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Geschrieben (bearbeitet)
vor 7 Stunden schrieb Domingo:

Ansonsten finde ich es ein bisschen weit hergeholt, von Kirk zu erwarten, dass er Segregation usw. hätte verurteilen sollen, wenn er offenbar über gegenwärtige Politik sprach und über Themen, die hetzutage relevant sind, nicht über solche, die in den 60er Jahren relevant waren.

 

Er hat aber eben nicht nur über die gegenwärtige Politik gesprochen, sondern auch über MLK und über die Gesetzesreformen aus den 1960er Jahren. Er ist auf die Zeit von damals eingegangen. Und wenn man da nur Schlechtes sagt, und nur auf ausdrückliche Nachfrage auch noch zwei gute Worte findet, ist das doch ziemlich dürftig.

 

Zitat

Und ich nehme an, hätte er die Segregation (und viell, auch die Sklaverei) vollbrüstig verurteilt, hätte ihm so Mancher vorgeworfen, sich mit bequemen, nichtkonstroversen Aussagen den Mund vollzunehmen...

 

Er hätte sich ja einfach in einer halbwegs differenzierten Weise äußern können - das ist das, was man normalerweise tut. Wenigstens im Sinne einer kurzen Anmerkung. Ähnlich wie dann in dem Video auf Nachfrage.

Jeder Politiker und auch jeder Aktivist oder öffentliche Redner, der nicht völlig naiv ist, weiß doch, welche Botschaft es sendet, wenn man über MLK und die Gesetzesreformen der 1960er Jahre von extrem negative Dinge sagt, überhaupt nicht differenziert und zu den Missständen, die zuvor herrschten, nichts sagt. 

 

Stell Dir mal folgende Situation vor: Jemand sagt, dass es ein "Riesen-Fehler" war, den Art. 3(2) in die dt. Verfassung aufzunehmen: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin."

Derjenige, so nehmen wir an, sagt nicht, dass das Anliegen dahinter eine gute Sache war, die jetzt aber angeblich missbraucht werde (für Quotenregelungen etc.) - sondern er äußert sich völlig undifferenziert extrem negativ über den entsprechenden Verfassungsartikel und über diejenigen, die maßgeblich zur Gleichberechtigung von Frauen beigetragen haben. Höchstens auf explizite Nachfrage äußert er sich dann differenzierter.

 

Welche Botschaft würde so jemand senden?

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben

Also ich halte die Wiedervereinigung auch nach wie vor für einen Fehler.

 

Wenn die Begründung nicht mitzitiert wird, wird dieser Satz natürlich auf massiven Widerstand bei den Narrativfans stoßen.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Also ich halte die Wiedervereinigung auch nach wie vor für einen Fehler.

 

Das ist keine Analogie. Eine Analogie wäre es wenn schon eher, dass jemand alle Verträge und alle Bestrebungen, die zur Wiedervereinigung geführt haben, als "Riesen-Fehler" bezeichnet, und dass er über die Politiker, die sie vorangetrieben haben, nur äußerst negativ redet - dann aber auf Nachfrage sagt, dass er die Wiedervereinigung als solche eigentlich ganz toll findet. 

 

Wobei das auch nicht wirklich vergleichbar ist ...

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb iskander:

 

Das ist keine Analogie. Eine Analogie wäre es wenn schon eher, dass jemand alle Verträge und alle Bestrebungen, die zur Wiedervereinigung geführt haben, als "Riesen-Fehler" bezeichnet, und dass er über die Politiker, die sie vorangetrieben haben, nur äußerst negativ redet - dann aber auf Nachfrage sagt, dass er die Wiedervereinigung als solche eigentlich ganz toll findet. 

 

Wobei das auch nicht wirklich vergleichbar ist ...

 

Sorry to say, aber ich halte die Wiedervereinigung so wie sie abgelaufen ist in der Tat für einen Riesenfehler und den Hauptakteur HK für einen Totalausfall in diesem Zusammenhang.

 

Und wenn Du möchtest kann ich auch gerne anfangen das einzeln zu begründen. Ist aber politisch und wird hier vermutlich gelöscht.

 

Was nichts daran ändert, daß ich heute froh bin, das wir den Osten haben und wir dadurch vielleicht die Chance haben, nicht in die 3. Diktatur zu rutschen.

Geschrieben
vor 16 Minuten schrieb Flo77:

Sorry to say, aber ich halte die Wiedervereinigung so wie sie abgelaufen ist in der Tat für einen Riesenfehler [...]

 

Alles gut und schön - ich verstehe nur nicht, was das mit Kirk und seinen Ansichten zu tun haben sollte, oder wo hier die Analogie liegen könnte. Kirk findet die Abschaffung der Segregation offiziell (auf Nachfrage hin) gut, Du hingegen findest die Wiedervereinigung nicht gut. 

 

Kirk steht offiziell (wenn man nachfragt) hinter dem Ende der Segregation, verdammt aber alles, was zu ihr geführt hat (samt den entsprechenden Gesetzen) pauschal in Bausch und Bogen. Das wäre am ehesten damit noch vergleichbar, als würde jemand die Wiedervereinigung (auf Nachfrage hin) offiziell gut finden, aber alles, was zu ihr geführt hat samt den entsprechenden Gesetzen ausschließlich negativ - und extrem negativ - kommentieren. 

 

Dass Du die letztere Ansicht nicht hegst, zeigt ja gerade, dass Deine kritische Haltung gegenüber der Wiedervereinigung überhaupt nicht mit dem Vorgehen von Kirk vergleichbar ist.  

Geschrieben (bearbeitet)
vor 9 Stunden schrieb SteRo:

 Man musste in letzter Zeit - grade auf CNA - unglaublich viel Unsinn über diesen Menschen lesen. Und offensichtlich gibt es auch Bischöfe, die bei diesem Unsinn gerne mitmachen. 

