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Diskurs in der offenen Gesellschaft - Alternativen?


Shubashi

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vor 4 Minuten schrieb Sokrates:

Ich mache keine "blind dates". Woher weiß ich, wen ich da treffe

Das weiß man nicht vorher - und das finde ich gerade das Spannende daran. Aber ok, ich rede gelegentlich sogar mit dem Zufallssitznachbarn im ICE.

 

Zitat

Ich treffe mich überhaupt nicht ungeschützt in privatem Rahmen zu zweit

Ein Treffen in einem Café o.ä. finde ich jetzt nicht "ungeschützt". Oder was verstehst Du unter "ungeschützt"?

 

Zitat

Ich diskutiere nicht "mit dem ersten besten Dahergelaufenen". Oder wie Schopenhauer es ausdrückt (Als Fazit seiner "eristischen Dialektik"): Die einzig sichere Gegenregel ist daher die, welche schon Aristoteles im letzten Kapitel der Topica gibt: Nicht mit dem Ersten dem Besten zu disputieren; sondern allein mit solchen, die man kennt und von denen man weiß, dass sie Verstand genug besitzen, nicht gar zu Absurdes vorzubringen und dadurch beschämt werden zu müssen; und um mit Gründen zu disputieren und nicht mit Machtsprüchen, und um auf Gründe zu hören und darauf einzugehen, und endlich, dass sie die Wahrheit schätzen, gute Gründe gern hören, auch aus dem Munde des Gegners, und Billigkeit genug haben, um es ertragen zu können, Unrecht zu behalten, wenn die Wahrheit auf der anderen Seite liegt. Daraus folgt, dass unter Hundert kaum Einer ist, der es wert ist, dass man mit ihm disputiert

Ein Kennenlernen verschiedener Standpunkte fällt für mich noch nicht unter "disputieren" - aber ich bin auch von Natur aus neugierig auf Menschen. 
Bei dem Schopenhauerzitat frage ich mich allerdings, wie man es hinbekommt, allein mit jenen zu diskutieren, die man kennt. Wie lernt man dann überhaupt jemanden kennen - ich meine, irgendwann muss man ja mal anfangen, mit jemandem zu reden, um ihn kennenzulernen.

 

Zitat

Ich gebe nicht in eine anonyme Datensaugmaschine Antworten auf ziemlich intime Fragen ein, ferner meinen Namen und meine Adresse. Mach mal selber das Experiment bei z.B. https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-07/deutschland-spricht-2018-anmeldung und schau wie weit du freiwillig gehst. (Das Experiment sei auch mn1317 angeraten, die diese Idee auch gut findet)

Ähm, zur Kontaktherstellung braucht es da nur eine funktionierende Emailadresse - bei allem anderen kann man es halten, wie man es hält, wenn man FB anonym benutzen möchte.


 

Zitat

 

Ich glaube nicht, dass die aufgrund der Fragen einen angemessenen Gegner finden. Meine Meinung ist dafür zu differenziert.

 

Ich will das ja mal ausprobieren (s.o. die Neugier) - allerdings warte ich nicht auf einen Gegner (was sollte einen fremden Menschen mit anderen Ansichten denn per se zu einem Gegner machen?). Die Fragen fand ich allerdings auch platt, teile also Deine Meinung, dass da kaum Differenzierung möglich war - aber ich könnte mir vorstellen, einen Gesprächspartner zusortiert zu bekommen, dem das vielleicht sogar ähnlich geht. Vermutlich wäre das sogar mein Gesprächseinstieg...

 

Und ob das Zeitverschwendung ist: vielleicht - aber die gönne ich mir auch sonst gelegentlich :)

 

Insgesamt finde ich den Ansatz gerade deswegen interessant, weil er den Austausch auf die privat-persönliche Ebene bringt und deshalb potentiell die ganzen "Bühneneffekte" ("ich muss mich profilieren", "es muss einen Sieger und einen Verlierer geben", "ich muss siegen" usw.) wegfallen. Was mir daran fehlt, ist die Projektorientierung: divergierende Ansätze lassen sich meiner Erfahrung nach viel schneller bearbeiten, wenn man es anhand von handhabbaren, konkreten Projekten tut.

