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Welche Rolle spielt die katholische Kirche in der Weltpolitik?


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Geschrieben

Die katholische Kirche steht im Spannungsbogen zwischen Friedensmittlerin und geopolitischem Akteur. 

Wie agiert z.B der Vatikan angesichts globaler Konflikte, wenn seine Worte und Gesten oft politische Interessen bedienen und wie vereinbar ist das mit der Glaubenslehre?

 

Die katholische Kirche positioniert sich z.B. im Ukraine-Krieg ambivalent, indem sie etwa den Umgang der USA mit der Ukraine als “Skandal” bezeichnet und warnt vor einem „Diktatfrieden“, der die Ukraine gegenüber Russland schwächt. Gleichzeitig zeigt sich eine Diskrepanz zwischen ethischem Friedensappell und geopolitischem Kalkül, das westliche und russische Interessen gegeneinander ausspielt. Oder anderes Beispiel: Der Vatikan steht unter Druck gegenüber autoritären Regimen, insbesondere China, wo das kirchliche Bischofsernennungsabkommen mit der kommunistischen Partei stark umstritten und ein Symbol geopolitischer Kompromisse ist.

 

Ist die katholische Kirche ein glaubwürdiger Friedensstifter oder ein machtstrategischer Akteur, der die geopolitischen Interessen der Großmächte in seinem Wirken widerspiegelt und damit selbst Teil der globalen Konfliktkonstellationen wird? Welche Positionen und Argumente gibt es dazu, und wie wird die Kirche gesehen?

Geschrieben

Glaubwürdiger Friedenstifter vs. machtstrategischer Akteur?

Schwierig ...

Geopolitik vs. Macht zu Jüngern alle Völker

Diktatfrieden vs. Dogmatik; Gericht; Himmel und Hölle

Abrüstung vs. Anbetung der Allmacht

Geschrieben

Joh 18, 36  Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; 

Geschrieben

Wie reizend: Da zitiert man das Johannesevangelium – „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ – und hofft wohl, damit alle Ambivalenzen katholischer Weltpolitik fein säuberlich in den Himmel zu delegieren. Als ob eine Institution mit Staatsgrenzen, Diplomatenkorps und Milliardenvermögen die Hände in Unschuld waschen könnte, sobald weltliche Verantwortung ins Spiel kommt.
Natürlich ringt der Vatikan fortwährend darum, zwischen prophetischem Friedenswort und strategischem Eigeninteresse zu balancieren. Papst Franziskus sprach gerne von einer „Geopolitik der Barmherzigkeit“ – immer bereit, verletzte Parteien an einen Tisch zu bringen, unpopuläre Gespräche zu führen, ja selbst autoritären Regimen gewisse Zugeständnisse abzuringen. Wie durchdacht christlich – und doch: Wer, außer dem Heiligen Stuhl, kann  geopolitische Flexibilität so geschmeidig ins Glaubensgewand kleiden?
Der Vatikan als „neutraler Friedensvermittler“? Russland weiß sich der religiösen Karten zu bedienen, und der Vatikan tappt zuverlässig ins Dilemma – ökumenische Rücksicht auf Moskau, Zurückhaltung gegenüber Kiew, Verhandlungen mit Peking über Bischofsernennungen. Zwischen spiritueller Botschaft und weltlicher Taktik bleibt der Grat schmal, auf dem der Papst zu wandeln versucht: Die Illusion totaler Neutralität hat der Vatikan selbst spätestens dann aufgegeben, als materielle und kulturelle Interessen zum „Werkzeug des Heils“ erklärt wurden.
Wer ernsthaft meint, die Kirche könne ihren Friedensanspruch behaupten, ohne in weltliche Kompromisse und Unschärfen hineinzugeraten, gleicht dem, der das Weihwasser trinkt und erwartet, davon nicht weltlich durstig zu bleiben.

Und: katholisch ist georeligion. Was der Vatikan weltweit betreibt, findet (oder fand) nationalstaatlich seine Fortsetzung. Sogar die Kirchturmpolitik in den Dörfern findet nicht ohne den Klerus statt. Richtig? Oder falsch?

