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Brosius-Gersdorf, Abtreibung und der kirchlich-politische Diskurs in Deutschland


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Geschrieben
Am 24.7.2025 um 01:26 schrieb iskander:

 

Allerdings dachte man beispielsweise bei der Redefreiheit kaum an das Internet. Und bei den wahlberechtigten Bürgern hatte man ganz offenkundig auch nicht alle erwachsenen Bürger im Sinne, sondern (weiße) Männer. Und das Recht auf persönliche Freiheit bezog man nicht auf Sklaven.

 

Es stellt sich somit die Frage, in welchem Maße tatsächlich die Auffassungen derjenigen, die seinerzeit eine Verfassung geschrieben haben, als verbindlich und normativ verstanden werden sollten - und noch allgemeiner die, inwieweit es überhaupt sinnvoll ist, Verfassungen, die vor vor vielen Jahrzehnten oder gar vor Jahrhunderten entstanden sind, ohne sorgfältige Prüfung und ggf. Korrektur zum Maßstab für heutiges Handeln zu machen. 

 

Die Antwort ist nicht einfach. Natürlich sind Stabilität und Rechtssicherheit, die mit einem engen Verfassungs-Verständnis einhergehen (können), erst mal etwas Gutes; es besteht aber auch die Gefahr, sich abhängig von einem vergangenen Zeitgeist zu machen, der nicht nur Großes, sondern eben auch seine Schattenseiten und Unzulänglichkeiten hatte, oder der einfach keine angemessenen Antworten auf heutige Fragen hatte. Man wird hier die richtige Balance finden müssen. 

M.W. kann man auch die US-Verfassung ändern, wenn es auch sehr kompliziert ist. Amendments, also Zusätze sind wohl leichter zu bewerkstelligen (So das Verbot der Rassentrennung).
In Deutschland sind nur die Artikel 1 (Menschenwürde) und 20 (Föderalprinzip) unveränderbar, wobei, wie man sieht, über beides diskutiert wird.
Das Grundgesetz sieht die Artikel 2 ff als Interpretationen des Artikels 1, weshalb sie zwar verändert, aber nicht abgeschafft werden durften (So wurde etwa das Asylrecht verschärft und das Diskriminierungsverbot auf sexuelle Orientierung ausgeweitet, was sicherlich nicht im Sinn der Mehrheit der Väter des Grundgesetzes war.)

Bei Neuentwicklungen ist zu prüfen, ob die alten Gesetze noch taugen. Z.B. ist die Regelung für Leserbriefe (Printmedien müssen Leserbriefe nicht veröffentlichen, außer, es handelt sich um eine Gegendarstellung) ohne weiteres auch auf das Internet anwendbar. Schwieriger wird es bei der Verbreitung in Deutschland strafbarer Inhalte: Früher war klar: Wer in Schweden oder in den USA Flugblätter drucken ließ, in denen der Holocaust geleugnet wurde, handelte nach dortigem Recht nicht illegal; wer sie nach Deutschland brachte, machte sie nach deutschem Recht strafbar.
Im Internet ist oft nicht erkennbar, von wo aus die Autoren agieren (siehe <Link unzulässig>). Hier musste man die deutschen Gesetze nachschärfen.

Geschrieben

Eine Einschränkung des Lebensrechts von Menschen lässt sich m.E. nicht auf die Abtreibungsdiskussion beschränken. Ein Fötus im 7. bis 9. Schwangerschaftsmonat ist mit hoher Wahrscheinlichkeit außerhalb des Mutterleibs lebensfähig - freilich nicht allein; das ist aber auch ein Kleinkind oder ein Mensch mit Behinderung nicht. Wenn man die Menschenwürde von der (selbständigen) Lebensfähigkeit abhängig macht, begibt man sich auf eine Rutschbahn, von der man nicht mehr leicht wegkommt.

Geschrieben
vor 24 Minuten schrieb MartinO:

Eine Einschränkung des Lebensrechts von Menschen lässt sich m.E. nicht auf die Abtreibungsdiskussion beschränken. Ein Fötus im 7. bis 9. Schwangerschaftsmonat ist mit hoher Wahrscheinlichkeit außerhalb des Mutterleibs lebensfähig - freilich nicht allein; das ist aber auch ein Kleinkind oder ein Mensch mit Behinderung nicht. Wenn man die Menschenwürde von der (selbständigen) Lebensfähigkeit abhängig macht, begibt man sich auf eine Rutschbahn, von der man nicht mehr leicht wegkommt.

