge um die Identität der Kirche. Er spiegelt klassische Muster von Enttäuschung wider. Inhaltlich bleibt er jedoch einseitig und verkennt die Notwendigkeit, Spiritualität und soziales Engagement als komplementäre Dimensionen kirchlichen Handelns zu begreifen. Eine zukunftsfähige Kirche wird beides brauchen: die klare Verkündigung des Glaubens und ein glaubwürdiges Engagement für die Welt.
 

 

Der Text klingt irgendwie so, als hätte eine KI ihn geschrieben.

 

Und auch inhaltlich geht er am Anliegen von C. Boff (der Bruder von Leonardo) vorbei:

 

er stellt keinen Gegensatz von sozial versus christozentrisch auf, sondern erwartet, daß die erste Motivation, die eigentliche Existenzgrundlage für die Kirche, von ihr immer wieder lauthals verkündet wird. Auch beim sozialen Handeln, das er selbst als wichtig bezeichnet. 

 

Man kann bspw. aus säkularen, christlichen, islamischen oder auch buddhistischen Gründen ehrenamtlich Nachhilfeunterricht geben (gibt auch noch andere Gründe). Doch wer als Christ nie über seine Motivation spricht, ist als solcher austauschbar.

Edited by rorro
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Die Kirche in einer Krise der fehlenden Spiritualität in einer nach Spiritualität suchenden Welt? Für Lateinamerika kann ich das nicht beantworten, aber bei uns habe ich dann doch eher den Eindruck als sei die Suche nach Spiritualität ein ziemliches Nischenphänomen.

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vor 3 Minuten schrieb Flo77:

Die Kirche in einer Krise der fehlenden Spiritualität in einer nach Spiritualität suchenden Welt? Für Lateinamerika kann ich das nicht beantworten, aber bei uns habe ich dann doch eher den Eindruck als sei die Suche nach Spiritualität ein ziemliches Nischenphänomen.

Für ein Wohlstandsevangelium gäbe es durchaus Bedarf, man braucht sich ja nur die Nachfrage nach NLP-Veranstaltungen anzuschauen. 

Posted
vor 14 Minuten schrieb rorro:

 

Der Text klingt irgendwie so, als hätte eine KI ihn geschrieben.

 

Und auch inhaltlich geht er am Anliegen von C. Boff (der Bruder von Leonardo) vorbei:

 

er stellt keinen Gegensatz von sozial versus christozentrisch auf, sondern erwartet, daß die erste Motivation, die eigentliche Existenzgrundlage für die Kirche, von ihr immer wieder lauthals verkündet wird. Auch beim sozialen Handeln, das er selbst als wichtig bezeichnet. 

 

Man kann bspw. aus säkularen, christlichen, islamischen oder auch buddhistischen Gründen ehrenamtlich Nachhilfeunterricht geben (gibt auch noch andere Gründe). Doch wer als Christ nie über seine Motivation spricht, ist als solcher austauschbar.


Es fällt auf, dass der Hinweis „klingt wie von einer KI geschrieben“ rasch zur Hand ist, wenn Argumente nicht den eigenen Erwartungen entsprechen. Dabei kann eine gewisse analytische Distanz durchaus helfen, die Debatte aus dem Bann moralischer Empörung zu lösen und Raum für eine sachliche Auseinandersetzung zu schaffen.
Was die Kritik an C. Boff betrifft, so ist selbstverständlich anzuerkennen, dass er die spirituelle Motivation als zentrales Fundament kirchlichen Handelns betont. Allerdings scheint mir entscheidend, dass seine Intervention nicht bei einem konstruktiven Appell verbleibt, sondern in einer sehr öffentlichen und zugespitzten Kritik an den Bischöfen mündet – begleitet von einem deutlichen Gestus moralischer Überlegenheit. Die starke Dramatisierung („Haus brennt“, „Niedergang“) und das wiederholte „es reicht!“ wirken weniger wie ein Beitrag zum Dialog, sondern eher wie eine Form der Abgrenzung und Schuldzuweisung.


Gerade diese Form der öffentlichen Anklage, die suggeriert, den Schlüssel zur eigentlichen Identität der Kirche exklusiv zu besitzen, wirft nicht nur theologische Fragen auf, sondern ist auch pastoral wenig hilfreich. Es ist schwer vorstellbar, dass durch die öffentliche Bloßstellung kirchlicher Verantwortungsträger Menschen zur Kirche zurückfinden – vielmehr besteht die Gefahr, bestehende Gräben zu vertiefen und neue Vorbehalte zu schaffen.
Selbstverständlich sollte christliches Engagement stets aus einer spirituellen Quelle gespeist werden. Doch die Komplexität der Herausforderungen, vor denen die Kirche in Lateinamerika steht, lässt sich kaum auf einen Mangel an expliziter Christozentrik reduzieren. Die Vielfalt kirchlicher Praxis – von der Glaubensverkündigung bis zum sozialen Engagement – zeigt, dass viele Initiativen längst beide Dimensionen miteinander verbinden.
 

