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Geschrieben
vor 16 Minuten schrieb Flo77:

Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Lehre über die Natur des Menschen NICHT Dogma ist.

Wer hat das wann wo dogmatisiert? Wie genau lautet das Dogma?

 

Werner

Geschrieben
vor 22 Minuten schrieb Werner001:

Dann wäre das Ganze nur eine Farce. Und mit „das Ganze“ meine ich den Katholizismus als solchen.

Würde man die Theorie konsequent durchziehen, wäre es wohl so. Tut aber ja keiner - bzw. nur einzelne Gruppen innerhalb der Kirche.

 

Geschrieben

Die Vergangenheit liefert Ressourcen; die Zukunft ist ein offenes Meer.
St. Newman verbindet beide: Er zeigt, wie aus Tradition lebendige Entwicklung erwächst. Für das 20. Jahrhundert war er ein Wächter gegen autoritäre Engführungen, für das 21. Jahrhundert ist er ein Begleiter in Pluralität und Synodalität.

Geschrieben
vor 13 Stunden schrieb rorro:

Falls jemand mehr darüber wissen will, wie Newman das Gewissen verstand (Spoiler: nicht gegen die Kirche), hier gibt es mehr:

"Nicht gegen die Kirche" sagt er nicht. Dieser Brief an den Herzog von Norfolk war als Antwort auf ein antikatholisches Pamphlet des Premierministers Gladstone gedacht. Anlaß dafür war das erste vatikanische Konzil und insbesondere Pastor Aeternus. Katholiken gerieten zu dieser Zeit in Verdacht, keine loyalen Staatsbürger zu sein. Ich verstehe Newmans Aussage, dass es keinen Konflikt zwischen Papst und Gewissen geben kann so, dass beide unterschiedliche Kompetenzen haben, nicht etwa so, dass die Lehre über dem Gewissen steht.

 

Zitat

Secondly, I observe that conscience is not a judgment upon any speculative truth, any abstract doctrine, but bears immediately on conduct, on something to be done or not done. "Conscience," says St. Thomas, "is the practical judgment or dictate of reason, by which we judge what hic et nunc is to be done as being good, or to be avoided as evil." Hence conscience cannot come into direct collision with the Church's or the Pope's infallibility; which is engaged in general propositions, and in the condemnation of particular and given errors.

https://www.newmanreader.org/works/anglicans/volume2/gladstone/section5.html

Geschrieben
9 minutes ago, Merkur said:

Dieser Brief an den Herzog von Norfolk war als Antwort auf ein antikatholisches Pamphlet des Premierministers Gladstone gedacht. Anlaß dafür war das erste vatikanische Konzil und insbesondere Pastor Aeternus.

 

Danke für das Verlinken! Ich dachte auch beim Lesen der fortlaufenden Diskussion, dass „der Weg zu den Quellen“ hier am besten ist, denn Newman hat sich ja wirklich ausdrücklich zu einer sehr ähnlichen Diskussion geäußert.

Der erste Satz seines „Briefes“ lautet daher ja auch explizit:

Quote

IT seems, then, that there are extreme cases in which Conscience may come into collision with the word of a Pope, and is to be followed in spite of that word. …

Blinder Gehorsam ist es eben nicht einfach, worauf es ankommt - sondern um das intensive Bemühen um das Verstehen in den richtigen Zusammenhängen, und um da dann zu erkennen, was Gott von „mir“ in einem bestimmten Zusammenhang erwartet.

Die Lehre, Worte des Papstes und anderes mag dann auch alles sehr wichtig sein, aber Newman meint etwas anderes:

Quote

This view of conscience, I know, is very different from that ordinarily taken of it, both by the science and literature, and by the public opinion, of this day. It is founded on the doctrine that conscience is the voice of God, whereas it is fashionable on all hands now to consider it in one way or another a creation of man.….This, at least, is how I read the doctrine of Protestants as well as of Catholics. The rule and measure of duty is not utility, nor expedience, nor the happiness of the greatest number, nor State convenience, nor fitness, order, and the pulchrum. Conscience is not a long-sighted selfishness, nor a desire to be consistent with oneself; but it is a messenger from Him, who, both in nature and in grace, speaks to us behind a veil, and teaches and rules us by His representatives. Conscience is the aboriginal Vicar of Christ, a prophet in its informations, a monarch in its peremptoriness, a priest in its {249} blessings and anathemas, and, even though the eternal priesthood throughout the Church could cease to be, in it the sacerdotal principle would remain and would have a sway.

