Domingo Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) @Weihrauch: Sehr schön; dies ist aber nicht unser Privatthread. Ich werde es also von jetzt an so halten, dass ich in Postings, die direkt auf Dich antworten oder ausdrücklich an Dich gerichtet sind, nur Links posten werde, auf die Du klicken sollst; sonst kann und darf ich aber auch Links reinsetzen, die viell. nicht für Dich, aber für andere, die hier mitlesen, von Interesse sein können. bearbeitet 30. Oktober von Domingo Zitieren
Domingo Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) Cornthwaite hat uns ein neues Video zum historischen Jesus beschert. Klickbait im Titel, er ist aber im Video selbst kleinlauter. Ich kann ihm nicht zustimmen, dass textgeschichtliche Zusammenhänge etwas damit zu tun hat, ob Jesus etwas gesagt hat oder nicht. Es ist doch wurscht, ob die Story mit der Ehebrecherin erst spät in unserer handschriftlichen Tradition auftaucht, da das nicht unbedingt bedeutet, dass sie frei erfunden ist. Sie könnte in uns unbekannten Zweigen der Überlieferung entalten gewesen sein und erst nachträglich ins Johannesevangelium, oder Jn2 nach B ilby, eingefügt worden sein. bearbeitet 30. Oktober von Domingo Zitieren
Domingo Geschrieben 1. November Melden Geschrieben 1. November Am 27.10.2025 um 07:30 schrieb Domingo: Zudem warte ich noch auf den Klinghardt Mein Fernleiheversuch ist gescheitert. Keine Bibliothek kann das Buch liefern. Lebte ich in Europa, wäre das kein Thema, aber anscheinend kann man Bücher nicht auf interkontinentale Flüge schicken. Dann fahre ich einfach fort, zu versuchen, die Ausgabe von Bilby, die @Flo77 verlinkt hat, zu kapieren. Ich muss mir den Jargon aneignen und mit den digital humanities hinke ich zugegeben nach. Zitieren
iskander Geschrieben 1. November Autor Melden Geschrieben 1. November Welches Werk von Klinghardt meinst Du denn genau? Die Wikipedia listet manches auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Klinghardt Zitieren
Flo77 Geschrieben 1. November Melden Geschrieben 1. November vor 5 Minuten schrieb iskander: Welches Werk von Klinghardt meinst Du denn genau? Die Wikipedia listet manches auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Klinghardt https://books.google.de/books?id=bk94DwAAQBAJ&pg=PA15&lpg=PA15&dq=marcion+evangelium+ursprünglich+synoptische+evangelien&source=bl&ots=FRauISBet5&sig=ACfU3U2VxxFB8QRToVj8xcGdzuDzCgS_mQ&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjv5N-fgP7jAhVQaVAKHZjXAQkQ6AEwDnoECAkQAQ#v=onepage&q=marcion evangelium ursprünglich synoptische evangelien&f=false Sind zwei Bände. 1 Zitieren
Domingo Geschrieben 1. November Melden Geschrieben 1. November Danke. 250 kanadische Dollar werde ich aber gewiss nicht löhnen. Ich habe hier zwei Möglichkeiten, die sich nicht notwendig widersprechen: 1. Ich lese mir mal die Ausgabe von Bilby durch in dem Versuch, seine Methode zu verstehen. 2. Ich versuche, eine andere Markionausgabe durch Fernleihe zu kriegen. Ich sehe nämlich keinen Grund, Klinghardts Buch weiter nachzujagen, wenn es doch weitere kritische Ausgaben gibt, aus denen ich mir einen Eindruck der Quellen machen kann. Zitieren
Domingo Geschrieben 1. November Melden Geschrieben 1. November (bearbeitet) Eigentlich muss ich 2. tun. Ob ich daneben noch 1. tue, hängt von der Zeit ab. Denn Bilby schreibt klipp und klar (S. 21 der Datei), dass sein Text aus den vorhandenen Ausgaben zusammengestellt ist. Mir ging es aber darum, auf @Weihrauchs Einwände gegen die Möglichkeit eingehen zu können, Markions Text überhaupt zu rekonstruieren; ich schrieb sinngemäß, Gelehrte hätten ihn durchaus rekonstruiert (also müsse es irgendwie gehen), das ist aber ein reines Autoritätsargument, das zudem nicht in der Lage ist, die Wahrscheinlichkeit der Rekonstruktion(en) anzugeben (da es ja in der Geschichtsforschung wie mehrmals gesagt um Wahrscheinlichkeiten geht). Bilby bietet anders gesagt Zeug aus zweiter Hand. Es sei denn, ich habe etwas übersehen oder falsch verstanden, was durchaus möglich ist. Ich sehe aber nicht, dass er in der betreffenden Datei selbst auf die Primärquellen eingeht, also die Zitate Tertullians oder anderer. bearbeitet 1. November von Domingo Zitieren