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Frey:

Wie reizend: Da zitiert man das Johannesevangelium – „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ – und hofft wohl, damit alle Ambivalenzen katholischer Weltpolitik fein säuberlich in den Himmel zu delegieren. Als ob eine Institution mit Staatsgrenzen, Diplomatenkorps und Milliardenvermögen die Hände in Unschuld waschen könnte, sobald weltliche Verantwortung ins Spiel kommt.
Natürlich ringt der Vatikan fortwährend darum, zwischen prophetischem Friedenswort und strategischem Eigeninteresse zu balancieren. Papst Franziskus sprach gerne von einer „Geopolitik der Barmherzigkeit“ – immer bereit, verletzte Parteien an einen Tisch zu bringen, unpopuläre Gespräche zu führen, ja selbst autoritären Regimen gewisse Zugeständnisse abzuringen. Wie durchdacht christlich – und doch: Wer, außer dem Heiligen Stuhl, kann  geopolitische Flexibilität so geschmeidig ins Glaubensgewand kleiden?
Der Vatikan als „neutraler Friedensvermittler“? Russland weiß sich der religiösen Karten zu bedienen, und der Vatikan tappt zuverlässig ins Dilemma – ökumenische Rücksicht auf Moskau, Zurückhaltung gegenüber Kiew, Verhandlungen mit Peking über Bischofsernennungen. Zwischen spiritueller Botschaft und weltlicher Taktik bleibt der Grat schmal, auf dem der Papst zu wandeln versucht: Die Illusion totaler Neutralität hat der Vatikan selbst spätestens dann aufgegeben, als materielle und kulturelle Interessen zum „Werkzeug des Heils“ erklärt wurden.
Wer ernsthaft meint, die Kirche könne ihren Friedensanspruch behaupten, ohne in weltliche Kompromisse und Unschärfen hineinzugeraten, gleicht dem, der das Weihwasser trinkt und erwartet, davon nicht weltlich durstig zu bleiben.

Und: katholisch ist georeligion. Was der Vatikan weltweit betreibt, findet (oder fand) nationalstaatlich seine Fortsetzung. Sogar die Kirchturmpolitik in den Dörfern findet nicht ohne den Klerus statt. Richtig? Oder falsch?

 

Die Aufgabe der Apostelnachfolger ist die Evangelisierung. Wer weltliche Politik betreiben will, kann nicht Apostelnachfolger sein.

 

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb SteRo:

 

Die Aufgabe der Apostelnachfolger ist die Evangelisierung. Wer weltliche Politik betreiben will, kann nicht Apostelnachfolger sein.

 

Ein Werkzeug des Friedens zu sein, sich für die Schwächsten und Stimmlosen einzusetzen ist Folge des Evangeliums.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 3 Stunden schrieb rorro:

 

Ein Werkzeug des Friedens zu sein, sich für die Schwächsten und Stimmlosen einzusetzen ist Folge des Evangeliums.

Das mag schon sein. Jedoch ist in der Bibel nicht überliefert, dass die Apostel sich politisch engagiert haben oder zur Politik des Kaisers Stellung bezogen haben.

bearbeitet von SteRo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 14 Minuten schrieb SteRo:

Das mag schon sein. Jedoch ist in der Bibel nicht überliefert, dass die Apostel sich politisch engagiert haben oder zur Politik des Kaisers Stellung bezogen haben.

Natürlich nicht. Wieso hätten sie auch sollen???

 

Sie erwarteten das Anbrechen der Königsherrschaft haSchems quasi für Donnerstag übernächste Woche. Paulus unter Umständen noch näher als die von ihm gerne brüskierten "Säulen der Kirche". Und bis weit ins 2. und 3. Jahrhundert hinein ging es wohl vorallem darum nachzuweisen, daß man als Christ keine Gefahr für das Allgemeinwesen darstellte. Das mit der Politik wurde erst interessant, als die Apokalyptik zu einer Fernerwartung wurde.

bearbeitet von Flo77
Geschrieben

Das Christentum ist eine Religion des Individuums. Es geht um die Beziehung des Individuums zu Gott. 

Das ist einer grundlegenden Unterschiede zum Islam, der eine Gesellschaftsform ist.

Deshalb ist es problematisch, wenn die Kirche sich in die Politik einmischt.

Dass christliche Individuen trotzdem natürlich ihre Überzeugungen einbringen, ist ein ganz anderes Thema.

