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Geschrieben (bearbeitet)
vor 3 Stunden schrieb Frey:

Du hast völlig recht, dass der Begriff „Narrative Theologie“ vor allem in den 1970er Jahren geprägt wurde und in der theologischen Fachdebatte heute weniger präsent ist. Dennoch halte ich es für verkürzt, sie lediglich als „Modeerscheinung“ abzutun.

 

Das ist keine Wertung von mir. Ich habe bloß wiedergegeben, was mir beim Recherchieren gleich zweimal begegnet ist:

 

Zitat

Dieser Artikel ist publiziert in: M. Hofheinz u.a. (Hg.), Ethik und Erzählung. Theologische und philosophische Beiträge zur narrativen Ethik. Zürich 2009, 161-187.

 

Ein durchgängiges Problemfeld narrativer Ethik ist das Verhältnis von Narration und Argumentation.1 Die narrative Theologie, die innerhalb der deutschsprachigen katholischen Theologie in den 70er Jahren aufblühte, war von Anfang an von derselben Problematik gezeichnet;2 ihre mangelnde Klärung dürfte der Hauptgrund gewesen sein, dass sie bald als Modeerscheinung abgetan wurde.

 

Den anderen Beleg dafür auch noch hervorzukramen, ist den Zeitaufwand nicht wert. Ich geh' mal davon aus, dass du es mir auch so glaubst. 

 

vor 3 Stunden schrieb Frey:

Auch wenn sich die Terminologie gewandelt hat und heute etwa von „narrativer Religionspädagogik“ oder „dramatischer Theologie“ gesprochen wird, ist das Grundanliegen – die zentrale Rolle von Narrativen im religiösen Leben – weiterhin hochaktuell.

 

Das finde ich auch, aber mit dem Blick auf die ganze Weltgeschichte, nicht nur auf die christliche "Heilsgeschichte". Auf meine "hochaktuellen" Beispiele zu dem Thema bist du mit keiner Silbe eingegangen, obwohl sie aus dem christlichen Bereich stammten. Ich habe aus meiner Lebenserfahrung gesprochen ("Omis" selbst erfundene Geschichten vom Jesuskind) und von unserem Neuen Testament (Paulus und Lukas; dazu habe ich Fragen, nicht bloß als Dekoration, gestellt sondern um ins Gespräch zu kommen).

 

vor 3 Stunden schrieb Frey:

Du sprichst einen wunden Punkt an, wenn du der Kirche vorwirfst, sie habe es versäumt, narrative Zugänge wirklich plural und dialogisch zu öffnen. Tatsächlich war (und ist) die Versuchung groß, Narrative Theologie im Sinne einer exklusiv christlichen Deutungshoheit zu instrumentalisieren. Hier stimme ich dir zu: Eine theologisch fruchtbare Auseinandersetzung mit Narrativen anderer religiöser Traditionen wäre bereichernd und könnte helfen, die eigene Perspektive zu weiten und in einen echten Dialog einzutreten.

Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass die katholische Theologie – gerade im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils – durchaus Schritte in Richtung einer dialogischen Offenheit unternommen hat. Dokumente wie „Nostra Aetate“ haben die Wertschätzung anderer Religionen und ihrer Erzähltraditionen ausdrücklich betont. Dass dies in der Praxis nicht immer konsequent umgesetzt wurde, ist eine berechtigte Kritik, die uns weiterhin herausfordert.

 

Die alttestamentlich Urgeschichte beispielsweise ist voller Bezüge zu religiösen Erzählungen aus dem Umfeld Israels, über weite Strecken geradezu eine erzählende Antwort auf diese, so dass das einem intertheologischen Diskurs nahe kommt. Es gäbe so viel interessanten Gesprächsstoff zu dieser Thematik. Ich mache die Dinge halt lieber konkret, als abstrakt um den heißen Brei herumzureden.

 

vor 3 Stunden schrieb Frey:

Du betonst auch zu Recht, dass die Erzählung von Glauben und Gott kein exklusiv christliches Phänomen ist. Das Erzählen als Grundvollzug religiöser Kommunikation ist kultur- und religionsübergreifend. Hier liegt meines Erachtens die eigentliche Stärke der narrativen Zugänge: Sie eröffnen Räume des Verstehens, der Identitätsbildung und der Begegnung – auch über konfessionelle und religiöse Grenzen hinweg.
Dass die Kirche in der Vergangenheit (und bis heute) zu oft auf Belehrung statt auf Dialog gesetzt hat, ist eine selbstkritische Einsicht, die Theologen ernst nehmen müssen. Narrative Theologie kann und sollte gerade dazu beitragen, den Dialog zu fördern, statt ihn zu verhindern.

