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Jesus als historische Person


Beutelschneider

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vor 16 Stunden schrieb Marcellinus:

Warum es einen solchen Beleg nicht gibt, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Einer wäre, daß es eine solche Person nicht gegeben hat, einer, daß sie damals zu unbedeutend war, um erwähnt zu werden, einer, daß sie den späteren Christen nicht ins Konzept paßte, und man deshalb die Belege beseitigte. Du kannst dir einen aussuchen! ;)

Ich nehme dann die zweite und dritte Möglichkeit. Sie erscheinen mir plausibler als die erste. An etwas vorhandenes anzuknüpfen ist deutlich einfacher als aus dem Nichts einen Komplex von Begebenheiten und überlieferten Bekanntschaften zu erfinden.

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vor 7 Stunden schrieb Marcellinus:

Als Historiker denke ich da zB an die Gewißheit, die Römer hätten den freien Teil Germaniens nach der Niederlage in der Varusschlacht nicht mehr betreten, geschweige denn, dort Schlachten geschlagen, oder sogar gewonnen. Und doch ist genau das geschehen!

Das kann man nun schon bei Tacitus nachlesen, dass es danach noch die Germanicusfeldzüge gegeben haben soll. Insofern war die gegenteilige Ansicht nur unter Ausblendung dieser Berichte möglich. Dass die Ausgrabungen in Haltern um am Harzhorn noch weitergehende Präsens nahelegen, das ist in der Tat eher neu.

vor 18 Stunden schrieb Marcellinus:

Die Frage ist, denke ich, falsch herum gestellt. Jesus Christus ist ein Teil einer religiösen Überlieferung einer der Weltreligionen, die behauptet, daß er nicht nur eine übernatürliche Person gewesen sei, sondern auch ein natürlicher Mensch.

Die Frage ist genau richtig gestellt - erst indem du eine zweite damit vermischt, ist sie nicht mehr zu klären.

 

Die eine Frage ist die, ob es historisch einen Menschen namens Jesus, (Zieh)Sohn von Joseph und Maria, gab, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde und auf der in der Gründungsgeschichte des Christentums als Bezugspunkt gewählt wurde und dem eine Reihe von Aussagen zugeschrieben wurden. Das ist im Kern keine andere Frage als die, ob es etwa William Shakespeare oder Ovid gab. 

 

Indem du nun aber von Jesus Christus spricht, verlässt du geschickt den Raum der Geschichtswissenschaft: Zwar kann man als Historiker noch der Frage nachgehen, ob die frühe Kirche von diesem gekreuzigten Jesus behauptete, er sei auferstanden, und ihm dann den Christus-Titel zugesprochen hat, aber der Historiker kann die Frage nicht beantworten, ob Jesus nun der Christus ist. Das ist vollkommen klar, aber nicht Teil der Frage.

 

Umgekehrt sollte eines aber auch klar sein: Auch wenn man zu dem Schluss kommt (wir werden uns hier nicht einig werden), dass es einen konkreten Menschen gab, der etwas gepredigt hat und um 30 in Jerusalem gekreuzigt wurde (um den Extremfall anzunehmen: Man gräbt die Niederschrift des Prozesses gegen Jesus Ibn Josef aus, an dessen Ende dieser Jesus von Pontius Pilatus wegen aufrührerischer Reden et. al.  zum Tod am Kreuz verurteilt wird) - dann mag das die historische Frage beantworten, es beantwortet mit keiner Silbe die Frage, ob er danach von den Toten wieder auferstand und wenn ja, wie das denn zu deuten ist. Der Historiker läuft hier (zumindest in der Theorie) keine Gefahr, nun als Glaubenszeuge herangezogen zu werden, weil er auf völlig anderer Ebene arbeitet.

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vor 12 Minuten schrieb Chrysologus:

Das kann man nun schon bei Tacitus nachlesen, dass es danach noch die Germanicusfeldzüge gegeben haben soll. Insofern war die gegenteilige Ansicht nur unter Ausblendung dieser Berichte möglich. Dass die Ausgrabungen in Haltern um am Harzhorn noch weitergehende Präsens nahelegen, das ist in der Tat eher neu.