Da passt es dann natürlich gut dazu, dass es einen spürbaren "Kirk-Effekt" gibt. Ich schlage vor, dass sie in den USA ihre eigene Kompetenzstelle für Heiligssprechungen einrichten (natürlich unter Vorsitz von Bischof Trump, Bischof Vance oder anderen Volksverdummern)

 

Charlie Kirk wurde ja wohl ermordet, weil er Christ war und aus dem Glauben heraus christliche Positionen zu verschiedenen Themen vertreten hat, vorallem weil er sich für den Schutz der Ungeborenen eingesetzt hat, für die christliche Ehe und Familie, für das christliche Menschenbild von Mann und Frau etc.

 

Ich finde es ziemlich bitter, dass das von jemandem wie Bischof Oster mit keiner Silbe gewürdigt und angesprochen wird. Stattdessen nur das übliche Trump-Bashing, das doch eigentlich gar nicht mehr der Rede wert ist.

bearbeitet von Guppy
Geschrieben
vor 10 Stunden schrieb SteRo:

 Man musste in letzter Zeit - grade auf CNA - unglaublich viel Unsinn über diesen Menschen lesen.

 

Was denn so?

Geschrieben
vor 7 Stunden schrieb iskander:

Er hat aber eben nicht nur über die gegenwärtige Politik gesprochen, sondern auch über MLK und über die Gesetzesreformen aus den 1960er Jahren. Er ist auf die Zeit von damals eingegangen. Und wenn man da nur Schlechtes sagt, und nur auf ausdrückliche Nachfrage auch noch zwei gute Worte findet, ist das doch ziemlich dürftig.

 

Die Gesetzesreformen hat er aber mit Bezug auf die gegenwärtige Anwendung ebenjener Gesetze erwähnt, und als jemand dann auf den historischen Kontent hinwies, hat er das gesetz gutgeheißen. Den Kontext zu MLK kenne ich nicht.

 

Zitat

Welche Botschaft würde so jemand senden?

 

Keine Ahnung. Vielleicht hast Du recht. Doch ich bin müde, Zeugs zu hören, wo man von "dogwistles" spricht und davon, was auf mehr oder weniger geheime Weise signalisiert worden sein soll zu dem inneren faschistischen Kreisen (aber jeder Linke und sein Hund verstehen solche Anspielungen sofort). Ich wünsche mir eine Öffentlichhkeit, wo man auf das wirklich Gesagt eingeht...

 

Und wenn alles, was ich höre, sind eben diese Spekulationen darüber, was jemand wo wie wem geheim signalisiert haben soll, und recht wenig Auseinandersetzung mit den Argumenten von jemandem wie eben Kirk, dann will ich einfach nur mit dme Kopf unter die Bettdecke kriechen.

Geschrieben
vor 5 Minuten schrieb Domingo:

Und wenn alles, was ich höre, sind eben diese Spekulationen darüber, was jemand wo wie wem geheim signalisiert haben soll, und recht wenig Auseinandersetzung mit den Argumenten von jemandem wie eben Kirk, dann will ich einfach nur mit dme Kopf unter die Bettdecke kriechen.

 

Vor allem erweckt dies den Eindruck, man habe seinen eigentlichen Argumenten nichts entgegenzusetzen.

Geschrieben
vor 18 Minuten schrieb Guppy:

 

Charlie Kirk wurde ja wohl ermordet, weil er Christ war und aus dem Glauben heraus christliche Positionen zu verschiedenen Themen vertreten hat, vorallem weil er sich für den Schutz der Ungeborenen eingesetzt hat, für die christliche Ehe und Familie, für das christliche Menschenbild von Mann und Frau etc.

Das sehe ich nicht als erwiesen an. Aber da eine solche Spekulation über das Motiv des Täters von der Trump-Regierung sehr gut propagandistisch "ausgeschlachtet" werden kann, wird es dazu höchstwahrscheinlich keine verlässlichen Ermittlungsergebnisse geben.

 

vor 18 Minuten schrieb Guppy:

Ich finde es ziemlich bitter, dass das von jemandem wie Bischof Oster mit keiner Silbe gewürdigt und angesprochen wird. Stattdessen nur das übliche Trump-Bashing, das doch eigentlich gar nicht mehr der Rede wert ist.

Im Gegensatz zu anderen Bischöfen bewahrt Oster einen kühlen Kopf. Das finde ich sehr gut.

 

Bischof Oster bekräftigt Warnung vor „Nähe und Allianzen“ von Christen und rechter Politik

Oster sprach ... er könne „nur sehr schwer nachvollziehen“, wie sehr Kirk sich „als intelligenter, gläubiger Mann so hinter Donald Trump stellen und die MAGA-Bewegung unterstützen konnte“.

 

Ich find's gut, dass Oster, der ja selbst einen "sehr konservativen" Ruf hat, das sagt. 

 

 

 

 

Geschrieben
vor 7 Stunden schrieb iskander:

Stell Dir mal folgende Situation vor: Jemand sagt, dass es ein "Riesen-Fehler" war, den Art. 3(2) in die dt. Verfassung aufzunehmen: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt. (…)

 

Welche Botschaft würde so jemand senden?

Ich sage z. B., es war ein Riesen-Fehler, im Artikel 1 des GG die Menschenwürde so absolut zu setzen - welche Botschaft sende ich da wohl, ich hoffe ich bekomme keinen Besuch vom Verfassungsschutz, oje - halt, ich war noch nicht fertig! „…. absolut zu setzen, ohne wenigstens ansatzweise klarzustellen, was unter diesem Begriff zu verstehen ist, weil sonst die Gefahr besteht, dass er durch inflationären Gebrauch entwertet ist, und dafür ist er zu wichtig.“

 

Und nun? Welche Botschaft sende ich?

