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Wachkoma Patient soll abgeschaltet werden - Urteil


Long John Silver

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vor 2 Stunden schrieb Long John Silver:

Kann ich sagen: so lange nur ein Mensch da ist, der fuer diesen Patienten eintritt, darf und soll er nicht sterben muessen? Welche Macht schreibe ich Institutionen wie Kliniken oder Justiz zu? Wie viel Autonomie gibt  es dann noch fuer ein Individuum?


Es gibt wesentlich mehr als nur einen Menschen, die "für" Vincent Lambert eintreten: Nicht nur die Eltern und zwei Geschwister, die die Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen zu verhindern versuchen, sondern eben auch die Ehefrau, sechs Geschwister und Halbgeschwister wie auch der fast gleichaltrige Neffe, die dem mutmaßlichen Willen von Vincent Lambert Gehör und Gewicht verschaffen wollen, in der Situation, in der er sich befindet, nicht künstlich am Leben erhalten zu werden. Das betrachte ich ebenfalls als ein Eintreten für den Patienten. Welche Rolle Kliniken und der Justiz zufällt, ist im sogenannten "Loi Leonetti" festgelegt.

 

Mir ist dieser Tage ein Satz des ehemaligen Leiters der Palliativeinrichtungen der Universitätsklinik Reims untergekommen. Éric Kariger war gut 5 Jahre lang der für Vincent Lambert verantwortliche Arzt gewesen, praktizierender Katholik, nach seiner Selbsteinschätzung "zu 99,9 Prozent Prolife", als er 2013 das gesetzliche Verfahrungen nach dem Loi Leonetti einleitete, um die lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden und Vincent Lambert sterben zu lassen. Er hat 2014 - nach annähernd 20 Jahren - den Dienst als Palliativmediziner in Uniklinik Reims gekündigt, weil er dem Druck und den massiven Drohungen, auch gegen seine Familie (Frau und vier KInder), die von seiten der Anhängerschaft der Eltern Lambert auf ihn ausgeübt wurden, nicht mehr weiter standhalten wollte. Seine Nachfolgerin hat aus ähnlichen Gründen das Handtuch geworfen. Der jetzige verantwortliche Arzt ist der dritte, der das vorgeschriebene gesetzliche Verfahren in Gang gebracht hat. Éric Kariger, der erstgenannte, hat den Satz geprägt, dass die Weiterführung der Behandlung im Falle von Vincent Lambert nicht mehr als "Be-Handlung" bezeichnet werden könne sondern als "Miss-Handlung" betrachtet werden müsse.

bearbeitet von Julius
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vor 4 Stunden schrieb Long John Silver:

Kann ich sagen: so lange nur ein Mensch da ist, der fuer diesen Patienten eintritt, darf und soll er nicht sterben muessen?

Was ist mit den Fällen, in denen der Patient wegen der unvorstellbaren Schmerzen endlich sterben möchte, seine Angehörigen möchten das auch, aber Gesetze und gute Christen wollen das um jeden Preis verhindern? Wie viel Autonomie für das Individuum gibt es da?

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Long John Silver

Ich moechte bitte dicht am Thema bleiben. Ich halte nichts davon, bei solchen Themen wahllos von Hoelzchen zum Stoeckchen zu springen. Da sind sie zu komplex.  Und so was fuehrt dann auch zu nichts. 

 

@Chrystologus: Ich habe dich durchaus verstanden. Bloss, mir geht es um etwas anderes. Wie viel Staat lass ich in mein Leben rein, wie viel Gesellschaft darf bestimmen, was meine privatesten Entscheidungen angeht? Da ist inzwischen ein Vakuum, das fuer meine Ansicht nicht wirklich hinterfragt wird. Es geht mir um etwas Grundsaetzliches, aber wahrscheinlich kann ich es nicht richtig in Worte fasssen. Mich gruselt es halt bei dieser unhinterfragten Machtzuweisung an Institutionen und Gesellschaft, ich kann's nicht anders sagen. Dieses Gruseln kann ich zumindest nicht relativieren oder kleinreden. 

