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Aus den Fastenpredigten Leos des Großen


Olezinsky

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Aus den Fastenpredigten des Heiligen Papstes und Kirchelehrers Leo der Große (gest. 461)

 

Überaus kostbar und wertvoll ist es, Geliebteste, in den Augen des Herrn, wenn das ganze christliche Volk zugleich denselben Pflichten nachkommt, wenn sämtliche  Stände und Rangstufen beiderlei Geschlechts in demselben Geiste zusammenwirken, wenn alle einmütig und in gleicher Weise darauf bedacht sind, das Böse zu meiden und das Gute zu vollbringen, wenn Gott in den Werken seiner Diener verherrlicht wird und viele den Urquell aller Liebe  durch Dankesworte preisen. Man speist den Hungernden, kleidet den Nackten, besucht die Kranken und keiner ist auf das bedacht, was ihm selber nützt, sondern auf das, was dem Nächsten frommt, solange jeder seine Habe für ausreichend hält, um fremde Not damit zu lindern. Leicht findet man dort einen „fröhlichen Geber“ wo das Maß der Mildtätigkeit im richtigen Verhältnis zu den Mitteln steht. Niemand aber bleibt durch die Gnade Gottes „die alles in allen wirkt“, von dem Gewinne und den Verdiensten der Gläubigen ausgeschlossen. Kann doch die Gesinnung die gleiche sein, auch wenn der Besitz verschieden ist. Wenn sich der eine über die Freigiebigkeit des anderen freut, so wird er durch seine Gesinnung dem gleich, den er in der Höhe seiner Gaben nicht erreichen kann. Bei einem Volke, in welchem alle Glieder des ganzen Leibes nur darauf bedacht sind, nach Kräften die Werke der Liebe zu pflegen, gibt es auch keinen Vorzug und keine Verschiedenheit. Auch braucht sich derjenige nicht seiner Dürftigkeit zu schämen, der die reichen Gaben eines andern rühmt; denn der Ruhm des einzelnen ist eine Zierde für alle. Wenn wir uns insgesamt vom Geiste Gottes leiten lassen, so sind nicht nur das unsere Taten, die wir selbst vollbringen, sondern auch die, worüber wir uns bei anderen freuen ...

Unterziehen wir uns einmütigen und willigen Sinnes dem feierlichen Fasten! Von niemand wird etwas Hartes oder Schwieriges verlangt. Weder die Enthaltsamkeit noch das Almosen legt uns etwas auf, was unsere Kräfte übersteigt. Jeder weiß am besten, was er leisten kann und was für ihn unmöglich ist. Jeder möge sein Scherflein selber bestimmen und sich nach einer gerechten und verständigen Einschätzung selber besteuern, damit er seine mildtätigen Gaben nicht widerwillig darbringt und eine Schädigung darin sieht ... Unsere Mildtätigkeit muss aus freudigem Herzen kommen.

Da aber eine solche hochherzige Gesinnung nur wenigen eigen ist und es zur allseitigen Befolgung der Nächstenliebe gehört, dass keiner die Sorge für seine eigenen Angehörigen vernachlässigt, so stellen wir den gemeinsamen Grundsatz auf, dass jeder von euch nach Kräften dem göttlichen Gebot nachkommt, ohne dass wir dem Streben nach größerer Vollkommenheit vorgreifen möchten...

Natürlich steht es jedem von uns frei, aus eigenem Willen körperlich zu fasten ... Aber trotzdem muss an bestimmten Tagen auch das allgemeine Fasten von allen in gleicher Weise beachtet werden. Was die Gesamtheit tut, verdient den Vorzug vor dem, was der einzelne vollbringt ...

Aus: Bibliothek der Kirchenväter, München 1927, redaktionell bearbeitet von O. Lezinsky

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