Die Kirche als Institution sollte sich um Gott kümmern, und dem Kaiser lassen, was dem Kaiser gehört

 

Werner

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Flo77:

Und bis weit ins 2. und 3. Jahrhundert hinein ging es wohl vorallem darum nachzuweisen, daß man als Christ keine Gefahr für das Allgemeinwesen darstellte.

Das mag für die breite Masse (wenn man denn im Blick auf diese Zeit schon davon sprechen kann), stimmen. Aber m.E. ist Jesus gekreuzigt worden, weil er als "Gefahr für das Allgemeinwesen" angesehen wurde. Und es gab ja immer auch Märtyrer, denen es wohl nicht darum ging, als harmlos zu gelten und möglichst nicht aufzufallen...

 

vor 38 Minuten schrieb Werner001:

Das Christentum ist eine Religion des Individuums. Es geht um die Beziehung des Individuums zu Gott. 

Ja, das steht am Anfang. Aber ohne Gemeinschaft und ohne den Einsatz für andere (vor allem Benachteiligte) ist das Christentum kein Christentum. Dass die individuelle Gottesbeziehung so betont wird, scheint mir auch eine sehr junge Erscheinung zu sein (wobei sie durchaus auch bei Jesus schon zu finden ist). Ich finde das auch gar nicht falsch, solange man nicht dabei stehen bleibt. 

Geschrieben

Die Kirche ist seit der Spätantike politischer Akteur und muss sich als solcher an die in der Politik üblichen Regeln halten. Man kann das natürlich nicht alles über einen Kamm scheren. Für den Heiligen Stuhl gelten andere Regeln als z.B. für die nationalen Bischofskonferenzen oder die sonstigen Beteiligten wie z. B. die Orden oder die katholischen Hochschulen. 

Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb Aleachim:

Aber ohne Gemeinschaft und ohne den Einsatz für andere (vor allem Benachteiligte) ist das Christentum kein Christentum.

Eine (Glaubens)Gemeinschaft von Individuen ist etwas anderes als eine Gesellschaftsform (wie sie etwa der Islam darstellt).

Eine christliche Glaubensgemeinschaft benötigt in keinster Weise einen Staat um zu „funktionieren“, im Islam gilt die Glaubensgemeinschaft ohne zugehörigen Staat nur als Provisorium (ein Unterschied, der von vielen nicht verstanden wird)

 

Werner

Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Werner001:

Das Christentum ist eine Religion des Individuums. Es geht um die Beziehung des Individuums zu Gott. 

Das ist einer grundlegenden Unterschiede zum Islam, der eine Gesellschaftsform ist.

Deshalb ist es problematisch, wenn die Kirche sich in die Politik einmischt.

Dass christliche Individuen trotzdem natürlich ihre Überzeugungen einbringen, ist ein ganz anderes Thema.

Die Kirche als Institution sollte sich um Gott kümmern, und dem Kaiser lassen, was dem Kaiser gehört

 

Werner


Das Christentum ist – wie alle Religionen – ein Bestandteil der geschichtlichen Entwicklung menschlicher Gesellschaften. Die Moderne, in der wir leben, ist geprägt von einer ambivalenten Spannung: einem starken Drang zur individuellen Selbstverwirklichung einerseits und einem durch Mode, mediale Trends und Konsumkultur angetriebenen Konformismus andererseits.
Die Kirche, die weder die Logik des radikalen Individualismus noch die Mechanismen der modischen Gleichförmigkeit ungebrochen übernimmt, steht quer zu vielen Grundströmungen unserer Zeit. Gerade dadurch kann sie jedoch – aus ihrer eigenen Tradition und ihrem Glaubensverständnis heraus – ein „Flutlicht“ auf die Ambivalenzen und Bruchlinien der Gegenwart richten.
Ihre Aufgabe wäre es nicht, in eine vermeintlich bessere Vergangenheit zurückzukehren, sondern in einer geistlich begründeten Vorwärtsbewegung Impulse zu setzen, die sowohl persönliche Verantwortung als auch gemeinschaftliche Orientierung fördern. Dazu gehört unweigerlich auch ein Blick auf die großen politischen und geopolitischen Herausforderungen, denen sich die Menschheit heute stellen muss. Ob die Kirche diesem Anspruch in der Praxis gerecht wird, ist freilich eine andere, bestenfalls offene Frage.

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