 

Ja, man hätte es wissen können, aber man hat Tacitus nicht getraut. Auch mit einigem Recht, denn sein "sine ira et studio" war schlangweg Propaganda. Meiner Ansicht nach ist das Problem vor allem dadurch entstanden, daß sich das Thema der Varusschlacht mit dem deutschen Nationalismus verbunden hat, und mit der Idee der "Befreiung Germaniens", die gewissermaßen die Blaupause liefern sollte für die Befreiung Deutschlands. Dabei wurde unterschlagen, daß keineswegs alle Germanen diesen Angriff auf dem Hinterhalt gut fanden, und es eine lange Geschichte der erfolgreichen Kooperation zwischen Römern und Germanen gab. Von der Frage, was die Germanen zur Zeit von Varus mit den Deutschen des 19. Jh. zu tun haben, gar nicht zu reden.

 

Trotzdem gab es dann am Ende des 20. Jh. noch mal eine Arminius-Begeisterung, die manche Historiker leider mitgemacht haben, und so habe ich mich sehr gefreut, daß ihnen das durch die Grabungen am Harzhorn auf die Füße gefallen ist.

 

vor 12 Minuten schrieb Chrysologus:

Die Frage ist genau richtig gestellt - erst indem du eine zweite damit vermischt, ist sie nicht mehr zu klären.

 

Die eine Frage ist die, ob es historisch einen Menschen namens Jesus, (Zieh)Sohn von Joseph und Maria, gab, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde und auf der in der Gründungsgeschichte des Christentums als Bezugspunkt gewählt wurde und dem eine Reihe von Aussagen zugeschrieben wurden. Das ist im Kern keine andere Frage als die, ob es etwa William Shakespeare oder Ovid gab. 

 

Indem du nun aber von Jesus Christus spricht, verlässt du geschickt den Raum der Geschichtswissenschaft: Zwar kann man als Historiker noch der Frage nachgehen, ob die frühe Kirche von diesem gekreuzigten Jesus behauptete, er sei auferstanden, und ihm dann den Christus-Titel zugesprochen hat, aber der Historiker kann die Frage nicht beantworten, ob Jesus nun der Christus ist. Das ist vollkommen klar, aber nicht Teil der Frage.

 

Das war nicht meine Absicht. Mir ging es nur darum, darauf hinzuweisen, daß die Vermischung von der Seite der Religion ausgegangen ist. Es sind die Christen, die da nicht trennen. So lange ich denken kann, gibt es christliche Archäologie, die versucht, mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft Apologetik zu betreiben. Die Geschichtswissenschaft sollte als Wissenschaft streng naturalistisch arbeiten.

 

Noch eine Bemerkung zu Shakespeare oder Ovid. Wenn sich herausstellen sollte, daß es die nicht gegeben hat, oder sich hinter diesen Personen ganz andere verbergen, so ist das einfach nur interessant. Solch einen Fall gibt es in der Geschichtswissenschaft, in Form des spartanischen Gesetzgebers Lykurg. Die Spartaner selbst und auch viele Historiker danach haben ihn für eine reale Person gehalten, was sich mittlerweile als Irrtum herausgestellt hat. Solche Fälle sind also möglich. Sollte sich dagegen herausstellen (wobei ich im Moment nicht wüßte, wie), daß dieser Jesus eine Kunstfigur ist, wäre die Christentümer, so wie wir sie kennen, am Ende.

 

vor 12 Minuten schrieb Chrysologus:

Umgekehrt sollte eines aber auch klar sein: Auch wenn man zu dem Schluss kommt (wir werden uns hier nicht einig werden), dass es einen konkreten Menschen gab, der etwas gepredigt hat und um 30 in Jerusalem gekreuzigt wurde (um den Extremfall anzunehmen: Man gräbt die Niederschrift des Prozesses gegen Jesus Ibn Josef aus, an dessen Ende dieser Jesus von Pontius Pilatus wegen aufrührerischer Reden et. al.  zum Tod am Kreuz verurteilt wird) - dann mag das die historische Frage beantworten, es beantwortet mit keiner Silbe die Frage, ob er danach von den Toten wieder auferstand und wenn ja, wie das denn zu deuten ist. Der Historiker läuft hier (zumindest in der Theorie) keine Gefahr, nun als Glaubenszeuge herangezogen zu werden, weil er auf völlig anderer Ebene arbeitet.