 

Die Kirchen reden viel vom Dialog und davon, im Internet präsenter zu sein. Das wär mal was, wenn das kath. Lehramt sich hier blicken lassen und mitdiskutieren würde. Ich mein, jedes christliche Forum zieht Atheisten an, wie ****** die Fliegen, und mit denen kann man als Christ wunderbar ins Gespräch kommen - aber wo ist die Kirche? Wenn sich mal ein Theologe in ein solches Forum verirrt, hier haben wir ja solche Gott sei Dank tatsächlich, ist mit Dialog meist nicht mehr viel, sobald es um kontroverse Meinungen geht. Wenn man Glück hat, wird einem mitgeteilt "wie es ist".

 

vor 3 Stunden schrieb Frey:

Deine Beobachtung, dass andere gesellschaftliche Akteure – Kunst, Literatur, Film – heute oft die Rolle des Geschichtenerzählens übernommen haben, ist richtig. Die Kirche steht vor der Herausforderung, ihre eigenen Narrative so zu erzählen, dass sie anschlussfähig bleiben, ohne ihre Identität zu verlieren oder sich in Beliebigkeit aufzulösen.

 

Wenn ich etwas aus der Bibel gelernt habe, dann zwei Dinge. Religiöse Identitäten sind nicht statisch sondern dynamisch, sie verändern sich, wachsen, entwickeln sich weiter. Das sieht man im AT und im NT. Beide Testamente haben Geschichte theologisch gedeutet (das ist das Ding, das man Vergangenheit nennt, nicht das Ding, das die Zukunft mit einschließt, das ist die apokalyptische "Heilsgeschichte") und zwar hauptsächlich in spannenden und unterhaltsamen Erzählungen. Leider hat das aufgehört, und 2000 Jahre Kirchengeschichte wurden seit dem nicht mehr so weiter erzählt, wie früher.

 

Das könnte tatsächlich etwas mit Zeitgeist zu tun haben, vielleicht damit, dass auf einmal zu viele Menschen lesen und schreiben konnten, oder es andere Menschen waren, denen die orientalische Mentalität des Erzählens nicht eigen war, oder daran, dass sich historische Geschichtsschreibung entwickelte und die theologische Geschichtsdeutung nach und nach verdrängt hat, oder weil Bultmann einfach recht hat.

 

Das zweite, was ich aus der Bibel gelernt habe, ist Wasser auf deine Mühle ("ohne ihre Identität zu verlieren oder sich in Beliebigkeit aufzulösen"). Das habe ich aus der Turmbauerzählung gelernt, dass es wichtig ist bei seinem Narrativ bei seinen Erzählungen zu bleiben, um sich einen Namen (shem) bzw. eine Identität zu machen. Bedauerlicherweise weicht meine Auslegung von der des Lehramtes ab (Kunststück das Lehramt macht ja keine).

 

vor 3 Stunden schrieb Frey:

Das bedeutet auch, Deutungshoheit nicht von vornherein zu beanspruchen, sondern im Dialog offen zu bleiben für neue Perspektiven und Erfahrungen.

 

Schön wär's, wenn man das mal irgendwo erleben könnte. Ich kenn' das leider nur vom Hörensagen. 

 

vor 3 Stunden schrieb Frey:

Ich verstehe deine Kritik nicht als Angriff, sondern als wertvollen Beitrag zur Selbstreflexion der Theologie und der Kirche.

 

Dein Wort in Gottes Mund. Diesen Umweg wird die Kritik an der Kirche wohl nehmen müssen, um dort gehört werden zu können.

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben

Es ist wirklich bemerkenswert, wie schnell du dir zu einem bislang eher exotischen Begriff eine so klare Meinung bilden konntest – diese Fähigkeit ist nicht jedem gegeben.


Deine Einschätzung zur Dialogfreude kirchlicher Vertreter:innen im Netz teile ich. Man könnte fast meinen, das Lehramt übe sich im digitalen Raum in einer Art kontemplativem Schweigen – vermutlich eine Form der spirituellen Ressourcenpflege, auch wenn die Terminkalender ja bekanntlich nicht so leer wie die Kirchenbänke an Werktagen sind - oder wie dieses Forum.