KevinF Geschrieben 1. November Melden Geschrieben 1. November 3 hours ago, Domingo said: Ich sehe nämlich keinen Grund, Klinghardts Buch weiter nachzujagen, wenn es doch weitere kritische Ausgaben gibt, aus denen ich mir einen Eindruck der Quellen machen kann. Ich habe es so verstanden, dass sich die verschiedenen Rekonstruktionsversuche erheblich unterscheiden und dass das die Stelle ist, an der Bilby einsetzt. Meine Kenntnisse dazu sind allerdings auch extrem oberflächlich und ich habe nicht die ganze Diskussion gelesen. Zitieren
iskander Geschrieben 1. November Autor Melden Geschrieben 1. November (bearbeitet) Das Folgende ist keine Empfehlung, sondern nur eine Frage: Ist es eigentlich allgemein bekannt, dass man sehr viele Bücher auch frei über das Internet beziehen kann (siehe etwa diesen Artikel)? Nochmals: Ich will das nicht empfehlen - erst recht nicht, wenn es im jeweiligen Land nicht legal ist. (In der Schweiz etwa ist es scheinbar legal, wenn ich es richtig verstehe- wobei man dann natürlich immer noch moralische Bedenken haben kann.) (Sollte jemand so etwas je tun wollen, wäre derjenige sicher gut beraten, angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu treffen; vielleicht vorsorglich selbst dann, wenn es - was ich hier voraussetze - in seinem Land legal ist.) bearbeitet 1. November von iskander Zitieren
Domingo Geschrieben 2. November Melden Geschrieben 2. November vor 1 Stunde schrieb KevinF: Ich habe es so verstanden, dass sich die verschiedenen Rekonstruktionsversuche erheblich unterscheiden und dass das die Stelle ist, an der Bilby einsetzt. Und ich habe keine Ahnung, was seine Kriterien dafür sind. vor 36 Minuten schrieb iskander: Ist es eigentlich allgemein bekannt, dass man sehr viele Bücher auch frei über das Internet beziehen kann (siehe etwa diesen Artikel) Mir was das schon bekannt, diese genaus Seite kenne ich aber nicht. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 3. November Melden Geschrieben 3. November Am 1.11.2025 um 20:22 schrieb Domingo: Mir ging es aber darum, auf @Weihrauchs Einwände gegen die Möglichkeit eingehen zu können, Markions Text überhaupt zu rekonstruieren; ich schrieb sinngemäß, Gelehrte hätten ihn durchaus rekonstruiert (also müsse es irgendwie gehen), das ist aber ein reines Autoritätsargument, das zudem nicht in der Lage ist, die Wahrscheinlichkeit der Rekonstruktion(en) anzugeben (da es ja in der Geschichtsforschung wie mehrmals gesagt um Wahrscheinlichkeiten geht). Ich habe nicht behauptet, dass es nicht möglich sei, Marcions Text zu rekonstruieren. Dass das gemacht wurde ist eine Tatsache, die mir bekannt ist. Mir geht es um zwei Dinge. Erstens die "Bandbreite" 4000 Wörter zu 14000 Wörter des rekonstruierten Textes, also deshalb auch um die Qualtität (Authentizität) dieser Ergebnisse. Zweitens, und das bezieht sich nur auf Bilby, aus dem lateinischen Text Tertullians als Hauptquelle, eine Rückübersetzung ins Griechische zu machen (Normalisierung), und dann anhand von griechischen Morphemen dieser Rekonstruktion, auf alles weitere zu schließen. Da Marcion wohl seine Theologie in Rom unter Hyginius entwickelt hat, scheint es wahrscheinlich zu sein, dass Marcion sein NT mitsamt seinen Antithesen giechisch verfasst hat. Wenn es stimmt, dass "Der Hirte des Hermas" wenige Jahre später in derselben Gemeinde in griechischer Sprache verfasst wurde, aber bald danach eine lateinische Fassung davon entstand, könnte es sein, dass Tertullian ebenfalls nur eine lateinische Übersetzung von Marcions Text vorlag. Zitat Überlieferung Der Hirte wurde in griechischer Sprache verfasst, da die christliche Gemeinde in Rom damals (bis um 200 n. Chr.) noch deutlich griechisch geprägt war. Jedoch entstand kurz danach auch eine lateinische Fassung, Vulgata genannt.