 

Es  geht mir weniger darum, irgendwelchen Angehoerigen Schuld oder Motive zu zu weisen, egal in welcher Richtung. Es geht mir um den Prozess, in dem Aerzte zu Entscheidungstraeger gemacht werden fuer Dinge, die m.E. voellig ausserhalb ihrer Befugnis stehen und die Justiz ebenso, naemlich zu Entscheidern ueber Leben und Tod eines Menschen.  Fuer mich stimmt da etwas nicht (mehr). Beratende Funktion eines Arztes, ja, auf jeden Fall. Aber inzwischen geht das weit darueber hinaus.  Zumal ethische Fragen m.E. niemals von der  Justiz geklaert werden duerfen, das ist nicht die richtige Ebene. Aber die Klaerung wird dorthin verlagert und die Leute akzeptieren diesen Vorgang immer mehr. Und da gruselt es mich auch. 

 

Aber wie gesagt, vielleicht kann ich mein extremes Unbehagen nicht wirklich gut erklaeren.  Es haengt damit zu sammen mit der Frage, welche Entwicklung die Gesellschaft nimmt, welchen Blick auf Leben und Tod, welchen Einfluss auf den Beginn des Lebens und das Ende auf Entscheidungstraeger ausgelagert werden, die an und fuer sich damit gar nichts zu tun haben. Und die Auffassung, es gaebe keine andere Moeglichkeiten als das so zu tun, mag ich persoenlich so ohne Nachdenken und andere Vorstellungen entwickeln, nicht akzeptieren. 

 

 

bearbeitet von Long John Silver
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Ich sehe das von die skizzierte Problem speziell in diesem Fall nicht. Der Koma-Patient hat doch offensichtlich seinen Willen Kund getan. Es sei denn, du gehst davon aus, seine Partnerin lügt. Leider nicht schriftlich. Was ist nun verwerflich, wenn die nächsten Angehörigen diesen Willen auch gegen den Willen der Eltern erfüllen wollen? Der Staat in Form eines Gerichtes musste sich doch überhaupt nur wegen der Eltern einmischen, die sich offensichtlich in die privatesten Entscheidungen ihres Sohnes einmischen. Allein dass die Eltern das können, finde ich gruselig. 

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vor 2 Stunden schrieb Long John Silver:

 

@Chrystologus: Ich habe dich durchaus verstanden. Bloss, mir geht es um etwas anderes. Wie viel Staat lass ich in mein Leben rein, wie viel Gesellschaft darf bestimmen, was meine privatesten Entscheidungen angeht? Da ist inzwischen ein Vakuum, das fuer meine Ansicht nicht wirklich hinterfragt wird. Es geht mir um etwas Grundsaetzliches, aber wahrscheinlich kann ich es nicht richtig in Worte fasssen. Mich gruselt es halt bei dieser unhinterfragten Machtzuweisung an Institutionen und Gesellschaft, ich kann's nicht anders sagen. Dieses Gruseln kann ich zumindest nicht relativieren oder kleinreden. 

 

 

Vielleicht ist das Beispiel hier nicht ganz passend. Im geschilderten Fall scheint es unterschiedliche Ansichten darüber zu geben, wie die Entscheidung des Betroffenen aussieht. (Verkürzt: Gäbe es nur die Eltern würde er fraglos weiterbehandelt, gäbe es nur die Geschwister hätte er schon längst sterben dürfen.) Darum ist es jetzt die Aufgabe unabhängiger Gerichte zu entscheiden, welche der beiden Parteien tatsächlich den Willen des Betroffenen vertreten und ich finde es gut, daß wir in einem Rechtsstaat diese Möglichkeit haben (duellieren kommt sowieso nicht mehr in Frage, aber auch ein 'immer und in jedem Fall so und nicht anders' könnte dem Willen des Betroffenen zuwiderlaufen).

 

 

Rechtsphilosophisch fürchte ich, daß auch meine allerprivatesten Entscheidungen Auswirkungen auf Andere haben können und damit ein gesellschaftlicher Konsens gefordert ist, wo die Grenze zwischen meiner Freiheit und der Freiheit der Anderen verläuft.

 

Deine Grundfrage finde ich dennoch hochspannend: Wer hat das Recht, über mein Leben zu entscheiden, wenn ich das selbst nicht mehr kann. Und welche Aspekte sind dabei zu berücksichtigen?

