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Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Shubashi:
vor 11 Stunden schrieb rorro:

Der Brief stellt eine Diagnose. Die kann man richtig oder falsch finden. Ich behaupte, daß diese Diagnose für Europa zutrifft. Das ist die eigentliche Frage - ist das so?


Wenn ich jetzt mal im Hamburger Raum schaue: großes Thema in Bezug auf Kirche ist, dass sie wiederum etwas dichtmacht, diesmal ein Krankenhaus. Vor wenigen Jahren waren es Schulen.

Was Religion unter Jugendlichen angeht: seit etwa 2 Monaten Artikel dazu, wie muslimische Schüler ihre weniger frommen Mitschüler unter Druck setzen, und was Behörde und Moscheegemeinden dagegen tun können.

Ich würde sagen, in der öffentliche Debatte würde zumindest in meinem Bistum der Brief auf Unverständnis stoßen.

(Falls er als Brief des Forum Internum überhaupt an die Öffentlichkeit käme.) Die Hamburger gelten aber selbst für norddeutsche Verhältnisse als sehr unkirchlich, im Schleswig-Holsteiner Umland ist die katholische Aufgabe von Kirchen Thema und dass die Wege zu den Gottesdiensten weiter werden. Unser leitender Pastor geht noch weiter nach Osten - in der neuen, noch zerstreuteren Gemeinde gibt es gerade noch eine einzige Kita als kirchliche Bildungseinrichtung.

 

Edit PS:

Weil wir da doch letztes Jahr waren, ein aktueller Artikel zur Abtei Eibingen, und wie sie sich dort konkret gegen die unkirchlichen Zeitläufte stemmen:

Zitat

…..Ein weiterer Beleg für die Anziehungskraft des Klosters: Schwester Philippa Rath hat den Gesprächskreis „Trotzdem“ gegründet für solche, die aus der Kirche ausgetreten sind oder mit dem Gedanken hadern. Die Nachfrage ist groß. Äbtissin Katharina Drouvé sieht die Chance, mit dem Transformationsprozess St. Hildegard als spirituelles Zentrum dauerhaft zu erhalten und die Gastfreundschaft zu stärken.

 

bearbeitet vor 3 Stunden von Shubashi

 

Das würde ich mal als Beleg sehen, daß die Diagnose auch hierzulande zutrifft.

Geschrieben (bearbeitet)
59 minutes ago, rorro said:

 

Das würde ich mal als Beleg sehen, daß die Diagnose auch hierzulande zutrifft.


Könntest Du das etwas genauer begründen? Herr Boff sagt, dass aus der „Tiefe der Welt ein gewaltiger Schrei nach Gott aus der Welt tönt“, der von der Kirche nicht beantwortet würde. Wo ist der aktuell bei uns zu sehen, insbes. an die Kirche gerichtet? Ich habe Dir meinen Eindruck aus dem Hamburger Raum geschildert, der genau das Gegenteil besagt, nämlich Forderung an die Kirche nach sozialem, nicht verstärkt spirituellem Engagement.

Ich habe inzwischen zwar hier und da Artikel gelesen, dass spirituelles unter Jugendlichen gewachsen sein soll, nur bin ich da sehr skeptisch, dass es diesen Brief aus Lateinamerika wirklich für unsere Verhältnisse zur passenden Analyse macht. Eher die Klage, dass selbst die Kirche an unseren sozialen Problemen scheitert.

(und das der Staat dann ganz selbstverständlich nicht einspringt.)

 

bearbeitet von Shubashi
Geschrieben
vor 54 Minuten schrieb Shubashi:


... Herr Boff sagt, dass aus der „Tiefe der Welt ein gewaltiger Schrei nach Gott aus der Welt tönt“, der von der Kirche nicht beantwortet würde. Wo ist der aktuell bei uns zu sehen, insbes. an die Kirche gerichtet? ...