[2] Später entstand eine weitere lateinische Fassung, die Palatina, wobei umstritten ist, ob jede Fassung von einem Autor verfasst wurde wie das griechische Original. Jedenfalls arbeitet Bilby anscheinend mit Daten aus einer Übersetzung von einer Übersetzung unterschiedlicher Rekonstruktionen von 6 verschiedenen Autoren, falls ich das richtig mitbekommen habe, um diesen Text dann mit den original griechisch verfassten Evangelien in Beziehung zu setzen. Von den Evangelien gab es allerdings wiederum unterschiedliche Handschriften, aber aus der Zeit Marcions und Tertullians hat Bilby keine einzige Handschrift irgendeines Evangeliums. Er rekonstruiert also zeitlich von Tertullian aus einerseits in die Vergangenheit bis "vor" Marcion (Qn, Mk1, Lk1/GMcn ?) und andererseits rekonstruiert er von Tertullian aus in die Zukunft, um die "Missing Links" (Lk1 ?), Lk2, LkR2 usw. bis zu den ersten uns vorliegenden Evangelien-Handschriften zu erhalten. Was haben wir denn da an neutestamentlichen Handschriften aus dem Zeitraum seiner Kaskade bis Mk3 (140s CE)? Nichts, nada, niente. Widerlegen lässt sich von seinen Resultaten daher nichts, weil niemand etwas hat, womit sie zu widerlegen wären. Das nenne ich mal mindestens gewagt, halte das aber eher für ein ziemlich phantastisches Unterfangen. Und welche Schlussfolgerungen lassen sich aus der ganzen Aktion ziehen, was nicht jeder schon vorher wusste? Dass es eine Illusion ist, von Urtexten unserer kanonischen Evangelien zu sprechen, war der Textkritik vorher auch schon längst klar. Dass Q nur eine hypothetische Annahme war ebenso. Soll das jetzt bei Qn anders sein, weil Bilby mit Daten statt mit Handschriften hantiert? Welchen Wirklichkeits-Wert haben solchermaßen erhobene Daten? Ich weiß nicht, aber vielleicht verstehe ich es auch noch nicht, jedenfalls kann ich das nicht nachvollziehen, was da seine Algorithmen in seinen Datenbanken veranstalten. Zitieren
Domingo Geschrieben 3. November Melden Geschrieben 3. November (bearbeitet) vor 19 Stunden schrieb Weihrauch: Ich habe nicht behauptet, dass es nicht möglich sei, Marcions Text zu rekonstruieren. Ok, dann update ich die Formulierung zu "M.s Text einigermaßen plausibel zu rekonstruieren." Wobei das - wenn ich mal genauer nachdenke - schon möglich sein dürfte. Worum es uns beiden geht, ist, ob man besagten Text genau genug rekonstruieren kann, und zwar im griechischen Original, dass ein Bilby dann berechtigterweise seine Statistiken benuzten kann, um durch Stilanalyse zu bestimmen, ob der kanonische Lukas einer zweiten Hand entstammt, die ihre eigene, wie er sagt, "Stimme" hat und Lk1/GMcn überarbeitet hat. Wenn man da nur lateinische Quellen hat, die man ins Griechische rückübersetzen muss, dann verstehe ich Deine Zweifel sehr gut. Um mir anhand einer traditionellen Fragmentausgabe ein Bild zu machen, also einer in dem Stil, den ich von meinem Fach her gewohnt bin, versuche ich jetzt schon eine Weile, eine solche in die Hand zu bekommen. Am Wochenende habe ich gesehen, dass Roth 2015 auch als Ebook vorliegt, und ich habe mir diese elektonische Ausgabe per Fernleihe bestellt. Die ist noch nicht angekommen, es war aber eben das Wochenende. Es ist zu hoffen, dass DAS zumindest klappt. bearbeitet 3. November von Domingo Zitieren