 

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Long John Silver
vor 14 Stunden schrieb Moriz:

 

Vielleicht ist das Beispiel hier nicht ganz passend. Im geschilderten Fall scheint es unterschiedliche Ansichten darüber zu geben, wie die Entscheidung des Betroffenen aussieht. (Verkürzt: Gäbe es nur die Eltern würde er fraglos weiterbehandelt, gäbe es nur die Geschwister hätte er schon längst sterben dürfen.) Darum ist es jetzt die Aufgabe unabhängiger Gerichte zu entscheiden, welche der beiden Parteien tatsächlich den Willen des Betroffenen vertreten und ich finde es gut, daß wir in einem Rechtsstaat diese Möglichkeit haben (duellieren kommt sowieso nicht mehr in Frage, aber auch ein 'immer und in jedem Fall so und nicht anders' könnte dem Willen des Betroffenen zuwiderlaufen).

 

 

Rechtsphilosophisch fürchte ich, daß auch meine allerprivatesten Entscheidungen Auswirkungen auf Andere haben können und damit ein gesellschaftlicher Konsens gefordert ist, wo die Grenze zwischen meiner Freiheit und der Freiheit der Anderen verläuft.

 

Deine Grundfrage finde ich dennoch hochspannend: Wer hat das Recht, über mein Leben zu entscheiden, wenn ich das selbst nicht mehr kann. Und welche Aspekte sind dabei zu berücksichtigen?

 

 

Ich meinte mit privaten Entscheidungen nicht die ueber mein Leben,  sondern ueber das Leben von Menschen, die mir nahestehen. Und generell ueber das Leben anderer. Dass es da ethisch sehr problematische Situationen gibt, ist nicht das Thema fuer mich, das ist klar. Es geht mir um die Selbstverstaendlichkeit, mit der momentan Aerzen und Justiz Macht zu geschrieben wird, ihnen Positionen zugeteilt werden, die sie gemaess ihres Berufs eigentlich gar nicht haben. Es ist da eines meines Erachtens ungutes Spannungsfeld entstanden das fuer mich irgendwie in sich nicht stimmig und gruselig. Es hat sich etwas verschoben, auf das ich nur schwer den Finger legen kann. 

 

Ich sprach das mit dem Gnadenhof nicht umsonst an. Ethische Probleme durch Aerzteschaft und Justiz klaeren zu wollen, ist  der falsche Versuch. Es treffen sich zwei Faktoren: einmal unter Umstaenden Aerzte, die sich eine Position anmassen, die ihnen nicht zusteht, zum anderen unter Umstaenden Angehoerige, die aus bestimmten Gruenden diesen Institutionen Macht geben. Es wird aber dann nicht mehr gefragt, ob diese  Institutionen ueberhaupt die richtigen sind, ob das nicht weit ueber das hinaus geht, was sie ueblichrweise sollen und duerfen. Es ist meines Erachtens ein voellig falsche Signal, dass ein Gerichtshof bzw. ein Aerzteteam ueber Leben und Tod eines Menschen entscheidet, so gern das Menschen in seinem Umfeld haetten.  Also, die Frage,  wem geben wir die Macht darueber. 

 

Will sagen: eine gesellschaftliche Ethik, die auf diese Institiuonen verschoben wird zur Loesung, ist eine mechanistische Angelegenheit, sie verlagert eine ganz wichtige Sache (was ist fuer uns ein Mensch?) an Institutionen, Gesetze und Paragraphen und die Geraete-Medizin. 

 

Im Einzelfall mag das sicher manchmal unumgaenglich sein. Mich stoert aber die selbstverstaendlichkeit, mit der solche Dinge von der Oeffentlichkeit aufgenommen werden, die Normalitaet, die ihnen zugeschrieben wird. Denn letzlich geht es um die Frage, was ist ein Mensch in diesem oder jenem Zustand noch "wert"? Hier wurde Demenz angesprochen. Ab wann ist der vegetative Zustand erreicht, in dem man Demente abschalten sollte? Wenn sie auch die Kleinkinder-Reflexe verloren haben? Ich meine das nicht polemisch oder provokativ, das ist nicht meine Art z u diskutieren, sondern ich frage das, weil es so naheliegend ist. Kann ich darauf hoffen, von der Gesellschaft geschuetzt zu werden, auch wenn ich nur noch ein vegetatives Buendel bin?  Was sieht eine Gesellschaft in einem solchen Buendel?