 

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vor 1 Minute schrieb gouvernante:

Was mir daran fehlt, ist die Projektorientierung: divergierende Ansätze lassen sich meiner Erfahrung nach viel schneller bearbeiten, wenn man es anhand von handhabbaren, konkreten Projekten tut.

Oder so. Jedenfalls muss es strukturiert sein.

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vor 1 Stunde schrieb Xamanoth:

Leute deren politischer Standpunkt nicht auf Studien und Analysen, sondern lauen Stimmungen beruht.

 

Das ist trivial.

Trivial, aber weitverbreitet. Und damit müssen wir umgehen (lernen).

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vor 6 Stunden schrieb gouvernante:

Ähm, zur Kontaktherstellung braucht es da nur eine funktionierende Emailadresse - bei allem anderen kann man es halten, wie man es hält, wenn man FB anonym benutzen möchte

 

Nur halten sich "anonyme" FB-Accounts uU nicht lange ... hab in meinem Bekanntenkreis einige, welche vor die Wahl gestellt wurden, entweder ihren richtigen Namen zu verwenden oder den Account zu verlieren.

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vor 6 Stunden schrieb gouvernante:

Trivial, aber weitverbreitet. Und damit müssen wir umgehen (lernen).

In der Tat. Für mich war es die bittere Erkenntnis dass man nicht nur das argumentieren sondern auch die Mechanismen des so genannten Populismus- früher auch Propaganda genannt- beherrschen muss.

 

Trump hatte das verstanden, Clinton nicht. Wer ist Präsident?

 

Gerade stirbt eine so genannte Volkspartei weil sie das nicht verstanden hat 

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Long John Silver
vor 9 Stunden schrieb gouvernante:

 

*grins*, Sokrates testet, ob er das Wort "Gutmensch" nutzen darf.

 

Ein klassisches Post, das - in meinen Augen - so wunderbar die Misere spiegelt: Meinung, aber kein Argument.

Ich hätte gern von Dir, gelesen, warum, aus welchen Gründen Du dieses Format (zwei Menschen mit unterschiedlichen politischen Positionen führen ein persönliches Gespräch) für schwachsinnig hältst. 
 

 

Ich denke, es weist auf eine generelles Problem hin - die Sucht danach, das nur in den eigenen Augen 100%ziges das richtige Instrumentarium sei im offenen Diskurs. Natuerlich ist diese Vorstellung falsch und kontraproduktiv, weil es verschiedene Ansaetze gibt diesen Diskurs zu fuehren und nur das Zusammenwirken dieser  Ansaetze die gesamte Dynamik bewirkt. Diese Vorstellung fuehrt zu einem reflexartigen Gemeckere, weil mit Sicherheit bei jedem Ansatz irgendetwas "nicht stimmt", irgendjemand der mitmacht, passt einem mit Sicherheit nie, irgendein Punkt ist genauso, wie man sich illusioniert, irgendetwas geht ein Punkt in der Agenda ist nicht haargenau der, den man sich erhofft, egal wie, das Ding gehoert verworfen, weil es nicht "gut" genug ist.  Wie gesagt, besteht aber der Diskurs immer nur aus vielen Ansaetzen, die eventuell "nicht gut" genug sind in denen eigenen Augen, oder weniger "gut" als man erhofft oder irgendeinen Makel aufweisen, der das ganze fuer anruechig erklaert und verfehlt. In diesem Fallist es die eigene  geliebte Vorurteil von Gutmenschen, die dem rationalen Urteil im Weg steht, ein anderes Mal macht sich Abneigung an einer bestimmten Person fest, die das ganze leitet oder mitwirkt, wie auch immer, es ist immer ein Haar in der Suppe zu finden und das zu finden ist fuer viele wichtiger als alles andere. Eine destruktive Grundhaltung, die genau das torpediert, was den offenen Diskurs ausmacht - dass viele auf verschiedene Weise eine Sache diskutieren und dass eine Vorgabe wie das ganze am besten zu verlaufen habe, gar nicht gibt. Es gibt immer nur  Versuche, Ansaetze, ein Probieren und verschiedene Konstellationen von denen, die zusammen probieren.  Ich denke, wir brauchen momentan ganz viele dieser verschiedenen Ansaetze und Versuche und Koalitionen, aber das war schon immer so.