 

Kein moderner Mensch ist allein lebensfähig, mindestens ein Ort zum Einkaufen von nicht selbst angebauten und geernteten Lebensmitteln muss es schon sein.

 

Fr. B-G macht eben (wie schon ihr Doktorvater) aus der ontologischen Würde eine akzidentelle. Und das ist das gefährliche.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 31 Minuten schrieb rorro:

Fr. B-G macht eben (wie schon ihr Doktorvater) aus der ontologischen Würde eine akzidentelle. Und das ist das gefährliche.

Sie würde das vermutlich gar nicht in solchen Begriffskategorien ausdrücken, weil "akzidentiell" ja auf der anderen Seite ein Wesen voraussetzt. Ihr sprach-logisches Denken beruht dagegen auf einem Nominalismus, der letztendlich nur die Differenzierung zwischen Materie und gedanklich-sprachlichen Konstrukten braucht.

bearbeitet von SteRo
Geschrieben

Ich fürchte,dass die angebliche Haltung nu ein Aufhänger war,um politische Spaltung zu provozieren.

Leider haben auch Bischöfe die falschen Behauptungen geglaubt.

 

Was Frau B.G. selbst zum Thena denkt,hat sie gesagt.

Ich bin da persönlich anderer Meinung.

 

Aber ihre diesbezügliche Haltung hat nichts mit ihrer Qualifikation  zu tun.

 

Ob sie weiterhin kandidieren will,müsste sie mMn selbst entscheiden. 

 

Für mich ist das Ganze eher eine Warnung sauberer zu rechneten,nicht auf falsche Behaptungen reinzufallen und- innerhalb der Parteien- vor Wahlen sorgfältiger zu kommunizieren. Ob nun Kanzler oder Verfassungsrichter. .

Geschrieben

Wenn du wasvon mir wissen willst,ist eine Markierung ider ein Zitat hilfreich. 

 

Ganz ehrlich denke ich,dass zu dem Fall schon mehr als Alles von mehr als Jedem gesagt wurde.

Aber da du fragst...

 

In wohl eher rechten Internetseiten wurde behauptet,sie befürworte Abtreibung bis zur Geburt.

Das stimmt nicht.

Ein Bischof( Bamberg?) hat sich ja deswegen auch entschuldigt. 

 

Dann gab es noch Plagiatsvorwürfe,die sich als haltlos erwiesen haben.

Geschrieben
vor 22 Stunden schrieb mn1217:

In wohl eher rechten Internetseiten wurde behauptet,sie befürworte Abtreibung bis zur Geburt.

Wenn ich die volle Menschenwürde erst nach der Geburt zubillige, ist die Tür dahin (Abtreibung bis zur Geburt) ein Stück weit geöffnet.

 

In der üblichen Simplifizierungsmanier wurde daraus dann, sie hätte das befürwortet, was so wohl nicht stimmt.

 

Aber, ich hab es schon oft gesagt, auch hier ist wieder die Gretchenfrage, was denn diese ominöse „Menschenwürde“ überhaupt ist.

Wenn Höchstgerichte beispielsweise sagen, „die Menschenwürde“ mache es erforderlich, dass auch Sozialleistungsempfängern nicht nur Essen und Unterkunft, sondern auch „soziale Teilhabe“ durch den Steuerzahler finanziert werden müsse, dann ist das z. B. ein Aspekt der „Menschenwürde“, der bei Ungeborenen keinerlei Sinn ergibt. Wobei ich persönlich eher sagen würde, dass der Begriff „Menschenwürde“ an dieser Stelle keinerlei Sinn ergibt, aber meine Meinung zählt da ja nicht.

 

Werner

Geschrieben
vor 22 Stunden schrieb mn1217:

In wohl eher rechten Internetseiten wurde behauptet,sie befürworte Abtreibung bis zur Geburt.

Das stimmt nicht.

 

Sie hat also gesagt sie sei dagegen?

 

Denn faktisch sind diese ja recht problemlos möglich.