Ich habe inzwischen zwar hier und da Artikel gelesen, dass spirituelles unter Jugendlichen gewachsen sein soll, nur bin ich da sehr skeptisch, dass es diesen Brief aus Lateinamerika wirklich für unsere Verhältnisse zur passenden Analyse macht. ...

 

 

Aus der Tiefe der Welt tönt ein gewaltiger Schrei nach Spaß und Freude ... würde für hiesige Verhältnisse vielleicht besser passen. Insbesondere unter Jugendlichen muss Spirituelles mit Spaß und Freude zusammengehen, sonst kein Interesse. Deshalb blicken die RK-Amtsträger bisweilen mit Neid auf die Freikirchen (die sich stetig auf wundersame Weise vermehren), die grade Jugendliche anziehen ... mit Spaß und Freude. Aber gegen eine solche sinnliche Profanisierung des Spirituellen ist die RK-Liturgie doch ein effizienter Schutzwall.

 

 

Geschrieben

Es ist unübersehbar, dass in unserer Zeit ein gewisses Bedürfnis nach Spiritualität besteht. Die Beweggründe hierfür sind jedoch maßgeblich von den jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten geprägt. In einer von Individualisierung und Pluralität geprägten Gesellschaft, die sich in gewissen Maße auch mit der Sinnfrage auseinandersetzt, entspricht das spirituelle Verlangen vieler Menschen nicht notwendigerweise einer tradierten Religiosität – und noch weniger einem existenziellen „Schrei nach Gott“. Vielmehr handelt es sich hierbei oftmals um eine idealisierte Vorstellung. Die Suche nach Sinn ist vielfach von individualistischen Motiven durchdrungen.
Empirische Untersuchungen belegen beispielsweise, dass die gegenwärtige Popularität des Jakobswegs weniger aus einer tiefen religiösen Sehnsucht nach Santiago de Compostela resultiert, sondern vielmehr im Streben nach persönlichem Wohlbefinden und Selbstfindung begründet liegt. Gleichwohl übt das soziale Engagement nach wie vor eine vergleichsweise starke Anziehungskraft aus, wenngleich sich auch hier eine gewisse Distanz gegenüber einer als inhaltsleer empfundenen kirchlichen Überlieferung zeigt.
Sollte es der Kirche gelingen, diese Denk- und Motivationsstrukturen angemessen zu adressieren – wenngleich dies nicht dem eigentlichen Auftrag der Kirche entspricht –, könnte sie möglicherweise ähnliche Resonanz und Wirksamkeit entfalten wie die genannten spirituellen Bewegungen und Angebote.

Geschrieben
vor 10 Minuten schrieb SteRo:

Deshalb blicken die RK-Amtsträger bisweilen mit Neid auf die Freikirchen (die sich stetig auf wundersame Weise vermehren), die grade Jugendliche anziehen ...

Ich bin in einer deutschen Großstadt Gast eines Kreises überwiegend freikirchlich-charismatischer Pastorinnen und Pastoren, darunter viele kleine, neugegründete Kirchen (deren Selbstbezeichnung) aus den letzten 10 Jahren. Wir haben bei den halbjährlichen Treffen in der Regel ein Thema. Letztes Mal war es Tod & Trauer - und das Gespräch war fast nicht möglich, weil die oft sehr jungen Gemeindeleiter sagten: das Thema haben wir nicht, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind meist weg, wenn sie Kinder bekommen (oder kurz darauf). Und meist geht dann die jeweilige Kirche auch wieder ein. Soviel zur Nachhaltigkeit dieser Form von Aufbruch.

Und ja, das ist jetzt nur anekdotische Evidenz aus einer einzigen deutschen Großstadt begrenzt auf ca. 50 Pastorinnen und Pastoren, die zumindest so ökumenisch offen sind, das sie mich als Gast akzeptieren. Trotzdem finde ich es eine interessante Beobachtung.
Was mich auf die Frage bringt, wie das "bei uns" z.B. im Gebetshaus Augsburg, bei Loretto, der Generation Benedikt o.ä. aussieht.