Weihrauch Geschrieben 4. November Melden Geschrieben 4. November (bearbeitet) vor 15 Stunden schrieb Domingo: Worum es uns beiden geht, ist, ob man besagten Text genau genug rekonstruieren kann, und zwar im griechischen Original, dass ein Bilby dann berechtigterweise seine Statistiken benuzten kann, um durch Stilanalyse zu bestimmen, ob der kanonische Lukas einer zweiten Hand entstammt, die ihre eigene, wie er sagt, "Stimme" hat und Lk1/GMcn überarbeitet hat. Das heißt aber doch auch, dass Lk1/GMcn ebenfalls eine eigene Stimme hat. Das trifft auf alle Rekonstruktionen, Handschriften, auch auf alle gedruckten Bibelausgaben in allen Sprachen bis zum heutigen Tag zu. Jetzt haben wir also noch ein paar Stimmen durch die Arbeit von Bilby dazu bekommen. Und jetzt? Was können wir neues daraus lernen? Was sagen uns diese neu dazugekommenen Stimmen, über die, welche wir vorher schon kannten aus? Der wissenschaftlichen Kaskade von Handschriftenfunden mit je eigener Stimme von Aland wird Bilbys Kaskade von rekonstruierten Texten mit je eigener Stimme vorangestellt. Der Stammbaum der Stimmen ist länger geworden. Zitat Gen 3,17 Zum Menschen sprach er: Weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten hatte, davon nicht zu essen, ist der Erdboden deinetwegen verflucht. / Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage deines Lebens. Auf welche Stimme können, dürfen, sollen wir hören? Ich frage nach der Relevanz jeder dieser Stimmen. Spielt es noch eine Rolle, dass für Tertullian die Stimme von Marcion das Gegenteil von relevant war? Welche Relevanz hat die rekonstruierte Stimme von Marcion für Bilby, Klinghardt und die anderen? Ich höre in The First Gospel, the Gospel of the Poor von Bilby - auch die Stimme von Bilby. Was hörst du darin ab Seite 118 bis zum Schluss? Also ich höre da keinen Wissenschaftler mehr, sondern einen Ideologen predigen. Sag mir bitte, was er da predigt. Im Ernst, sag es mir. Ist das wie bei diesen Vorträgen von Sigi Zimmer auf Worthaus, der zuerst wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert, welche an Universitäten erarbeitet worden sind, im Fach der historischen Theologie, und sich dann am Ende daraus seine pietistische Predigt zimmert? Wird da aus Wissenschaft ideologisierte Wissenschaft, Pseudowissenschaft? Die Stimme von Lukas hat für Sigi eine Relevanz, und die Stimme von Sigi hat eine Relevanz für seine Zuhörer, oder soll zumindest eine Relevanz für sie haben. Die Relevanz ergibt sich aus den Inhalten, des kanonischen Lukas, der universitären Exegese, dem Vortrag von Sigi, aus dem, wie die Zuhörer Sigis, seinen Vortrag verstehen. Die Relevanz ist die Wirkung, die sich im Leben all derer auswirkt, die an diesem ganzen Prozess beteiligt waren und sind. Welche Wirkung im Leben seiner Zuhörer will Bilby erzielen? Inwiefern ist Bilbys Arbeit relevant - für Bilby selbst und andere, für dich und mich, für Sigi Zimmer - hätte Tertullian besser auf Lk1/GMcn hören sollen, statt auf seinen Lukas? bearbeitet 4. November von Weihrauch Ich denke es war Erich Fromm der mal gesagt hat: Im Idealfall verlässt man eine gute Vorlesung an der Universität, als ein anderer Mensch. Zitieren
KevinF Geschrieben 5. November Melden Geschrieben 5. November (bearbeitet) On 10/30/2025 at 10:25 AM, Volker said: Markus stützt sich deutlich auf Paulus, die Grundidee seiner Geschichte beruht stark auf Homer. Markus erzählt die Geschichte von Odysseus neu, siehe MacDonald, Dennis Ronald. The Homeric epics and the Gospel of Mark. Yale University Press, 2000. Interessant, danke. Ironischerweise ist MacDonald von der Existenz des historischen Jesus sehr überzeugt. Hier eine Diskussion zwischen ihm und Richard Carrier: https://www.youtube.com/watch?v=X1_ZEVDC7rw MacDonald gibt hier am Ende an, sich zu 92% sicher zu sein, dass der historische Jesus existiert hat. Carrier hingegen gibt die Wahrscheinlichkeit dafür mit 1/3 an (Die Diskussion ist schon ein paar Jahre alt, Carrier hat seine Wahrscheinlich inzwischen glaube ich nach unten korrigiert, bei MacDonald weiß ich es nicht). bearbeitet 5. November von KevinF Zitieren