 

Geschrieben
Am 24.7.2025 um 02:40 schrieb phyllis:

Es steht da aber „citizens“ und „persons“ nicht „men“. Ich denke das ist damit geklärt.

 

Hier ist die Unterscheidung zwischen einem rein semantischen Sprachverständnis (das die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke kontextlos betrachtet) und einem pragmatischen Sprachverständnis (das den Kontext berücksichtigt) relevant.

 

- Semantics studies the meaning of words, phrases, sentences, and larger chunks of discourse. It also examines how smaller parts of discourse interact to form the meaning of larger expressions.

- Pragmatics studies the same words and meaning but places an emphasis on social context. [...]

Pragmatics recognizes how important context can be when interpreting the meaning of discourse and also considers things such as irony, metaphors, idioms, and implied meanings.

"I'm so hungry, I could eat a horse! "

Semantics = We would observe the literal meaning created by these words and would assume that this person wants to eat a horse.

Meaning with pragmatics = If we examine this sentence from a pragmatics perspective, we also consider the context and what the speaker is trying to imply. Do you think they actually want to eat a horse? Or are they just saying they are very hungry? Is the speaker just making a general comment? Or do you think they are dropping a hint that they want to be fed?"

https://www.studysmarter.co.uk/explanations/english/pragmatics/semantics-vs-pragmatics/

 

Die eigentliche Absicht hinter einer sprachlichen Kommunikation - die Bedeutung, wie sie vom Sprecher intendiert ist - findet sich also ganz klar auf Ebene einer pragmatischen Interpretation. Bretrachtet man in diesem Sinne die US-Verfassung so, wie ihre Urheber sie gemeint haben und wie sie sie verstanden wissen wollten, dann ist diese Verfassung zweifellos extrem diskriminierend. Denn Begriffe wie "cizizen" und "person" wurden im Hinblick auf wesentliche Rechte ganz offenkundig so verwendet (und sollten so verstanden werden), dass nur Männer gemeint sind (und auch nur weiße Männer).

 

Natürlich kann man Aussagen auch rein semantisch interpretieren. Aber dann folgt man aber eben nicht mehr der Intention des Urhebers, sondern ignoriert bewusst, was der Sender eigentlich meint und beabsichtigt. Man beruft sich auf den Buchstaben, um die genuine Botschaft des Sender zur Seite schieben zu können. 

Das kann in manchen Fällen sympathische Resulate liefern (eben im konkreten Fall mit "citizens" und "persons") - aber in anderen wird man mit einer solchen Herangehensweise Probleme ernten. Denn es wird zweifellos auch genügend Fälle geben, in denen es sehr bedenklich wäre, wenn man am semantischen Wortlaut hängen bliebe und die eigentliche und offenkundige Absicht des Gesetzgebers ignorieren würde. 

 

Und in eklektischer Ansatz, bei dem Gesetzestexte einmal rein semantisch und einmal pragmatisch interpretiert, so wie es einem jeweils gerade gefällt (das eine mal beachtet man den Willen des Gesetzgebers und das andere mal ignoriert man ihn bewusst) ist auch nicht sonderlich konsistent.

 

Eine ehrlichere Lösung bestünde darin, sich von Verfassungen oder Verfassungs-Artikeln, die wie heute als ungerecht - oder sogar als zutiefst unethisch - empfinden, schlichtweg zu trennen.

Während man bei religiösen Geboten glauben mag, dass diese von einer Gottheit selbst herrühren und daher heilig und unwandelbar sind, wird niemand solches von Verfassungen behaupten können. Verfassungen sind menschliche Werke; und sie können die problematischen Denkweisen der Zeit, in der sie entstanden sind, wiederspiegeln. Soweit eine Verfassung sinnvoll ist, ist sie schützenswert; soweit sie das nicht ist, sollte sie verändert werden. Man sollte aus Verfassungen gewiss keine "profanen Heiligtümer" machen - genauso wenig wie aus Flaggen oder anderen entsprechenden Gegenständen.  

