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"Gut gemeint" oder "Gut gemacht" - was ist "christlich" ?


Shubashi

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Was ich schon immer mal fragen wollte, und mir selber auch nicht sicher beantworten kann:

Zu meiner christlichen Alltagsmotivation (die ich allerdings niemandem auf die Nase binde) gehört für mich generell schon, alles, was ich so tue, so zu machen, dass es danach mir und anderen gut dabei geht, und mit Glück und Gottes Segen, besser.

Dabei zählt aber nicht nur die gute Absicht, sondern ich verstehe es schon so, dass man sich auch die indirekten Folgen vor Augen führen sollte, und vor allem auch heutzutage, dass viele Menschen keine Christen sind, und meine Sichtweise daher womöglich gar nicht teilen. (Daher behalte ich sie besser für mich, meist auch auf Nachfrage.)

Zum anderen muss man sich auch um die beste "handwerkliche" Ausführung bemühen - es nützt nicht, etwas bloss "gut zu meinen", wenn am Ende womöglich das Gegenteil dabei heraus kommt.

Nur, dann ist "christliche Ethik" vielleicht gar nicht mehr so einfach und offensichtlich, und das Gegenteil könnte manchmal auch richtig aussehen.

 

Ein bekannter Superschurke drückte seine Rolle in einem Blockbuster mal so aus

Zitat

    Ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

https://gutenberg.spiegel.de/buch/faust-eine-tragodie-3664/6

 

Stets das "Gute wollen" und dabei häufig Unheil anrichten, könnte für mich z.B. keine christliche Maxime sein.

Also, reicht es für einen Christen stets nur offensichtlich das "Gute" zu wollen, ohne sich große Gedanken zu machen, was am Ende daraus wird?

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vor 32 Minuten schrieb rince:

Das Gegenteil von 'gut' ist bekanntlich 'gut gemeint' ;) 

 

Das sagst Du! Ich habe allerdings den Verdacht, dass "gut gemeint" vielen ausreicht.

Und über die Gruppe, denen auch "gut gemeint aussehend" reicht, haben wir noch gar nicht gesprochen.

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vor 32 Minuten schrieb Shubashi:

 

Das sagst Du! Ich habe allerdings den Verdacht, dass "gut gemeint" vielen ausreicht.

Und über die Gruppe, denen auch "gut gemeint aussehend" reicht, haben wir noch gar nicht gesprochen.

ich kann alles gut meinen. machen kann ich nur weniges. das sollte von verstand und empathie getragen sein und mich nicht überfordern.

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vor 5 Stunden schrieb Shubashi:

Also, reicht es für einen Christen stets nur offensichtlich das "Gute" zu wollen, ohne sich große Gedanken zu machen, was am Ende daraus wird?

Nein, das sollte keinem vernünftigen Menschen reichen. Natürlich kann man nicht immer alle möglichen Folgen voraussehen - aber mit der reinen "Gesinnungsethik" hat schon Hans Jonas in den 80ern aufgeräumt. Erinnert sich hier noch jemand an "Das Prinzip Verantwortung"? 

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Ich würde es noch ein bisschen weiter treiben und als theologisch Ungebildeter gerne wissen, wie die kirchliche Balance einerseits zwischen dem "heiligen Narren" und andererseits der Hervorhebung von "Weisheit" (Sophia) als Tugend eigentlich verläuft?

Ich denke, in der Kirchentradition gibt es beides, den typischen Gelehrtenorden mit ihren Universitäten stehen die Kontemplativen gegenüber.

Wie sieht das für die Laien aus - war dort der ungebildete Gläubige nicht lange auch der "Bequemere"? Und war der Aufschwung der Kirche im frühen Mittelalter v.a. auch Folge ihrer Gelehrsamkeit.

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vor 20 Minuten schrieb Artifex:

Alles was Du tust, bassiert auf Deinem glauben.

Wie Du Dich kleidest, was Du isst, welche Musik Du hörst usw........

Dein gesammtes Leben ist Ausdruck Deines Glaubens 🙂

 

Glaubst du ... !  :D

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Abgesehen davon, dass ich Artifex im Großen und Ganzen zustimme, "Glauben" aber durch "Weltanschauung" ersetzen würde und für die Zeit vom Aufstehen bis zum ersten Kaffee eine Karenzzeit für Aktionen in Sachen Weltanschauung vermuten würde -

 

@Shubashis Anfrage wird von der Ethik mit den zwei großen, zum Teil widersprüchlichen Modellen beantwortet, der Gesinnungsethik und der Verantwortungsethik.