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

Könntest Du das etwas genauer begründen?

 

In Deinem Beispiel spielt Gott überhaupt keine Rolle. Das meine ich.

 

vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

Herr Boff sagt, dass aus der „Tiefe der Welt ein gewaltiger Schrei nach Gott aus der Welt tönt“, der von der Kirche nicht beantwortet würde. Wo ist der aktuell bei uns zu sehen, insbes. an die Kirche gerichtet? Ich habe Dir meinen Eindruck aus dem Hamburger Raum geschildert, der genau das Gegenteil besagt, nämlich Forderung an die Kirche nach sozialem, nicht verstärkt spirituellem Engagement.

 

Das ist ja das Problem: die Kirche wird als "Anbieter" von Spirituellem schon gar nicht mehr wahrgenommen. Oftnals haben viele selbst erfahren in ihrer Kindheit (ich wurde in den 80ern sozialisiert), daß das - grob gesprochen - die Inhalte des Großen Glaubensbekenntnisses in der Verkündigung überhaupt keine Rolle spielten. 

 

Die Bischöfe sind immer stolz darauf, daß die Kirche als sozialer Player akzeptiert wird - wäre schön, wenn die eigentliche Grundlage für unser soziales Tun auch mal deutlich zum Vorschein käme. Doch wenn's ums Spirituelle geht, sind es noch maximal Klöster, die anziehen. Sonst eher - und auch häufiger - fernöstliche Praktiken. 

Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Shubashi:

Herr Boff sagt, dass aus der „Tiefe der Welt ein gewaltiger Schrei nach Gott aus der Welt tönt“, der von der Kirche nicht beantwortet würde. Wo ist der aktuell bei uns zu sehen, insbes. an die Kirche gerichtet? 

 

Der Herr Boff erscheint mir als einer, der von innerhalb der RK-bubble schreibt. Volle Identifikation seiner Spiritualität mit der RK-Kirche. Aber ehrlich, wer befindet sich "bei uns" in dieser bubble? Eine geringe Minderheit.

 

 

vor 2 Stunden schrieb rorro:

Das ist ja das Problem: die Kirche wird als "Anbieter" von Spirituellem schon gar nicht mehr wahrgenommen. 

Das würde ich so nicht sagen, denn das scheint mir das Problem der RK-Kirche zu sein: dass sie als (ein) Anbieter (unter vielen) wahrgenommen wird. Wobei sie nicht so recht zu wissen scheint wie sie ihr Angebot präsentieren soll. dass es auch außerhalb der RK-bubble als attraktiv wahrgenommen wird.

 

vor 2 Stunden schrieb rorro:

Oftnals haben viele selbst erfahren in ihrer Kindheit (ich wurde in den 80ern sozialisiert), daß das - grob gesprochen - die Inhalte des Großen Glaubensbekenntnisses in der Verkündigung überhaupt keine Rolle spielten. 

Ich kann mich an keine "Verkündigung" erinnern. Für mich hat die Erinnerung den Charakter einer Erinnerung an Folklore.

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschrieben
vor 33 Minuten schrieb SteRo:

Für mich hat die Erinnerung den Charakter einer Erinnerung an Folklore.

 

