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Geschrieben
Am 14.8.2025 um 23:11 schrieb Guppy:

Realistisch betrachtet bleibt ohne den Aspekt der Entstehung neuen Lebens nur noch die reine Triebbefriedigung als Hauptmotiv übrig.

 

Und:

 

Am 16.8.2025 um 17:32 schrieb Guppy:

Wäre da nicht die Schöpfung neuen Lebens durch Sex, könnte man meinen, dass Sex nicht von Gott kommt, sondern vom Teufel erfunden wurde um den Menschen zu beherrschen.

 

Im Grunde liegst Du damit völlig auf der Linie der traditionellen Linie. Wie man in der Kirche lange über Sexualität gedacht hat, fasst Noonan wie folgt zusammen: 

 

"[P]leasure in intercourse was, in the view of important authorities, always sinful, [...] the seeking of pleasure in intercourse could be mortal or, at best, venial sin, [...] love had no relation at all to acts of intercourse [...]."

 

Zu den "bedeutenden Autoritäten" gehörte unter anderem Papst Gregor der Große, der lehrte, dass die sexuelle Lust als solche nicht ohne Sünde sein könne - also selbst, wenn man eigentlich nur Kinder zeugen möchte und die Lust als lästige Begleiterscheinung auftritt. Als Motiv für praktizierte Sexualität galt die Lust ohnehin als sündhaft, und "Liebe" als Motiv wurde nicht einmal in Betracht gezogen. Würden die Autoritäten der alten Kirche aus ihren Gräbern emporsteigen und die "moderne" kirchliche Sexuallehre sehen, in welcher die sexuelle Lust gepriesen wird, und wo Sex als Ausdruck der Liebe sein soll, und wo unter Umständen das Streben nach Lust bei Vermeidung der Zeugung (durch NFP) erlaubt ist: Sie würden meinen, dass die Kirche verrückt geworden sein müsse (oder vermutlich eher, dass sie die Beute des Teufels geworden sein müsse). 

 

Nun können aber nicht beide Lehre richtig sein: Die klassische Lehre und die "neumodische". Mindestens eine muss falsch sein, und zwar gravierend falsch. Und das wirft folgende Frage auf, die ich schon oft gestellt habe, aber auf die ich noch nie eine Antwort erhalten habe: Wenn die Kirche sich über 1.000 Jahre fundamental im Hinblick auf die Sexualität und ihr Moral geirrt hat, was schließt es aus oder macht es zumindest extrem unwahrscheinlich, dass sie sich auch heute noch irren kann?

 

Die Tatsache, dass eine solche Frage - so wie unzählige andere Fragen - nicht beantwortet werden, erweckt den Eindruck, dass konservative Katholiken keine Antwort haben und die Augen vor Wirklichkeit verschließen - ein Verhalten, das aber besser zu einem Kleinkind als zu einem Erwachsenen passt. 

 

Man mag natürlich - so wie Du es womöglich tust - die klassische kath. Lehre für richtig und die moderne Lehre für falsch halten. Dann ist die Kirche aber von der Wahrheit in den Irrtum gefallen (statt vom Irrtum zur Wahrheit aufgestiegen zu sein), was sogar noch mehr Fragen aufwirft. 

 

Und da wir hier auch über das Gewissen und die Autorität der Kirche diskutieren: Was ist eigentlich mit all den Katholiken, die die gemäß der alten Lehre gelebt haben oder sich zumindest ernsthaft darum bemüht haben - und die und deren Ehen darunter erheblich gelitten haben? 

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb iskander:

Pius IX

Nunja, der ist der Beleg dafür, dass der Heilige Geist entweder einen ziemlich abartigen Humor oder mit Papstwahlen nichts zu tun hat

 

Werner

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb iskander:

 

Wurde er tatsächlich vom gesamten Konzil als wahr und richtig bestätigt? Ich konnte dazu auf die Schnelle wenig finden. 

 

Soweit ich informiert bin, scheint zudem das folgende korrekt zu sein:

 

"First, how did the rest of the Church (and subsequent popes) interpret Agatho's letter? The 6th Ecumenical Council made no qualms about calling Honorius a heretic. They said it blatantly in several sessions. Additionally, both the 7th and "8th" Ecumenical Councils affirmed in their canons Honorius' anathema and condemnation as a heretic, and virtually all popes from the 7th to the 11th centuries affirmed this condemnation as well. Even Pope Leo II, who Catholic apologists often appeal to in order to suggest that Honorius only "failed to teach the truth," openly stated that Honorius "polluted the purity of the (Roman) Apostolic See.""

https://www.reddit.com/r/OrthodoxChristianity/comments/13t5g2s/does_the_letter_of_pope_agatho_prove_papal/

 

@Frey

 

 