 

Werner 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 26 Minuten schrieb Domingo:

Die Gesetzesreformen hat er aber mit Bezug auf die gegenwärtige Anwendung ebenjener Gesetze erwähnt, und als jemand dann auf den historischen Kontent hinwies, hat er das gesetz gutgeheißen. Den Kontext zu MLK kenne ich nicht.


Er wurde mehrfach so zitiert, dass er die entsprechenden Gesetze pauschal extrem negativ beurteilt hat ("Riesen-Fehler"), ohne irgendwie zu differenzieren. Ebenso hat er sich über MLK äußerst negativ geäußert. Eine Differenzierung oder etwas Positives war da nicht drin. Erst dort, wo explizit nachgefragt wurde, hat er sich dann zu einer Differenzierung aufgerafft. 

 

Zitat

Doch ich bin müde, Zeugs zu hören, wo man von "dogwistles" spricht und davon, was auf mehr oder weniger geheime Weise signalisiert worden sein soll zu dem inneren faschistischen Kreisen (aber jeder Linke und sein Hund verstehen solche Anspielungen sofort).

 

 

Mir ist es fern, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen oder wegen allem und jedem über Absichten zu spekulieren. Aber der Fall ist nun wirklich extrem. 

 

Zitat

Den Kontext zu MLK kenne ich nicht

 

Dann würde ich Dir raten, den Abschnitt (weit oben) in dem von @rorro verlinkten (apologetischen) Faktenchecker-Artikel zu lesen und Dir dabei folgende Frage zu stellen: Wenn man wirklich zutiefst überzeugt ist, dass die Rassen-Trennung ein Riesen-Übel und seine Überwindung ein enormer und absolut wichtiger Fortschritt war: Äußert man sich dann so?

 

Wenn Du sagst "ja natürlich", dann haben wir hier wohl einfach eine andere Einschätzung.

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
vor 57 Minuten schrieb Werner001:

Und nun? Welche Botschaft sende ich?

 

Keine besonders problematische, würde ich meinen. Aber Du erklärst und differenzierst ja. Du sagst ja nicht - und schon gar nicht ohne weitere Erläuterung-, dass es ein Riesen-Fehler ist, dass Art. 1 überhaupt verabschiedet wurde; und dass die Leute, die dafür verantwortlich waren, so richtig schlechte Menschen gewesen seien. 

 

Warum gefällt Dir denn aber mein Beispiel mit Art. 3(2) nicht? Da ist die Analogie doch direkter. 

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 7 Minuten schrieb iskander:

Mir ist es fern, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen oder wegen allem und jedem über Absichten zu spekulieren. Aber der Fall ist nun wirklich extrem.

 

Ich habe mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt. Es geht mir nicht nur um "nicht extreme" Fälle dieses Verhaltens; ich bin es müde, mir Exegesen (sorry, das ist das Wort, das mir einfiel...) dieser Art überhaupt anzuhören.

Geschrieben
Gerade eben schrieb Domingo:

Es geht mir nicht nur um "nicht extreme" Fälle dieses Verhaltens; ich bin es müde, mir Exegesen (sorry, das ist das Wort, das mir einfiel...) dieser Art überhaupt anzuhören.

 

Dann kann Dich nur ermutigen zu lesen, was Kirk gesagt hat und es auf Dich wirken zu lassen - und Dir dabei selbst die Frage stellen, ob jemand, der die Arbeit von MLK und die gesetzliche Abschaffung der Rassentrennung ungemein wichtig und lobenswert findet, Deiner Meinung nach so spricht. Die entsprechende Passage ist nicht lang - man hat sie in zwei Minuten oder so gelesen. 

 

Ansonsten kann ich nur darauf hinweisen, dass es allgemein zur Kommunikation gehört, dass man etwas nur andeutet, und dass das insbesondere zur Kommunikation in der Politik und im ganzen PR-Bereich gehört (von der Diplomatie ganz zu schweigen). Oft kommt es auch darauf an, was man nicht sagt. Auch wenn man nichts überinterpretiert, muss man, eben doch interpretieren. Und ein PR-Profi weiß das (oder müsste es wissen). 

Geschrieben
vor 29 Minuten schrieb iskander:

Dann kann Dich nur ermutigen zu lesen, was Kirk gesagt hat und es auf Dich wirken zu lassen - und Dir dabei selbst die Frage stellen, ob jemand, der die Arbeit von MLK und die gesetzliche Abschaffung der Rassentrennung ungemein wichtig und lobenswert findet, Deiner Meinung nach so spricht. Die entsprechende Passage ist nicht lang - man hat sie in zwei Minuten oder so gelesen.

 

Wie drehen uns im Kreis... 

 

 

vor 29 Minuten schrieb iskander:

Ansonsten kann ich nur darauf hinweisen, dass es allgemein zur Kommunikation gehört, dass man etwas nur andeutet, und dass das insbesondere zur Kommunikation in der Politik und im ganzen PR-Bereich gehört (von der Diplomatie ganz zu schweigen). Oft kommt es auch darauf an, was man nicht sagt. Auch wenn man nichts überinterpretiert, muss man, eben doch interpretieren. Und ein PR-Profi weiß das (oder müsste es wissen). 

 

Warum denn "insbesondere" dort? Ich hätte gedacht, dort sei die Kommunikation eben förmlich und logisch durchgezogen. Ich bin aber vermutlich nur naiv.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 50 Minuten schrieb Domingo:

Wie drehen uns im Kreis... 

 

Hast Du es denn gelesen?

 

vor 50 Minuten schrieb Domingo:

Warum denn "insbesondere" dort? Ich hätte gedacht, dort sei die Kommunikation eben förmlich und logisch durchgezogen. Ich bin aber vermutlich nur naiv.

