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Frage zum schweigenden Vaterunser im Stundengebet


Gratia

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Liebe Mykathler,

 

ich hoffe mal wieder auf eure Sachkompetenz:

Der Benediktsregel nach (RB 13,14) wird das Vaterunser in einigen Gebetszeiten bis auf die letzte Bitte schweigend gebetet. In der Praxis oft auch in einer Verneigung.

Mein Kommentar sagt leider nicht, warum. Vor allem wüsste ich gern, warum schweigend. Ich kann nur vermuten, aus besonderer Ehrfurcht; aber als Zeichen erschließt sich mir das nicht.

 

Hat jemand eine Antwort, und kann mir die ggf. auch nachvollziehbar machen?

bearbeitet von Gratia
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Am 28.10.2018 um 20:08 schrieb Gratia:

Liebe Mykathler,

 

ich hoffe mal wieder auf eure Sachkompetenz:

Der Benediktsregel nach (RB 13,14) wird das Vaterunser in einigen Gebetszeiten bis auf die letzte Bitte schweigend gebetet. In der Praxis oft auch in einer Verneigung.

Mein Kommentar sagt leider nicht, warum. Vor allem wüsste ich gern, warum schweigend. Ich kann nur vermuten, aus besonderer Ehrfurcht; aber als Zeichen erschließt sich mir das nicht.

 

Hat jemand eine Antwort, und kann mir die ggf. auch nachvollziehbar machen?

 

Nicht so voreilig :-)

 

 

Folgendes habe ich dazu in dem Kommentar zur Benediktsregel von Georg Holzherr ( Benziger Verlag ISBN 3545200663) gefunden:

 

Ich zitiere aus Seite 147:

 

“Das laute Verrichten des Herrengebetes am Schluss von Laudes und Vesper ist ein damals in Spanien bezeugter Brauch. In Rom war vereinzelt ein stilles Vaterunser statt einer Schlussoration üblich. [.....] Kassian (gest. 430) berichtet von Christen, welche die Vergebungsbitte nicht aussprechen wollten. Die hier gegebene Begründung weist in diese Richtung. Für die Benediktsregel ist in einer täglichen Friedensarbeit die Versöhnungsbereitschaft zu erneuern.“

bearbeitet von Raven
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Ja genau, das habe ich auch gefunden. Nur warum vor der Vergebungsbitte (in manchen Gebetszeiten) schweigend gebetet wird, dazu schreibt er leider nichts. Oder?

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Ja. Nur sagt das noch nichts über die innere Begründung, aus welchem Grund da nun nach Benedikt oder auch in Rom nicht laut gesprochen wird?

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Man muss zumindest mit der Möglichkeit rechnen, dass man einem Brauch folgt, weil der eben so ist.

 

Ein Beispiel aus der Liturgiegeschichte (wenn Angenendt denn recht hat): Im Hochgebet heißt es "sende deinen Geist auf diese Gaben  herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes", und an dieser Stelle schlägt der Priester ein Kreuz über die Gaben, das zu erklären nicht einfach ist. Zum ersten Mal in den Rubriken taucht dieses Kreuz im 8. Jahrhundert, in der karolingischen Refom auf. Denn Karl der Große hatte nicht nur Messbücher in Rom geordert, er hat auch jemanden beauftragt, dem Papst genau zuzusehen, damit man wisse, wie es richtig geht (dass der Papst das ganz genau richtig macht, das setzte man voraus). Und an dieser Stelle scheint es nun in der römischen Liturgie so gewesen zu sein, dass der Zelebrant beim Wort "Leib" auf das Brot und beim Wort "Blut" auf den Kelch deutete, eine nicht vollkommen fern liegende Gestik. Der den Papst nun beobachtende fränkische Kleriker konnte wohl nicht ganz exakt sehen, was der denn tat, aber was sollte ein Papst schon tun in der Messe mit seinen Händen, wenn nicht Kreuze schlagen. Und also zeichnete er ein Kreuz an diese Stelle, das sich bis heute gehalten hat (außer in der Zelebration von Angenendt, der auf die Gaben deutet). 

 

Man muss in der liturgischen Praxis mit Relikten rechnen, die keinen direkten inhaltlichen Grund haben.

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In eine ähnliche Richtung geht das bei den Franziskanern: deren gefeierte Liturgie war nach den Vorgaben des Ordens die, die der Papst feierte. Somit trugen sie nicht unwesentlich als größter "Missionsorden" zur Vereinheitlichung der lateinischen Liturgie bei. Der Grund: Franz wollte das so als Zeichen der Rückbindung an den Bischof von Rom. Mehr ist da nicht.

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Danke euch beiden! :)

Die einfachste Erklärung: "Weil, das war immer schon so."