 

Die Gesinnungsethik legt den Schwerpunkt, volkstümlich gesagt, darauf, dass das, was man tut, gut gemeint ist, die Verantwortungsethik, immer noch volkstümlich gesprochen, darauf, dass etwas gut gemacht ist. Als ich studierte, verlief an der LMU in München der Graben zwischen Spaemann, Gesinnungsethik, philosophische Fakultät, und Gründel und Korff, Verantwortungsethik, theologische Fakultät.

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Am 4.12.2019 um 10:28 schrieb Shubashi:

Stets das "Gute wollen" und dabei häufig Unheil anrichten, könnte für mich z.B. keine christliche Maxime sein.

Also, reicht es für einen Christen stets nur offensichtlich das "Gute" zu wollen, ohne sich große Gedanken zu machen, was am Ende daraus wird?


Nach meinem Verständnis nicht.

Du schreibst weiter unten von der Balance zwischen "heiligem Narren" einerseits und der Hervorhebung der Weisheit als Tugend.
Über die kirchliche Balance in diesem Zusammenhang kann bzw. will ich nicht viel sagen - aber meine eigene Sicht weiß ich:
Ich sehe keinen Widerspruch zwischen den beiden.
Dagegen sehe ich das Erlangen von Weisheit, das Hineinwachsen in die Weisheit, als das, was die "Kraft, die stets das Gute will und doch das Böse schafft", ihrer Möglichkeiten beraubt.
Je mehr Weisheit in einem Menschen zu finden ist, umso weniger klaffen Motivation und Wirkung auseinander.
Zur Weisheit gehört die Entwicklung der Urteilsfähigkeit. Wer weise ist, kann - so sehe ich es - aus diesem inneren Wissen um die Notwendigkeit von Menschen und Situationen, um die Möglichkeiten und Grenzen einer Situation, eines Menschen, auch um die eigenen Möglichkeiten und Grenzen, um die zeitlichen Bedingungen, usw. immer neu in der jeweiligen Situation nachhaltig, sinnvoll,  „richtig“ und „wahr“ im Sinne des Lebens handeln.

Wenn man es nicht ganz so groß ansetzen will: Ich denke, die Frage, was in der jeweiligen Situation eine "weise Entscheidung" ist, hilft auch weiter.
Das kann durchaus sein, dass jemand für sich spürt, dass seine Möglichkeiten und sein Platz in der Welt der eines heiligen Narren ist.
Entscheidend scheint mit immer das Bemühen und das innere Wollen, "das Leben zu wählen", das eigene und das der anderen.
Da vertraue ich dann auch darauf, dass dieses Bemühen wirksam wird und letztendlich Gutes bewirkt.


 

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vor 20 Stunden schrieb nannyogg57:

 

@Shubashis Anfrage wird von der Ethik mit den zwei großen, zum Teil widersprüchlichen Modellen beantwortet, der Gesinnungsethik und der Verantwortungsethik.

 

Ethik ist der Versuch, Moral rational zu begründen und zwischen sinnvollen und weniger sinnvollen moralischen Regeln zu unterscheiden. Aber indem Ethik moralische Regeln rational zu begründen sucht, relativiert sie sie, säht Zweifel, wo Gewißheit war. Aufgabe der Ethik ist es daher, vor Moral zu warnen, wie es der Soziologe Niklas Luhmann so treffend formuliert hat.

 

Damit ist Gesinnungsethik erledigt, denn es ist noch keiner Philosophie eine Letztbegründung gelungen. Und die Verantwortungsethik scheitet an der Nichtvorhersehbarkeit der Zukunft. Letztlich bleibt nur eins: wir irren uns vorwärts.

bearbeitet von Marcellinus
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vor 40 Minuten schrieb Marcellinus:

Letztlich bleibt nur eins: wir irren uns vorwärts.

 

Das scheint mir eigentlich bisher der beste Kompromiss zu sein, der auch ein gewisse Skepsis vor der eigenen Selbstsicherheit beinhaltet.

 

Auf einer anderen Ebene scheint mir allerdings auch der "Heilige Narr" eine zu rechtfertigende Figur: solange er die Folgen seines Handelns nur auf sich selbst nimmt, erwächst dadurch eine große moralische Entschlossenheit.