 

In der Politik gibt es oft einen Grund, seine Meinung vorsichtig zu formulieren - insbesondere könnte man jemanden verärgern oder heftige Kritik auf sich ziehen. Daher deutet man manches nur andeutet; man sagt gezielt etwas nicht, was im Kontext erwartet würde; man arbeitet mit Untertreibungen usw. Nehmen wir mal ein Beispiel aus der Kirchen-Politik, weil es mir gerade einfällt. Ein kath. Bischof sagt in einem Interview das Folgende:

 

"Viele Gläubige verstehen heute unsere Haltung zur Homosexualität nicht mehr, und viele Betroffene fühlen sich verletzt und zurückgewiesen. Sie wünschen sich, dass die Kirche neue Wege geht."

 

Nun ist das - bezogen auf Europa jedenfalls - formal gesehen eine simple Tatsachenfeststellung und keine Meinungsäußerung. Theoretisch sollte sie also absolut jeder äußern können; ein "konservativer" Bischof gerade so wie ein "progressiver". Dennoch wird natürlich ein konservativer Bischof kaum je eine solche Äußerung in einem Interview tätigen - jedenfalls nicht, ohne das dann irgendwie so zu ergänzen, dass klar wird, warum die Kirche bei ihrem Kurs blieben muss.

 

Warum? Weil es natürlich einen Subtext gibt! Wenn das obige Zitat so gebracht wird und für sich allein steht, dann heißt das dechiffriert mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit: Derjenige, der so spricht, stellt selbst die Haltung der Kirche infrage und wünscht sich selbst eine Veränderung der kirchl. Position. Er kann oder möchte es nur nicht so deutlich sagen. 

 

In diesem Fall kommt die Zurückhaltung vermutlich (vor allem) daher, dass man Rom nicht verärgern will. Aber im säkularen Bereich gibt es das natürlich auch - eigentlich überall, wo man vorsichtig sein muss, was man sagt. Wenn beispielsweise ein Politiker mit einer Partei X bestimmten koalieren will, solche Koalitionen aber von seiner eigenen Partei noch allgemein abgelehnt werden, wird er vermutlich nicht sagen: "Ich will jetzt bald mit denen koalieren!" Er wird das vielmehr andeuten und die Reaktion abwarten, um dann auch im Zweifelsfall einen Rückziehen machen zu können. Er wird vielleicht Sachen sagen wie: "Wir sollten uns überlegen, ob es wirklich der beste Weg ist, von vornherein bestimmte Optionen auszuschließen." Oder: "Viele Wähler erwarten von uns, dass wir bereit sind, mit allen im Parlament vertretenen Parteien zu sprechen."

 

Oder wenn ein Abgeordneter der Regierungspartei sagt, dass die Kommunikation der Regierung "nicht optimal" war, dann heißt das im Klartext ziemlich wahrscheinlich, dass er die Kommunikation der Regierung für schlecht hält - vielleicht sogar für sehr schlecht.  

 

Oder ein französischer Politiker kommentierte die Rede seines Gastes, eines britischen Politikers, inhaltlich überhaupt nicht, sondern lobte stattdessen sein gutes Französisch. Der Grund war einfach: Ihm gefiel die Rede inhaltlich überhaupt nicht, aber er wollte das aus Gründen der Höflichkeit nicht direkt sagen. Verstanden hat es aber doch jeder. 

 

Man könnte mit etwas Achtsamkeit vermutlich in kurzer Zeit eine Fülle von Beispielen finden. Es kommt darauf an, was man wie sagt und auch was man nicht sagt. Da muss man nicht böswillig etwas "hineininterpretieren". Es ist vielmehr Teil des Geschäfts, dass man manche Sachen nur andeutet und dass der Empfänger auch den Subtext berücksichtigt.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb iskander:

Hast Du es denn gelesen?

 

Ja. hast Du gelesen, was ich geschrieben habe?

 

vor 1 Stunde schrieb iskander:

In der Politik gibt es oft einen Grund, seine Meinung vorsichtig zu formulieren - insbesondere könnte man jemanden verärgern oder heftige Kritik auf sich ziehen.

 

Ich weiß. Wie gesagt, bin ich naiv oder ein Romantiker.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 18 Stunden schrieb Domingo:

Ja. hast Du gelesen, was ich geschrieben habe?

 

Ja natürlich. Aber Du bist eben auf meine entsprechende Frage gar nicht eingegangen - während ich auf Deine Beiträge doch durchaus eingehe. 

 

Ich stelle meine Frage daher noch einmal: Glaubst Du, dass jemand auf diese Weise spricht, der zutiefst davon überzeugt ist, dass die Rassentrennung und -diskriminierung einen sehr schweren Missstand dargestellt haben; dass Martin Luther King sich mit den friedlichen Protesten gegen die damaligen Zustände große Verdienste erworben hat; und dass die gesetzliche Überwindung der Rassentrennung und -diskriminerung ein äußerst bedeutender Fortschritt war?

 

vor 18 Stunden schrieb Domingo:

Ich weiß. Wie gesagt, bin ich naiv oder ein Romantiker.

 

Leuchtet Dir denn überhaupt nicht ein, was ich sage? Findest Du alle meine Beispiele völlig absurd? Glaubst Du, dass man in der Politik stets völlig unverhohlen sagt, was man denkt? 

 

Ich versuche es noch auf diese Weise: Stell Dir vor, ein kath. Bischof oder ein kath. Politiker würde sagen, dass die Reformation ein "Riesen-Fehler" war, und dass Luther ein sehr schlechter Mensch war. Eine Differenzierung gäbe es nicht. Was meinst Du, was für einen Eklat das gäbe?