 

Ich kann mich gerade nicht recht entscheiden, ob ich lachen oder weise nicken soll. Und wenn es noch eine inhaltliche Erklärung gibt, dann kam die womöglich erst als nachträgliche Begründung. :huh::rolleyes:

 

Vielleicht frage ich manchmal einfach zu viel. Andererseits haben viele kleine Gesten eine schöne oder tiefe Bedeutung, die einem entgeht, wenn man nicht fragt, warum.

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Am ‎02‎.‎11‎.‎2018 um 11:56 schrieb Chrysologus:

Ein Beispiel aus der Liturgiegeschichte (wenn Angenendt denn recht hat): Im Hochgebet heißt es "sende deinen Geist auf diese Gaben  herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes", und an dieser Stelle schlägt der Priester ein Kreuz über die Gaben, das zu erklären nicht einfach ist. Zum ersten Mal in den Rubriken taucht dieses Kreuz im 8. Jahrhundert, in der karolingischen Refom auf. Denn Karl der Große hatte nicht nur Messbücher in Rom geordert, er hat auch jemanden beauftragt, dem Papst genau zuzusehen, damit man wisse, wie es richtig geht (dass der Papst das ganz genau richtig macht, das setzte man voraus). Und an dieser Stelle scheint es nun in der römischen Liturgie so gewesen zu sein, dass der Zelebrant beim Wort "Leib" auf das Brot und beim Wort "Blut" auf den Kelch deutete, eine nicht vollkommen fern liegende Gestik. Der den Papst nun beobachtende fränkische Kleriker konnte wohl nicht ganz exakt sehen, was der denn tat, aber was sollte ein Papst schon tun in der Messe mit seinen Händen, wenn nicht Kreuze schlagen. Und also zeichnete er ein Kreuz an diese Stelle, das sich bis heute gehalten hat (außer in der Zelebration von Angenendt, der auf die Gaben deutet). 

Das klingt zwar logisch, aaaaber...

Mir ist nicht klar, welchen Sinn es haben sollte, an dieser Stelle auf die Gaben zu zeigen. Zumal sie ja noch nicht Leib und Blut sind. Zu einem Segen gehört allerdings ein Kreuzzeichen, was ich an dieser Stelle durchaus passend finde.

(Ist aber hier OT. Die Quintessenz bleibt: Manches war einfach 'schon immer so' - und hat sich gehalten, weil es gut ist, irgendwie.)

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Am 2.11.2018 um 11:56 schrieb Chrysologus:

Man muss zumindest mit der Möglichkeit rechnen, dass man einem Brauch folgt, weil der eben so ist.

 

Ein Beispiel aus der Liturgiegeschichte (wenn Angenendt denn recht hat): Im Hochgebet heißt es "sende deinen Geist auf diese Gaben  herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes", und an dieser Stelle schlägt der Priester ein Kreuz über die Gaben, das zu erklären nicht einfach ist. Zum ersten Mal in den Rubriken taucht dieses Kreuz im 8. Jahrhundert, in der karolingischen Refom auf. Denn Karl der Große hatte nicht nur Messbücher in Rom geordert, er hat auch jemanden beauftragt, dem Papst genau zuzusehen, damit man wisse, wie es richtig geht (dass der Papst das ganz genau richtig macht, das setzte man voraus). Und an dieser Stelle scheint es nun in der römischen Liturgie so gewesen zu sein, dass der Zelebrant beim Wort "Leib" auf das Brot und beim Wort "Blut" auf den Kelch deutete, eine nicht vollkommen fern liegende Gestik. Der den Papst nun beobachtende fränkische Kleriker konnte wohl nicht ganz exakt sehen, was der denn tat, aber was sollte ein Papst schon tun in der Messe mit seinen Händen, wenn nicht Kreuze schlagen. Und also zeichnete er ein Kreuz an diese Stelle, das sich bis heute gehalten hat (außer in der Zelebration von Angenendt, der auf die Gaben deutet). 

 

Man muss in der liturgischen Praxis mit Relikten rechnen, die keinen direkten inhaltlichen Grund haben.

 

Schön, dass Angenendt im 8. Jahrhundert auch neben dem Altar stand und zum Glück etwas genauer hingeschaut hat als dieser tumbe Gesandte Karls des Großen.

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4 minutes ago, Rosario said:

 

Schön, dass Angenendt im 8. Jahrhundert auch neben dem Altar stand und zum Glück etwas genauer hingeschaut hat als dieser tumbe Gesandte Karls des Großen.

Wenn vor dem 8. Jhdt. in den Rubriken an der Stelle kein Kreuzzeichen steht, klingt die Version jedenfalls plausibel. Vor allem, da an der Stelle eben nichts gesegnet wird, wie Moritz oben meinte. Außerdem ist das Wichtige an der Stelle die Herabrufung des Heiligen Geistes und nicht die Bezeichnung von Brot und Wein als Leib und Blut, das sie nach römischer Auffassung ja erst anschließend werden (bei den Orthodoxen gilt das gesamte Hochgebet als konsekrierend, und sehr zentral ist dort die Epiklese, da wäre ein Kreuzzeichen an der Stelle wesentlich plausibler als im römischen Ritus.  