Will man aber mit dieser Überzeugung eine Gesellschaft steuern oder andere bestimmen, wird man schnell zum unheiligen Fanatiker.

https://www.heiligenlexikon.de/Glossar/Narren_um_Christi_willen.html

 

Was mich noch darüber hinaus interessiert: welchen Stellenwert hat die antike "Sophia" im Christentum letztlich wirklich gehabt?

Ich denke beinahe, sie ist erst einigermaßen zu Ehren gekommen, als eben das Christentum als Staatsreligion selbst Verantwortung übernehmen musste.

 

 

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vor 8 Minuten schrieb Shubashi:

Was mich noch darüber hinaus interessiert: welchen Stellenwert hat die antike "Sophia" im Christentum letztlich wirklich gehabt?

Ich denke beinahe, sie ist erst einigermaßen zu Ehren gekommen, als eben das Christentum als Staatsreligion selbst Verantwortung übernehmen musste.

 

Nun, erst einmal war es wohl nur der Begriff wie in „Hagia Sophia“. Dann haben sicherlich einige Menschen versucht, Teile der Philosophie der heidnischen Antike über die Zwangsbekehrungen hinwegzuretten. Die Geschichte des Öströmischen, vor allem aber des Weströmischen Reiches zeigt allerdings ganz deutlich, das dafür einfach mit zunehmendem zeitlichen Abstand die sozialen Grundlagen fehlten. 

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Am 4.12.2019 um 10:28 schrieb Shubashi:

.... vor allem auch heutzutage, dass viele Menschen keine Christen sind, und meine Sichtweise daher womöglich gar nicht teilen. (Daher behalte ich sie besser für mich, meist auch auf Nachfrage.)


Darf ich das mal fragen?
Warum sagst du nicht mal auf Nachfrage, was dich motiviert oder warum du was wie siehst?

Ich verstehe gut, dass man nicht vor sich herposaunt, was einen bewegt - aber nur, weil man davon ausgeht, dass andere anders denken und oder eine andere Sichtweise haben, nicht einmal dann darüber sprechen, wenn man gefragt wird - das verstehe ich gerade nicht.

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vor 5 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Ethik ist der Versuch, Moral rational zu begründen und zwischen sinnvollen und weniger sinnvollen moralischen Regeln zu unterscheiden. Aber indem Ethik moralische Regeln rational zu begründen sucht, relativiert sie sie, säht Zweifel, wo Gewißheit war. Aufgabe der Ethik ist es daher, vor Moral zu warnen, wie es der Soziologe Niklas Luhmann so treffend formuliert hat.

 

Damit ist Gesinnungsethik erledigt, denn es ist noch keiner Philosophie eine Letztbegründung gelungen. Und die Verantwortungsethik scheitet an der Nichtvorhersehbarkeit der Zukunft. Letztlich bleibt nur eins: wir irren uns vorwärts.

gesinnungsethik ist gar nicht erledigt. aber sie kann nicht das einzige wort sein.

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vor 8 Stunden schrieb Ennasus:


Darf ich das mal fragen?
Warum sagst du nicht mal auf Nachfrage, was dich motiviert oder warum du was wie siehst?

Ich verstehe gut, dass man nicht vor sich herposaunt, was einen bewegt - aber nur, weil man davon ausgeht, dass andere anders denken und oder eine andere Sichtweise haben, nicht einmal dann darüber sprechen, wenn man gefragt wird - das verstehe ich gerade nicht.

 

Ich lebe hier in der norddeutschen Diaspora, die außerhalb des strikt kirchlichen Rahmens von großer religiöser Kühle gekennzeichnet ist. Ich bin auch kein theologisch gebildeter Mensch.

Ich spreche daher nur über solche Dinge, wenn ich auf der anderen Seite wirklich ein sehr ernsthaftes Interesse oder eine Notwendigkeit sehe, es sozusagen um "letzte Dinge" geht oder ich große Verzweiflung oder Angst spüre (was im Job ja nicht ganz selten ist) - und auch dann nur, wenn jemand der Möglichkeit "Gott" Raum in seinem Leben gibt. Dass z.B. Tod, Angst und Krankheit keine endgültige Perspektive sind, würde ich oft gerne auch nahebringen, ohne die Menschen mit meiner christlichen Perspektive gleich "abzuschrecken" oder -noch schlimmer- "Menschenfischer" zu sein. Die Gegenwart Gottes in dieser Welt ist erfahrbar, auch ohne dass ich sie explizit benenne. 