Domingo Geschrieben 12. November Melden Geschrieben 12. November (bearbeitet) Roth 2015 ist tatsächlich angekommen! Nicht als Ebook, sondern als physisches Buch, warum auch immer, aber immerhin. Anders als ein Ebook muss ich es aber nun abholen, und das wird noch bis nächste Woche dauern, weil ich ja in einem großen Land lebe, wo alles voneinander weit entfernt ist. Dann aber melde ich mich endlich wieder. bearbeitet 12. November von Domingo 1 Zitieren
duesi Geschrieben 19. November Melden Geschrieben 19. November Was sehr stark für den historisch gekommenen Messias spricht, ist die Wirkungsmacht und die Weitsicht dessen, was Jesus gelehrt hat über psychologische Ursachen von Weltproblemen und Wegen zur Lösung. Zitieren
New Aaron Geschrieben 19. November Melden Geschrieben 19. November vor einer Stunde schrieb duesi: Was sehr stark für den historisch gekommenen Messias spricht, ist die Wirkungsmacht und die Weitsicht dessen, was Jesus gelehrt hat über psychologische Ursachen von Weltproblemen und Wegen zur Lösung. Eben! Würde Jesus Christus nicht gelebt haben und auferstanden sein, dann müsste noch einer wie er kommen. Ohne die Überwindung des Todes können keine Probleme wirklich gelöst, sondern nur verschoben werden - wodurch sie sich natürlich verschärfen. Dazu dieser Text: "Jesus, der Christus - traditionslos" Zitieren
Domingo Geschrieben 20. November Melden Geschrieben 20. November Ich habe endlich mal Roth 2015 in die Hände gekriegt. Ich lese gerade die Einleitung, die die Forschungsgeschichte in Fülle wiedergibt. Und das ist sehr interessant, insbesondere wenn man erfährt, dass die Diskussionen über den Wortlaut des Markionsevangeliums und die Priorität des einen oder des anderen nicht erst vor 20 Jahren begannen, auch nicht die Versuche, eine Ausgabe davon anzufertigen. Sondern schon im 18. Jh. behauteten einige, dass Markions Evangelium das ältere sei; die Debatte zog sich durch die zwei folgenden Jahrhunderte. Und obwohl theologische Überlegungen oft bei der Rekonstruktion eine unangemessene Rolle spielten - meist in dem Sinne, dass man die An- oder Abwesenheit bestimmter Passagen danach zu bestimmen versuchte, ob sie zu Markions angeblicher Theologie passten oder nicht - und obwohl, denke ich, bei vielen Gelehrten schon ein gewisser Bias gegen Markion durchschimmert, wurde die Debatte doch recht sachlich geführt. Vielleicht ist das Fach Neues Testament im Endeffekt keine Zirkusveranstaltung, wie manche YouTuber uns nahelegen wollen (weswegen auch die Ablehnung von Carriers jüngstem Buch durch die Gutachter denn auch nichts zu bedeuten habe...). Aus Seite 5 habe ich nun gelernt, dass es mehrere Autoren gibt, die Markions Evangelim zitieren, und dass es auch bei Tertullian und anderen sowohl Zitate auf Latein wie auf Griechisch gibt. Also ist eine Rekonstruktion des griechischen Textes nicht bloß Konjektur. Mehr dazu, wenn ich weiter in der Lekture bin. 3 Zitieren