Geschrieben
On 7/30/2025 at 9:33 AM, iskander said:

Bretrachtet man in diesem Sinne die US-Verfassung so, wie ihre Urheber sie gemeint haben und wie sie sie verstanden wissen wollten, dann ist diese Verfassung zweifellos extrem diskriminierend. Denn Begriffe wie "cizizen" und "person" wurden im Hinblick auf wesentliche Rechte ganz offenkundig so verwendet (und sollten so verstanden werden), dass nur Männer gemeint sind (und auch nur weiße Männer).

offenkundig erscheint mir das nicht. Ich lese da einfach deine Behauptung (und was Semantik ist weiss ich auch). Citizen und Person waren schon damals mw so definiert wie sie heute verstanden werden.

 

Anderswo schrieben sie ja auch "men" -den kennen wir doch alle.

Quote

We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.

Nö, in den 100 Jahren dazwischen fand eine kulturelle Evolution statt. Das 14th Amendment wurde nach dem Bürgerkrieg und der Abschaffung der Sklaverei der Verfassung angehängt, und noch immer lassen sich die Rechte auf Bürgerschaft durch Geburt im Land und mw auch die Illegalität der Ausschaffung illegaler Einwanderer ohne "due process" herleiten. Allerdings beinhaltet dieser "due process" nicht viel. Ok, falls schon wieder zu politisch, halt löschen.

Geschrieben
vor 10 Stunden schrieb phyllis:

offenkundig erscheint mir das nicht. Ich lese da einfach deine Behauptung (und was Semantik ist weiss ich auch). Citizen und Person waren schon damals mw so definiert wie sie heute verstanden werden.

 

Denke ich auch. Person waren schon alle Menschen; als citizen galten weniger Leute als heute, der Begriffsinhalt war aber derselbe.

 

vor 10 Stunden schrieb phyllis:

Anderswo schrieben sie ja auch "men" -den kennen wir doch alle.

 

Und meinten "Menschen" - wofür das Englische kein eigenes Wort hat. Nat. steht die ehre Aussage, die Du zitierst, im Widerspruch zur Sklaverei; das war auch ihnen klar und haben den Widerspruch teils versucht wegzurationalisieren, teils sich auf faule Kompromisse eingelassen, und die Südstaaten in das neue Bündnis eingliedern zu können.

Geschrieben
4 hours ago, Domingo said:

Und meinten "Menschen" - wofür das Englische kein eigenes Wort hat.

people? Aber du bist der Sprachexperte...

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb phyllis:

people? Aber du bist der Sprachexperte...

 

Selbst als Experte denkt man nicht immer an alles. Man müsste hier aber prüfen, ob damals das Wort people so einfach als Plural von Person benutzt wurde anstatt als "Staatsvolk" o.ä, wie es auch in der Verfassung benutzt wird; und falls ja, wollten die Autoren der Unabhängigkeitserklärung womöglich lieber "men" benutzen, eben um Verwechslungen zu vermeiden.

 

Bis vor kurzem hat man im Englischen "men" im Sinne von "Menschen" benutzt (zum. bis 1970). Im Urgermanischen bedeutete "manaz" Mensch, "weraz" Mann und "kwenn" o.ä. Frau. "Weraz" geriet dann außer Gebrauch und man gebrauchte "man" für beide Bedeutungen. Das Deutsche entwickelte dann "Mensch", während die Engländer bis vor kurzem keinen Bedürfnis danach hatten.

Geschrieben (bearbeitet)
Am 29.7.2025 um 10:52 schrieb mn1217:

In wohl eher rechten Internetseiten wurde behauptet,sie befürworte Abtreibung bis zur Geburt.

Das stimmt nicht.

 

Sie hat im Zusammenhang mit dem Thema "Abtreibung" gesagt, dass es ihrer Meinung nach gute Gründe gibt, dass die Menschenwürde erst ab der Geburt gilt. Da finde ich es absolut naheliegend, dass sie legale Abtreibung bis zur Geburt unproblematisch findet und das befürwortet. Das ist doch die logische Schlussfolgerung ihrer Aussage.

 

Das ist ungefähr so, als würde man im Zusammenhang mit der Frage, ob die Sklaverei legalisiert werden soll, dass es gute Gründe gebe, dass Menschenwürde im SInne des Grundgesetzes nur für weisse Menschen gelte, für Schwarze jedoch nicht Das lässt sich doch auch nicht anders verstehen, als dass man sich für die Wiedereinführung der Sklaverei ausspricht bzw. das für legitim hält.