Dicht gefolgt von der an den örtlichen Schützenverein. 😉

Geschrieben

Aus meiner Perspektive ist die katholische Kirche in ihrer klösterlichen Ausprägung besonders authentisch und glaubwürdig. Insbesondere das kontemplative Leben der Ordensgemeinschaften – geprägt durch das Stundengebet, asketische Praktiken, Stille und liturgische Sinnlichkeit, Gregorianik und. Weihrauch – spricht nicht nur religiös sozialisierte Menschen an, sondern vermag auch kirchenferne Personen zu berühren. Hier zeigt sich eine Form von „Originalität“ der Kirche, die als identitätsstiftend und sinnstiftend erlebt wird.
Demgegenüber stehen die Erfahrungen in den Pfarrgemeinden, die vielfach als weniger inspirierend und weniger anschlussfähig wahrgenommen werden. Dies spiegelt sich auch in den Aussagen von hauptamtlichen, nichtklerikalen Kirchenmitarbeitenden wider, die beklagen, dass sie die Menschen „draußen“ – und damit sind nicht primär Nichtreligiöse, sondern den großen Teil distanzierter Kirchenmitglieder gemeint – kaum noch erreichen. Diese Beobachtung verweist auf eine zunehmende Entfremdung zwischen institutionalisierter Kirche und ihrer Mitgliederbasis.
Ich betrachte dies als ein Phänomen der Binnenorientierung und Milieubildung: Während klösterliche Gemeinschaften als Gegenwelt zur säkularen Gesellschaft eine gewisse Faszination ausüben, gelingt es den Pfarrgemeinden offenbar immer weniger, Brücken zu bauen und Anschlussfähigkeit für die Lebenswelten der Gläubigen zu schaffen. Die positive mediale Wahrnehmung vatikanischer Inszenierungen kontrastiert ebenfalls mit der Alltagsrealität vieler Gemeinden, in denen sich die Kluft zwischen institutioneller Kirche und den Erwartungen der Mitglieder weiter vertieft.
Diese Entwicklung stellt die katholische Kirche vor die Herausforderung, neue (alte) Formen der Außenwirkung zu entwickeln, um sowohl ihre spirituelle Authentizität zu bewahren als auch gesellschaftliche Relevanz zu sichern. Ihr soziales Engagement ist jedenfalls nicht ihr Problem.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Stunden schrieb Frey:

Aus meiner Perspektive ist die katholische Kirche in ihrer klösterlichen Ausprägung besonders authentisch und glaubwürdig. Insbesondere das kontemplative Leben der Ordensgemeinschaften – geprägt durch das Stundengebet, asketische Praktiken, Stille und liturgische Sinnlichkeit, Gregorianik und. Weihrauch – spricht nicht nur religiös sozialisierte Menschen an, sondern vermag auch kirchenferne Personen zu berühren. Hier zeigt sich eine Form von „Originalität“ der Kirche, die als identitätsstiftend und sinnstiftend erlebt wird.
Demgegenüber stehen die Erfahrungen in den Pfarrgemeinden, die vielfach als weniger inspirierend und weniger anschlussfähig wahrgenommen werden. Dies spiegelt sich auch in den Aussagen von hauptamtlichen, nichtklerikalen Kirchenmitarbeitenden wider, die beklagen, dass sie die Menschen „draußen“ – und damit sind nicht primär Nichtreligiöse, sondern den großen Teil distanzierter Kirchenmitglieder gemeint – kaum noch erreichen. Diese Beobachtung verweist auf eine zunehmende Entfremdung zwischen institutionalisierter Kirche und ihrer Mitgliederbasis.

 

Wenn es nur das wäre. Mir sagte vor wenigen Tagen noch ein extrem engagierter und guter Kaplan, sehr glaubwürdig und daher anziehend auch für Fernstehende, daß er Menschen, die an "Mehr" interessiert sind, immer wegschicke zu bestimmten anderen Angeboten außerhalb der Stadt. Er weiß nämlich - und das in einer Großstadt mit >600.000 Einw. - daß die Pfarrei diese Sehnsucht nach "Mehr" nicht stillen kann. Auch er nicht, dazu ist er zu eingebunden in den Alltag einer Pfarrei, die, gutbürgerlich verankert, eben das Normale liefert - schöne Liturgien, gute sakrale Musik, Kontakt zum Schützenverein, gute soziale Eherenamtler etc.

Doch Stundengebet in Gemeinschaft? Geistlich anspruchsvolle Vorträge? Theologie für jedermann nahegebracht? Öffentliches Zeugnis von Gläubigen? Nicht wirklich gewollt von der Leitung, vermute ich (da ich selbst schon was angeboten hatte), oder aus Erfahrung erkannt als zu viel Aufwand für wenig Ertrag (was immer das heißen soll).