Wenn es um Machtfragen geht, hat rorro effektiv recht, zumindest de jure. Der Papst kann alles ohne Bischöfe, aber alle (übrigen) Bischöfe können nichts ohne den Papst (und der Rest zählt, wenn es um Entscheidungen geht, eh nicht). Zwar ist der Papst theoretisch an die Tradition gebunden, aber er selbst bestimmte letztlich allein, wie diese auszulegen ist. Es gibt da eine illustrative Begebenheit, die Hubert Wolf schildert. Es ging um eine Auseinandersetzung zwischen Pius IX. und Kardinal Guidi, welcher Zweifel an den der Machtstellung hatte, die dem Papst auf dem 1. Vatikanum eingeräumt werden sollte (und wurde):

 

[Pius IX. zu Kardinal Guidi:] «Sie haben gesagt, und ich weiß es, dass der Papst verpflichtet ist, für die unfehlbaren Dekrete die Traditionen der Kirchen zu befragen. Nun, das ist ein Irrtum.»

Kardinal Guidi: «Es ist wahr, dass ich es gesagt habe, aber es ist kein Irrtum.»

Darauf der Papst «erregt»: «Doch, es ist ein Irrtum, denn ich, ich bin die Tradition, ich, ich bin die Kirche!!» – «Io, io sono la tradizione, io, io sono la Chiesa!!» 4 [...]

Kardinal Guidi fühlte sich von Pius IX. nicht nur persönlich beleidigt und zu Unrecht abgekanzelt, sondern auch theologisch zum Ketzer sowie zum Feind der Kirche und des Papstes abgestempelt. Dabei hatte er sich bei seinen Ausführungen in der Konzilsaula ausschließlich auf die Tradition der Kirche und speziell auf rechtgläubige katholische Autoritäten berufen. Mehr Orthodoxie, als den heiligen Thomas von Aquin und den bedeutenden Jesuitentheologen Robert Bellarmin als Kronzeugen anzurufen, war in der Tat kaum möglich. Das war dem Papst indes völlig gleichgültig [...]

[Pius weiter:] «Sie sind meine Kreatur, ohne mich wären Sie noch der obskure Mönch, der Sie gewesen sind, ich habe Sie mit Gnaden und Wohltaten überhäuft – und jetzt gehen Sie in das Lager meiner Feinde und der Feinde der Kirche über und werden zum Häretiker. Sie haben eine Rede gehalten, die verdient, dass Ihre Mitbrüder vom Heiligen Offizium Sie zum Feuer verurteilen.»"

 

(Fettung von mir)


Pius IX. hat das seit dem 1. Vatikanum gültige Verständnis pointiert, in der Sache aber völlig richtig zusammengefasst. Der Papst ist die Kirche, der Papst ist die Tradition - jedenfalls überall dort, wo es um Machtfragen und Entscheidungen geht.

 

Ich habe jetzt die Formulierung nicht im Kopf, aber die päpstliche Autorität bezieht sich auch auf Fragen die nicht direkt zum Glauben und den Sitten direkt zu tun haben. Und auch hier bestimmt, wenn so ein Fall vorliegt. Anders gesagt: Die einzigen Grenzen, denen der Papst nach kath. Verständnis theoretisch unterliegt, zieht der Papst selbst - und niemand kann es ihm verwehren, sie auch neu zu ziehen. 

 

Papst Agatho († 681) hatte vor dem III. Konzil von Konstantinopel (680/681, dem 6. Ökumenischen Konzil) ein Lehrschreiben geschickt, in dem er die römische Position gegen den Monotheletismus darlegte. Dieses Schreiben wurde vom Konzil inhaltlich positiv aufgenommen; die Lehre wurde im Schlussdokument ausdrücklich bestätigt.

 

Allerdings:

Das Konzil bestätigte nicht den Papst als Person unfehlbar, sondern die inhaltliche Konsistenz der römischen Lehre mit der „überlieferten Wahrheit“.

Zeitgleich wurde Honorius I. – ein früherer Papst – vom selben Konzil als Häretiker verurteilt, und diese Verurteilung wurde, wie das Zitat korrekt darstellt, auch von späteren Konzilien und Päpsten wiederholt (Leo II. betonte sogar, Honorius habe den römischen Stuhl befleckt).

 

Fazit: Agathos Schreiben wurde anerkannt, aber nicht, weil „der Papst“ etwas gesagt hatte, sondern weil es als orthodox in der Gemeinschaft gegolten hat. Das widerlegt ein „solipsistisches“ Papstverständnis.


Aus meiner Sicht ist es zu kurz gegriffen, den Papst als „alleinigen Entscheider“ zu sehen, auch wenn es das Kirchenrecht (primatistisch) so definiert:

De jure: Ja, der Papst hat seit dem Ersten Vatikanum (1870) die volle, oberste und unmittelbare Gewalt über die ganze Kirche, in Glaubens- wie in Verwaltungsfragen.

In diversen Verlautbarungen wird das zwar nicht "geleugnet", aber die Päpste der Moderne lege großen Wert darauf, dass ihre Entscheidungen rezipiert werden. de jure ist nicht so jure wie man es darstellt.