Ich nehme es als eine Art christlichen Populismus wahr - warum sollte jemand Bischöfen vertrauen, wenn sie auf diese Weise angegangen werden? Mich überzeugt das nicht.

 

  • Thanks 1
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vor 14 Minuten schrieb Frey:

Es fällt auf, dass der Hinweis „klingt wie von einer KI geschrieben“ rasch zur Hand ist, wenn Argumente nicht den eigenen Erwartungen entsprechen. Dabei kann eine gewisse analytische Distanz durchaus helfen, die Debatte aus dem Bann moralischer Empörung zu lösen und Raum für eine sachliche Auseinandersetzung zu schaffen.

 

Häh? Ich habe meinen Eindruck geschildert, mehr nicht, ganz wertungsfrei (da ich selbst manchmal, wenn auch nicht im Forum, KI nutze). Interessanterweise hast Du meinem Eindruck ja nicht widersprochen.

 

vor 14 Minuten schrieb Frey:

Was die Kritik an C. Boff betrifft, so ist selbstverständlich anzuerkennen, dass er die spirituelle Motivation als zentrales Fundament kirchlichen Handelns betont. Allerdings scheint mir entscheidend, dass seine Intervention nicht bei einem konstruktiven Appell verbleibt, sondern in einer sehr öffentlichen und zugespitzten Kritik an den Bischöfen mündet – begleitet von einem deutlichen Gestus moralischer Überlegenheit. Die starke Dramatisierung („Haus brennt“, „Niedergang“) und das wiederholte „es reicht!“ wirken weniger wie ein Beitrag zum Dialog, sondern eher wie eine Form der Abgrenzung und Schuldzuweisung.

 

Es ist ein Appell. Das ist eine Textgattung, der die von Dir kritisierten Inhalte inhärent sind. Eine moralische Überlegenheit erkenne ich nirgendwo.

 

vor 14 Minuten schrieb Frey:

Gerade diese Form der öffentlichen Anklage, die suggeriert, den Schlüssel zur eigentlichen Identität der Kirche exklusiv zu besitzen, wirft nicht nur theologische Fragen auf, sondern ist auch pastoral wenig hilfreich. Es ist schwer vorstellbar, dass durch die öffentliche Bloßstellung kirchlicher Verantwortungsträger Menschen zur Kirche zurückfinden – vielmehr besteht die Gefahr, bestehende Gräben zu vertiefen und neue Vorbehalte zu schaffen.

 

Der Adressat sind die Bischöfe. Viele Bischöfe. Daher mußte er offen publiziert werden, da sie sonst nicht wirksam zu erreichen sind.

 

vor 14 Minuten schrieb Frey:

Selbstverständlich sollte christliches Engagement stets aus einer spirituellen Quelle gespeist werden. Doch die Komplexität der Herausforderungen, vor denen die Kirche in Lateinamerika steht, lässt sich kaum auf einen Mangel an expliziter Christozentrik reduzieren. Die Vielfalt kirchlicher Praxis – von der Glaubensverkündigung bis zum sozialen Engagement – zeigt, dass viele Initiativen längst beide Dimensionen miteinander verbinden.

 

Welche Quellen kennst du denn, um "Komplexität der Herausforderungen, vor denen die Kirche in Lateinamerika steht" beurteilen zu können?

 

vor 14 Minuten schrieb Frey:

Ich nehme es als eine Art christlichen Populismus wahr - warum sollte jemand Bischöfen vertrauen, wenn sie auf diese Weise angegangen werden? Mich überzeugt das nicht.

 

Uns hat das auch nicht zu überzeugen, wir sind nicht Adressat.

Edited by rorro
Shubashi
Posted
12 minutes ago, rorro said:

Man kann bspw. aus säkularen, christlichen, islamischen oder auch buddhistischen Gründen ehrenamtlich Nachhilfeunterricht geben (gibt auch noch andere Gründe). Doch wer als Christ nie über seine Motivation spricht, ist als solcher austauschbar.


Über Nachhilfeunterricht habe ich ehrenamtlicherweise noch nicht nachgedacht, allenfalls wäre das bei mir „Nachbarschaftshilfe“. Bei den meisten ehrenamtlichen Dingen, die ich tue, sehe ich keine „missionarische Situation“, in der Notfallseelsorge ist das sogar per Definition ausgeschlossen. 
Ist denn der Brief Boffs überhaupt missionarisch gemeint? Ich habe es so verstanden, dass die Person Christi stärker in den Mittelpunkt des kirchlichen Handelns gestellt werden sollte. Ich bin mir aber keinesfalls sicher, dass der Weg aus der katholischen Kirche in Brasilien etwas damit zu tun hat - Wohlstandevangelium, politische Mobilisierung, Eventliturgie, Wettbewerbsdenken zwischen kirchlichen Gruppen etc. könnte genauso Ursache sein für den Erfolg evangelikaler Gruppen und Organisationen sein.