 

Geschrieben
vor 31 Minuten schrieb Shubashi:
  Quote

This view of conscience, I know, is very different from that ordinarily taken of it, both by the science and literature, and by the public opinion, of this day.

Womit alles gesagt ist. Es geht - mal wieder - um kirchliche Spezialdefinitionen von Begriffen, die jeder normale Mensch anders verwendet und darum grundsätzlich in die Fall tappt, die Kirche missverstehen zu müssen.

Geschrieben
vor 14 Minuten schrieb Flo77:

Womit alles gesagt ist. Es geht - mal wieder - um kirchliche Spezialdefinitionen von Begriffen, die jeder normale Mensch anders verwendet und darum grundsätzlich in die Fall tappt, die Kirche missverstehen zu müssen.

In diesem Punkt finde ich das aber angebracht. Der Begriff Gewissen wird oft zu oberflächlich für irgend etwas gebraucht, das man für sich als nicht relevant ansieht. 

Geschrieben
vor 31 Minuten schrieb Flo77:

Womit alles gesagt ist. Es geht - mal wieder - um kirchliche Spezialdefinitionen von Begriffen, die jeder normale Mensch anders verwendet und darum grundsätzlich in die Fall tappt, die Kirche missverstehen zu müssen.

 

Deswegen ist es vorab wichtig zu wissen, wie die Begriffe definiert sind. Ist in der Medizin auch nicht anders.

Geschrieben
vor 6 Minuten schrieb rorro:

 

Deswegen ist es vorab wichtig zu wissen, wie die Begriffe definiert sind. Ist in der Medizin auch nicht anders.

Ok, also wenn es in der Theologie um „Gewissen“ geht, ist garnicht das Gewissen gemeint, sondern irgendwas kirchenspezielles, was kein Nichtfachmann versteht?

 

Werner

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Merkur:

"Conscience," says St. Thomas, "is the practical judgment or dictate of reason, by which we judge what hic et nunc is to be done as being good, or to be avoided as evil."

 

Nehmen wir ein Beispiel:

 

Papst Innozenz III. hatte zum 5. Kreuzzug aufgerufen (1213).

1217 ging’s los (da war Innozenz schon tot).

 

Franz von Assisi hielt das für komplett falsch. Er ging zu den Muslimen, zum Sultan selbst, um den Krieg zu beenden.

Zuvor rief er auch die Christen zum Frieden auf.

 

Interessanterweise finden sich in seinen Schriften weder der Aufruf zum Kreuzzug bzw. eine pos. Stellungnahme von ihm dazu, noch irgendeine Kritik. Es gibt nichts dazu. Er tat was ihm sein Gewissen vorschrieb, auch wenn das gegen den Willen des Papstes war.

Geschrieben
vor 4 Minuten schrieb Werner001:

Ok, also wenn es in der Theologie um „Gewissen“ geht, ist garnicht das Gewissen gemeint, sondern irgendwas kirchenspezielles, was kein Nichtfachmann versteht?

 

Werner

 

Ich bin sicher daß Du das verstehen kannst.

Geschrieben
vor 13 Minuten schrieb rorro:

 

Nehmen wir ein Beispiel:

 

Papst Innozenz III. hatte zum 5. Kreuzzug aufgerufen (1213).

1217 ging’s los (da war Innozenz schon tot).

 

Franz von Assisi hielt das für komplett falsch. Er ging zu den Muslimen, zum Sultan selbst, um den Krieg zu beenden.

Zuvor rief er auch die Christen zum Frieden auf.

 

Interessanterweise finden sich in seinen Schriften weder der Aufruf zum Kreuzzug bzw. eine pos. Stellungnahme von ihm dazu, noch irgendeine Kritik. Es gibt nichts dazu. Er tat was ihm sein Gewissen vorschrieb, auch wenn das gegen den Willen des Papstes war.

Stimmt Kriegführen hatte ich unter den "unregulierten" Lebensaspekten vergessen.

Geschrieben

Zum Thema "unfehlbar", s. rorros link, S. 14:

 

Die Autorität der Kirche reicht so weit, wie die Offenbarung reicht. Wenn der Papst Entscheidungen im Bereich der kirchlichen Ordnung, der Disziplin oder der Verwaltung trifft, beanspruchen solche Aussagen nicht, unfehlbar zu sein. Dies gilt noch mehr, wenn der Papst zu aktuellen Tagesfragen, etwa im Bereich der Politik, Stellung nimmt.

Geschrieben
vor 43 Minuten schrieb Merkur:

In diesem Punkt finde ich das aber angebracht. Der Begriff Gewissen wird oft zu oberflächlich für irgend etwas gebraucht, das man für sich als nicht relevant ansieht. 