 

De facto: Entscheidungen entfalten Wirkung nur, wenn sie von der Gesamtkirche (insbesondere dem Episkopat) rezipiert und gelebt werden. Ein Papst kann zwar etwas definieren, aber ohne die Communio wird es nicht wirksam. (Beispiel: diverse Enzykliken oder Reformen, die auf Widerstände stoßen und so nur eingeschränkt umgesetzt werden.). Primatismus hat einen unkatholischen Kern, weil er eben das Gegenteil von allumfassend ist, und es bräuchte wohl keine Kirchenlehrer, hätte er Geltung.

 

Weitere Aspekte:

Legitimität vs. Legalität: Auch wenn der Papst legal „alles“ könnte, bleibt er auf die Zustimmung und Anerkennung des Kollektivs angewiesen. Ein isolierter Papst würde gesellschaftlich „ins Leere“ regieren.

Kommunikationsmacht: Ein Papst spricht nie in einem „luftleeren Raum“. Theologen, Bischöfe, Öffentlichkeit und Weltkirche beeinflussen, wie seine Botschaften aufgenommen und institutionalisiert werden.

Tradition als sozialer Prozess: Tradition funktioniert nicht als autoritärer Besitz des Papstes („ich bin die Tradition“), sondern als fortschreitende Aushandlung innerhalb des kirchlichen Diskurses.

 

Zur Episode Pius IX. / Guidi

Die Szene, die Hubert Wolf schildert, ist sehr aufschlussreich:

Pius IX. verabsolutiert das päpstliche Amt („Ich bin die Tradition, ich bin die Kirche“) und drückt damit genau das personalistische Missverständnis aus, vor dem Kritiker (wie Guidi) warnten. Aber: Gerade die heftige Reaktion zeigt, dass und bis heute Widerstand im Episkopat und den Gläubigen existiert. Wäre der Papst wirklich in diesem absolutistischen Sinne „die Tradition“, dürfte es diesen Konflikt gar nicht geben.

 

Der Papst ist auf die Anerkennung durch die Gemeinschaft der Kirche angewiesen. Seine absolute juristische Stellung wurde in Rom unter den Bedingungen der gesellschaftlichen Modernisierung als Mittel zur Sicherung der kirchlichen Autorität etabliert. Doch gerade diese Macht stößt bis heute wiederholt an Grenzen, da sie dem fortschreitenden Prozess von Individualisierung und Modernisierung widerspricht. Auch wenn viele Gläubige ein primatistisches Papstverständnis für sich selbst befürworten und das damit verbundene Machtelement zur Verteidigung ihrer Glaubensüberzeugungen heranziehen, bleibt die Spannung zwischen absoluter Autorität und pluraler Wirklichkeit bestehen. Diese Konflikte spiegeln sich zuweilen in einer deutlich konfrontativen und kompromisslosen Argumentationsweise wider.

Geschrieben

Sind die kolportierten Aussagen von Papst Pius IX. - so sie denn korrekt sind - in den Actae Apostolicae enthalten (bzw. dem Vorläufer, der Name entfällt mir gerade)? Wenn nicht sind es persönliche Äußerungen des römischen Bischofs in Gespräch mit einem Kardinal. Nicht jeder Spruch des Bischofs von Rom hat apostolisches Gewicht.

Geschrieben (bearbeitet)

Die Rezeption päpstlicher Entscheidungen als entscheidend anzusehen, ließe sich exakt so auch auf konziliare Aussagen beziehen, letztlich auf alles, was irgendein ordentliches oder außerordentliches Lehramt jemals gesagt hat und damit einen Körper wie „katholische Lehre“ über irgendetwas ad absurdum führen.

Über absolut gar nichts stimmen alle überein (beginnend mit der Existenz Gottes).

 

Diese Rezeptionsgeschichte nutzen gerne manche Orthodoxe für eine Definition eines gültigen Konzils, das klappt aber bei ihnen so wenig wie bei uns. Wird auch nur benutzt um ja Florenz/Ferrara nicht anzuerkennen.

bearbeitet von rorro
Geschrieben (bearbeitet)

Wie schon öfters angemerkt verstehe ich auch das Problem nicht.

Die Katholische Lehre ist meistens klar.

Was jemand davon annimmt ist eine ganz andere Frage.

Ob sich jemand damit noch in der Gemeinschaft der Kirche befindet, entscheidet ein Bischof, keiner hier im Forum.

Jeder, der eine von der Lehre abweichende Position hat, hat in diesen spezifischen Fall eben keine katholische Sicht der Dinge. So viel Mumm sollte man haben das zuzugestehen (auch wenn sich die katholische Lehre diesbezüglich ggf. ändern könnte). Das halte ich nicht für verwerflich (auch wenn oft was anderes angenommen wird - mich stören nur Unredlichkeit und fehlerhafte Darstellungen).