Andererseits: Wer auf Plattformen wie X unterwegs ist, begegnet durchaus einer beachtlichen Zahl an lehramtlichen Stimmen – auch oft im Sendungs- und im Dialogmodus. Vielleicht ist ja die narrative Theologie unserer Zeit: viele Monologe, gelegentlich unterbrochen von einem freundlichen “So ist es”.
Jedenfalls danke für deinen Beitrag – er bringt frischen Wind in die Diskussion und erinnert daran, dass Dialogbereitschaft manchmal schon mit einem Augenzwinkern beginnt.

 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 8 Stunden schrieb Frey:

Es ist wirklich bemerkenswert, wie schnell du dir zu einem bislang eher exotischen Begriff eine so klare Meinung bilden konntest – diese Fähigkeit ist nicht jedem gegeben.

 

Na ja, das war in diesem Fall nicht schwer, weil es nur um einen Terminus technicus ging, der sich auf Dinge bezog, mit denen ich mich seit langem beschäftige. Mit den christlichen Erzählungen des NT und den jüdischen Erzählungen des AT bin ich durch meine langjährige Bibellektüre vertraut, und mit Theologie beschäftige ich mich auch nicht erst seit Gestern. Außerdem diskutiere ich seit langem in christlichen Foren. Da lernte ich viel dazu, mich mit anderen Perspektiven und Meinungen auseinander zu setzen, und bekam eine dicke Haut, die einiges ab kann. 

 

vor 8 Stunden schrieb Frey:

Deine Einschätzung zur Dialogfreude kirchlicher Vertreter:innen im Netz teile ich. Man könnte fast meinen, das Lehramt übe sich im digitalen Raum in einer Art kontemplativem Schweigen – vermutlich eine Form der spirituellen Ressourcenpflege, auch wenn die Terminkalender ja bekanntlich nicht so leer wie die Kirchenbänke an Werktagen sind - oder wie dieses Forum.

 

Ich denke, das ist zum einen eine Frage der Zielsetzung und der Organisation. Wenn ich von der kath. Kirche ausgehe, die ja ein riesiger und reicher Apparat mit einer Unmenge an Personal ist, wundere ich mich darüber, dass sie noch keine Abteilung gebildet hat, die sich nur um das Internet kümmert, und zwar professionell. Somit wäre das Terminkalenderproblem schon mal gelöst, weil sich niemand neben tausend anderen Dingen, auch noch ums Internet kümmern muss. 

 

Das Internet ist von der Kirche noch nicht als Orts-Gemeinde begriffen worden, als ein super konstengünstiger Ort der Begegnung. Was kostet eine klassische Ortsgemeinde all inclusiv, der Grund und Boden, der Bau und die Erhaltung der Gebäude, Möblierung und Gerätschaften, Technik, Strom und Wasser, Gartenpflege, Personal, Bekleidung usw. - und wie viele Ortsgemeinden weltweit gibt es - oder sagen wir nur in D-A-CH dem deutschsprachigen Raum? Was würde eine Internetgemeinde unter einem DACH im Vergleich dazu kosten? So gut wie nichts. Es geht nicht um ein Entweder - Oder,  sondern um ein Sowohl als Auch.

 

Anderes Beispiel Bildung. Jede Uni hat ihre eigene Bibliothek: Gebäude, Bücher, Personal usw. Es kostet einen Studenten jede Mengen Zeit sich dorthin und wieder nach Hause zu bewegen, sich in der Bibliothek Texte zu kopieren, oder sich teuere Fachliteratur zu kaufen. Wie viel günstiger wäre es, wenn sich die Kirche sämtliche Lizenzrechte (vieles Historisches ist eh längst gemeinfrei) an der relevanten Literatur beschaffen würde, dazu in Eigenregie einen Nonprofit-Verlag gründen würde, indem jeder seine Dissertation oder seine Forschung veröffentlichen könnte. Warum organisiert sie keine digitalisierte Internet-Bibliothek, mit freiem Zugang und Download für alle interessierten Katholiken, die ja nicht zu knapp Kirchensteuer zahlen?  

 

Think Quick and Big. Das oder ähnliches und viel mehr würde es schon längst geben, wenn man den Zeitgeist nicht als Feind sondern als Chance wahrgenommen hätte. Andere haben in Garagen angefangen und sind in kürzester Zeit zu Weltkonzernen geworden - die kath. Kirche ist seit Jahrtausenden ein Weltkonzern mit jeder Menge Potential auf allen Ebenen und macht so wenig daraus.