(Weshalb ich mich bei religiösen Themen hier auch eher zurückhalte - ich kann es einfach nicht gut, und Worte verfehlen sowieso das wesentliche.)

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Danke.

Der Hintergrund meiner Frage war, dass ich gerade Aleida Assmanns Buch "Menschenrechte und Menschenpflichten" lese, in dem sie eine Art Kulturgeschichte von Schlüsselbegriffen für eine humane Gesellschaft skizziert. Mich beeindruckt das, wie sehr sich kulturelle Werte wie Empathie und Solidarität, und Regeln eines fairen und respektvollen Miteinanders unabhängig von kulturellen Unterschieden seit jeher in allen Völkern finden ließen. Und wie erstrebenswert das über Jahrtausende war, dass man als Mensch gesehen wurde, der diese Werte auch lebt.

Heute erlebe ich es  ganz anders - als ob man sich schämen müsste dafür und es beschämt eingestehen oder sich rechtfertigen müsste, wenn man sagt, dass man sich bemüht, anderen Menschen mit Respekt zu begegnen und sich für diejenigen einzusetzen, die nicht so sehr auf die Sonnenseite des Lebens gepurzelt sind (oder wie du es sagst: " alles, was ich so tue, so zu machen, dass es danach mir und anderen gut dabei geht, und mit Glück und Gottes Segen, besser.")

Das beschäftigt mich. Was passiert da?

(Deine Motivation und Erklärung ist mir aber sehr gut nachvollziehbar.)

 

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Long John Silver
Am 4.12.2019 um 10:28 schrieb Shubashi:

Was ich schon immer mal fragen wollte, und mir selber auch nicht sicher beantworten kann:

Zu meiner christlichen Alltagsmotivation (die ich allerdings niemandem auf die Nase binde) gehört für mich generell schon, alles, was ich so tue, so zu machen, dass es danach mir und anderen gut dabei geht, und mit Glück und Gottes Segen, besser.

Dabei zählt aber nicht nur die gute Absicht, sondern ich verstehe es schon so, dass man sich auch die indirekten Folgen vor Augen führen sollte, und vor allem auch heutzutage, dass viele Menschen keine Christen sind, und meine Sichtweise daher womöglich gar nicht teilen. (Daher behalte ich sie besser für mich, meist auch auf Nachfrage.)

Zum anderen muss man sich auch um die beste "handwerkliche" Ausführung bemühen - es nützt nicht, etwas bloss "gut zu meinen", wenn am Ende womöglich das Gegenteil dabei heraus kommt.

Nur, dann ist "christliche Ethik" vielleicht gar nicht mehr so einfach und offensichtlich, und das Gegenteil könnte manchmal auch richtig aussehen.

 

Ein bekannter Superschurke drückte seine Rolle in einem Blockbuster mal so aus

https://gutenberg.spiegel.de/buch/faust-eine-tragodie-3664/6

 

Stets das "Gute wollen" und dabei häufig Unheil anrichten, könnte für mich z.B. keine christliche Maxime sein.

Also, reicht es für einen Christen stets nur offensichtlich das "Gute" zu wollen, ohne sich große Gedanken zu machen, was am Ende daraus wird?

 

Ich verstehe nicht ganz, was das mit Christsein zu tun hat. Bemuehen einigermassen richtig zu handeln, sollte sich jeder und wie es aussieht,  sind diese Bemuehungen gluecklicherweise nicht an Religion gebunden-

 

Ich kann mit dem stets das Gute wollen nicht viel anfangen, ehrlich gesagt, wenn es abstrakte Ebene ist. 

 

Wir muessen immer damit leben, dass das, was wir "Gutes wollen" oder "Gutes tun", negative Folgen haben kann. Da wir aber die Folgen nicht absehen koennen in allen ihren Facetten, tun wir halt das, was wir in dem Moment uns fuer die Zukunft als das beste vorstellen koennen oder als das einzig vernuenftige oder die Wahl zwischen zwei Uebeln. Und da wuerde ich auch das Gewissen ins Spiel bringen, das ist fuer mich immer eine gute Richtschnur gewesen. 

 

Ich sehe nicht das spezielle Problem fuer einen Christen.  Wir stehen tagtaeglich vor Entscheidungen kleiner und grosser Art, mit der wir Weichen stellen, fuer uns und andere. Da muessen wir durch, Christ oder nicht, und wie es aussieht, schaffen wir mehr oder weniger gescheit oder auch nciht, Christ oder nicht. 