Abgesehen davon gibt es unglaublich viele Fragestellungen, bei denen sich die Kirche nicht eindeutig positioniert hat und die eine Vielfalt von Meinungen innerkatholisch zulassen. Die finde ich eh viel interessanter.

bearbeitet von rorro
Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb iskander:

Zu den "bedeutenden Autoritäten" gehörte unter anderem Papst Gregor der Große, der lehrte, dass die sexuelle Lust als solche nicht ohne Sünde sein könne - also selbst, wenn man eigentlich nur Kinder zeugen möchte und die Lust als lästige Begleiterscheinung auftritt. Als Motiv für praktizierte Sexualität galt die Lust ohnehin als sündhaft, und "Liebe" als Motiv wurde nicht einmal in Betracht gezogen. Würden die Autoritäten der alten Kirche aus ihren Gräbern emporsteigen und die "moderne" kirchliche Sexuallehre sehen, in welcher die sexuelle Lust gepriesen wird, und wo Sex als Ausdruck der Liebe sein soll, und wo unter Umständen das Streben nach Lust bei Vermeidung der Zeugung (durch NFP) erlaubt ist: Sie würden meinen, dass die Kirche verrückt geworden sein müsse (oder vermutlich eher, dass sie die Beute des Teufels geworden sein müsse). 

 

Naja, Lust hat eben nicht wirklich etwas mit Liebe zu tun. Wieviele Menschen haben Sex ohne Liebe? Lust ist da wahrscheinlich immer vorhanden, selbst beim hinterhältigsten Ehebruch. Und es gibt so viele Wege und Möglichkeiten Liebe auszudrücken, dass es eigentlich nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum ausgerechnet der Vollzug von Sex da so ein besonderer Liebesbeweis sein sollte.

 

Warum war Maria eigentlich immerwährend Jungfrau, obwohl sie mit Josef verheiratet war? Warum hat sie Jesus vom Heiligen Geist empfangen und nicht auf biologisch "normalem" Weg? Oder warum war Jesus nicht verheiratet und hatte Beischlaf? Das mögen auf den ersten Blick absurde Fragen sein, aber wenn Sex so gottgefällig wäre, frage ich mich warum er dann im Heilsplan Gottes nicht nur nicht vorkommt, sondern wenn man genau hinschaut sogar regelrecht umgangen wird.

Geschrieben
vor 7 Stunden schrieb Guppy:

Warum war Maria eigentlich immerwährend Jungfrau, obwohl sie mit Josef verheiratet war? Warum hat sie Jesus vom Heiligen Geist empfangen und nicht auf biologisch "normalem" Weg? Oder warum war Jesus nicht verheiratet und hatte Beischlaf? Das mögen auf den ersten Blick absurde Fragen sein, aber wenn Sex so gottgefällig wäre, frage ich mich warum er dann im Heilsplan Gottes nicht nur nicht vorkommt, sondern wenn man genau hinschaut sogar regelrecht umgangen wird.

Weil diese alten Legenden genau das sind: Legenden.

Schöne Legenden übrigens, wie ich finde.

Aber wie das mit Legenden so ist, es sind halt Legenden.

wenn Jesus nicht „auf biologisch ‚normalem‘ Weg“ gezeugt wurde, war er kein richtiger Mensch „in allem uns gleich“.

Wessen Y-Chromosom hatte er denn z. B.?

Woher will man denn wissen, ob oder dass Maria „immerwährende Jungfrau“ war?

Man hat das viele Jahrzehnte nach ihrem Tod „beschlossen“ dass es so war, aber niemand hat ihr unter den Rock geschaut. Die „zeitgenössischen“ (wenn man so sagen will, obwohl es nicht stimmt) Betichte übeg sie sind sehr spärlich, und da steht nichts von Jungfräulichkeit.

Und so geht es weiter.

Fazit: die Forderung, Gott wolle, das wir nicht in Betten, sondern nur in Futterkrippen schlafen, lässt sich schlüssiger begründen als das, was du da über Sex schreibst 

 

Werner

Geschrieben

Mariä Geburt ist am 08.09.

Da erklärt sich " Jungfrau" von selbst.

 

Im Ernst: Hängt nicht so viel an Sex auf,so wichtig ist das nicht.

Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb mn1217:

Mariä Geburt ist am 08.09.

Da erklärt sich " Jungfrau" von selbst.

 

Im Ernst: Hängt nicht so viel an Sex auf,so wichtig ist das nicht.

Ähm…. Da verwechselst du jetzt was, oder?

 

Werner

Geschrieben
vor 20 Stunden schrieb Werner001:

Also ist es so:

Die Doktrin lautet „du sollst nicht töten, liebe deine Feinde, tu Gutes denen, die…“ usw

Diese Doktrin steht unumstößlich fest und unterliegt nicht dem Gewissensentscheid

 

Im konkreten Einzelfall kann es das Gewissen aber völlig in Ordnung finden, Leute totzuschlagen oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, solange man die Doktrin nicht anzweifelt.