 

Theoretisch hast du Recht, in der Praxis wird anders argumentiert. Man denke nur an die Aufregung, als vor einiger Zeit ein Gebeinkasten mit der Aufschrift "Jesus" gefunden wurde, dabei ar Jesus damals ein so häufiger Name wie zu meiner Zeit Hans oder Franz. ;)

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vor 15 Minuten schrieb Marcellinus:

 

... Sollte sich dagegen herausstellen (wobei ich im Moment nicht wüßte, wie), daß dieser Jesus eine Kunstfigur ist, wäre die Christentümer, so wie wir sie kennen, am Ende.

Womit wären sie am Ende? Was würde sich dadurch ändern?

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Noch ein kleiner Nachtrag in eigener Sache. Mich interessiert die Entwicklung des Christentum, nicht aus religionskritischer, sondern aus historischer Sicht. Der Aufstieg des Christentum ist eine Tatsache, unabhängig von seinen ungeklärten Ursprüngen, und ebenso sein Niedergang, spätestens im Zuge der Industrialisierung. Nichts von dem, was ich tue oder schreibe, hat darauf einen Einfluß, und ist auch nicht mein Ziel. Mein Interesse ist Verständnis in historische Zusammenhänge, nicht nur, aber auch die des Römischen Reiches. Es hat mich als Kind gepackt, und seitdem nicht mehr losgelassen.

 

Die Entwicklung des Christentums hat innerhalb dieses Römischen Reiches stattgefunden, und wäre wohl auch ohne das nicht denkbar, und so interessiert mich auch das Christentum, nicht religiös, sondern historisch. Da in letzter Zeit immer deutlicher wird, wie sehr sich die Christen Mühe gegeben haben, ihre eigene Geschichte in ihrem Sinne umzuschreiben, und an diesem Bild auch viele Historiker, besonders in Deutschland, immer noch ziemlich entschieden festhalten, ist die Entdeckung der realen Geschichte der Entwicklung dieser Religion eine noch lange nicht abgeschlossene Aufgabe, auch wenn es mit schwindendem Einfluß der christlichen Kirchen einfacher wird. Aber spannend bleibt es. ;)

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vor 4 Minuten schrieb Merkur:

Womit wären sie am Ende? Was würde sich dadurch ändern?

 

Das müßtest du eigentlich Gläubige fragen, nicht mich. Der Kern des Christentums ist der Glaube an die Auferstehung, und damit an die Erlösung der Menschen. Eine Kunstfigur kann nicht auferstehen, und auch keine Erlösung versprechen. Wer dagegen unter Christentum vor allem eine innerweltliche Morallehre versteht, wie es einige Protestanten tun, die „Erlösung“ also ins Diesseits verlagert, mag damit irgendwie umgehen. Ich habe nicht genügend Ahnung von Theologie, um sagen zu können, ob solche Gedanken schon gedacht wurden, bin aber ziemlich sicher.

 

Das Christentum hat eine lange Tradition der Diskussion um die Eigentümlichkeiten der Person dieses Christus von Anfang an, mehr als jede andere Offenbarungsreligion. Weder das Judentum mit Moses, noch der Islam mit Mohammad, noch der Buddhismus mit Gautama kennen eine so lang und erbittert geführte Debatte um ihre zentrale Figur wie das Christentum. Daraus könnte man die Idee ableiten, daß sich um diesen Markenkern Jesus oder Christus von Anfang an ganz unterschiedliche Vorstellungen gruppiert haben, die lange mit einander um die Vorherrschaft gerungen haben. So finden sich im Christentum von Anfang an ganz unterschiedliche Bilder, die des jüdischen Messias, des Philosophen in griechischer Tradition, des Zauberers, des Gottessohns, des jüdischen Freiheitskämpfers. Durchgesetzt hat sich die Vorstellung des Christos, wobei auch da lange Zeit noch darum gestritten wurde, was das denn sei. 

 

Wenn sich herausstellen sollte, daß es sich um einen Kunstfigur handelt, würde sich für die Geschichtsschreibung nichts ändern. Daß Menschen lange etwas anderes geglaubt haben, bliebe eine historische Tatsache. Nur für die christlichen Denominationen würde sich eigentlich alles ändern. Daher denke ich nicht, daß sich eine solche Vorstellung auf absehbare Zeit durchsetzen wird. 