 

Es geht mir nichtum die Angehoerigen und ihre emotionalen Dilemmas. Das ist schrecklich genug. Es geht mir um die gesellschaftlichd Sicht auf diese Vorgaenge (wie auch die Sterbehilfe) und die schleichende Veraenderungen, die damit einhergehen, wenn Machtverhaeltnisse verschoben werden und Entscheidungen an Stellen uebertragen werden, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben. Und sicher auch im Kern um das Menschenbild, das hinter diesen Veraenderungen steckt. Das ist nicht meins und soll es auch nicht werden. 

 

 

 

 

 

 

 

 

bearbeitet von Long John Silver
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vor 2 Stunden schrieb Long John Silver:

Ich sprach das mit dem Gnadenhof nicht umsonst an.

 

Gibt es solche "Gnadenhöfe" denn nicht schon (was Du Dir darunter vorstellst, weiss ich allerdings nicht so genau)?
Kein Neu- oder Umbau eines Altenheimes hier ohne dass ein speziell auf die Bedürfnisse Demenzkranker ausgerichteter Bereich eingerichtet würde. Im näheren Umkreis meines Wohnortes kenne ich allein drei Einrichtungen, die Pflegeplätze für Wachkomapatienten vorhalten - eine frühere Nachbarin liegt seit mittlerweile 15 Jahren da, bewegungslos, meist starrt sie die Decke über sich an, auf Besucher reagiert sie nicht.

Es gibt Menschen, die sie regelmäßig besuchen (es werden mit den Jahren aber immer weniger),  und einige von ihnen haben unter dem Eindruck dieser Besuche ihre Patientenverfügung so formuliert, dass weitestgehend ausgeschlossen wird, dass sie selber in eine solche Lage kommen könnten - sprich: sie bekunden ihren Willen und ihre persönliche Entscheidung, nicht auf einem solchen "Gnadenhof" enden zu wollen. Ich will das übrigens auch nicht.

 

bearbeitet von Julius
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@JLS

 

Ethische Probleme sind eher nicht Angelegenheit der Justiz. Auch in deinem Beispiel hat die Justiz keine ethische Frage zu klären, auch wenn das auf den ersten Blick so aussieht, sondern die Frage der Vertretungsvollmacht.

 

Gelegentlich muß bei uns das Bundesverfassungsgericht über ethische Fragen entscheiden. Da ist dann das Grundgesetz und seine Auslegung die Grundlage dieser Entscheidungen. Und das klappt eigentlich ganz gut.

 

Ärzte müssen ständig Entscheidungen treffen, die auch ethische Fragen berühren. Das gehört zu ihrem Job; und ich meine, das gehört zumindest rudimentär auch zu ihrer Ausbildung. Und: Für manche Fragen sind sie einfach die Fachleute, die zu Rate gezogen werden und deren Rat man meistens folgt.

 

Entscheidungen müssen auch getroffen werden, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu entscheiden (oder seinen Willen mitzuteilen). Gut ist's, wenn es dann eine Patientenverfügung gibt. Sonst sind es halt die Angehörigen, die Ärzte und manchmal auch die Richter, die dann für einen entscheiden müssen.

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Long John Silver
vor 29 Minuten schrieb Moriz:

@JLS

 

Ärzte müssen ständig Entscheidungen treffen, die auch ethische Fragen berühren. Das gehört zu ihrem Job; und ich meine, das gehört zumindest rudimentär auch zu ihrer Ausbildung. Und: Für manche Fragen sind sie einfach die Fachleute, die zu Rate gezogen werden und deren Rat man meistens folgt.

 

 

Das ist richtig, auch das ist nicht meine Fragestellung. Ich wehre mich nur dagegen, wenn es ueber eine beratende Funktion hinaus geht.  Und da sind die Grenzen inzwischen fliessend, weil auch finanzielle Erwaegungen dahinter (koennen). Meine Vorstellung ist eher, ab einer bestimmten Situation das Problem der Wachkoma Patienten aus den Kliniken heraus zu nehmen. Kliniken haben Zwaenge, gar kein Thema, und ihr Ziel ist nicht, Leute ueber lange Zeit am Leben zu erhalten, sondern Krankheiten zu Diagnostizieren, Therapien durchzufuehren und zu heilen, so weit moeglich. Ab einem gewissen  Zeitpunkt ist das nicht mehr moeglich. Ach Todkranke sind in Kliniken nicht gut aufgehoben, sondern gehoeren in ein Hospiz oder haeusliche Palliativpflege.  Da geht inzwischen irgendwas durcheinander .Dass eine Klinik einen Koma-Patienten schlichtweg loswerden will, scheint mir einleuchtend. 