 

 

bearbeitet von Guppy
Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Domingo:

"Weraz" geriet dann außer Gebrauch

Ich hab es noch im Namen (und der Werwolf auch) 😊

 

Werner

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Domingo:

Selbst als Experte denkt man nicht immer an alles. Man müsste hier aber prüfen, ob damals das Wort people so einfach als Plural von Person benutzt wurde anstatt als "Staatsvolk" o.ä, wie es auch in der Verfassung benutzt wird; und falls ja, wollten die Autoren der Unabhängigkeitserklärung womöglich lieber "men" benutzen, eben um Verwechslungen zu vermeiden.

In der Declaration of Independence kommt beides vor, „people“ und „men“.

Die DoI wurde ja unmittelbar nach der Unterzeichnung auf Deutsch publiziert, und da kann man dann „Volk“ für „people“ und „Menschen“ für „men“ lesen.

 

Werner

Geschrieben
vor 15 Stunden schrieb Guppy:

 

Sie hat im Zusammenhang mit dem Thema "Abtreibung" gesagt, dass es ihrer Meinung nach gute Gründe gibt, dass die Menschenwürde erst ab der Geburt gilt. Da finde ich es absolut naheliegend, dass sie legale Abtreibung bis zur Geburt unproblematisch findet und das befürwortet. Das ist doch die logische Schlussfolgerung ihrer Aussage.

 

Das ist ungefähr so, als würde man im Zusammenhang mit der Frage, ob die Sklaverei legalisiert werden soll, dass es gute Gründe gebe, dass Menschenwürde im SInne des Grundgesetzes nur für weisse Menschen gelte, für Schwarze jedoch nicht Das lässt sich doch auch nicht anders verstehen, als dass man sich für die Wiedereinführung der Sklaverei ausspricht bzw. das für legitim hält.

 

 

 

Das ist nicht unbedingt die logische Schlussfolgerung.

Ihr ging es da ja auch eher um die juristische Dimension.

Als Juristin ist das ja auch nachvollziehbar.  Und der Job,den sie bekommen soll( te),ist ein juristischer.

Geschrieben
vor 15 Stunden schrieb Guppy:

 

Sie hat im Zusammenhang mit dem Thema "Abtreibung" gesagt, dass es ihrer Meinung nach gute Gründe gibt, dass die Menschenwürde erst ab der Geburt gilt. Da finde ich es absolut naheliegend, dass sie legale Abtreibung bis zur Geburt unproblematisch findet und das befürwortet. Das ist doch die logische Schlussfolgerung ihrer Aussage.

Wenn man sich auf die direkten Zitate bezieht, die in verschiedenen Medien wiederegeben werden, hat sie gerade das überhaupt nicht gesagt, was du hier behauptest. 

 

Insgesamt kann man doch feststellen, dass gegen diese Juristin eine regelrechte Diffamierungskampagne gestartet wurde von interessierten Kreisen. 

 

Die Positionen der Juristin sind sehr viel differenziertet und überhaupt nicht so "platt" wie du es hier - vollkommen falsch - wiedergibst. Sie bewegt sich außerdem vollkommen innerhalb des juristischen "Mainstreams". Es geht ja auch beim Abtreibungsrecht überhaupt nicht um eine vollkommene Neugestaltung des Abtreibungsrechtes. Was möglicherweise irgendwann mal geändert werden könnte, ist die Rechtsprechung innerhalb der ersten 12 Wochen: dass der Passus "rechtswidrig" innerhalb dieser Frist gestrichen wird. 

 

Ich denke aber nicht, dass die jetzige unionsgeführte Regierungskoalitkon überhaupt die Absicht hat, hier etwas zu ändern. Und mir ist auch nicht bekannt, dass zur Zeit beim BVG in Karlsruhe irgendwelche Klagen in Sachen Abteibung anhängig wären.....

 

Das ganze Fiasko um die Nominierung der Verfassungsrichter wirft auch ein schlechtes Licht auf die Professionalität der Regierungsarbeit. Es gab ja bereits "grünes Licht" von Seiten der Union und erst nach dieser gezielten Kampagne gegen die Juristin wurde die Wahl kurzfristig abgesagt. 