 

Dabei wäre das im Zweifelsfall noch wesentlich verständlicher. Immerhin haben Luther und die Reformation der kath. Kirche enorm geschadet (auch wenn die kath. Kirche damals natürlich große Fehler gemacht hat). Und Luther hat auch so einiges getan, was nun moralisch wirklich nicht großartig war - man denke nur an seine antijüdische Hetze oder an seine Hetze in den Bauernkriegen. Beispiele (wenn diese Quelle ihn korrekt zitiert):

 

"Prediger sind die allergrößten Totschläger. Denn sie ermahnen die Obrigkeit, dass sie entschlossen ihres Amtes walte und die Schädlinge bestrafe. Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden ..."

 

"Wenn ich könnte, so würde ich ihn [den Juden] niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren."

 

"Diese Taugenichtse und Ausplünderer [die Juden] sind keiner Gnade und keines Mitleids wert."

 

Und nochmals: Trotz des enormen Schadens, den die kath. Kirche durch die Reformation erlitten hat, und trotz mancher nicht gerade grandioser Züge in Luthers Charakter, würde doch kein namhafter Katholik es sich erlauben können, einseitig und extrem negativ über Luther und die Reformation zu sprechen.

 

Wem hingegen haben eigentlich Martin Luther King und die Gesetze zur Beendigung der Rassentrennung einen enormen Schaden - oder überhaupt einen Schaden - zugefügt? Wo hat MLK sich auch nur annähernd moralisch so bedenklich verhalten wie Luther? (Und ja, MLK hatte seine Bettgeschichten - wie viele andere Leute auch, inklusie konservative Personen, über die Kirk vermutlich wesentlich positiver gesprochen haben dürfte.) 

 

Hier einmal eine kurze Zusammenfassung des Civil Rights Act von 1964 - jenes Gesetzeswerks, dessen Verabschiedung laut Kirk ein "riesiger Fehler" war:

 

"The Civil Rights Act of 1964 (Pub. L. 88–352, 78 Stat. 241, enacted July 2, 1964) is a landmark civil rights and labor law in the United States that outlaws discrimination based on race, color, religion, sex,[a] and national origin.[4] It prohibits unequal application of voter registration requirements, racial segregation in schools and public accommodations, and employment discrimination. The act "remains one of the most significant legislative achievements in American history".[5]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Civil_Rights_Act_of_1964

 

Das von Kirk abgelehnte Gesetz besagt im Effekt also einfach das folgende:

 

- Jemand soll für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn bekommen und nicht schlechter bezahlt werden als andere, nur weil die betreffende Personeine dunkle Hautfarbe hat oder eine Frau ist oder zu einem anderen Gott betet.

- Man soll den Schwarzen nicht ihr Wahlrecht wegnehmen, indem man es ihnen unmöglich macht, sich für Wahlen zu registrieren. 

- Schwarze werden nicht mehr von Weißen im öffentlichen Raum getrennt.

 

Sollten das nicht alles Selbstverständlichkeiten sein? Und wie sah es eigentlich davor aus?

 

"Die Rassentrennung wurde so umgesetzt, dass gewisse Einrichtungen entweder nur von Weißen oder nur von Schwarzen benutzt werden durften, es also eine räumliche Trennung gab, beispielsweise Toiletten nur für Weiße und Toiletten für Schwarze (oder „Nichtweiße“). Strikte Trennung gab es bei Erfrischungsräumen (die „Vorzimmer“ von Toiletten mit Waschbecken und Spiegeln) oder Anproberäumen und Trinkfontänen in Waren- und Kaufhäusern,[2] in Autobussen durften Schwarze nur im hinteren (schlecht belüfteten) Teil Platz nehmen, vorne saßen die Weißen und in der Mitte durften Schwarze sitzen, sofern zu wenig Weiße mitfuhren.[3] Trennung der Plätze gab es auch in Eisenbahnwaggons,[4] (ab)gesonderte Tische in Restaurants und Gaststätten[3] oder überhaupt Lokalverbote für Schwarze, es gab gesonderte Aufzüge,[5] Parkbänke „nur für Weiße“[4] und das Verbot, an Vorwahlen teilzunehmen[6]. Die Rassentrennung wurde durch Hinweisschilder signalisiert."

https://de.wikipedia.org/wiki/Rassentrennung#USA

 

Entschuldige: Aber wer die Verabschiedung des Civil Rights Act als einen "riesigen Fehler" bezeichnet und nur die schlechtesten Dinge über ihn sagt (und höchstens auf explizite Nachfrage noch ein paar nettere Worte findet); und wer in diesem Zusammenhang kein einziges kritisches Wort über die Rassentrennung verliert; und wer sich in diesem Kontext undifferenziert höchst negativ über Martin Luther King äußert: Der ist für mich kein besonnener und vernünftiger Mensch guten Willens.

 

Und welchen riesigen Schaden hat dieses Gesetz nun eigentlich genau in den USA angerichtet? Wozu wird es denn nun angeblich in einer so fatalen Weise missbraucht, dass seine Verabschiedung netto betrachtet offenbar besser nie stattgefunden hätte? 

 

Die Quotierungen jedenfalls, die Minderheiten bevorzugen, und an denen Kirk sich offenbar sehr gestört hat, sind nach Meinung des Supreme Court nicht durch den Civil Rights Act gedeckt, sondern widersprechen diesem vielmehr:

 

"In Students for Fair Admissions v. Harvard (2023), the Supreme Court majority ruled that race-based affirmative action in college admissions violated the Equal Protection Clause of the Fourteenth Amendment, with concurrences highlighting race-based affirmative action's violation of Title VI of the Civil Rights Act."

https://en.wikipedia.org/wiki/Affirmative_action_in_the_United_States

 

Und bei der Entscheidung für die Homo-Ehe hat sich der Supreme Court nicht auf den Civil Rights Act berufen, sondern auf die von Kirk so geschätzte amerikanische Verfassung, welche er gegen den Civil Rights Act ausspielt.

