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Die ärmste Sau der Welt


Mecky

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Vor ein paar Wochen hat mir ein Mann ("junger Rentner" ) etwas gesagt - da komm ich nicht drüber weg.

 

"Für unser Alter ist gar nichts geboten!"

 

Oh, die arme Sau!

Bei uns haben nämlich sämtliche Vereine zu gemacht, die sich die Finger nach der Mitarbeit eines rüstigen Jungrentners abschlecken würden. Es ist polizeilich verboten worden, Wanderwege zu Fuß zu benutzen. In allen Geschäften (inklusive bei den Exporteuren) sind die Skatkarten ausverkauft. All seine Freunde sind über Nacht gestorben. Und impotent ist er auch. Das Fernsehn empfängt nicht mehr, das Radio ist kaputt, das Fahrrad verrostet, das Benzin für's Auto alle.

 

Auch für die Jugend ist nichts mehr geboten.

 

Kein Sport mehr in den Vereinen, keine Narrenzunft. Der Internetknoten ist geplatzt, die Freunde alle in Tansania. Aus den Fußbällen ist alle Luft entschwunden. Und schwül warm ist es auch. Auch für die jungen, armen Säue ist nichts geboten. Man kann wirklich nichts mehr tun.

 

Wir haben ein Problem in unserer Gesellschaft!

 

Es gibt zu wenige Angebote. Man müsste ... wie wär's, wenn man einmal ein Fest macht? Ach nein - nicht noch eins.

 

Wir sind am Ende!

 

Deutschland geht unter, weil nichts mehr geboten ist.

Die Jugend muss zwangsläufig verlottern, die Rentner in trübseliger Einsamkeit dahinvegetieren.

 

Ich hab eine Idee! Hurra!

 

Wir starten eine Aktion. Endlich mal eine Aktion. Wir machen was. Weil ja sonst noch nichts läuft, muss doch schließlich irgendwer endlich mal die Sache in die Hand nehmen. Endlich mal eine Aktion.

 

Hier die Details:

Wir feiern Feste,

Wir plaudern mit Freunden,

Wir eröffnen Spazierwege,

Wir erfinden das Auto neu und preisen es den Leuten an,

Wir eröffnen die Vereine aufs Neue.

(Weiß noch jemand so was Tolles?)

 

Damit endlich niemand niemand mehr sagen muss: "Es ist doch gar nichts geboten!"

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Sorry, ich musste mir einfach mal Luft schreiben und Dampf ablassen.

 

In der konkreten Situation, war ich nämlich zu blöd, die richtige Antwort auf den Tisch zu bringen:

"Nehmen Sie den Finger aus dem Allerwertesten, dann haben Sie die Hände wieder für alles mögliche frei!"

 

PS: Ich hätte das natürlich etwas feiner umschrieben, als es hier steht.

bearbeitet von Mecky
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"Nehmen Sie den Finger aus dem Allerwertesten, dann haben Sie die Hände wieder für alles mögliche frei!"

Ich finde, das trifft's. Braucht man nicht zu umschreiben.

 

Du hast ja soooooo Recht!

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Sorry, ich musste mir einfach mal Luft schreiben und Dampf ablassen.

Kann ich verstehen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wieviele Menschen es gibt, die mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen. Und dann diese Anspruchshaltung - "Mir wird ja nichts geboten". Mein größtes Problem hingegen ist es, zwischen allen diesen Angeboten auszusuchen.

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Liebe Lissie!

 

Ich weiß jetzt nicht, ob Du das ironisch-provokativ gemeint hast. Aber ich bin tatsächlich der Meinung, dass zu viel geboten wird - viel zu viel. So viel, dass es nicht nur als Berieselung und als Selbstverständlichkeit empfunden wird, sondern sogar eine ungesunde Konkurrenz hervorruft.

 

Die Vereine treten sich schon längst auf den Füßen herum, jeder meint, noch tollere Aktionen auf die Beine stellen zu müssen. Und die Leidtragenden sind immer einige wenige - die allerdings nicht unbedingt unschuldig sind. Der Ungeist dieser Konkurrenz hat sie fest im Griff.

 

Eine Folge davon sehe ich bei unserem Sport- und bei unserem Musikverein. Die sind ja so super, dass man wirklich gut sein muss, und bereit sein muss, unsinnig viel Zeit und Kraft zu opfern, wenn man mitmachen will. Selbst die Narrenzünfte haben ein proppevolles Ganzjahresprogramm, damit übers Jahr niemand Zeit hat, zu einem anderen Verein abzuwandern.

 

Ich möchte nicht wissen, wie viele Kinder ohne Eltern bleiben, wie viele Ehen zerrütten, weil so viel geboten ist.

 

Das Gegenargument lautet normalerweise: "Aber wenn die die ganze Zeit aufeinanderhocken würden, gäbe es Mord und Totschlag." Aber ich befürchte, dass einige Leute schon völlig verlernt haben, programmlos zusammen zu leben. (Was nicht heißt, dass ich ein Dauerzusammenleben für hilfreich erachte).

 

Die Mobilität (eigentlich ein Wert) entartet zum verführerischen Ungeist, einem Dämon, der einem in X-Dorf ein schlechtes Gewissen einredet, wenn man nicht auf dem Partnerschaftsfest in Y-Dorf war, wenn man sein Geld nur auf einem Weihnachtsmarkt hat liegen lassen. Und vor allem erpresst er Menschen, die einfach einmal nichts zu tun haben, dass sie ihre wunderbare Muse nicht genießen dürfen, sondern sich schämen müssen, untätig, unproduktiv und momentan unsozial zu sein. Es gibt Menschen, bei denen ist das fast schon ein Krankheitsbild.

 

Und mit diesem Druck korrespondiert ein Gegendruck: Die Verweigerung. Man will den Werkegerechtigkeitsdämon vermeiden und fällt in die Hände des Ziellosigkeitsdämons, von dem wohl auch der Rentner, von dem ich geschrieben habe, befallen war. Die Unfähigkeit, zu wissen, was man eigentlich will, worauf man lust hat, wozu man sich berufen fühlt. Da kenne ich Menschen in allen Altersschichten, die gravierend drunter leiden.

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Ich habe einen solchen Fall im Freundeskreis. Der Mann ist Workeholik und hat mit 40 Jahren 2 Herzinfarkte und einen Schlaganfall hinter sich. Unter 12 Stunden am Tag hat er selten gearbeitet. Als er nun nicht mehr arbeiten durfte (einen 3. Herzanfall würde er kaum überleben), kam er sich total überflüssig vor. Trotz seiner Familie (bei 6 Kindern hat man eigentlich genug Beschäftigung) konnte er nichts mit sich anfangen. Seinem Hobby: Biker - kann er nicht mehr nachgehen, für ein Motorad ist kein Geld da. Anfangs hat er wirlich am Rad gedreht und konnte nichts mit sich anfangen. Aufgrund der Kinder hat er nun ein Haus gekauf (Vater Staat hat fleißig mitfinanziert) das renoviert werden muss. Jetzt hat er Beschäftigung und findet zu sich selbst. Er kommt sich nicht mehr überflüssig vor und bekommt auch Zugang zu anderen Interessen. Dieser Schock, nicht mehr "gebraucht zu werden" musste aber erst einmal überwunden werden. Er hat einfach dadurch den Wald vor Bäumen nicht gesehen. Alles was ihm - abgesehen von seiner Familie - 20 Jahre etwas bedeutet hat, hat er verlohren. Das war bestimmt nicht einfach.

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Gast
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