 

D.h. es werden nicht nur distanzierte Kirchenmitglieder nicht erreicht, selbst diejenigen, die nahe sein wollen, erreicht man nicht.

 

vor 4 Stunden schrieb Frey:

Ich betrachte dies als ein Phänomen der Binnenorientierung und Milieubildung: Während klösterliche Gemeinschaften als Gegenwelt zur säkularen Gesellschaft eine gewisse Faszination ausüben, gelingt es den Pfarrgemeinden offenbar immer weniger, Brücken zu bauen und Anschlussfähigkeit für die Lebenswelten der Gläubigen zu schaffen.

 

Ich mache der Pfarrei keinen Vowruf: faktisch wird sie mehrheitlich von den Laien getragen, denen es viel mehr um die Gemeinschaft als soziale Realität vor Ort geht als um die Gemeinschaft als Volk Gottes und Leib Christi. Das zeigt ja auch das Gezeter, wenn zwei Pfarreien zusammengelegt werden sollen (was bei uns sehr gut klappte, ich kenne es auch anders). Das verüble ich keinem, zumal ich gut reden habe und nicht derjenige bin, der viel dort tut (eher im OFS).

Aber, das ist meine These: das hat keinen Bestand, da die sozialen Gemeinschaftsalternativen einfach viel zu viele geworden sind und das soziale Leben der jungen Generation nicht selten (zumindest der männlichen) sehr viel im Netz stattfindet (in den USA haben fast 20% aller jungen Männer keine persönliche bekannten guten Freunde mehr).

 

vor 4 Stunden schrieb Frey:

Die positive mediale Wahrnehmung vatikanischer Inszenierungen kontrastiert ebenfalls mit der Alltagsrealität vieler Gemeinden, in denen sich die Kluft zwischen institutioneller Kirche und den Erwartungen der Mitglieder weiter vertieft.

 

Wenn die Kirche dazu da wäre, vor allem die Erwartungen ihrer Mitglieder zu erfüllen, wäre sie überflüssig. Sie hat einen göttlichen Auftrag. 

 

vor 4 Stunden schrieb Frey:

Diese Entwicklung stellt die katholische Kirche vor die Herausforderung, neue (alte) Formen der Außenwirkung zu entwickeln, um sowohl ihre spirituelle Authentizität zu bewahren als auch gesellschaftliche Relevanz zu sichern. Ihr soziales Engagement ist jedenfalls nicht ihr Problem.

 

Wieso es wichtig ist, eine "gesellschaftliche Relevanz" zu haben, habe ich bislang nicht verstanden. Mag an mir liegen. Ich lese das immer wieder und frage mich: was soll das heißen? Was genau ist das überhaupt?

 

Schon GS vom Zweiten Vatikanum schreibt (Absatz 76): "Das Irdische und das, was am konkreten Menschen diese Welt übersteigt, sind miteinander eng verbunden, und die Kirche selbst bedient sich des Zeitlichen, soweit es ihre eigene Sendung erfordert. Doch setzt sie ihre Hoffnung nicht auf Privilegien, die ihr von der staatlichen Autorität angeboten werden. Sie wird sogar auf die Ausübung von legitim erworbenen Rechten verzichten, wenn feststeht, daß durch deren Inanspruchnahme die Lauterkeit ihres Zeugnisses in Frage gestellt ist, oder wenn veränderte Lebensverhältnisse eine andere Regelung fordern."

 

Ich bin ja schon lange der Meinung, daß der Zeitpunkt dafür längst gekommen ist, doch die Besitzstandswahrung ist eben sehr stark...

bearbeitet von rorro
Geschrieben
9 hours ago, rorro said:

Doch wenn's ums Spirituelle geht, sind es noch maximal Klöster, die anziehen. Sonst eher - und auch häufiger - fernöstliche Praktiken. 


