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Schluß mit der Langeweile


Erich

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Vielleicht folgen wir Jesus Christus nicht in allen Stücken oder mit der richtigen Einstellung.

 

Wir neigen z. B. dazu, mit den Palmen und den Hosiannas etwas sparsam zu sein.

 

Wir schwingen nicht gern die Geißel aus Stricken, weil wir ja jemanden verletzen oder ihm das Geschäft verderben könnten.

 

Wir strengen unseren Verstand nicht an, um verzwickte Fragen von Sonntagsheiligung und Steuerzahlungen zu lösen;

 

auch eilen wir nicht, um den Gelehrten zu Füßen zu sitzen, ihnen zuzuhören und Fragen zu stellen.

 

Schnell überhören wir die beunruhigenden Scherze darüber, wie man sich mit dem ungerechten Mammon Freunde macht,

 

und die alarmierenden Bemerkungen, daß Jesus das Schwert und nicht den Frieden bringen wollte.

 

Auch fallen wir nicht besonders auf durch die Liebenswürdigkeit, mit der wir bei den Zöllnern und Sündern zu Tische sitzen.

 

Irgendwie stellen wir, obwohl wir die besten Absichten von der Welt haben, den typischen Christen dar, der sehr viel Ähnlichkeit mit einem fürchterlich übellaunigen Langweiler hat — und das alles im Namen dessen, der mit Sicherheit niemals in den dreißig Jahren seines irdischen Daseins einen einzigen Menschen gelangweilt hat.

 

 

Laßt uns um Himmels willen das Göttliche Drama hervorziehen unter der schrecklichen Anhäufung schlampigen Denkens und kitschiger Gefühle und es wieder auf die Bühne bringen, um die Welt zu schockieren und zu irgendeiner Form von kräftiger Reaktion zu bewegen. Wenn die Frommen die ersten sind, die erschreckt werden, um so schlimmer für sie — dann werden andere vor ihnen in das himmlische Königreich eingehen.

 

Wenn alle Menschen an Jesus Christus Anstoß nehmen, dann sollen sie es tun; aber wo liegt der Sinn, wenn sie an etwas Anstoß nehmen, das mit Jesus Christus gar nichts zu tun hat? Wir machen ihm wirklich wenig Ehre, wenn wir ihn zu einer verweichlichten Person degradieren, die keiner Fliege etwas zuleide tut. Es ist doch wohl die Aufgabe der Kirche, nicht Jesus den Menschen anzugleichen, sondern die Menschen Jesus anzugleichen.

 

Das Dogma ist wirklich das Drama — es besteht weder in schönen Sätzen noch in tröstlichen Gefühlen, weder in vagem Streben nach Barmherzigkeit und Erhebung noch in der Verheißung von irgend etwas Schönem nach dem Tod — sondern es besteht in der erschreckenden Erklärung, daß derselbe Gott, der die Welt erschuf, in der Welt lebte und durch das Grab und das Tor des Todes hindurchging. Die Heiden mögen das nicht glauben, wenn man sie darauf hinweist; doch sie mögen zumindest erfassen, daß es hier etwas gibt, an das ein Mensch vielleicht mit Freuden glauben würde.

 

Dorothy L. Sayers

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