Das funktioniert aber katechetisch/homiletisch nicht. Oder anders: würden in Lehre, Katechese und Predigt immer die lateinischen Begriffe gebraucht, die man als Laie wie fremdsprachige Vokabeln nicht als Übersetzungen sondern als Konzepte lernt, würde von vorneherein klargestellt werden, daß es nicht um die gängige Verwendung eines bestimmten Begriffs geht.

 

Das ist bei der Sünde nicht anders als beim Gewissen oder der Natur.

 

Ich hab ja das Gefühl, die Kirche WILL da auch teilweise missverstanden werden.

 

 

Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb Kara:

Zum Thema "unfehlbar", s. rorros link, S. 14:

 

Die Autorität der Kirche reicht so weit, wie die Offenbarung reicht. Wenn der Papst Entscheidungen im Bereich der kirchlichen Ordnung, der Disziplin oder der Verwaltung trifft, beanspruchen solche Aussagen nicht, unfehlbar zu sein. Dies gilt noch mehr, wenn der Papst zu aktuellen Tagesfragen, etwa im Bereich der Politik, Stellung nimmt.

Was nur bedeutet, daß der aussprechende Papst - oder ein Nachfolger - frei ist, die getroffene - undogmatisierte - Aussage zu revidieren und eine neue zu Treffen.

 

Für die Gläubigen macht das aber - außer dem Problem aktuell zu bleiben - aufgrund des von der Kirche geforderten Glaubensgehorsams keinen Unterschied.

Geschrieben
1 minute ago, Flo77 said:

 

Das ist bei der Sünde nicht anders als beim Gewissen oder der Natur.

 

Ist es nicht viel einfacher? Ein Mensch, der Gott in seine Weltsicht einbezieht, wird Gewissen etwas anders herleiten, als ein Mensch, der das nicht tut.

“Gewissen“ soll ja nach Newman gerade nicht irgendein kirchenspezfischer Spezialkram sein, sondern ist quasi von Gott in allen Menschen angelegt, schon bevor es Kirche gibt, und auch wenn es keine mehr gäbe.

Für wen Gott keine weltanschauliche Option ist, der oder die wird das logischerweise anders sehen.

Geschrieben
vor 38 Minuten schrieb rorro:

 

Ich bin sicher daß Du das verstehen kannst.

Ich verstehe, was „Gewissen“ ist. Nun hieß es aber doch eben, in der Theologie sei das etwas anderes. Also was denn nun?

 

Werner

Geschrieben
vor 1 Minute schrieb Shubashi:

 

Ist es nicht viel einfacher? Ein Mensch, der Gott in seine Weltsicht einbezieht, wird Gewissen etwas anders herleiten, als ein Mensch, der das nicht tut.

“Gewissen“ soll ja nach Newman gerade nicht irgendein kirchenspezfischer Spezialkram sein, sondern ist quasi von Gott in allen Menschen angelegt, schon bevor es Kirche gibt, und auch wenn es keine mehr gäbe.

Für wen Gott keine weltanschauliche Option ist, der oder die wird das logischerweise anders sehen.

Ich sehe nicht ganz den Zusammenhang zu meinem Posting.

 

Newman gibt die katholische Definition von "Gewissen" wieder und beschreibt, wie das Konzept des Gewissens seiner Meinung nach idealerweise aufgesetzt sein sollte.

 

Damit löst er aber noch längst nicht das Problem, daß der gleiche Begriff - so denn die Erklärung nicht jedesmal mitgeliefert wird - im alltäglichen Sprachgebrauch der Zuhörer anders verwendet wird. Und das noch nichtmal einheitlich. Die Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen war ursprünglich auch mal anders gemeint, als sie spätestens zu meiner Zeit gelebt wurde.

 

Was Newman mit 

vor 7 Minuten schrieb Shubashi:

sondern ist quasi von Gott in allen Menschen angelegt

umschreibt, ist defacto der jedem Menschen eigene Katalog an Normen und Werten nach denen das Indviduum sich ausrichtet. Dieser Katalog ist aber nicht "gottgegeben" wie Newman das vielleicht gerne hätte, sondern zu einem großen Teil anerzogen/erworben. Jeder Mensch hat diese innere Stimme, das ist korrekt, aber Newman liegt mMn falsch, wenn er glaubt, die Stimme würde jedem Menschen das gleiche sagen, wie die Kirche.