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vor 7 Minuten schrieb rorro:


 

Zitat

Als ich ihn heute morgen las, war mir klar, daß er genausogut für die Kirche in Europa gelten kann.

Uns hat das auch nicht zu überzeugen, wir sind nicht Adressat.


So ganz kann ich Deiner Absicht nicht folgen.

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vor 40 Minuten schrieb Merkur:

Für ein Wohlstandsevangelium gäbe es durchaus Bedarf, man braucht sich ja nur die Nachfrage nach NLP-Veranstaltungen anzuschauen. 

NLP?

Posted
vor 3 Minuten schrieb Flo77:

NLP?

Neurolinguistisches Programmieren und das, was kommerzielle Motivationsredner darunter verstehen. Es geht in diesen Veranstaltungen im Regelfall darum, innere Blockaden zu lösen und reich zu werden. 

Posted
vor 2 Minuten schrieb Merkur:

Neurolinguistisches Programmieren und das, was kommerzielle Motivationsredner darunter verstehen. Es geht in diesen Veranstaltungen im Regelfall darum, innere Blockaden zu lösen und reich zu werden. 

Damit wären dann allerdings calvinistische Traditionen anziehender als römische.

 

Kann es sein, daß calvinistische Theologie an dieser Stelle schlicht simpler ist, als römische?

Posted
vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Damit wären dann allerdings calvinistische Traditionen anziehender als römische.

 

Kann es sein, daß calvinistische Theologie an dieser Stelle schlicht simpler ist, als römische?

Die originale oder die, die heute in den reformierten Kirchen vertreten wird? Die Reformierten haben die gleichen Probleme wie die anderen etablierten Großkirchen auch. Sie sind in Behördenstrukturen erstarrt und haben wenig Zugang zu dem, was Menschen heute umtreibt. Ihre Theologie interessiert zu wenig. 

Marcellinus
Posted
vor 3 Minuten schrieb Merkur:

Ihre Theologie interessiert zu wenig. 

 

Kennst du eine Theologie, die Menschen heute interessiert?

Posted
vor 2 Minuten schrieb Merkur:

Die originale oder die, die heute in den reformierten Kirchen vertreten wird? Die Reformierten haben die gleichen Probleme wie die anderen etablierten Großkirchen auch. Sie sind in Behördenstrukturen erstarrt und haben wenig Zugang zu dem, was Menschen heute umtreibt. Ihre Theologie interessiert zu wenig. 

Die evangelikalen Kirchen vertreten soweit ich weiß in der Regel calvinistische Traditionen. Die haben zwar nix mit unseren reformierten Kirchen gemeinsam, aber die Theologie ist doch eher calvinistisch als katholisch.

gouvernante
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vor 2 Stunden schrieb Merkur:

Mit der Aufrechterhaltung der Disziplin in religiösen Bewegungen hat die Kirche Erfahrung, daher denke ich, dass sie die Risiken managen kann.  

Da hätte ich meine Zweifel. Möglicherweise könnte sie es, sie muss es aber auch wollen. Was passiert, wenn die Kirche es sehr ausdrücklich nicht tut (und vielleicht auch nicht will), lässt sich für unsere Nachbarkirche in Frankreich z.B. im CIASE-Bericht nachlesen.

Posted
vor einer Stunde schrieb Frey:

So ganz kann ich Deiner Absicht nicht folgen.

Die dortigen Bischöfe sind der Adressat. Und unsere Bischöfe könnten es vom Inhalt her genauso sein.

 

vor 1 Stunde schrieb Flo77:

Die Kirche in einer Krise der fehlenden Spiritualität in einer nach Spiritualität suchenden Welt?

Ja, ich glaube, dass sehr viele Menschen heutzutage nach Spiritualität suchen. Nach etwas, das über ihr irdisches Leben hinausgeht. Es gibt z.B. so viele Kurse und Angebote, die im weitesten Sinn mit fernöstlicher Spiritualität zu tun haben, das boomt schon.

 

Nur die Kirche schafft es irgendwie nicht, diese Menschen abzuholen.

 

Es gibt ein relativ neues Video von Johannes Hartl über die hohen Erwachsenen-Taufzahlen neuerdings in Frankreich, Belgien und anderswo. Ich hab es noch nicht gesehen, werde ich mir die Tage mal ansehen. 

 

 

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