Domingo Geschrieben 22. November Melden Geschrieben 22. November (bearbeitet) Am 20.11.2025 um 11:31 schrieb Domingo: dass es auch bei Tertullian und anderen sowohl Zitate auf Latein wie auf Griechisch gibt. Also ist eine Rekonstruktion des griechischen Textes nicht bloß Konjektur. Also, nicht bei Tertullian. Wohl aber bei Origen und anderen. Möglicherweise kann man aus der Art und Weise, wie Tertullian die kanonischen Evangelien zitiert, dh ihren Text auf Latein wiedergibt, Rückschlüsse ziehen auf den markionischen Text, der ihm vorlag. Dabei sagt Roth aber ausdrücklich, dass es Hinweise gibt, dass Markions Schüler den Text selber weiteränderten, und dass Tertullian also nicht mehr denselben Text vor sich hatte wie Markion. Insgesamt ist Bilbys Text einerseits nicht so spekulativ, wie es aus seinem eigenen Werk erscheinen mag, weil er eben auf einer langen Forschungsgeschichte fußt, die bis ins 19. Jh. zurückreicht. Andererseits ist es fraglich, ob wir, also auch Bilby, an den wortwörtlichen Text von Markions NT heranreichen. Also kann ich im Moment nicht sagen, wieviel seine wiederum auf diesem rekonstruierten Text basierenden EDV-getriebenen "Stimmenanalysen" wert sind. Ich bin aber erst am Anfang. bearbeitet 22. November von Domingo Zitieren
iskander Geschrieben 22. November Autor Melden Geschrieben 22. November Ist jetzt ein gedanklicher Salto zurück und soll auch die (im positiven Sinne) sehr akademische Diskussion hier nicht stören. Aber zum Thema Jesus-Mystizismus dennoch ein bemerkenswertes Zitat, das ich erst entdeckt habe, und das ich ohne weitere Wertung wiedergeben möchte: "There is a particular type of person who accepts Jesus Mythicism, often with great enthusiasm and evangelical zeal, after abandoning a highly literalist, fundamentalist form of Christian faith. It should be noted that these people are by no means representative of all Mythicists and it is hard to tell exactly what proportion of those who accept or promulgate the theory they make up. Nor do all of them transition directly from dogmatic Christian belief to entrenched Mythicism. But as my recent interview with Derek Lambert of Mythvision shows, Mythicism often forms an accessible and appealing alternative view of Jesus for someone who has found Christianity wanting and is looking for a new framework to explain the origins of their former faith. And they often bring many of the assumptions and much of the enthusiasm of strident Christianity to their newfound belief. After years of interacting with Mythicists online, I have heard this story many times: one of a former committed or even fanatical Christian believer who discovers that a literal reading of the gospels cannot be credibly sustained, begins to doubt their faith and eventually decides that it is largely “fiction”. And then discovers Jesus Mythicism and comes to believe it is the magical key to a new wholistic understanding of the gospels and the beginning of Christianity – put simply, “none of it happened”. Mythicism has the appeal of an all-encompassing explanation for how Christianity started, minus the messy, complex and difficult business of assessing which parts of the Jesus story may be historical and which are likely not. For people who like neat solutions, binary alternatives (“truth”/”fiction”), hard distinctions and simple black and white reasoning, Mythicism is far more satisfying than the nuance, uncertainty, provisionalism and ambiguity that is required in mainstream historical analysis of Christian origins, and in the study of ancient history generally." 1 Zitieren
duesi Geschrieben 23. November Melden Geschrieben 23. November vor 8 Stunden schrieb iskander: Ist jetzt ein gedanklicher Salto zurück und soll auch die (im positiven Sinne) sehr akademische Diskussion hier nicht stören. Aber zum Thema Jesus-Mystizismus dennoch ein bemerkenswertes Zitat, das ich erst entdeckt habe, und das ich ohne weitere Wertung wiedergeben möchte: "There is a particular type of person who accepts Jesus Mythicism, often with great enthusiasm and evangelical zeal, after abandoning a highly literalist, fundamentalist form of Christian faith. It should be noted that these people are by no means representative of all Mythicists and it is hard to tell exactly what proportion