Das ist sicherlich tlw. richtig, wobei ich zu denjenigen gehöre, die vom Ost-West-Austausch der Kirche sehr profitiert habe. Auch an diesen sehr intensivem Austausch haben tausende teilgenommen.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der sehr deutliche Tonfall einiger in der Kirche in den 80ern (z.B. der Bischöfe Dyba, Mixa oder Döpfner) nicht unbedingt hilfreich war.

Geschrieben

Einige Anmerkungen dazu:

 

Ein adressatengerechtes Angebot für Interessierte zu schaffen, erscheint mir unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen als angemessen und notwendig. Die Goldene Zeit der Volkskirche (wann war sie genau?) ist zweifellos vorbei. Die zunehmende Individualisierung und Pluralisierung der Gesellschaft – ein zentrales Merkmal der Moderne – erfordern differenzierte und flexible kirchliche Angebote, die den unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnissen der Menschen gerecht werden. Die Unterscheidung der Geister, wie sie die christliche Tradition kennt, lässt diese Entwicklung zu und fordert sie sogar heraus.
Historisch betrachtet sind Klöster bereits als spezifische Formen geistlichen Lebens entstanden, die Menschen ansprachen, die eine besondere Nähe zu Gott suchten. Auch heute können solche Orte und Angebote eine wichtige Rolle spielen, indem sie Räume für Vertiefung, Gemeinschaft und Spiritualität bieten - und sie tun es auch.


Was ich als “Moderne” beschreibe, ist das Ergebnis einer freien, pluralistischen und stark individualisierten Gesellschaft, in der traditionelle Bindungen und Strukturen weitgehend aufgelöst sind. Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird zunehmend über funktionale Mechanismen wie das Geld vermittelt. Die Kirche befindet sich in einer postsäkularen Gesellschaft, die sich zwar von religiösen Selbstverständlichkeiten entfernt hat, aber weiterhin nach Sinn, Orientierung und Gemeinschaft sucht. Es ist daher wenig zielführend, nostalgisch auf vergangene Jahrhunderte zu blicken; vielmehr sind zukunftsweisende Antworten gefragt.


Gerade vor dem Hintergrund der tiefen Verunsicherungen und Sinnkrisen, die die Moderne in vielen Menschen hinterlässt, erscheint die gesellschaftliche Relevanz von Kirche und Religion als besonders notwendig. Kirche und Glaube bieten Räume für Sinnstiftung, Trost und Versöhnung – Aspekte, die in einer funktionalisierten und ökonomisierten Gesellschaft oft zu kurz kommen. Das christliche Verständnis, dass Gott die Lasten der Menschen mitträgt („Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“), bleibt ein zentrales Angebot, das über bloßen Besitz oder institutionelle Macht hinausgeht.


Die Kirche benötigt dabei nicht primär Besitz, sondern Ressourcen, um ihre Aufgaben erfüllen und bestehen zu können. Klöster haben dies in ihrer Geschichte immer wieder vorgemacht, indem sie eigenständige, nachhaltige Formen der Autonomie und Selbstorganisation entwickelt haben. Diese Tradition kann auch heute Impulse für eine zukunftsfähige Kirche liefern. Vielleicht bietet Pierre Bourdieus Terminus des „sozialen Kapitals“ ein hilfreiches Konzept, um die Ressourcen der Kirche zu erfassen und zu reflektieren. Die Kirche verfügt über ein beträchtliches Maß an sozialem Kapital, das sich in tragfähigen Netzwerken, Vertrauensverhältnissen und gemeinschaftsstiftenden Praktiken manifestiert. Es erscheint mir lohnenswert, gezielt danach zu fragen, wo und in welcher Form dieses soziale Kapital innerhalb kirchlicher Strukturen und in ihrem gesellschaftlichen Umfeld vorhanden ist und wie es aktiviert werden kann.


Ich bin überzeugt, dass es möglich und notwendig ist, Menschen auch heute noch zu erreichen – es muss ja nicht gleich wie bei Paulus sein, gleichwohl die Witterung darauf hoffen lässt...

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