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vor 9 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das müßtest du eigentlich Gläubige fragen, nicht mich. ...

Ich frage dich, weil du die Behauptung aufgestellt hat und sie hier

Zitat

....Nur für die christlichen Denominationen würde sich eigentlich alles ändern. ...

noch einmal in veränderter Form wiederholst. Dass ein Objekt religiöser Verehrung eine Art Kunstfigur darstellt, die mit dem wirklichen Leben wenig zu tun hat, halte ich für naheliegend. Dieser Gedanke ist auch der christlichen Theologie nicht fremd (Bultmann wurde hier schon öfter genannt). In Ansätzen findet man dieses Phänomen auch anderswo, z.B. bei Teenagern, die Fußballer oder Popsänger verehren.

bearbeitet von Merkur
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vor 5 Stunden schrieb GermanHeretic:

Das liegt daran, daß Naturwissenschaftler nicht jedesmal, wenn es um eine wahre, d.h. durch im Rahmen der jeweiligen Meßgenauigkeit empirisch bestätigten Aussge geht, eine seitenlange Elogie von sich geben wollen, in der alle für sie völlig alltägliche, epistemologische Grundlagen aufgezählt werden.

 

Du meinst zB sowas wie die Stringtheorie, oder die vom Multiversum? :D

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vor 8 Minuten schrieb Merkur:

Ich frage dich, weil du die Behauptung aufgestellt hat und sie hier

noch einmal in veränderter Form wiederholst. Dass ein Objekt religiöser Verehrung eine Art Kunstfigur darstellt, die mit dem wirklichen Leben wenig zu tun hat, halte ich für naheliegend. Dieser Gedanke ist auch der christlichen Theologie nicht fremd (Bultmann wurde hier schon öfter genannt). In Ansätzen findet man dieses Phänomen auch anderswo, z.B. bei Teenagern, die Fußballer oder Popsänger verehren.

 

Christlicher Mainstream scheint mir der Gedanke nicht zu sein, aber wie gesagt, das ist nicht mein Thema. Ich denke auch nicht, daß das Problem sich im Moment stellt.

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Das war nicht meine Absicht. Mir ging es nur darum, darauf hinzuweisen, daß die Vermischung von der Seite der Religion ausgegangen ist. Es sind die Christen, die da nicht trennen. So lange ich denken kann, gibt es christliche Archäologie, die versucht, mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft Apologetik zu betreiben. Die Geschichtswissenschaft sollte als Wissenschaft streng naturalistisch arbeiten.

Nach meinem Eindruck gibt es auf beiden Seiten (wenn man sie so nennen will) beides - es gibt Archäologen, die versuchen, mit Kelle und Pinsel Theologie zu betreiben (und da ist es einerlei, ob die Bibel nun recht haben solle oder Exodus und Königreich Davids keine Spuren hinterlassen hätten), und es gibt eine solide christliche Archäologie, die schlicht versucht ein Bild jener Welt zu zeichnen, in der die biblischen Schriften entstanden sind.

vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Sollte sich dagegen herausstellen (wobei ich im Moment nicht wüßte, wie), daß dieser Jesus eine Kunstfigur ist, wäre die Christentümer, so wie wir sie kennen, am Ende.

Absolut. Seinen Leichnam zu finde, da kämen wir theologisch noch mit klar, aber der Beweis der Nonexistenz wäre das Aus, weil Inkarnation dann nicht stattgefunden haben könnte. Glücklicherweise droht so eine Situation nicht.

vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Theoretisch hast du Recht, in der Praxis wird anders argumentiert. Man denke nur an die Aufregung, als vor einiger Zeit ein Gebeinkasten mit der Aufschrift "Jesus" gefunden wurde, dabei ar Jesus damals ein so häufiger Name wie zu meiner Zeit Hans oder Franz.

Und dann war es auch noch eine Fälschung - aber wie gesagt: Das sind bestimmte Kreise, die sich da sehr erregen. Andere - da zähle ich mich und den Vatikan dazu - kümmert das wenig.

vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Die Entwicklung des Christentums hat innerhalb dieses Römischen Reiches stattgefunden, und wäre wohl auch ohne das nicht denkbar, und so interessiert mich auch das Christentum, nicht religiös, sondern historisch.