Geschrieben
vor 19 Minuten schrieb Flo77:

Ich hab ja das Gefühl, die Kirche WILL da auch teilweise missverstanden werden.

Wenn ich Papst wäre, und alles glauben würde, was gelehrt wird, könnte ich nie mehr ruhig schlafen, angesichts der Verantwortung, dass ich und nur ich allein den Menschen den Weg zu weisen habe, der sie in den Himmel oder die Hölle schickt.

Da würde ich ihnen und auch mir doch lieber die Möglichkeit geben, beim Gericht zu sagen, das sei nur ein Missverständnis gewesen

 

Werner

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Werner001:

Da würde ich ihnen und auch mir doch lieber die Möglichkeit geben, beim Gericht zu sagen, das sei nur ein Missverständnis gewesen

Mt 25, 31-46.

 

Ich fürchte alles andere zählt am Ende eh nicht so viel...

Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Stunden schrieb Merkur:

... Ich verstehe Newmans Aussage, dass es keinen Konflikt zwischen Papst und Gewissen geben kann so, dass beide unterschiedliche Kompetenzen haben, nicht etwa so, dass die Lehre über dem Gewissen steht.

 

https://www.newmanreader.org/works/anglicans/volume2/gladstone/section5.html

Das entspricht aber nicht dem Zitat, das du gibst:

 

Zitat

Secondly, I observe that conscience is not a judgment upon any speculative truth, any abstract doctrine, but bears immediately on conduct, on something to be done or not done. "Conscience," says St. Thomas, "is the practical judgment or dictate of reason, by which we judge what hic et nunc is to be done as being good, or to be avoided as evil." Hence conscience cannot come into direct collision with the Church's or the Pope's infallibility; which is engaged in general propositions, and in the condemnation of particular and given errors.

 

... wonach das Gewissen zwar nicht über eine Doktrin urteilt, weil das Gewissen sich immer auf konkretes Tun im Hier und Jetzt bezieht, und die Doktrin allgemeiner Natur ist, welche sich genau deshalb nicht auf alle möglichen konkreten Hier-und-Jetzt-Konstellationen beziehen kann, wonach aber dennoch das Gewissen qua praktischer Vernunft die allgemeine Doktrin auf konkretes Tun im Hier und Jetzt beziehen/anwenden muss und dabei irren kann.

Weil also das Gewissen irren kann, die Doktrin aber die unfehlbare Richtschnur für das Gewissen ist, steht die Doktrin über dem Gewissen.

 

bearbeitet von SteRo
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb SteRo:

Das entspricht aber nicht dem Zitat, das du gibst:

 

 

... wonach das Gewissen zwar nicht über eine Doktrin urteilt, weil das Gewissen sich immer auf konkretes Tun im Hier und Jetzt bezieht, und die Doktrin allgemeiner Natur ist, welche sich genau deshalb nicht auf alle möglichen konkreten Hier-und-Jetzt-Konstellationen beziehen kann, wonach aber dennoch das Gewissen qua praktischer Vernunft die allgemeine Doktrin auf konkretes Tun im Hier und Jetzt beziehen/anwenden muss und dabei irren kann.

Weil also das Gewissen irren kann, die Doktrin aber die unfehlbare Richtschnur für das Gewissen ist, steht die Doktrin über dem Gewissen.

 

Also ist es so:

Die Doktrin lautet „du sollst nicht töten, liebe deine Feinde, tu Gutes denen, die…“ usw

Diese Doktrin steht unumstößlich fest und unterliegt nicht dem Gewissensentscheid

 

Im konkreten Einzelfall kann es das Gewissen aber völlig in Ordnung finden, Leute totzuschlagen oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, solange man die Doktrin nicht anzweifelt.

 

Werner

Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb Werner001:

Ich verstehe, was „Gewissen“ ist. Nun hieß es aber doch eben, in der Theologie sei das etwas anderes. Also was denn nun?

 

Du bekommst das hin. Ich glaube fest daran.

Geschrieben
vor 15 Minuten schrieb rorro:

 

Du bekommst das hin. Ich glaube fest daran.

Na wenn schon du nicht in der Lage bist, es zu erklären… aber bewundernswert, dein Gottvertrauen.
Bzw Wernervertrauen

 

Werner

Geschrieben
Am 14.8.2025 um 22:02 schrieb rorro:

Daraus (wie gesagt, er wurde vom gesamten Konzil bestätigt), Hervorhebung von mir: 

 

Wurde er tatsächlich vom gesamten Konzil als wahr und richtig bestätigt? Ich konnte dazu auf die Schnelle wenig finden. 