 

@Subashi, das ist auch eine Antwort an deine Frage nach der Alternative. Es gibt keine, sondern nur das staendige Probieren von Moeglichkeiten. Wenn diese allerdings wie momentan so aktuell, mit tausend Bedenken und eigenen Vorurteilen bereits immer im Ansatz kritisiert werden und fuer falsch und nutzlos erklaert, schrumpft der eigene Blick auf diese Moeglichkeiten auf ein Minimum, weil ja immer notwendigerweise irgendetwas nicht "stimmt" (es kommt von der falschen Partei, den falschen Leuten, von Leuten, die mal irgendwas gesagt haben, was einem nicht passte und sie suspekt sein laesst deshalb, von Leuten, die man aus irgendwelcher persoenlichen Agenda heraus verdaechtigt, sie meinten genau das Gegenteil von dem, was sie sagen etc. etc. .

 

 

 

bearbeitet von Long John Silver
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Wenn ich ein weiteres Bedenken anhängen darf: rein zahlenmäßig dürfte die Teilnehmerzahl sehr begrenzt sein. Ob das ausreicht gesellschaftliche Stimmungen zu beeinflussen, ist außerordentlich optimistisch gedacht.

In einem der gestern verlinkten Artikel hat ein Sozialwissenschaftler die wichtige Bemerkung gemacht, dass die populistischen Stimmungen v.a. gewichtig werden, weil sie eben von Multiplikatoren wie politischen Parteien aufgegriffen werden, ein weiterer wichtiger sind die Medien.

In den USA oder Italien ist das gerade sehr viel deutlicher zu sehen als bei uns, aber auch bei uns ist das in vielen kleinen Aspekten zu beobachten.

Ob da ein paar tausend 1-1-Gespräche wirklich gesellschaftliche Tendenzen beeinflussen? Ich denke, wer an so etwas teilnimmt sollte lieber die persönliche Erfahrung in den Mittelpunkt stellen.

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vor 1 Minute schrieb Shubashi:

Ob da ein paar tausend 1-1-Gespräche wirklich gesellschaftliche Tendenzen beeinflussen?

Es waren wohl ein paar hundert, habe ich in der ZEIT gelesen. Der Berg kreiste und gebar nicht mal ein Mäuslein, eher eine Ameise.

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Gerade eben schrieb Sokrates:

Es waren wohl ein paar hundert, habe ich in der ZEIT gelesen. Der Berg kreiste und gebar nicht mal ein Mäuslein, eher eine Ameise.

 

Um so geringer der Effekt. Übrigens darf man nicht vergessen, dass für die veranstaltende Zeitung die Sache als Aktion zur Leserbindung interessant ist, was ein legitimes Interesse ist.

Generell bleibt aber für mich der wichtigste Punkt: der freie gleiche Diskurs ist insgesamt das einzige Mittel, dass eine Gesellschaft hat, um sich in Zeiten der Krise über sich selbst zu vergewissern. Der 1-1-Dialog kann da genauso ein Mittel sein wie Foren, Parteiversammlungen, Demonstrationen etc.

Das allerallerwichtigste ist dabei aber eben: frei und auf Augenhöhe!

Wer meint, dass stattdessen Propaganda oder Mission hülfe, hat die offene Gesellschaft bereits aufgegeben - und muss dann, um wirklich effektiv zu sein "all the way to China" gehen.

 

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Die Idee ist ja an sich wirklich  interessant 

 Ich hätte es aber u.a. Aus Datenschutzgründwn nicht gemacht. Gefilmt werden will ich auch nicht.

 

Aber Diskussuonskultur ist schon wichtig. Da haben Talkshowformate Vorbildfunktion , die sie auch nicht immer wahrnehmen.

Auch in die Schulen gehört Duskussuonskultur.  Man muss es üben.

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