Da denkst du jetzt ziemlich römisch-katholisch. Es gab eine erfolgreiche Ausbreitung der Christentums ins Partherreich hinein, was zu einer höchst eigenen Prägung und Entwicklung geführt hat, die von der im Westen lange Zeit getrennt erfolgte - erst trennte die Demarkationslinie zwischen Imperium Romanum und den Parthern, deutlich später dann die muslimischen Gebiete diese ostsyrischen  Christen vom "Westen", der in diesem Fall auch den griechischen Osten des Imperium Romanum umfasst. Und es gab und gibt die Kopten in Ägypten und die Traditionen in Äthiopien, die da ebenfalls eine eigenen Entwicklung genommen habe. Wobei ich auf die Ostsyrer auch erst jüngst gestoßen bin, ohne da eine tiefere Ahnung zu haben.

vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Die Geschichtswissenschaft sollte als Wissenschaft streng naturalistisch arbeiten.

Das ist insgesamt aber doch etwas knapp bemessen - je nachdem, wie man das nun auslegt. Zumindest ich finde die Ideengeschichte ebenso spannend wie etwa wirtschaftliche Betrachtungen der Geschichte, bei denen Handelsströme nicht nur als Phänomen "Ware X aus Y findet sich in Z" betrachtet wird, sondern  versucht wird, die Austauschprozesse als Ganze in den Blick zu nehmen - beide Seiten müssen Gewinn machen, sonst handeln sie nicht weiter.

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vor 20 Minuten schrieb Chrysologus:

Da denkst du jetzt ziemlich römisch-katholisch.

 

Das kann ich gar nicht! Ich war nie römisch-katholisch, und werde es auch nie sein! :D Römisch vielleicht, das ist etwas anderes (insofern ist Marcellinus mein alter Ego, aber das ist ein anderes Thema). Aber dein Einwand ist natürlich berechtigt. Das Partherreich wird oft übersehen, aber ich gebe zu, daß ich dazu keinen besonderen Bezug habe. Ein Mangel, sicher, aber man kann sich nicht mit allem beschäftigen. 

 

vor 20 Minuten schrieb Chrysologus:

Das ist insgesamt aber doch etwas knapp bemessen - je nachdem, wie man das nun auslegt. Zumindest ich finde die Ideengeschichte ebenso spannend wie etwa wirtschaftliche Betrachtungen der Geschichte, bei denen Handelsströme nicht nur als Phänomen "Ware X aus Y findet sich in Z" betrachtet wird, sondern  versucht wird, die Austauschprozesse als Ganze in den Blick zu nehmen - beide Seiten müssen Gewinn machen, sonst handeln sie nicht weiter.

 

So wie ein Hammer ein materielles Werkzeug ist, sind Ideen gedankliche Werkzeuge. Menschen benutzen beides, und beides ist Teil unserer natürlichen Welt. Den Ideen dagegen eine eigene Existenz jenseits der Menschen zuzuschreiben, wie zB Popper das tut, ist Metapyhsik und hat in einem methodischen Naturalismus, wie ich ihn verstehe, nichts verloren.

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vor 51 Minuten schrieb Marcellinus:

Das kann ich gar nicht! Ich war nie römisch-katholisch, und werde es auch nie sein!

Aber als guter Westeuropäer entkommst du dem auch nicht so ohne weiteres - das lateinische Christentum hat diesen Kontinent zutiefst geprägt, zum Guten wie zum Schlechten. Vor allem aber haben wir manches ausgeblendet.

 

vor 52 Minuten schrieb Marcellinus:

So wie ein Hammer ein materielles Werkzeug ist, sind Ideen gedankliche Werkzeuge. Menschen benutzen beides, und beides ist Teil unserer natürlichen Welt. Den Ideen dagegen eine eigene Existenz jenseits der Menschen zuzuschreiben, wie zB Popper das tut, ist Metapyhsik und hat in einem methodischen Naturalismus, wie ich ihn verstehe, nichts verloren.

Dann sind wir uns einig - ich hörte nur im Hintergrund die Ideale der Historiker des 19. Jahrhunderts klappern - war es Ranke mit dem "sagen, wie es gewesen ist"? Also reine (und iwe ich finde langweilige) Ereignisgeschichte.