 

Ich denke aber, dass inzwischen laengst in gewisser Weise eine Ansicht eingetreten ist, Aerzte haetten ueber ihre selbstverstaendliche Beratungspflicht hinaus ein  Mitsprache- Recht ueber Leben und Tod ihrer Patienten.  Das sehe ich nicht so. Ich denke eher, da haben sich die Masstaebe verschoben. 

 

 

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vor 1 Stunde schrieb Long John Silver:

Das ist richtig, auch das ist nicht meine Fragestellung. Ich wehre mich nur dagegen, wenn es ueber eine beratende Funktion hinaus geht.  Und da sind die Grenzen inzwischen fliessend, weil auch finanzielle Erwaegungen dahinter (koennen). Meine Vorstellung ist eher, ab einer bestimmten Situation das Problem der Wachkoma Patienten aus den Kliniken heraus zu nehmen. Kliniken haben Zwaenge, gar kein Thema, und ihr Ziel ist nicht, Leute ueber lange Zeit am Leben zu erhalten, sondern Krankheiten zu Diagnostizieren, Therapien durchzufuehren und zu heilen, so weit moeglich. Ab einem gewissen  Zeitpunkt ist das nicht mehr moeglich. Ach Todkranke sind in Kliniken nicht gut aufgehoben, sondern gehoeren in ein Hospiz oder haeusliche Palliativpflege.  Da geht inzwischen irgendwas durcheinander .Dass eine Klinik einen Koma-Patienten schlichtweg loswerden will, scheint mir einleuchtend. 

Soweit ich weiß (nicht, daß ich mich da irgendwie auskennen würde) gibt es bei uns spezialisierte Pflegeheime für Wachkomapatienten, die entsprechend ihrer Aufgabe einen entsprechend hohen medizinisch-pflegerischen Standard haben (und vom Laien daher auch für ein Krankenhaus gehalten werden könnten).

 

Zitat

Ich denke aber, dass inzwischen laengst in gewisser Weise eine Ansicht eingetreten ist, Aerzte haetten ueber ihre selbstverstaendliche Beratungspflicht hinaus ein  Mitsprache- Recht ueber Leben und Tod ihrer Patienten.  Das sehe ich nicht so. Ich denke eher, da haben sich die Masstaebe verschoben. 

Das erlebe ich anders. Der "Halbgott in Weiß" gehört immer mehr der Vergangenheit an; die heutigen Ärzte verstehen sich immer mehr als Berater ihrer Patienten und nicht als ihre Vormünder. Obwohl die Patienten es ihnen nicht immer leicht machen ('Ach Herr Doktor, tun sie einfach was sie für richtig halten')

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vor 1 Stunde schrieb Long John Silver:

Dass eine Klinik einen Koma-Patienten schlichtweg loswerden will, scheint mir einleuchtend. 

Das ist eine deutliche Unterstellung, noch dazu eine unsinnige: Wieso sollten Kliniken einen in Summe unproblematischen, aber gut refinanzierten Fall los werden wollen? Dessen Pflege ist wunderbar planbar, also viel preisgünstiger als nervige unplanbare Neuzugänge. Aber das führt vom Thema weg - es geht hier nicht ums Geld.

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Vielleicht sind die Situationen in den Krankenhäusern in D und USA (keine Krankenversicherungen als Standard) recht verschieden?

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vor 2 Stunden schrieb Long John Silver:

Meine Vorstellung ist eher, ab einer bestimmten Situation das Problem der Wachkoma Patienten aus den Kliniken heraus zu nehmen. Kliniken haben Zwaenge, gar kein Thema, und ihr Ziel ist nicht, Leute ueber lange Zeit am Leben zu erhalten, sondern Krankheiten zu Diagnostizieren, Therapien durchzufuehren und zu heilen, so weit moeglich. Ab einem gewissen  Zeitpunkt ist das nicht mehr moeglich. Ach Todkranke sind in Kliniken nicht gut aufgehoben, sondern gehoeren in ein Hospiz oder haeusliche Palliativpflege.  Da geht inzwischen irgendwas durcheinander .Dass eine Klinik einen Koma-Patienten schlichtweg loswerden will, scheint mir einleuchtend. 