 

Dafür lesen wir allerdings, dass der Civil Rights Act dazu genutzt, um die Rechte von LGBT-Arbeitnehmern zu schützen:

 

"In June 2020, the U.S. Supreme Court ruled in three cases [...] that Title VII of the Civil Rights Act, which barred employers from discriminating on the basis of sex, precluded employers from discriminating on the basis of sexual orientation or gender identity.[64] Afterward, USA Today stated that in addition to LGBTQ employment discrimination, "[t]he court's ruling is likely to have a sweeping impact on federal civil rights laws barring sex discrimination in education, health care, housing and financial credit."[65]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Civil_Rights_Act_of_1964#Later_impact_on_LGBT_rights

 

Okay: Wenn eine Frau privat eine andere Frau liebt, dann darf man sie deshalb noch nicht auf die Straße setzen; und auch dann nicht, wenn eine Person, die biologisch weiblich ist, sich aber als Mann fühlt.

Wo ist hier eigentlich das Problem - wenn das denn das Problem ist? Selbst die kath. Kirche ist doch gegen die soziale Diskriminierung von LGBT-Menschen. Und selbst wenn man einen solchen Schutz vor Diskriminierung für falsch hält: Will man jetzt ernsthaft behaupten, dass so verkehrt und schädlich ist, dass deshalb gleich auch die Verabschiedung des Civil Rights Act ein "Riesen-Fehler" war? Oder ging es Kirk um andere angebliche Missstände, die angeblich mit dem Civil Rights Act zusammenhängen - und wenn ja, um welche?

 

Wenn Du absolut nicht siehst, wieso ich das Verhalten von Kirk bedenklich finde, dann stelle Dir doch bitte einmal vor, die Juden wären hier in Deutschland vor den Zeiten der Judenemanzipation auf eine ähnliche Weise diskriminiert und segregiert worden wie die Schwarzen seinerzeit in den USA (und teilweise war das ja auch der Fall, auch wenn es erhebliche Unterschiede gibt).

Und nun würde jemand die Verabschiedung der Gesetze, die diesen Zustand beendet hätten, undifferenziert als "Riesen-Fehler" bezeichnen und (von sich aus) nur das Allerschlechteste über sie sagen. Und auch über diejenigen, die sich friedlich für die Gleichheit der Juden und gegen ihre Segregation eingesetzt haben, und die diesen Kampf mit ihrem Leben bezahlt mussten, würde derjenige sich nur extrem abfällig und negativ äußern.

 

Wäre das Verständnis für jemanden, der entsprechend agiert, dann auch so groß? Und wäre das Verständnis für denjenigen, der so jemanden kritisiert, dann auch so gering?

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)

@Domingo

 

Und dies noch: 

 

Wenn jemand sagt, dass die Verabschiedung des Civil Rights Act ein "Riesen-Fehler" war, dann heißt das doch im Klartext: Das Gesetz hätte besser nicht verabschiedet werden sollen. Er mag zwar gut gemeint gewesen sein - aber das Übel, das er angerichtet hat, ist so groß, dass es netto gesehen dennoch falsch war, das Gesetz zu verabschieden. ("We made a huge mistake when we passed the Civil Rights Act in the 1960s.")

 

Fein. Was wäre dann aber die Alternative gewesen?

 

Dass man alles beim Alten lässt? Dass Schwarze weiterhin nicht wählen dürfen, weiterhin diskriminiert und weiterhin überall von Weißen segregiert werden? Weil das immer noch das kleinere Übel wäre verglichen mit den schlimmen Konsequenzen - welchen eigentlich genau? -, die der Civil Rights Act dann später gezeitigt hat? 

 

Oder doch nicht? Wäre die richtige Alternative ein "besseres" Gesetz gewesen? Eines, das ebenfalls Diskriminierung aufgrund von Rasse (und Geschlecht) verbietet und das ebenfalls die Segregation beendet, das sich vom Civil Rights Act aber fundamental unterscheidet?

 

Dann sage man mir bitte, wie so etwas auch nur im Prinzip gehen könnte angesichts der Tatsache, dass der Civil Rights Act im Wesentlichen doch einfach nur darin besteht, dass er Segregation und Diskriminierung verbietet. Es wäre doch so, als würde man nach einer Regelung suchen, die es einem zwar verbieten soll, bei Rot über die Straße zu gehen - die gleichzeitig aber grundlegend anders und viel besser sein soll als die bisherige Vorschrift, die besagt, dass es verboten ist, bei Rot über die Straße zu gehen.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
Am 1.10.2025 um 05:29 schrieb iskander:

Ja natürlich. Aber Du bist eben auf meine entsprechende Frage gar nicht eingegangen - während ich auf Deine Beiträge doch durchaus eingehe.

 

Dann liegt es an meiner völligen Unfähigkeit, mich deutlich genug auszudrücken. Ich bin es müde, dass man immer auf die angebliche geheime Absicht hinter den Worten eines politischen Pundits eingeht, anstatt das explizite Argument auseinanderzunehmen, und darauf, was er hätte sagen sollen, um ein guter Mensch zu sein usw. usf., und das habe ich mehrmals versucht auszudrücken. Und jedesmal kommst du mir wieder mit "aber was sagt das, was er sagt, über seine innersten Anscihten aus und darüber, ob er ein guter Mensch ist?" Ich habe auch zugegeben, dass es sich bei mir um ein subjektives Gefühl der Irriitation und Müdigkeit geht - obwohl ich denke, ich kann da auch ein paar objektive Argumente bringen. Die wären:

 

1. Man wird nie wissen, was ein Mensch, der öffentlich spricht, wirklich denkt. Spekulationen darüber sind im Grund Kaffeesatzleserei. Jeder öffentlich Sprechende handelt taktisch, also wollte etwa Kirk selbst nichts sagen, was irgendjemandem auf der Seite Trumps hätte sauer aufstoßen können. Deswegen ist es mE unmöglich zu eruieren, was Kirk in seinem Inneren wirklich dachte über irgendetwas.