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vor 29 Minuten schrieb Chrysologus:

ich hörte nur im Hintergrund die Ideale der Historiker des 19. Jahrhunderts klappern - war es Ranke mit dem "sagen, wie es gewesen ist"? Also reine (und iwe ich finde langweilige) Ereignisgeschichte.

 

Jetzt kämen wir zur Geschichtstheorie. Mich traf das im Studium in den 70ern des letzten Jahrhunderts (man glaubt gar nicht, daß das schon ca. 45 Jahre her ist). So bin ich zur Prozeßsoziologie gekommen, aber das ist ein anderes (interessantes) Thema.

 

bearbeitet von Marcellinus
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22 hours ago, Flo77 said:

Ganz sicher?

 

Von der Zeitstellung her dürfte das ins 19. Jahrhundert fallen, da ist das mit dem Nachweis eigentlich noch machbar (außer die Vorfahren stammten aus den deutschen Ostgebieten - da kann es unter Umständen schwieriger sein).

Da stellt sich doch die Frage, was als "historischer Beweis" gilt.

Gibt es Beweise für die Existenz eines Gaius Julius Caesar? 

Alles Erzählungen, Mythen, Propaganda. "De bello gallico" hat nicht mehr Beweiskraft als das Evangelium nach Matthäus. Reine Legende, kann man schon an den Elefanten und Einhörnern im Schwarzwald, die darin beschrieben werden, sehen.

Heute würde man eine Geburtsurkunde als Beweis akzeptieren, aber in 500 Jahren? So ein Papier kann man leicht fälschen. In 500 Jahren wird vielleicht nur noch eine DNA-Probe als Beweis gelten.

Die Pyramiden von Gizeh.

Die sind so real, die kann man nicht bestreiten. Die sind ein historischer Beweis.

Aber für wen? Großes Fragezeichen. Gab es einen Cheops wirklich? Oder ist das nur eine Legende, die mit diesem Bauwerk in Verbindung gebracht wird?

Man kann es nicht beweissicher sagen..

Insofern ist die Frage nach Beweisen eines historischen Jesus ziemlich müßig. 

Wozu soll sie gut sein?

Wenn Jesus ein "wahrer Mensch" war, wird es für ihn wie für fast alle "wahren Menschen" keinen Existenzbeweis geben.

Aber seine Nachwirkungen sind sogar noch größer als die des Cheops.

 

Werner

 

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15 hours ago, Chrysologus said:

um den Extremfall anzunehmen: Man gräbt die Niederschrift des Prozesses gegen Jesus Ibn Josef aus, an dessen Ende dieser Jesus von Pontius Pilatus wegen aufrührerischer Reden et. al.  zum Tod am Kreuz verurteilt wird

Wobei das garantiert eine Fälschung wäre, weil "ibn" arabisch ist...:D (ben oder bar müsste es sein)

 

Aber ansonsten trifft dein Posting den Nagel auf den Kopf

 

Werner

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vor 16 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Du meinst zB sowas wie die Stringtheorie, oder die vom Multiversum? :D

 

Ja, weil das keine Theorien sind sondern Hypothesen. Solange kein empirischer Nachweis möglich, solang keine Theorie.

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vor 17 Stunden schrieb Marcellinus:

Christlicher Mainstream scheint mir der Gedanke nicht zu sein

 

Es ist nicht unbedingt lehrkonform, allerdings ist die Arbeit über die Leben-Jesu-Forschung von Albert Schweitzer aus dem Jahr 1906 soweit ich weiß, nicht nur in der evangelischen Welt, sondern auch bei den Katholiken als Dokumentation der Widerlegung der historischen Jesusforschung. Er kam zu dem Schluss, dass weder die Biographie noch die Persönlichkeit Jesu historisch rekonstruierbar wäre.

 

"Christlicher Mainstream" ist es wahrscheinlich nicht, weil sich nur wenige Christen Gedanken darüber machen. Für mich war das nie ein Thema, weder für mich als Katholik, noch als Evangelikalen.