 

 

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Cosifantutti:

Was möglicherweise irgendwann mal geändert werden könnte, ist die Rechtsprechung innerhalb der ersten 12 Wochen: dass der Passus "rechtswidrig" innerhalb dieser Frist gestrichen wird. 

 

Der Passus "rechtswidrig" beruht doch gerade auf der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, daß auch der ungeborene Mensch ein Mensch ist und ihm deshalb Menschenwürde und Recht auf Leben nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes kommt. Abtreibung verletzt die Menschenwürde und das Lebenrecht des uneborenen Kindes und deshalb muss sie zwangsläufig rechtswidrig sein. Den Passus "rechtswidrig" kann man deshalb nur dadurch verändern, indem man behauptet, das ungeborene Kind habe keine Menschenwürde.

Geschrieben (bearbeitet)
Am 1.8.2025 um 02:05 schrieb phyllis:

offenkundig erscheint mir das nicht. Ich lese da einfach deine Behauptung (und was Semantik ist weiss ich auch). Citizen und Person waren schon damals mw so definiert wie sie heute verstanden werden.

 

Es war damals beispielsweise utopisch, dass Frauen das Wahlrecht haben. Es war breiter Konsens, dass sie es nicht haben und auch nicht kriegen sollen. Allein diese Tatsache macht es für sich genommen schon sehr unwahrscheinlich, dass die Urheber der US-Verfassung der Auffassung waren, dass Frauen ein Wahlrecht haben sollten, welches in der Verfassung zu verankern sei. Sie wären damit völlig aus der Reihe getanzt, und wenn sie das wirklich getan hätten, dann hätten sie das vermutlich auch laut gesagt, anstatt tatenlos zuzusehen, dass ihre Verfassung völlig missverstanden wird. 

 

Würde man genauer recherchieren, würde man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass kein einziger der Väter der US-Verfassung jemals insinuiert hätte, dass der vollständige Ausschluss von Frauen vom politischen Leben gegen die Verfassung, so wie sie gemeint ist, gerichtet sei. Wahrscheinlich ließe sich aus ihren Äußerungen und Taten (ihrem politischen Wirken) sogar ableiten, dass sie diesen Ausschluss gebilligt und sogar aktiv unterstützt haben.

 

Ähnlich verhält es sich beim Beispiel bei der Sklaverei: Die Verfassungsväter waren zum Teil (oder alle?) selbst Sklavenhalter, z.B. George Washington, der Präsident der Verfassungskonvets. Ich weiß nicht, wie genau sie argumentiert haben, aber @Domingo deutet ja an, dass sie sich die Dinge so zurechtgebogen haben, dass für sie die Sklaverei akzeptabel war - trotz entsprechender Formulierungen, deren Literalsinn eine Unvereinbarkeit implizieren würde. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass die Verfassungsväter wollten, dass man ihre Verfassung so auslegt, dass ihre eigenes Verhalten (und das ihrer "peers") eklatant verfassungswidrig wäre.

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb iskander:

Ähnlich verhält es sich beim Beispiel bei der Sklaverei: Die Verfassungsväter waren zum Teil (oder alle?) selbst Sklavenhalter, z.B. George Washington, der Präsident der Verfassungskonvets. Ich weiß nicht, wie genau sie argumentiert haben, aber @Domingo deutet ja an, dass sie sich die Dinge so zurechtgebogen haben, dass für sie die Sklaverei akzeptabel war - trotz entsprechender Formulierungen, deren Literalsinn eine Unvereinbarkeit implizieren würde.

 

Die eine Formulierung, die ich erwähnt habe, kommt aber genaugenommen nicht in der Verfassung, sondern in der Unabhängigkeitserklärung vor. Letztere ist kein Gesetzestext, sondern eher ein Manifesto. Also besteht da strenggenommen kein verfassungsrechtliches Auslegungsproblem - oder eher bestand. Die Sklaverei wurde dann im 13. und 14. Zusatz (also erst nach dem Bürgerkrieg) explizit ageschafft.

Geschrieben
3 hours ago, iskander said:

Es war damals beispielsweise utopisch, dass Frauen das Wahlrecht haben. Es war breiter Konsens, dass sie es nicht haben und auch nicht kriegen sollen. Allein diese Tatsache macht es für sich genommen schon sehr unwahrscheinlich, dass die Urheber der US-Verfassung der Auffassung waren, dass Frauen ein Wahlrecht haben sollten, welches in der Verfassung zu verankern sei.