 

2. Auch das gerede über "Dogwhistles" ist mE unproduktiv. Zwar gibt es dafür mehr Anhaltspunkte (siehe, was ich unter 1. geschrieben habe); diese Tatsache macht es aber nicht zu einer exakten Wissenschaft. Es handelt sich nicht mehr um Kaffeesatzleserei, wohl aber um etwas wie die Wettervorhersage: nicht ganz aus der Luft gegriffen (no pun intended), aber sehr fehleranfällig - zumal solche "Analysen" fast immer aus der gegnerischen Seite kommen, die natürlich kein Interesse daran hat, das einigermaßen objektiv zu tun.

 

Daher wünschte ich mir, man würde nur auf die Argumente, wie sie vorgetragen werden, eingehen. Das tust Du ironischerweise in ebendem Beitrag, den ich gerade zitiere... Und legst gut dar, warum die Aussage, das betreffende Gesetz sei ein Riesenfehler gewesen, abzulehnen ist.

 

 

Am 1.10.2025 um 05:29 schrieb iskander:

Leuchtet Dir denn überhaupt nicht ein, was ich sage? Findest Du alle meine Beispiele völlig absurd? Glaubst Du, dass man in der Politik stets völlig unverhohlen sagt, was man denkt?

 

Jetzt bin ich wirklcih baff. Ich gebe Dir recht, und Du gibst mir diese Antwort?

bearbeitet von Domingo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 1 Stunde schrieb Domingo:

Ich bin es müde, dass man immer auf die angebliche geheime Absicht hinter den Worten eines politischen Pundits eingeht, anstatt das explizite Argument auseinanderzunehmen, und darauf, was er hätte sagen sollen, um ein guter Mensch zu sein usw. usf., und das habe ich mehrmals versucht auszudrücken. 

 

Natürlich muss man eine gewisse Vorsicht walten lassen und nicht vorschnell zu einer Überzeugung gelangen - aber es ist andererseits auch notwendig, die Rede des anderen zu interpretieren. Das tun wir dauernd und das geht auch nicht anders - sonst könnte wir beispielsweise auch nie Ironie, Andeutungen, versteckte Kritik usw. erkennen. Auch nicht in Fällen, in denen wir uns alle völlig einig sind, dass eine derartige Kommunikation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegt. 

 

vor 1 Stunde schrieb Domingo:

1. Man wird nie wissen, was ein Mensch, der öffentlich spricht, wirklich denkt. Spekulationen darüber sind im Grund Kaffeesatzleserei.

 

Wir können generell niemandem "ins Herz" blicken, sondern müssen uns mit dem zufrieden geben, was jemand kommuniziert, um daraus Rückschlüsse auf seine mutmaßliche Meinung zu ziehen. Das erfordert aber eben immer auch eine gewisse Interpretationsleistung, mal mehr und mal weniger. Es muss und sollte aber keine Kaffeesatzleserei sein, sondern es ist hoffentlich ein rationaler Prozess, bei dem wir aus dem, was wir haben, in einer sinnvollen Weise etwas ableiten.

(Übrigens muss man ja nicht nur aus den Worten von jemandem, sondern auch aus seinem Verhalten Rückschlüsse auf seine Überzeugungen ziehen; im Alltag, aber beispielsweise auch in der Kriminalistik.)

 

Es wäre aber eben doch naiv, bei diesem Interpretationsprozess einfach nur das explizit Gesagte in Betracht zu ziehen. Nimm als Beispiel nochmals die Diplomatie: Da wird Kritik oft sehr höflich verpackt, und manches wird gesagt, indem man bestimmte Dinge nicht sagt. Und es wird normalerweise auch von allen Seiten verstanden, was gemeint ist. Würde man hingegen dort Deinem Rat folgend die Leute stets nur bei ihrem ganz expliziten Wort nehmen, so würde man vermutlich vieles von dem, was auf dem diplomatischen Parkett vorgeht, gar nicht begreifen - oder schlimmer: missverstehen. Und was für die Diplomatie besonders gilt, gilt auch anderswo, wenn auch vielleicht in nicht so hohem Maße. 

 

Zitat

Jeder öffentlich Sprechende handelt taktisch, also wollte etwa Kirk selbst nichts sagen, was irgendjemandem auf der Seite Trumps hätte sauer aufstoßen können. 

 

Das mag sein - aber er hätte es sich problemlos leisten können, etwas Positives bzw. Differenziertes über MLK und die Gesetze zur Beendigung zur Rassentrennung zu sagen. Und er musste wissen, wie das wirkt, wenn er es nicht tut.

 

Stell Dir vor, dass ein prominenter AfD-Politiker die folgenden Dinge sagt:

 

"Adolf Hitler hatte durchaus auch gute Seiten. Es wäre absurd zu behaupten, dass er nur schlechte Seiten hatte."

 

Sonst käme da nichts - es gäbe keine Einordnung oder so, sondern die Aussage stünde so für sich alleine. 

 

Natürlich stimmt die obige Aussage über Hitler genau genommen durchaus. Jeder Mensch hat gute Seiten. Hitler war wohl zu seinem Hund gut, und er hat sich wohl durchaus gegenüber seinen Mitarbeitern oftmals akzeptabel verhalten.