 

Werner

 

Falsch. Du musst schreiben: Im konkreten Einzelfall kann es das Gewissen aber völlig in Ordnung finden, Leute totzuschlagen oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, wenn es sich irrt und also nicht die Doktrin befolgt.

Die Doktrin steht über dem Gewissen, eben weil sie im Gegensatz zum Gewissen unfehlbar ist.

 

Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb SteRo:

 

Falsch. Du musst schreiben: Im konkreten Einzelfall kann es das Gewissen aber völlig in Ordnung finden, Leute totzuschlagen oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, wenn es sich irrt und also nicht die Doktrin befolgt.

Die Doktrin steht über dem Gewissen, eben weil sie im Gegensatz zum Gewissen unfehlbar ist.

 

 

Nur hat die Doktrin es jahrhundertelang in Ordnung gefunden, Leute totzuschlagen oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Wie war das mit der „unfehlbaren Doktrin“?

Geschrieben (bearbeitet)
vor 14 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Nur hat die Doktrin es jahrhundertelang in Ordnung gefunden, Leute totzuschlagen oder auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Wie war das mit der „unfehlbaren Doktrin“?

 

Es gab und gibt keine Doktrin die lautete "Schlage Leute tot oder verbrenne sie auf dem Scheiterhaufen."

bearbeitet von SteRo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 14 Stunden schrieb Frey:

Fazit: Agathos Schreiben wurde anerkannt, aber nicht, weil „der Papst“ etwas gesagt hatte, sondern weil es als orthodox in der Gemeinschaft gegolten hat. Das widerlegt ein „solipsistisches“ Papstverständnis.

 

Danke für die Erläuterung. Das stellt allerdings die Argumentation, dass der Papstamt von Anfang allgemein an so verstanden wurde wie heute, oder zumindest sehr ähnlich, erheblich infrage. 

 

Zitat

 

Legitimität vs. Legalität: Auch wenn der Papst legal „alles“ könnte, bleibt er auf die Zustimmung und Anerkennung des Kollektivs angewiesen. Ein isolierter Papst würde gesellschaftlich „ins Leere“ regieren.

Kommunikationsmacht: Ein Papst spricht nie in einem „luftleeren Raum“. Theologen, Bischöfe, Öffentlichkeit und Weltkirche beeinflussen, wie seine Botschaften aufgenommen und institutionalisiert werden.

 

 

Das mag man so sehen - aber dann könnte man eben mit rorro dagegen halten, dass diejenigen, die dem Papst nicht folgen, damit den legitimen kath. Raum verlassen und pflichtwidrig handeln. Auch wenn der Papst seinen Anspruch pragmatisch nicht immer durchsetzen kann, wäre dieser Anspruch doch nach kath. Verständnis gültig und verbindlich. 

 

Zitat

Pius IX. verabsolutiert das päpstliche Amt („Ich bin die Tradition, ich bin die Kirche“) und drückt damit genau das personalistische Missverständnis aus, vor dem Kritiker (wie Guidi) warnten. Aber: Gerade die heftige Reaktion zeigt, dass und bis heute Widerstand im Episkopat und den Gläubigen existiert. Wäre der Papst wirklich in diesem absolutistischen Sinne „die Tradition“, dürfte es diesen Konflikt gar nicht geben.

 

Ich denke es ist relativ klar, dass das I. Vatikanum ein Bruch mit einer Tradition ist, in welcher Konzilien eine echte Bedeutung und eine wirkliche Macht hatten (wo sie also nicht ohne Papst absolut ohnmächtig waren, während der Papst ohne sie absolut allmächtig war, so wie das heute zumindest de jure der Fall ist). Man denke an Haec sancta als einen Höhepunkt jener "konziliaren" Tradition:

 

"Diese im Heiligen Geiste rechtmäßig versammelte Synode, die ein allgemeines Konzil darstellt und die streitende katholische Kirche repräsentiert, hat ihre Vollmacht unmittelbar von Christus; ihr ist jedermann, welchen Standes oder welcher Würde auch immer, auch wenn es die päpstliche sein sollte, gehalten zu gehorchen in dem, was den Glauben, die Ausrottung des besagten Schismas und die allgemeine Reform dieser Kirche Gottes an Haupt und Gliedern betrifft."

 

Aber diese Traditionslinie ist nun eben bis auf Weiteres - und vermutlich für immer - erloschen. Das Papsttum hat sich voll und ganz durchgesetzt. Wenn es dennoch Probleme gibt, dann liegt das aus kath. Sicht also an den Gläubigen, nicht am Papst. Mit der Weigerung, ihn zu gehorchen, würden sich also die entsprechenden Katholiken nur selbst delegitimieren, während die Legitimität er päpstlichen Lehre damit nicht infragegestellt wäre. 

 

Natürlich kann der Papst de facto dann doch nicht machen, was er will, wenn er nicht einen enormen Schaden verursachen will. Er kann nicht jeden, der ihm nicht den vollen geforderten Gehorsam entgegenbringt, mit dem Kirchenbann belegen. Er kann beispielsweise auch nicht einfach (fast?) alle afrikanischen Bischöfe absetzen, auch wenn sie sich weigern, seinem Willen zu entsprechen.