Die Argumentation dreht sich aber um die Begriffe "citizen" und "person" im 14.Amendment. Ihnen wird das Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum zugesprochen, und daraus folgend auch eine körperliche Selbstbestimmung (siehe diverse Urteile diesbezüglich weiter vorne). In zivilisierten Ländern wird das Recht auf Leben, Freiheit, körperliche Selbstbestimmung und Eigentum auch Ausländern zugesprochen, exklusive Wahlrecht. Und auch §14 sieht es so.

Quote

Section 1

All persons born or naturalized in the United States, and subject to the jurisdiction thereof, are citizens of the United States and of the State wherein they reside. No State shall make or enforce any law which shall abridge the privileges or immunities of citizens of the United States; nor shall any State deprive any person of life, liberty, or property, without due process of law; nor deny to any person within its jurisdiction the equal protection of the laws.

Das Wahlrecht wird in Section 2 abgehandelt mit exklusiver Bezugnahme auf "male". Es geht um die proportionale Verteilung von Sitzen im Kongress, und sollte Nicht-Wähler bestrafen.

Quote

Section 2

Representatives shall be apportioned among the several States according to their respective numbers, counting the whole number of persons in each State, excluding Indians not taxed. But when the right to vote at any election for the choice of electors for President and Vice-President of the United States, Representatives in Congress, the Executive and Judicial officers of a State, or the members of the Legislature thereof, is denied to any of the male inhabitants of such State, being twenty-one years of age, and citizens of the United States, or in any way abridged, except for participation in rebellion, or other crime, the basis of representation therein shall be reduced in the proportion which the number of such male citizens shall bear to the whole number of male citizens twenty-one years of age in such State.

(aus der Library of Congress).

 

Daher ist es mmn unsinnig, davon auszugehen, §14 (Absatz 1) sei ursprünglich nur für [weisse] Männer verfasst worden. Mehr hab ich nicht behauptet.

Geht aber krass OT.

 

Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Guppy:

 

Der Passus "rechtswidrig" beruht doch gerade auf der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, daß auch der ungeborene Mensch ein Mensch ist und ihm deshalb Menschenwürde und Recht auf Leben nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes kommt. Abtreibung verletzt die Menschenwürde und das Lebenrecht des uneborenen Kindes und deshalb muss sie zwangsläufig rechtswidrig sein. Den Passus "rechtswidrig" kann man deshalb nur dadurch verändern, indem man behauptet, das ungeborene Kind habe keine Menschenwürde.

In der Rechtssprechung ist es eben nicht so, wie du es darstellst. Im rein juristischen Sinne beginnt „Menschsein“ im „Vollsinn“ erst mit dem Einsetzen der Wehen oder mit der Vollendung der Geburt, je nachdem, ob es das Strafrecht oder das Zivilrecht betrifft. Rein bezogen auf die juristische Betrachtung gibt es sehr wohl Abstufungen dessen, was man „Lebensschutz“ oder „Menschenwürde“ nennt. Hier wird - nochmals sei es betont - rein auf der juristischen Ebene unterschieden. Vor der Geburt, besonders in den ersten 12 Wochen, genießt der Embryo / Fetus lediglich „eingeschränkten“ Lebensschutz / Menschenwürde, sonst müsste man ja jede Abtreibung, auch innerhalb den ersten 12. Wochen genau so behandeln wie ein Tötungsdelikt / Mord und „Straflosigkeit“ wäre natürlich vollkommen ausgeschlossen. In der Rechtsprechung greift dies erst ab Vollendung der Geburt bzw. Einsetzung der Wehen. 

Vor der Geburt kann das Leben des Embryos gegen das Leben der Schwangeren sozusagen „abgewogen“ werden und man kann - unter bestimmten Voraussetzungen - eine Abtreibung vornehmen, die zwar rechtswidrig, aber „straflos“ ist. Dies wäre vollkommen unmöglich, würde man dies juristisch / strafrechtlich als Tötung / Mord einordnen. Nach der Geburt ist dies sehr wohl „Kindstötung“…. 