 

Soweit ich informiert bin, scheint zudem das folgende korrekt zu sein:

 

"First, how did the rest of the Church (and subsequent popes) interpret Agatho's letter? The 6th Ecumenical Council made no qualms about calling Honorius a heretic. They said it blatantly in several sessions. Additionally, both the 7th and "8th" Ecumenical Councils affirmed in their canons Honorius' anathema and condemnation as a heretic, and virtually all popes from the 7th to the 11th centuries affirmed this condemnation as well. Even Pope Leo II, who Catholic apologists often appeal to in order to suggest that Honorius only "failed to teach the truth," openly stated that Honorius "polluted the purity of the (Roman) Apostolic See.""

https://www.reddit.com/r/OrthodoxChristianity/comments/13t5g2s/does_the_letter_of_pope_agatho_prove_papal/

 

@Frey

 

Am 14.8.2025 um 22:15 schrieb Frey:

Ein rein personalistisches Papstverständnis birgt die Gefahr, den katholischen Glauben auf den Willen einer einzelnen Person zu reduzieren und das Prinzip der Communio – die Einheit in Vielfalt unter dem gemeinsamen Hören auf das Evangelium – zu schwächen.

 

Wenn es um Machtfragen geht, hat rorro effektiv recht, zumindest de jure. Der Papst kann alles ohne Bischöfe, aber alle (übrigen) Bischöfe können nichts ohne den Papst (und der Rest zählt, wenn es um Entscheidungen geht, eh nicht). Zwar ist der Papst theoretisch an die Tradition gebunden, aber er selbst bestimmte letztlich allein, wie diese auszulegen ist. Es gibt da eine illustrative Begebenheit, die Hubert Wolf schildert. Es ging um eine Auseinandersetzung zwischen Pius IX. und Kardinal Guidi, welcher Zweifel an den der Machtstellung hatte, die dem Papst auf dem 1. Vatikanum eingeräumt werden sollte (und wurde):

 

[Pius IX. zu Kardinal Guidi:] «Sie haben gesagt, und ich weiß es, dass der Papst verpflichtet ist, für die unfehlbaren Dekrete die Traditionen der Kirchen zu befragen. Nun, das ist ein Irrtum.»

Kardinal Guidi: «Es ist wahr, dass ich es gesagt habe, aber es ist kein Irrtum.»

Darauf der Papst «erregt»: «Doch, es ist ein Irrtum, denn ich, ich bin die Tradition, ich, ich bin die Kirche!!» – «Io, io sono la tradizione, io, io sono la Chiesa!!» 4 [...]

Kardinal Guidi fühlte sich von Pius IX. nicht nur persönlich beleidigt und zu Unrecht abgekanzelt, sondern auch theologisch zum Ketzer sowie zum Feind der Kirche und des Papstes abgestempelt. Dabei hatte er sich bei seinen Ausführungen in der Konzilsaula ausschließlich auf die Tradition der Kirche und speziell auf rechtgläubige katholische Autoritäten berufen. Mehr Orthodoxie, als den heiligen Thomas von Aquin und den bedeutenden Jesuitentheologen Robert Bellarmin als Kronzeugen anzurufen, war in der Tat kaum möglich. Das war dem Papst indes völlig gleichgültig [...]

[Pius weiter:] «Sie sind meine Kreatur, ohne mich wären Sie noch der obskure Mönch, der Sie gewesen sind, ich habe Sie mit Gnaden und Wohltaten überhäuft – und jetzt gehen Sie in das Lager meiner Feinde und der Feinde der Kirche über und werden zum Häretiker. Sie haben eine Rede gehalten, die verdient, dass Ihre Mitbrüder vom Heiligen Offizium Sie zum Feuer verurteilen.»"

 

(Fettung von mir)


Pius IX. hat das seit dem 1. Vatikanum gültige Verständnis pointiert, in der Sache aber völlig richtig zusammengefasst. Der Papst ist die Kirche, der Papst ist die Tradition - jedenfalls überall dort, wo es um Machtfragen und Entscheidungen geht.

 

Ich habe jetzt die Formulierung nicht im Kopf, aber die päpstliche Autorität bezieht sich auch auf Fragen die nicht direkt zum Glauben und den Sitten direkt zu tun haben. Und auch hier bestimmt, wenn so ein Fall vorliegt. Anders gesagt: Die einzigen Grenzen, denen der Papst nach kath. Verständnis theoretisch unterliegt, zieht der Papst selbst - und niemand kann es ihm verwehren, sie auch neu zu ziehen. 

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