Dass man dann dennoch solch einen theoretischen absoluten Machtanspruch erhebt führt dann allerdings zu einem Spannungsverhältnis. Wie Du schreibst entstanden die Papst-Dogmen des 1. Vatikanum in einer bestimmten historischen Situation. Auf dem Konstanzer Konzil (Haec sancta) und auf dem 2. Vatikanum (ohne vorhergehendes 1. Vatikanum) wären sie vermutlich nicht verabschiedet worden. Aber jetzt kann die Kirche eben kaum noch zurück. Sie ist auch eine Gefangene ihrer eigenen Tradition. Sie reagiert auf eine ganz bestimmte Zeit und ihre Herausforderungen, aber diese ihre Reaktion wird in Stein gemeißelt und soll zeitlos gelten. 

 

@rorro

 

vor 14 Stunden schrieb rorro:

Sind die kolportierten Aussagen von Papst Pius IX. - so sie denn korrekt sind - in den Actae Apostolicae enthalten (bzw. dem Vorläufer, der Name entfällt mir gerade)? Wenn nicht sind es persönliche Äußerungen des römischen Bischofs in Gespräch mit einem Kardinal. Nicht jeder Spruch des Bischofs von Rom hat apostolisches Gewicht.

 

Ich denke nicht, dass das in die Actae Apostolicae oder in deren Vorläufer aufgenommen wurde, aber das ist ja auch nicht der Punkt. Die Schilderung dient der Illustration, nicht dem Beweis. Denn der Mann hat in der Sache spätestens seit dem 1. Vatikanum recht, auch wenn seine Formulierung pointiert ist. Der Papst kann ja ohne und gegen den gesamten Rest der Kirche alles tun (de jure), während die Kirche ohne ihn oder gegen ihn schlichtweg gar nichts tun kann. Der Papst als einzelner entscheidet im Zweifelsfall gegen alle Kardinäle, Bischöfe, Priester und Laien weltweit. Bei ihm liegt (de jure) alle Macht, bei der rechtliche Kirche ohne ihn überhaupt keine. Die Tradition kann seine Machtfülle ebenfalls nicht begrenzen, weil er derjenige ist, der sie verbindlich auslegt. Sofern es um die legitime Gewalt geht, ist der Papst seit dem 1. Vatikanum tatsächlich die Kirche und die Tradition (bzw. deren absoluter Herr) - ganz so wie Pius es gesagt hat.

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
vor 14 Stunden schrieb Guppy:

Naja, Lust hat eben nicht wirklich etwas mit Liebe zu tun. Wieviele Menschen haben Sex ohne Liebe? Lust ist da wahrscheinlich immer vorhanden, selbst beim hinterhältigsten Ehebruch. Und es gibt so viele Wege und Möglichkeiten Liebe auszudrücken, dass es eigentlich nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum ausgerechnet der Vollzug von Sex da so ein besonderer Liebesbeweis sein sollte.

 

Dass zwei Phänomene (wie sexuelle Lust und Liebe) nicht strikt miteinander gekoppelt sind, bedeutet noch nicht, dass sie überhaupt nichts - oder kaum etwas  -miteinander zu tun hätten. Und dass es etliche Ausdrücke von Lieben geben kann, schließt nicht aus, dass nicht ein Ausdruck von besonderer Art ist.

 

Zitat

Warum war Maria eigentlich immerwährend Jungfrau, obwohl sie mit Josef verheiratet war? Warum hat sie Jesus vom Heiligen Geist empfangen und nicht auf biologisch "normalem" Weg? Oder warum war Jesus nicht verheiratet und hatte Beischlaf? Das mögen auf den ersten Blick absurde Fragen sein, aber wenn Sex so gottgefällig wäre, frage ich mich warum er dann im Heilsplan Gottes nicht nur nicht vorkommt, sondern wenn man genau hinschaut sogar regelrecht umgangen wird. 

 

Über Jesus wissen wir ja nicht mit Sicherheit, ob er verheiratet war oder nicht. Es gibt durchaus Argumente dafür, dass er es war, auch wenn diese wohl nicht zwingend sind. Dass Jesus laut Evangelien nicht biologisch gezeugt wurde, sondern durch den Hl.Geist empfangen wurde, soll offenbar seine göttliche, übermenschliche Herkunft unterstreichen, vor allem wohl auch im Licht einer bestimmten Septuaginta-Interpretation. Dahinter steht aber offenbar keine grundsätzliche Sexualfeindschaft, wie ich gleich erläutern werde.

 

Dass Maria niemals mit Josef verkehrte, ist eine kirchliche Tradition, die durch das Evangelium nicht gedeckt ist, sondern zu ihm im Widerspruch steht. In Mt 1,25 heißt es nämlich:

 

"Er [Josef] erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus."