Insofern könnte man hier sagen: Ein Politiker hat eben schlichtweg eine Tatsache ausgesprochen, mehr nicht. Und damit ist alles in Ordnung - denn daran, einfach nur eine Tatsache auszusprechen, ist ja nichts verkehrt. Und man solle dem guten Mann, der das so gesagt hat (oder der guten Frau) doch bitte nicht irgendwelche weiterreichende Absichten unterstellen, die sich bei einer strikt wörtlichen Analyse seiner Aussage über Hitler nicht finden lassen. Insbesondere dürfe man absolut nicht schließen, dass er Hitler irgendwie positiver sieht als das sonst üblich ist, oder dass er gar eine entsprechende Botschaft habe senden wollen.

 

Aber eine solche Herangehensweise wäre doch reichlich naiv. Es wäre doch völlig klar, dass ein Politiker, der so etwas sagt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht einfach nur völlig neutral, ohne jedweden Hintergedanken und ohne jedwede Wertung eine Tatsache feststellt, sondern dass er mit seiner Aussage eben durchaus eine weitreichendere Botschaft senden möchte. Das würde jeder so empfinden - und ihm selbst wäre auch klar, dass jeder das so empfindet. Und wenn er diese Botschaft nicht senden wollte, so würde er sich eben anders ausdrücken. (Und klar, das Hitler-Beispiel ist besonders markant - es ist aber nicht einzigartig.)

 

Aus meiner Sicht schüttest Du einfach das Kind mit dem Bade aus. Es ist natürlich richtig, dass man sich davor hüten sollte, Sachen in die Worte anderer "hineinzugeheimnissen" oder ihnen etwas zu unterstellen. Da gibt es natürlich zum Teil absurde Missstände, ähnlich wie mit der Kontaktschuld. Aber es ist eben etwas anderes, nur die "Oberfläche" von Kommunikation in Betracht zu ziehen und alles andere auszublenden oder für schlechterdings unzugänglich zu erklären.

 

Und im Fall von Kirk scheint es mir zudem eine plausible Ableitung zu geben: Wem die Überwindung des institutionalisierten Rassismus (und anderer Diskriminierungen) als extrem wichtig und als extrem positiv erscheint, der wird ein Gesetz, das im Grunde in nichts anderem besteht als in der Überwindung des institutionalisierten Rassismus (und anderer Diskriminierungen), vermutlich nicht extrem einseitig und extrem negativ sehen.

Das scheint mir psychologisch doch sehr naheliegend zu sein. Wenn jemand den spanischen Stierkampf extrem negativ sieht und seine (mögliche) Abschaffung extrem positiv, so wird er über ein Gesetz, das einfach nur darin besteht, den Stierkampf abzuschaffen, vermutlich nicht nur ausgesprochen schlechte Sachen zu sagen haben. (Und zwar vermutlich eben selbst dann nicht, wenn er meint, dass es dann später einmal irgendwelche negativen indirekten negativen Folgen gibt.)

 

Wir haben eben auch ein gewisses Verständnis davon, wie andere Leute "funktionieren". Und dieses Verständnis erlaubt es - in einem gewissen Rahmen und in manchen Fällen - begründete Rückschlüsse aus ihren Äußerungen und ihrem Verhalten zu ziehen. 

 

vor 1 Stunde schrieb Domingo:

Jetzt bin ich wirklcih baff. Ich gebe Dir recht, und Du gibst mir diese Antwort?

 

Hattest Du mir denn in jenem Beitrag, in Bezug auf den ich die entsprechenden Fragen gestellt habe, in irgendeinem Punkt recht gegeben? (Diese Frage meine ich ernst; es kann ja sein, dass ich Dich missverstanden habe.)

 

vor 1 Stunde schrieb Domingo:

Und legst gut dar, warum die Aussage, das betreffende Gesetz sei ein Riesenfehler gewesen, abzulehnen ist.

 

Da ich wie gesagt nicht wirklich sehe, wie man den Civil Rights Act grundlegend anders hätte gestalten und zugleich die Rassentrennung und -diskriminierung hätte abschaffen können, scheinen mir nur zwei Möglichkeiten zu bestehen:

 

- Kirk war tatsächlich der Meinung, dass die vorgeblich negativen Auswirkungen des Civil Rights Act (mir ist bis jetzt nicht wirklich klar, welche er genau meinte) so gravierend sind, dass man die damaligen rassistischen Zustände im Sinne eines kleineren Übels hätte hinnehmen sollen anstatt Gesetze gegen sie zu verabschieden. 

 

- Kirks Äußerungen reflektieren nicht eine kohärente und durchdachte Position, sondern sie bringen einfach irgendwelche starken Ressentiments und Emotionen zum Ausdruck. 

 

Auch im zweiten Fall bleibt aber bestehen, dass Kirk eine äußerst negative Einstellung zum Civil Rights Act (und MLK) hatte, ohne dass (mir) wirklich klar wäre, was ihn eigentlich genau derart massiv verdrießt; und dass er nicht bereit war zu sehen, wie wichtig der Civil Rights Act war und welch eine entscheidende positive Rolle er gespielt hat.

So oder so finde ich das alles persönlich nicht sonderlich sympathisch; und so sehr ich seine Ermordung verurteile, meine ich nicht, dass man so jemandem zum Helden stilisieren solle. Ich glaube auch, dass derart extreme Äußerungen wie die von Kirk zu einer Spaltung der Gesellschaft beitragen können. (Und speziell für @rorro: Zu einer unguten Spaltung.)

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben

@iskander:

 

Mir scheint, es geht hier vor allem darum, inwiefern politischer Sprech "Kommunikation" ist - Kommunikation wie das, was zwischen zwei Menschen geschieht, die irgednwo sitzen und miteinander reden. Mir fehlt gegenwärtig die Zeit und Energie, hierauf einzigehen, zumal ich zu diesem Zweck etwas (od. viell. viel) nachdenken müsste. Vielleicht komme ich eines Tages wieder dazu.

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