of those who accept or promulgate the theory they make up. Nor do all of them transition directly from dogmatic Christian belief to entrenched Mythicism. But as my recent interview with Derek Lambert of Mythvision shows, Mythicism often forms an accessible and appealing alternative view of Jesus for someone who has found Christianity wanting and is looking for a new framework to explain the origins of their former faith. And they often bring many of the assumptions and much of the enthusiasm of strident Christianity to their newfound belief. After years of interacting with Mythicists online, I have heard this story many times: one of a former committed or even fanatical Christian believer who discovers that a literal reading of the gospels cannot be credibly sustained, begins to doubt their faith and eventually decides that it is largely “fiction”. And then discovers Jesus Mythicism and comes to believe it is the magical key to a new wholistic understanding of the gospels and the beginning of Christianity – put simply, “none of it happened”. Mythicism has the appeal of an all-encompassing explanation for how Christianity started, minus the messy, complex and difficult business of assessing which parts of the Jesus story may be historical and which are likely not. For people who like neat solutions, binary alternatives (“truth”/”fiction”), hard distinctions and simple black and white reasoning, Mythicism is far more satisfying than the nuance, uncertainty, provisionalism and ambiguity that is required in mainstream historical analysis of Christian origins, and in the study of ancient history generally." Wunderbares Zitat. Kann ich aus meinem eigenen Leben bestätigen. Ich war in meiner Jugend sehr stark in einem fundamentalistischen Schwarz-weiß-Muster unterwegs. Entweder Unfehlbarkeit der biblischen Texte oder man kann das Christentum entsorgen. Jedoch war es auch in meiner Jugend schon mein Anliegen, hinter die Fassade der Texte zu blicken und wirklich zu verstehen, was die Texte sagen. Und die Inkoheränz des Textverständnisses zu der simplifizierten Denke, jeder, der nicht an die Unfehlbarkeit der Texte glaube, würde ich in die Folterhölle kommen, hat mich in eine innere Krise hinein manövriert. Auch die Inkoheränz des Schöpfungssymposiums zu naturwissenschaftlichen Ansichten unserer Zeit hat diese Krise verstärkt. Ich fing ein Physikstudium an, nicht um des Geldes Willen, sondern um zu verstehen, habe auch ein Diplom in Physik bekommen. Mein naturwissenschaftlicher Blick sagte mir, ich könne die Welt sowohl als ein rein naturwissenschaftliches Etwas als auch ein geistgewirktes Etwas denken. Aber wenn es geistgewirkt ist, hat der ewige Schöpfergeist ein Interesse daran, sich mitzuteilen. Hier begannen Gebet (an den, von dem ich nicht wusste, ob er existiert) und naturwissenschaftliches Denken zusammenzuarbeiten, um diese Widersprüche aufzulösen und mich selbst aus der Krise der inneren Zerrissenheit zu befreien. Genau solche Reibungsmechanismen beschreibt drin Zitat. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 23. November Melden Geschrieben 23. November Kommt halt auch immer auf die Auslegung an. Eine alternative Deutungsmöglichkeit: Gen 1,24-25 – Landtiere 24 Elohim sprach: Das Land bringe lebendiges Getier hervor nach seiner Art: Vieh, Kriechtiere und wilde Tiere des Landes nach ihrer Art. So geschah es. 25 Elohim machte die wilden Tiere des Landes nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alles, was auf dem Boden kriecht, nach seiner Art. Elohim sah, dass es gut war. Auslegung Dreimal „nach ihrer Art“ (לְמִינָהּ) - das ist biologisch präzise und abschließend. Löwe ist Löwe, Schlange ist Schlange, Wolf ist Wolf. Keine Umrüstung auf Gras, keine nachträgliche