 

Diese Formulierung scheint sehr stark zu implizieren, dass er sie "erkannte", nachdem Jesus geboren war. 

 

Dem wird entgegengehalten, dass es in der Bibel ähnliche Formulierungen gebe, die jedoch nicht bedeuten solle, dass etwas jemals geschah oder getan wurde; im Sinne von: "Er tat/erlebte dies und das bis zu seinem Tode nicht."

 

Das sind aber zwei Paar Stiefel: Wenn ich sage "Bis zu seinem Tod verließ er seine bayerische Heimat nicht", dann will ich damit sagen, dass er Bayern überhaupt nie verlassen hat. Wenn ich hingegen sage: "Bis zum Beginn seines Studiums verließ er Bayern nicht", dann will ich damit sagen, dass er sich während seines Studiums durchaus (auch) außerhalb von Bayern aufhielt. So wird das auch jeder verstehen.

Hätte der Autor des Matthäus-Evangelimus zum Ausdruck wollen, dass Maria zeit ihres Lebens niemals sexuellen Verkehr mit Josef hatte, hätte er kaum gesagt, dass sie bis zur Geburt von Jesus keinen sexuellen Verkehr mit Josef hatte, sondern er hätte sich sehr wahrscheinlich anders ausgedrückt. 

 

Warum muss Maria dann dennoch stets Jungfrau geblieben sein, auch nach der Empfängnis Jesu durch den Hl. Geist und nach der Geburt Jesu - also zu einer Zeit, zu der eine sexuelle Aktivität Mariens Jesu alleinige Zeugung durch den Hl. Geist nicht mehr infragestellen könnte? Offenbar aufgrund einer tiefen Abneigung gegen alles Sexuelle, welche noch nicht in den Evangelien zu finden ist, aber relativ früh einsetzte (und die von antiken Denkströmungen beeinflusst war)! Heiligkeit und Sexualität schlossen sich aus. So heißt es bei Ranke-Heinemann (Eunuchen für das Himmelreich):

 

"Nach der Lehre der Kirche hätte Jesus zu der ganzen Erlösung überhaupt keine Lust gehabt, er wäre gar nicht erst Mensch geworden, oder er hätte sich eine andere Mutter gesucht, wenn Maria z. B. Lust gehabt hätte, außer ihm noch mehr Kinder zu gebären. Das erklärte schon Papst Siricius im 4. Jahrhundert. Er behauptete, in einem solchen Fall hätte Jesus Maria nicht als Mutter akzeptiert: »Jesus hätte sich nicht die Geburt aus einer Jungfrau gewählt, wenn er sie als so wenig enthaltsam hätte betrachten müssen, daß jener Schoß, aus welchem der Leib des Herrn gebildet wurde, jene Halle des ewigen Königs, durch die Beiwohnung eines männlichen Samens befleckt werden würde. Wer das behauptet, behauptet nichts anderes als den Unglauben der Juden« (Brief an Bischof Anysius aus dem Jahr 39a). [...] Daß das nicht etwa die Privatmeinung eines einzelnen Papstes war, bestätigt der katholische Dogmatiker Michael Schmaus, wenn er sagt, mit seinen Behauptungen lege Siricius »ein Zeugnis für die einstimmige Lehre der Kirche« ab (Katholische Dogmatik, Bd. 5: Mariologie, 1955, S. 109; zit. Mariologie)."

 

(Speziell für @rorro: Neben Gregor d.Gr. und Innozenz III. haben wir hier ein weiteres Beispiel für einen Papst, der klar sagt, dass auch der legitime eheliche Verkehr befleckend ist. So viel auch zur Frage, ob die heutige kath. Sexualmoral der traditionellen allgemein entspricht oder ob es erhebliche Diskrepanzen gibt.)

 

Und von dieser Feindschaft gegen jede sexuelle Lust kommt ja auch die ganze traditionelle Verehrung der Jungfräulichkeit her. Da geht es eben nicht primär darum, dass jemand auf Ehe und Familie verzichtet, um sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Nein, es geht auch und vor allem auch um die Vermeidung des Sexuellen, welches als niedrig, befleckend und schmutzig angesehen wird. Und zu einem Gutteil geht es da um das Hymen; deshalb gibt es auch bis heute zwar eine "Jungfrauenweihe", aber kein Äquivalent für Männer.

 

Und deshalb darf Jesus auch keine leiblichen Geschwister gehabt haben, sondern man versucht, die Texte so auszulegen, dass das entweder nur Kinder von Josef allein waren, oder Cousins und Cousinen von Jesus. Die naheliegendste und plausibelste Interpretation des Textes kommt nicht in Betracht, denn Maria darf nicht durch die widerliche Sexualität "befleckt" worden sein.  

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben

Das ist auch so ein grundsätzlicher Webfehler der „reinen Lehre“.