 

bearbeitet von Long John Silver
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vor 3 Minuten schrieb Long John Silver:

 

Ich verstehe nicht ganz, was das mit Christsein zu tun hat. Bemuehen einigermassen richtig zu handeln, sollte sich jeder und wie es aussieht,  sind diese Bemuehungen gluecklicherweise nicht an Religion gebunden.


Das ist schon so.
Aber für mich selbst erwächst aus meinem Glauben trotzdem noch einmal eine andere Art von innerer Verpflichtung oder auch Wollen als wenn ich mich nicht zu einer Religion bekennen würde, deren wichtigste Gebote die Liebesgebote sind.
Und ich empfinde es auch bei anderen als zumindest widersprüchlich, wenn sie sich einerseits Christen nennen und andererseits aus diesem Christsein nichts für ihren Umgang mit ihren Mitmenschen ableiten. Das kriege ich nicht zusammen. Wie kann man die Bibel als Grundlage für das eigene Dasein nehmen wollen und nicht sehen, wie sehr es in ihr um ein gutes, lebensförderndes Zusammenleben zwischen Menschen geht?

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Long John Silver

Ja, solche Leute gibt es, frueher wie heute (einige von ihnen treiben sich auch in christlichen Gemeinden herum :-(( )

 

ich denke wirklich, dass es eine Frage von Gewissen ist. Ich kann nun nicht beurteilen, wie sehr anders mein Gewissen waere, wenn ich eine andere Religion haette oder gar keine, da wird es moeglicherweise in bestimmten Bereichen ethische Unterschiede geben, ja. Kann ich aber nicht beurteilen, ich muss von mir ausgehen. 

 

Fuer mich sind die Zehn Gebote eine gute Richtschnur. Aber das Gewissen ist auch eine Stimme, die sich meldet, und das Problem sehe ich eher darin, wenn jemand sich trainiert, diese Stimme zu ueberhoeren, sie in sich toeten zu wollen. Dann geht irgendwann den Masstab verloren, die innere Richtschnur, die eigenen Werte. 

 

bearbeitet von Long John Silver
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vor 11 Minuten schrieb Long John Silver:

Ja, solche Leute gibt es, frueher wie heute (einige von ihnen treiben sich auch in christlichen Gemeinden herum :-(( )

 

ich denke wirklich, dass es eine Frage von Gewissen ist. Ich kann nun nicht beurteilen, wie sehr anders mein Gewissen waere, wenn ich eine andere Religion haette oder gar keine, da wird es moeglicherweise in bestimmten Bereichen ethische Unterschiede geben, ja. Kann ich aber nicht beurteilen, ich muss von mir ausgehen. 

 

Fuer mich sind die Zehn Gebote eine gute Richtschnur. Aber das Gewissen ist auch eine Stimme, die sich meldet, und das Problem sehe ich eher darin, wenn jemand sich trainiert, diese Stimme zu ueberhoeren, sie in sich toeten zu wollen. Dann geht irgendwann den Masstab verloren, die innere Richtschnur, die eigenen Werte. 

 



Es ist nur einfach so, dass das Gewissen keine fix vorgegebene Größe ist.

Sondern ganz viel von dieser inneren Richtschnur wird geprägt in der Kindheit, von der sozialen Gruppe, in der man groß wird - ein schlechtes Gewissen zu haben bedeutet ja zunächst einmal, dass man gegen angelernte Gruppenregeln verstößt - es warnt davor, dass man Gefahr läuft, sich zu isolieren, aus der Gemeinschaft heraus zu fallen.
Erwachsen werden bedeutet in diesem Zusammenhang dann, dass man sich mit den wachsenden kognitiven Fähigkeiten und der wachsenden Reflexionsfähigkeit diesen inneren Maßstab noch einmal neu erarbeiten muss - unter Hinzunahme aller Erfahrungen, alles zusätzlichen Wissens, das man erlangt usw. Gewissensbildung ist ein lebenslanger Prozess.

Für mich weiß ich das sehr sicher: Meine ständige Auseinandersetzung mit biblischen Texten hat mich diesbezüglich sehr geprägt und prägt mich immer noch.
Vermutlich wäre ich nicht ein grundsätzlich anderer Mensch, wenn ich diese Prägung nicht zuließe - aber ich bin sicher, dass mein Leben ohne bestimmte Sätze, an denen ich mich festhalten und orientieren kann, anders verlaufen wäre und auch immer neu anders verliefe. 