 

Werner

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nun habe ich allerdings nochmal geschaut, und tatsächlich wird auch im byzantinischen Ritus bei der Epklese ein Kreuz über den Gaben geschlagen. Damit ist Angenends These nun wieder fraglich.

 

Werner

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Der Punkt ist nicht, ob Angenendt richtig oder falsch liegt. Sondern dass es ihm, auch wenn er richtig läge, nicht zusteht, eigenmächtig die Rubriken zu ändern. Die Kirche ordnet den Kult, nicht jeder Priester nach eigenem Geschmack. Verbindlichkeit beansprucht das approbierte Missale, nicht Angenendts Forschungsergebnisse.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Minuten schrieb Studiosus:

Der Punkt ist nicht, ob Angenendt richtig oder falsch liegt. Sondern dass es ihm, auch wenn er richtig läge, nicht zusteht, eigenmächtig die Rubriken zu ändern. Die Kirche ordnet den Kult, nicht jeder Priester nach eigenem Geschmack. Verbindlichkeit beansprucht das approbierte Missale, nicht Angenendts Forschungsergebnisse.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

Nehmen wir mal für Spass an Angenendt läge richtig... kann dann die Kirche die Rubriken lassen wie sie sind?

Ich denke nicht. "Haben wir die letzten hundert Jahre so gemacht" ist kein Argument, wenn man die Erkenntnis hat das mans die letzten hundert Jahre nicht richtig gemacht hat

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vor 16 Minuten schrieb Frank:

Nehmen wir mal für Spass an Angenendt läge richtig... kann dann die Kirche die Rubriken lassen wie sie sind?

Ich denke nicht. "Haben wir die letzten hundert Jahre so gemacht" ist kein Argument, wenn man die Erkenntnis hat das mans die letzten hundert Jahre nicht richtig gemacht hat

 

Das ist auch gar nicht das Argument, falls Du meinen Beitrag aufmerksam gelesen hast. 

 

Ein Priester zelebriert nach den Missalien und den Rubriken, welche die Kirche approbiert und zur Verwendung für den Kult vorschreibt oder erlaubt. Dabei ist es egal, ob die Rubriken 500 oder 50 Jahre alt sind. Mit Tradition hat das in dem Falle nichts zu tun. Sondern mit dem Befolgen von Normen in Gehorsam zur Kirche. 

 

Ich gehe davon aus, dass die Publikationen Angenendts an allen einschlägigen Stellen bekannt sind. Eine Notwendigkeit, die Rubriken anzupassen ergab sich seitens der Kirche indessen nicht. Das sollte man akzeptieren. Oder macht es trotzdem anders, weil man es besser zu wissen meint.

 

Der springende Punkt ist - und das schreibst Du ja selbst in deinem ersten Satz - dass die Kirche die Normen für die Liturgie, die die Feier der gesamten Kirche ist, festlegt. Und nicht jeder einzelne Zelebrant. Wenn sie es tut, tut sie es aufgrund der ihr zustehenden Vollmachten. Wenn sie es unterlässt ebenfalls. Der eine wie der andere Fall sind bindend und keine bloßen Empfehlungen.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 44 Minuten schrieb Frank:

Nehmen wir mal für Spass an Angenendt läge richtig... kann dann die Kirche die Rubriken lassen wie sie sind?

Ich denke nicht. "Haben wir die letzten hundert Jahre so gemacht" ist kein Argument, wenn man die Erkenntnis hat das mans die letzten hundert Jahre nicht richtig gemacht hat

Kann sie tun, kann sie ändern - zentral ist die Frage nach diesem Kreuzzeichen sicherlich nicht, wenn man es nicht weiß, wird man es auch kaum bemerken, ich zumindest schaue dem Zelebranten nicht beständig auf die Finger.

 

Zelebration hat  - manche mögen es nicht gerne hören - auch einen theatralischen Aspekt. Wer vorne steht, der führt etwas auf (neudeutsch: er performt) - und dessen sollte er sich bewußt sein. Die Regieanweisungen sind von daher zu lesen, und deswegen schadet es bei einer theoretisch denkbaren Überarbeitung der Texte und Rubriken (in der Praxis haben wir glaube ich andere Probleme) nicht, wenn man hier auch theatererfahrene Menschen zu Rate zöge. Denn der Ritus soll ja aus sich heraus verständlich sein. 

 

In der Ausbildung mancher  Diözesen tauchen daher auch Schauspieler auf, die den Seminaristen und auch den angehenden Pastis das dann beizubringen versuchen. Ein sehr sinnvolle Einrichtung wie ich meine.

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