 

Und dass es sich bei der Auferstehung um etwas anderes handeln muss, als darum, dass jemand zombielike den Sargdeckel knirschend anhebt und dann mit nach vorne ausgestreckten Armen und etwas torkelndem Gang durch die Gegend läuft, erkennt man schon in den ganzen Bibelstellen über die Auferstehung, die gerade jetzt in der Osterzeit (ich darf darauf hinweisen, dass diese bis Pfingsten geht) thematisiert werden - selbst die Leute, die eng mit Jesus herumgezogen sind, erkannten ihn nicht wieder, weder am Aussehen, noch am Reden, noch an sonstigen "normalen" Verhaltensweisen. Sie erkannten ihn *nur* am Brotbrechen. Genau das interpretiere ich als Beleg dafür, dass die Auferstehung ein ausschließlich glaubensmäßig bzw. theologisch zu erfassendes Ereignis ist - für Außenstehende, die das Brotbrechen nicht kennen, ist sie nicht wahrnehmbar.

 

Diese Ausführungen lassen viele Deutungsmöglichkeiten offen und ich gehe davon aus, dass theologische Diskussionen darüber nicht nur in "meinem Bistum" üblich sind.

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vor 20 Stunden schrieb Chrysologus:

Absolut. Seinen Leichnam zu finde, da kämen wir theologisch noch mit klar, aber der Beweis der Nonexistenz wäre das Aus, weil Inkarnation dann nicht stattgefunden haben könnte. Glücklicherweise droht so eine Situation nicht.

Auch das ließe sich handhaben. Religion findet in den Köpfen statt, nicht in historischen Ereignissen. Man hätte wahrscheinlich andere Anknüpfungstatsachen, aber dauerhaften Schaden würde das Christentum dadurch wohl nicht nehmen.

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vor 9 Minuten schrieb Merkur:

Man hätte wahrscheinlich andere Anknüpfungstatsachen, aber dauerhaften Schaden würde das Christentum dadurch wohl nicht nehmen.

 

Das kommt darauf an, welche Art von Christentum Du meinst. Das apostolische Christentum wäre vorbei, alles danach hat andere Grundlagen.

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vor 7 Stunden schrieb GermanHeretic:

Ja, weil das keine Theorien sind sondern Hypothesen. Solange kein empirischer Nachweis möglich, solang keine Theorie.

 

Seit Popper sollte klar sein, daß man Theorien nicht beweisen kann. 

 

„Das alte Wissenschaftsideal, das absolut gesicherte Wissen (episteme), hat sich als Idol erwiesen. Die Forderung der Wissenschaftlichen Objektivität führt dazu, daß jeder wissenschaftliche Satz vorläufig ist. Er kann sich wohl bewähren - aber jede Bewährung ist relativ, eine Beziehung, eine Relation zu anderen, gleichfalls vorläufigen Sätzen. Nur in unseren subjektiven Überzeugungserlebnissen, in unserem Glauben können wir absolut sicher sein."

(Popper Logik der Forschung, Tübingen 1984, S. 225)

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vor 12 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Seit Popper sollte klar sein, daß man Theorien nicht beweisen kann. 

 

„Das alte Wissenschaftsideal, das absolut gesicherte Wissen (episteme), hat sich als Idol erwiesen. Die Forderung der Wissenschaftlichen Objektivität führt dazu, daß jeder wissenschaftliche Satz vorläufig ist. Er kann sich wohl bewähren - aber jede Bewährung ist relativ, eine Beziehung, eine Relation zu anderen, gleichfalls vorläufigen Sätzen. Nur in unseren subjektiven Überzeugungserlebnissen, in unserem Glauben können wir absolut sicher sein."

(Popper Logik der Forschung, Tübingen 1984, S. 225)


 Ja und? Per definitionem ist eine formale Beschreibung eines Systems trotzdem erst dann eine "Theorie", wenn es empirische Nachweise gibt. Keine Ecke, kein Polygon. Leider wird in der Alltagssprache das nicht beachtet, noch schlimmer wird's bei "Energie", "Relativität" oder "Quanten". Und irgendwann verspüren Naturwissenschaftler keine Lust mehr, jedesmal Laien zu erklären, worum es wirklich geht. Stattdessen zuckt man mit den Schultern, verwendet ebenfalls Alltagssprache, bleibt im Türmchen und redet lieber mit Leuten, die sich auskennen. Eigentlich schade, aber isso. Ist wie bei Theologen, die nicht mehr über substantielle Kekse bei der Transsubstantiation reden wollen. Beratungsresistenz ist halt weiter verbreitet als Corona.