 

Ich weiss wirklich nicht, wie Du drauf kommst - es liest sich aber so - die Universitätsklinik in Reims wolle Vincent Lambert "loswerden" und würde sich seiner dadurch entledigen wollen, dass sie jetzt - im Einvernehmen mit der Ehefrau - zum dritten (vielleicht sogar zum vierten) Mal die lebenserhaltenden Maßnahmen einstellen. In den Gedanken scheinst Du Dich verrannt zu haben. Bei auch nur oberflächlicher Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen ("Loi Leonetti") könnte Dir immerhin dämmern, dass Deine Unterstellung zumindest sehr weit hergeholt ist. Ärzte und Ehefrau handeln so, weil sie zu der Überzeugung gelangt sind, dass es dem mutmaßlichen Willen von Vincent Lambert entspricht, nicht unabsehbar lange als Komapatient dahinzudämmern - und aus keinem anderen Grund.  Vincent Lambert wurde in den ersten Monaten in einer neurologischen Spezialklinik untersucht und behandelt. Nachdem die Spezialisten es für aussichtslos erachteten, mit ihren Methoden und Möglichkeiten eine Besserung seines Zustandes zu erreichen, wurde er in einem Kompetenzzentrum für Komapatienten in Lüttich untersucht und behandelt, dann zurück nach Reims in ein privates Pflegeheim verlegt, das auf die Betreuung von Komapatienten eingestellt ist, um dann schließlich doch wieder in der Palliativabteilung der Universitätsklinik zu landen, die einige Plätze auch für Menschen wie ihn vorhält. Die von den Eltern angestrebte Verlegung in ein Pflegeheim in der Nähe von Straßburg erwies sich als Seifenblase, die platzte, als die Leitung des Pflegeheimes mitteilte, dass bei ihnen niemals ein Aufnahmeantrag gestellt und von ihrer Seite auch keine Aufnahmezusage ergangen sei ...

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Long John Silver

Bitte keine Aufregung. 

 

Ich weissß, dass ich nicht wirklich in Worte fassen kann, was mich an der konkreten Entwicklung der letzten Zeit so stoert, ich lasse es auch. 

Das kommt sonst in eine Richtung, die ich weder beabsichtige noch will. 

 

Es  gibt sicher noch andere Gelegenheiten, hier ueber das Menschenbild zu sprechen und die Folgen, welche die ganze sich veraendernde Ethik-Debatte etc. hat. 

Muss nicht unbedingt an diesem Fall sein. Und wenn es hier keinen stoert, ausser mir, okay. 

 

 

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Nur kurz zu den Finanzen: ein voll invasiv beatmeter Patient ist herzulande Gold wert, deswegen "stört" Ein Wachkomapatient überhaupt nicht.

 

Dennoch muß ich LJS in einem Punt zustimmen. Ärzten wird eine Kompetenz in den Grenzbereichen des Lebens zugesprochen, die sie nicht haben - die de facto niemand hat.

 

Wir sind keine Experten fürs Sterben, auch nicht für den Tod. Darüber lernen wir auch nicht wirklich was (vom biologischen Prozess mal abgesehen, doch auchd as ist höchstkomplex und je nach Erkrankung und person ein unterschiedlicher Verlauf).

 

Natürlich haben wir irgendwann eine Expertise aus Erfahrung, aber mehr auch nicht. Nur weil wir schon Hunderte haben sterben sehen, wissen wir nicht wirklich viel darüber. Vielleicht wird für Blinde der Einäugige zum König gemacht.

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Die Eltern Lambert haben nun gestern im Laufe des Tages die Verlegung ihres Sohnes aus der Universitätsklinik Reims in eine Behinderteneinrichtung gefordert/beantragt.

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vor 38 Minuten schrieb Julius:

Die Eltern Lambert haben nun gestern im Laufe des Tages die Verlegung ihres Sohnes aus der Universitätsklinik Reims in eine Behinderteneinrichtung gefordert/beantragt.