 

Was kostet ein kath. Kirchentag unterm Strich, und wie viele Leute errecht man damit? Mit demselben finanziellen Aufwand erreicht man im Internet viel mehr Menschen, wenn man will. Wo stehen die kath. Großrechenzentren, die alle Orts-Gemeinden miteinander verbinden? Wieso hat die kath. Kirche das Internet nicht schon längst als Teil ihrer eigenen kritischen Infrastruktur verstanden, und warum hat sie sich nicht längst von profitorientierten IT-Akteuren finanziell unabhängig gemacht? Wie heißt das kath. Betriebssystem? Wieso gibt es keine kath. Soft- und Hardware, die preiswerter und sicherer ist, als alles was derzeit auf dem Markt ist? Wieso nutzt sie sich nicht selbst als weltweiten Absatzmarkt?

 

Weil man Luther immer noch hasst, der das Medium seiner Zeit, den Buchdruck, verstanden und zur Kommunikation erfolgreich eingesetzt hat? Man hat schon das Fernsehen verpennt: Gott ist nicht tot, er ist bloß beim Wort zum Sonntag eingeschlafen. Was haben andere in der Zwischenzeit gemacht? ERF.

 

Das sind alles keine Patentrezepte, sondern bloß Denkanstöße, den Zeitgeist für die Kirche zu nutzen.

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben
vor 11 Stunden schrieb Frey:

Andererseits: Wer auf Plattformen wie X unterwegs ist, begegnet durchaus einer beachtlichen Zahl an lehramtlichen Stimmen – auch oft im Sendungs- und im Dialogmodus.

 

Ich war noch nie auf X unterwegs, auch nicht auf Facebook, WhatsApp, Instagram, TikTok oder Ähnlichem. Einzig YouTube nutze ich, allerdings ohne dort angemeldet zu sein. In Amerika kann man momentan sehen, warum ich von Anfang an kein Vertrauen in solche Veranstaltungen hatte, denn nun zeigt sich, wie schnell persönliche Daten im Netz zu Waffen werden, die gegen einen selbst gerichtet werden können (Verweigerung der Einreiseerlaubnis, Zugang zu Universitäten, und das ist erst der Anfang). Schlimm genug, dass ich bei Amazon einkaufe. Mein Verhalten dort, sagt eine Menge über mich aus.

 

Meine Paranoia diesbezüglich hat natürlich seinen Preis, nicht an dieser Art gesellschaftlichen Lebens teilzunehmen, aber durchaus auch Vorteile zum Beispiel psychohygienische. Diskussionen führe ich nur in christlichen Foren wie diesem, aber aus den politischen Diskussionen habe ich mich weitgehend rausgehalten, allein schon deswegen, weil mir der Ton dort zu rau war. Zu meinem Glauben stehe ich, und da spreche ich auch ohne Zurückhaltung frei von der Leber weg, ohne die geringste Angst zu haben, und da ficht mich auch ein rauer Ton nicht an. 

 

Wieso sich lehramtliche Stimmen in die Hände von Musk oder anderen profit- und machtgeilen Leuten begeben, werde ich nie verstehen. Gegen die Haltung solcher Großkonzerne anpredigen und dann selbst mitmachen? Künstlicher Intelligenz kritisch gegenüberstehen und sich von bösen Algorithmen steuern lassen? Ist das wieder so ein Ding, von wegen der Zweck heiligt jedes Mittel, oder was?

 

Und wieder: Warum macht das die Kirche nicht selbst - und besser? Nicht aus Eigeninteresse sondern um den Menschen einen Dienst, Dienstleistungen im Alltag zu erweisen, indem sie ihnen sichere, nicht profitorientierte Kommunikationsräume bietet. Einen Save-Space für die Kommunikation, der nicht missbraucht werden kann - von niemandem. Das wär mal was, das man dem Missbrauch entgegen setzen könnte, um Vertrauen zurückzugewinnen.

 

Mit vernünftigen Regeln und vernünftig moderiert, ohne Daten an Dritte weiterzugeben, ohne Werbung, ohne "berechtigtes Interesse", dafür vermutlich kostenpflichtig, gerecht gestaffelt (Kirchensteuerdaten) und für Arme kostenlos - keine Ahnung, vielleicht bin ich zu naiv, wenn ich glaube, dass man KI's und Algorithmen auch so einsetzen kann, dass sie nicht Hate-Speech sondern eine gute Diskussionskultur fördern? Wahrscheinlich bin ich zu idealistisch und tatsächlich ein Religiot, weil ich an das Gute im Menschen glaube. 

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