 

Die Stringtheorie, oder besser M-Theorie, hat sich ja alles schon sehr viel weiter entwickelt, ist ein schönes Beispiel, wie die Fachsprache ein wenig verwässert worden ist. Immerhin gibt es ein paar "theoretische" Ansätze für experimentelle Nachweise, die vielleicht in der Zukunft technisch möglich sein könnten. Es ist also nicht per se ausgeschlossen, daß daraus mal eine im alten Sinne echte Theorie wird. Und ja, die gilt nur solange, bis was besseres kommt. Ich weise aber mal vorsichtig daraufhin, daß sich in den letzten 200 Jahren keine etablierte physikalische Theorie als grundlegend falsch erwiesen hat. Sie waren und sind nur ungenau, d.h. sie gelten nur im Rahmen einer gewissen Meßtoleranz. Und bei vielen wußte man schon lange vor einer besseren Theorie, daß es widersprüchliche Fakten gibt. Gravitation nach Newton/Planetenbahnen z.B. Von dieser Gravitationstheorie abweichende Bahnen in der Nähe großer Massen macht sie ja nicht unwahr. Das kann jeder überprüfen, der vom 12. Stock aus vom Balkon springt. Die Erkenntnis der Wahrheit kommt dann mit einem Schlag.

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You miss the point! Es ging mir nicht darum, den Naturwissenschaften ihre Leistungen abzusprechen, nur darauf hinzuweisen, daß sie keine „Wahrheiten“ produzieren. Definitiv sicher sein kann man sich in den theoretisch-empirischen Wissenschaften nur in dem, was sich als falsch herausgestellt hat, und nicht selten sind das die größten Fortschritte. Die positiven Erkenntnisse dagegen sind in der Regel vorläufig, bis man eben etwas Besseres hat. Dieses „besser“ ist der Maßstab wissenschaftlichen Fortschritts, nicht die „Wahrheit“. 

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

You miss the point! Es ging mir nicht darum, den Naturwissenschaften ihre Leistungen abzusprechen, nur darauf hinzuweisen, daß sie keine „Wahrheiten“ produzieren. Definitiv sicher sein kann man sich in den theoretisch-empirischen Wissenschaften nur in dem, was sich als falsch herausgestellt hat, und nicht selten sind das die größten Fortschritte. Die positiven Erkenntnisse dagegen sind in der Regel vorläufig, bis man eben etwas Besseres hat. Dieses „besser“ ist der Maßstab wissenschaftlichen Fortschritts, nicht die „Wahrheit“. 

 

Pff, was soll denn sonst "die Wahrheit" sein? Wenn "die Wahrheit" die objektive weil überprüfbare Beurteilung einer Aussage nach wahr und falsch ist, dann produziert Naturwissenschaft jede Menge Wahrheiten. Wenn "die Wahrheit" irgendwas anderes sei, dann bezweifele ich wahlweise, daß es sie gibt oder ob der Begriff als solcher noch einen Sinn hat.

Und dann behaupte ich noch frech, daß wenn die Naturwissenschaft keine objektive Wahrheit produziert, dann tut es nichts und niemand.

Subjektive "Wahrheiten" außen vor, gesetzt den Fall, die darf man dann so nennen.

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vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

You miss the point! Es ging mir nicht darum, den Naturwissenschaften ihre Leistungen abzusprechen, nur darauf hinzuweisen, daß sie keine „Wahrheiten“ produzieren. Definitiv sicher sein kann man sich in den theoretisch-empirischen Wissenschaften nur in dem, was sich als falsch herausgestellt hat, und nicht selten sind das die größten Fortschritte. Die positiven Erkenntnisse dagegen sind in der Regel vorläufig, bis man eben etwas Besseres hat. Dieses „besser“ ist der Maßstab wissenschaftlichen Fortschritts, nicht die „Wahrheit“. 

 

Nach diesem Maßstab kann aber die historische Existenz Jesu als belastbare These angesehen werden, bis jemand etwas Besseres beweisen kann. Alle Alternativen Narrative für die Entstehung des Neuen Testaments und die umliegenden und nachfolgenden Schriften leiden unter massiven inneren Widersprüchen. Deshalb muss man dann bei der Spätdatierung auch immer weiter nach hinten rutschen. Zuerst soll Paulus das Christentum erfunden haben, und am Ende war es Marcion. (Oder vielleicht doch Karl der Große ...?)

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