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Welcher Weg führt nach ... Rom?


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Welche ökumene für die Zukunft? Eine Rückkehrökumene scheint nicht möglich zu sein, weil jede Konfession der überzeugung ist, die Wahrheit zu haben. Das Anstreben einer Einheit in der Vielfalt (oder in der Gegensätzlichkeit, wie auch schon mal gesagt wird), kann in einem gewissen Sinn als eine faule Lösung gelten. Meiner Meinung nach hat die französischsprachige Ökumenikergruppe GROUPE DES DOMBES (deren Texte in der Theologie sehr viel Beachtung finden) und vor allem deren Mitglied RENE GIRAULT den ökumenischen Weg der Zukunft aufgezeigt:

 

Die ökumene der Zukunft muss auf einer Dialektik von Identität und Bekehrung gründen. Die verschiedenen Konfessionen müssen Schritte der Umkehr/ metanoia tun. Sie sind nur dann christlich, wenn sie sich öffnen für die Notwendigkeit der Bekehrung. Insofern muss jede Konfession ein Schuldbekenntnis ablegen. Trotzdem darf die Identität der einzelnen Konfessionen nicht verloren gehen. Es gilt also, offen zu sein für Verzicht, aber ohne dass dabei Selbstaufgabe, Leugnung oder Verrat geschieht. Wir müssen uns auch klarwerden, dass jeder Konfessionskirche seit der Trennungen ein Stück Kirche fehle. Auch die katholische Kirche hat durch die Spaltungen die Fülle ihres Kirchseins verloren, kann ihre Katholizität nicht voll ausüben und muss sich als unvollkommenes Sakrament, Sünderin und Faktor der Trennung betrachten. Ziel der Ökumene ist eine wirkliche Einheit, die jedoch weder Uniformität noch bloße Föderation ist.

 

GIRAULT unterscheidet vier mögliche Auffassungen zur Realisierung der Einheit der Christen. Die erste ist die Vorstellung der Einheit durch die Absorption der anderen Kirchen. Diese wurde lange Zeit als die einzig mögliche angesehen, da jede Konfession davon überzeugt war, als einzige die volle Wahrheit zu besitzen. Es ist dies die Vorstellung, die im deutschen Sprachgebrauch gerne als Rückkehr-Ökumene bezeichnet wird. Die zweite Auffassung geht auf Paul COUTURIER zurück, der - vor der Gründung des GROUPE DES DOMBES - im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen vom 18.-25. Januar dazu einlud, zu beten Afür die Einheit, welche Christus will, "in der Zeit und durch die Mittel die Er wählt". War dies auch eine bemerkenswerte Intuition seitens COUTURIER, verführt diese Auffassung doch leicht zu Passivität und Quietismus. Die dritte Vorstellung, die auch heute noch oft als die einzig mögliche angesehen wird, besteht darin, eine Einheit in der Vielheit anzustreben, "indem wir uns so nehmen wie wir sind". Auch Oscar CULLMANNs Vorschlag einer Einheit durch die Vielfalt, d.h. einer Gemeinschaft von vollkommen autonom bleibenden Kirchen, reiht GIRAULT in diese Kategorie ein. Er bezeichnet diese Sicht als eine billige und faule Lösung, die uns davon abhält, uns um eine wirkliche Einheit zu bemühen: "Können wir wirklich so tun als ob die Unterschiede nicht existieren würden und eine letztendlich billige Einheit verkünden?" Es geht ihm darum, eine wirkliche Einheit bei einer legitimen Vielfalt zu erreichen. Solch eine Einheit in der Vielfalt wird GIRAULT zufolge nur dann möglich, wenn alle Kirchen sich für eine metanoia bzw. eine gegenseitige Bekehrung öffnen und die Anfragen der anderen ernstnehmen. Eine solche gegenseitige Bekehrung könnte folgendermaßen aussehen: Es gibt für jede Kirche einen wichtigen Punkt, in dem sie von allen anderen interpelliert wird (GIRAULT spricht vom "Point d'attention"). Für die katholische Kirche z.B. ist es die Autorität des Bischofs von Rom, für die protestantischen Kirchen ihr Verständnis der evangelischen Freiheit im Verhältnis zum apostolischen Amt und für die Orthodoxen ihr Verhältnis zur Welt und zur Geschichte. Wenn eine Kirche in einem bestimmten und wichtigen Punkt bei allen anderen auf Kritik stößt, und dieser Kritik bisher immer standgehalten hat, bedeutet das zweierlei: Einerseits handelt es sich bei diesem Punkt um die tiefste "Treue" dieser Kirche, um den unverjährbaren Anteil der Wahrheit, mit dem sie sich im Gewissen verbunden fühlt und den sie nicht aufgeben kann, was bedeutet, dass dieser den anderen Kirchen so fremde Punkt der "Dienst" der betreffenden Kirche an den anderen sein könnte. Zugleich aber gilt: Wenn alle anderen Kirchen den besagten Punkt einstimmig kritisieren, bedeutet das auch, dass es in diesem Punkt etwas zu bekehren bzw. zu reformieren gibt. Bei diesem Bekehrungsprozess darf aber das Ziel nie aus dem Blick geraten: die volle Gemeinschaft zwischen allen Kirchen in einer fruchtbaren Pluriformität, in der evangelische Freiheit, Synodalität, Kollegialität und Primat miteinander versöhnt sind.

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»Die verschiedenen Konfessionen müssen Schritte der Umkehr/ metanoia tun« (Thierry)

 

Mit dem Begriff der „Konfession“ ist es so: Daß damit der Inhalt eines Bekenntnisses – oder gar die Gesamtheit seiner Anhänger – bezeichnet wird, ist eine protetantische Masche, freilich mit hoher Ansteckungsgefahr. Eigentlich bezeichnet confessio eine Handlung, nämlich den Akt des Bekennens: Ich bekenne Gott, Jesus Christus, den Glauben der Kirche. (Im kirchlichen Latein ist neben der Konstruktion mit dem Akkusativ auch die mit dem Dativ möglich; mit Akk.: »confiteor te, Deum, Christum etc. – ich bekenne [und zwar laut] dich, Gott, Christus usw.«; dagegen mit Dat.: »confiteor tibi, Deo, Christo – ich „bekenne dir“, das heißt: ich preise dich, lobsinge dir, verkünde deinen, Gottes, Christi Lobpreis«.)

 

Wer den Glauben der Kirche nicht teilt, vor dem bin ich gerufen zu „bekennen“. Genau darin besteht mein Bekenntnis, meine „Konfession“. Ein Sammelsurium von Vorstellungen in meinem Sinn oder auf einem Papier und ein anderes in deinem Sinn und in deren Papieren, all das ist kein Bekenntnis, etwa nach dem Motto: »Mein Bekenntnis, dein Bekenntnis, Bekenntnisse haben wir alle gern.« Konfession, das heißt: Ich singe Gottes Lobpreis, Ihm und aller Welt.

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