Reißzahn-Implantation. Die Nahrungskette mit Raub, Blut und Tod ist von Anfang an Teil der Ordnung. Meerestiere bekommen später bewusst keine Nahrung zugewiesen - nicht aus Vergesslichkeit, sondern weil im antiken Weltbild das Meer keine Pflanzen kennt. Dort frisst alles alles; das ist normal und wird nicht problematisiert. „Gut“ heißt hier: funktionsfähig, stabil, genau so, wie wir es kennen. Jede Vorstellung eines paradiesischen Pflanzenfressertums ist reine fromme Erfindung ohne jeden Anhalt im Text. Der Autor kennt nur eine Realität: die harte, blutige, funktionierende Welt, die wir vor Augen haben. Und er nennt sie „gut“. Zitieren
Domingo Geschrieben 23. November Melden Geschrieben 23. November Ich denke, Du bist im falschen Thread. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 23. November Melden Geschrieben 23. November Nee, passt schon. Bezieht sich genau darauf: vor 9 Stunden schrieb duesi: Jedoch war es auch in meiner Jugend schon mein Anliegen, hinter die Fassade der Texte zu blicken und wirklich zu verstehen, was die Texte sagen. Und die Inkoheränz des Textverständnisses zu der simplifizierten Denke, jeder, der nicht an die Unfehlbarkeit der Texte glaube, würde ich in die Folterhölle kommen, hat mich in eine innere Krise hinein manövriert. Auch die Inkoheränz des Schöpfungssymposiums zu naturwissenschaftlichen Ansichten unserer Zeit hat diese Krise verstärkt. Ich habs nur nicht zitiert, weil meine Antwort direkt drunter steht. Zitieren
duesi Geschrieben 23. November Melden Geschrieben 23. November vor 1 Stunde schrieb Weihrauch: Kommt halt auch immer auf die Auslegung an. Eine alternative Deutungsmöglichkeit: Gen 1,24-25 – Landtiere 24 Elohim sprach: Das Land bringe lebendiges Getier hervor nach seiner Art: Vieh, Kriechtiere und wilde Tiere des Landes nach ihrer Art. So geschah es. 25 Elohim machte die wilden Tiere des Landes nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alles, was auf dem Boden kriecht, nach seiner Art. Elohim sah, dass es gut war. Auslegung Dreimal „nach ihrer Art“ (לְמִינָהּ) - das ist biologisch präzise und abschließend. Löwe ist Löwe, Schlange ist Schlange, Wolf ist Wolf. Keine Umrüstung auf Gras, keine nachträgliche Reißzahn-Implantation. Die Nahrungskette mit Raub, Blut und Tod ist von Anfang an Teil der Ordnung. Meerestiere bekommen später bewusst keine Nahrung zugewiesen - nicht aus Vergesslichkeit, sondern weil im antiken Weltbild das Meer keine Pflanzen kennt. Dort frisst alles alles; das ist normal und wird nicht problematisiert. „Gut“ heißt hier: funktionsfähig, stabil, genau so, wie wir es kennen. Jede Vorstellung eines paradiesischen Pflanzenfressertums ist reine fromme Erfindung ohne jeden Anhalt im Text. Der Autor kennt nur eine Realität: die harte, blutige, funktionierende Welt, die wir vor Augen haben. Und er nennt sie „gut“. Ich sehe keinen Widerspruch zu meinen naturwissenschaftlichen Überlegungen. Die Tiere haben vielleicht die Anlagen zur Aggression von Anfang an. Aber genau wie Menschen ihre limbischen Systeme beruhigen können, kann der Einfluss von menschlichen beruhigten limbischen Systemen auch beruhigend auf die limbischen Systeme der Tierwelt und Pflanzenwelt wirken. Menschen werden zu Hütern des Kreislaufs der Natur (ähnlich wie beim König der Löwen dargestellt, nur, dass Mufasa als Mensch gedacht werden darf). Das wirkt über Spiegelneuronen und Verantwortungsübernahme. So kann der wilde ungezähmte Löwe irgendwann friedlich neben dem Lamm grasen (nicht als Vegetarier), weil er einfach keine Furcht mehr hat, dass ihm jemand das Fressen streitig macht. Das zukünftige Friedensreich als Ort, an dem Aggression obsolet wird, weil niemand mehr panisch reagiert. Zitieren
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