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Long John Silver
Am 4.12.2019 um 10:28 schrieb Shubashi:

 

Zu meiner christlichen Alltagsmotivation (die ich allerdings niemandem auf die Nase binde) gehört für mich generell schon, alles, was ich so tue, so zu machen, dass es danach mir und anderen gut dabei geht, und mit Glück und Gottes Segen, besser.

 

 

Das klingt erstmal "gut" :-))

 

Ich bin mir aber nicht  sicher, ob sich eine Person besser fuehlt, mit der ich gerade die Beziehung beendet haette und  wo genau das Gute fuer sie liegen dabei liegen sollte. Gut dabei wird es weder mir noch ihr gehen, ihr noch weniger als mir. Will sagen, es gibt notwendige Handlungen. 

 

Wo ich bei dir waere: es gibt Handlungen, die nicht notwendig sind, auf die man verzichten sollte im sinne des anderen und auch im eigenen, die nichts Gutes bringen, fuer niemanden. Das ist aber eine andere Ebene. Es ist immer leicht andere zu verletzen, es gibt nichts einfacheres als das. Das zu reflektieren und sein zu lassen, auch wenn es total einfach ist und einem vielleicht kurzfristig entlastet, hielte ich fuer gut, fuer mich, den anderen und es macht die Dinge und das Zusammenleben besser. 

 

Aber entlastet davon, notwendiges machen zu muessen, das nicht eindeutig als gut bezeichnet werden kann, ist von uns niemand. Und das ist oft viel schwerer zu tragen fuer alle Beteiligten als das offensichtlich und beabsichtigte Schlechte und Miese. 

 

Worauf ich hinaus will: wir stossen immer an Grenzen und Zwaenge. Entweder in uns oder durch die Strukturen aussen. Beide sind nicht immer durch den Wunsch ueberbrueckbar, dass wir beides am liebsten nicht haetten.  Es ist eine Gratwanderung manchmal trotz und mit diesen Zwaengen das "bestmoegliche" zu machen und zu versuchen. Da auf Gottes  Hilfe zu hoffen, halte ich auch fuer bei einem Christen naheliegend. 

 

 

bearbeitet von Long John Silver
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Long John Silver
vor einer Stunde schrieb Ennasus:



Es ist nur einfach so, dass das Gewissen keine fix vorgegebene Größe ist.

Sondern ganz viel von dieser inneren Richtschnur wird geprägt in der Kindheit, von der sozialen Gruppe, in der man groß wird - ein schlechtes Gewissen zu haben bedeutet ja zunächst einmal, dass man gegen angelernte Gruppenregeln verstößt - es warnt davor, dass man Gefahr läuft, sich zu isolieren, aus der Gemeinschaft heraus zu fallen.
 

 

Nein, das meinte ich nicht. 

 

Fuer ich ist das Gewissen eine innere kleine Stimme, die sagt: Mach das nicht. Das ist nicht gut fuer dich. Das solltest du eigentlich nicht tun. Wenn du das tust, dann passiert etwas mit dir, das du eigentlich nicht willst und du wirst es bereuen. 

 

Normen, gesellschaft und Erziehung haben damit nichts zu tun, das sind andere Ebenen. 

 

 

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vor 3 Stunden schrieb Ennasus:

Heute erlebe ich es  ganz anders - als ob man sich schämen müsste dafür und es beschämt eingestehen oder sich rechtfertigen müsste, wenn man sagt, dass man sich bemüht, anderen Menschen mit Respekt zu begegnen und sich für diejenigen einzusetzen, die nicht so sehr auf die Sonnenseite des Lebens gepurzelt sind (oder wie du es sagst: " alles, was ich so tue, so zu machen, dass es danach mir und anderen gut dabei geht, und mit Glück und Gottes Segen, besser.")

Das beschäftigt mich. Was passiert da?

 

Ich habe mich auch ein wenig mit Geschichte beschäftigt, und habe den Eindruck, daß es noch nie eine Zeit gegeben hat, in der so viele Menschen so viele Gedanken über andere Menschen gemacht haben, und wie man ihnen helfen könnte. Du erlebst es offenbar anders. Ich denke aber, daß es gute Gründe gibt anzunehmen, daß es nicht so ist wie du es erlebst. Vielleicht hat es etwas mit deinen sehr strengen Maßstäben zu tun?

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