 

Nach der Geburt bzw. Einsetzen der Wehen ist dies vollkommen anders. Erst ab diesem Zeitpunkt greift der volle und uneingeschränkte Lebensschutz aufgrund der Menschenwürde, die hier nicht mehr eingeschränkt ist. Deshalb hat auch das BVG vollkommen konsequent geurteilt, dass ein Gesetz zu verabschieden, das den Abschuss eines Linienflugzeuges, das von Terroristen entführt wurde und zB in Richtung auf ein Fußballstadion unterwegs ist, von vorneherein vollkommen unzulässig ist, da es prinzipiell der Menschenwürde entspricht, das Menschenleben gegen Menschenleben abgewogen werden.  

 

Man darf hier eben nicht verschiedene Ebenen / Dimensionen durcheinanderreden. Man darf die rein juristische Betrachtungsweise nicht verwechseln mit der ethischen oder gar religiösen Betrachtung.  

Geschrieben (bearbeitet)
vor 12 Minuten schrieb Cosifantutti:

In der Rechtssprechung ist es eben nicht so, wie du es darstellst. Im rein juristischen Sinne beginnt „Menschsein“ im „Vollsinn“ erst mit dem Einsetzen der Wehen oder mit der Vollendung der Geburt, je nachdem, ob es das Strafrecht oder das Zivilrecht betrifft. Rein bezogen auf die juristische Betrachtung gibt es sehr wohl Abstufungen dessen, was man „Lebensschutz“ oder „Menschenwürde“ nennt. Hier wird - nochmals sei es betont - rein auf der juristischen Ebene unterschieden. Vor der Geburt, besonders in den ersten 12 Wochen, genießt der Embryo / Fetus lediglich „eingeschränkten“ Lebensschutz / Menschenwürde, sonst müsste man ja jede Abtreibung, auch innerhalb den ersten 12. Wochen genau so behandeln wie ein Tötungsdelikt / Mord und „Straflosigkeit“ wäre natürlich vollkommen ausgeschlossen. In der Rechtsprechung greift dies erst ab Vollendung der Geburt bzw. Einsetzung der Wehen. 

Vor der Geburt kann das Leben des Embryos gegen das Leben der Schwangeren sozusagen „abgewogen“ werden und man kann - unter bestimmten Voraussetzungen - eine Abtreibung vornehmen, die zwar rechtswidrig, aber „straflos“ ist. Dies wäre vollkommen unmöglich, würde man dies juristisch / strafrechtlich als Tötung / Mord einordnen. Nach der Geburt ist dies sehr wohl „Kindstötung“…. 

 

Stimmt, aber müsste man dann nicht eher andersrum konsequent sagen, dass Abtreibung (mit Ausnahme von medizinisch notwendigen Abtreibungen bei Lebensgefahr für die Mutter) Mord ist und deshalb komplett verboten sein müsste?

 

Wenn man sagt, dass das ungeborene Kind Mensch ist und ihm Menschenwürde zukommt und es keine abgestufte Menschenwürde gibt, dann müsste das ungeborene Kind genauso vom Gesetz geschützt werden wie das Geborene. Das Töten eines Ungeborenen müsste genauso geahndet werden wie das Töten eines Geborenen.

 

Wenn man das Töten von Ungeborenen für legal erklärt oder auch nur gesetzlich "duldet", stuft man entweder die Menschenwürde ab und erklärt damit faktisch Ungeborene zu eine Art "Untermensch", der maximal so "ein bisschen Würde" hat oder man spricht ihnen komplett ab Menschen zu sein und kann sie dann wie Objekte behandeln.

 

Also ja, ich stimme dir zu, dass die gegenwärtige Rechtslage auch nicht konsistent ist, wenn einerseits die Menschenwürde des Ungeborenen festgestellt wird und betont wird, dasses  eine Abstufung der Menschenwürde nicht gibt, gleichzeitig aber das Töten von Ungeborenen gesetzlich geduldet oder eher bagatellisiert wird im Vergleich zum Töten von Geborenen.

 

Nur sehe ich jetzt nicht, wo Frau Gersdorf jetzt mit ihren Äusserungen einen positiven Beitrag zum Schutz der Menschenwürde von Ungeborenen leistet, wenn sie sagt es gäbe "gute Gründe" dafür, dass die Menschenwürde erst ab der Geburt gelten solle. 

 

 

bearbeitet von Guppy

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