 

Auch das wird die Ärzte und Pfleger dort nicht davor entbinden, dem Willen des Patienten zu folgen.

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vor 41 Minuten schrieb Moriz:

 

Auch das wird die Ärzte und Pfleger dort nicht davor entbinden, dem Willen des Patienten zu folgen.

 

Bitte? Entschuldige, aber mir ist nicht nach Witzen zumute. Hab' ich was verpasst, kann er den (mutmaßlichen), leider nicht schriftlich fixierten Willen nun plötzlich äussern? Nachdem nun nach sechs Jahren Gezerre (vorläufig) die Eltern ihren Willen durchgesetzt haben, reizt mich Dein Satz wirklich nur noch zu bitterstem Sarkasmus.
 

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vor 7 Stunden schrieb Julius:

  

vor 8 Stunden schrieb Moriz:

 

Auch das wird die Ärzte und Pfleger dort nicht davor entbinden, dem Willen des Patienten zu folgen.

 

Bitte? Entschuldige, aber mir ist nicht nach Witzen zumute. Hab' ich was verpasst, kann er den (mutmaßlichen), leider nicht schriftlich fixierten Willen nun plötzlich äussern? Nachdem nun nach sechs Jahren Gezerre (vorläufig) die Eltern ihren Willen durchgesetzt haben, reizt mich Dein Satz wirklich nur noch zu bitterstem Sarkasmus.

 

Was soll das? Es geht doch gerade nicht um den 'Willen der Eltern'!

 

Das Problem ist ja, daß der Betroffene seinen Willen nicht mehr äußern kann. Man muß also herausfinden, was er heute wohl sagen würde, wenn er das könnte. Und da sagen Frau und Geschwister halt: 'So wollte er nie leben' - und die Eltern sagen was anderes. Das äußerst schwierige Problem besteht jetzt darin, trotz dieser sich widersprechenden Aussagen nahestehender Personen herauszufinden, was der mutmaßliche Wille des Wachkomatösen ist. Und an den haben sich Ärzte und Pfleger nun mal zu halten.

 

'Einfach weitermachen' halte ich da ohne gründliche Prüfung nicht für eine Option, wenn von dem widersprechenden Aussagen des Betroffenen berichtet wird.

Solange diese Prüfung dauert muß man sich/dem Betroffenen alle Wege offenhalten und das heißt zur Zeit eben doch 'weitermachen'.

Sollte irgendwann festgestellt werden, daß der Betroffene so wirklich nie leben wollte, dann muß diesem Willen aber gefolgt werden und das heißt hier z.B. konkret, keine künstliche Ernährung (die ja letztlich auch einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellt).

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Walter Jens wollte (lautstark und öffentlich!) auch nie so leben wie er am Schluß lebte und wollte dennoch dann nicht, als es soweit war, daß man ihm Hilfe vorenthält oder ihn gar tötet.

 

Dazu schriebst Du selbst:

 

Zitat

Ich könnte mir vorstellen, daß das eher die Regel als die Ausnahme ist. Irgendwie hängt man ja doch am Leben...

 

bearbeitet von rorro
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vor 6 Stunden schrieb Moriz:

Sollte irgendwann festgestellt werden, daß der Betroffene so wirklich nie leben wollte, dann muß diesem Willen aber gefolgt werden und das heißt hier z.B. konkret, keine künstliche Ernährung (die ja letztlich auch einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellt).

 

Du hast geschrieben: "Auch das wird die Ärzte und Pfleger dort nicht davor entbinden, dem Willen des Patienten zu folgen." Und das erschien mir angesichts der Tatsache wirklich zynisch, dass dies nun seit mittlerweile sechs Jahren von den jeweils verantwortlichen Ärzten auf de in Frankreich dafür vorgesehenen gesetzlichen Weg (Loi Leonetti) versucht wird (dieser hier ist der dritte, seine beiden Vorgänger an der Uniklinik Reims haben wegen des Falles Lambert das Handtuch geworfen) ... es würde also zum vierten oder fünften Mal das vorgeschrieben Kollegialverfahren eingeleitet (dessen Ergebnis bisher immer auf "Einstellung der parenteralen Ernährung" lautete).

bearbeitet von Julius
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