Auf der einen Seite ist es ganz wichtig, dass Jesus ganz und vollständig Mensch war, wie Paulus schreibt „in allem uns gleich…“, auf der anderen Seite wurde ihm von Anfang an alles Mögliche angedichtet, das mit „wahrem Menschen“ wenig zu tun hat, sondern eher in die Sagenwelt antiker Halbgötter passt.

 

Aber vielleicht ist auch das nur wieder ein Problem der Begrifflichkeiten, in der Antike hat man Herakles wahrscheinlich auch als „wahren Menschen“ angesehen 

 

Werner

Geschrieben
vor 11 Minuten schrieb Werner001:

Aber vielleicht ist auch das nur wieder ein Problem der Begrifflichkeiten, in der Antike hat man Herakles wahrscheinlich auch als „wahren Menschen“ angesehen

 

Ich bezweifle das. Eher als Halbgott - oder (nach seinem Tod) als Gott überhaupt. Es stimmt zwar, dass der Unterschied nicht so stark ausgeprägt war wie bei den Juden, so dass etwa der Kaiser als einigermaßen göttliches Wesen gelten konnte: höher als gemeine Sterbliche, aber natürlich auch weit unter etwa Juppiter.

 

Doch in der Formulierung "Mensch wie wir" habe ich immer eine Ablehnung der Vorstellung gesehen, dass es eben verschiedene Ebenen von Menschentum gebe, wo eben der Kaiser über dem Bauern steht und ins Göttliche hinübergeht, und Aristokraten den Göttern näher sind als Sklaven. Da kann ich aber total falsch liegen.

Geschrieben
vor 5 Stunden schrieb mn1217:

Mariä Geburt ist am 08.09.

Da erklärt sich " Jungfrau" von selbst.

 

Im Ernst: Hängt nicht so viel an Sex auf,so wichtig ist das nicht.

Der Bezugstag ist doch hier bei der Frage nach dem genauen Verständnis von Jungfräulichkeit der 24. März: Mariä Verkündigung...

Geschrieben
vor 21 Stunden schrieb iskander:

 

Das mag man so sehen - aber dann könnte man eben mit rorro dagegen halten, dass diejenigen, die dem Papst nicht folgen, damit den legitimen kath. Raum verlassen und pflichtwidrig handeln. Auch wenn der Papst seinen Anspruch pragmatisch nicht immer durchsetzen kann, wäre dieser Anspruch doch nach kath. Verständnis gültig und verbindlich. 

 

Es gibt Meinungen, die das so sehen, aber es gibt hinreichend lehramtlich verbindliche Dokumente, die die Stellung des Papstes konkretisieren:

 

Die Unfehlbarkeit des Papstes ist im katholischen Lehramt wesentlich durch „Pastor aeternus“ des Ersten Vatikanischen Konzils (1870) definiert: Sie gilt ausschließlich, wenn der Papst ex cathedra, also „in höchster Lehrgewalt“, eine endgültige Entscheidung in Glaubens- oder Sittenfragen trifft. Außerhalb dieser engen Grenzen spricht die Kirche dem Papst keine generelle Unfehlbarkeit zu. Bei Predigten, Schreiben oder anderen nachgeordneten Lehräußerungen ist der Papst nicht unfehlbar, und es gab historisch auch Fälle päpstlicher Irrtümer.

 

Das Zweite Vatikanische Konzil relativierte 1964 zusätzlich die alleinige Unfehlbarkeit des Papstes, indem es ausdrücklich auch die „Gesamtheit der Gläubigen“ als unfehlbar im Glauben ansieht („sensus fidei“), wenn diese in Übereinstimmung mit dem Heiligen Geist stehen(Lumen Gentium, 12):

 

"Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie "von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien" (22)  ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert. Durch jenen Glaubenssinn nämlich, der vom Geist der Wahrheit geweckt und genährt wird, hält das Gottesvolk unter der Leitung des heiligen Lehramtes, in dessen treuer Gefolgschaft es nicht mehr das Wort von Menschen, sondern wirklich das Wort Gottes empfängt (vgl. 1 Thess 2,13), den einmal den Heiligen übergebenen Glauben (vgl. Jud 3) unverlierbar fest."

 

„(Der Papst untersteht) bei seinem Handeln keinem äußeren Tribunal […], das als Appellationsinstanz gegen ihn auftreten könnte, wohl aber an den inneren Anspruch seines Amtes, der Offenbarung, der Kirche gebunden ist. Dieser innere Anspruch seines Amtes schließt aber auch eine moralische Bindung an die Stimme der Gesamtkirche ohne Zweifel mit ein. … (Der Papst hat die Verpflichtung), auf die Stimme der Bischöfe zu hören, und umgekehrt (haben die Bischöfe die Pflicht) von sich aus initiativ zu werden.“
Joseph Ratzinger, 1966, Kommentar zu den Bekanntmachungen (Notae) im Anschluss an „Lumen gentium“

 

Im Codex Iuris Canonici von 1983 (Canon 749 §§1–2) wird festgeschrieben, dass nicht allein der Papst, sondern auch das Bischofskollegium gemeinsam mit ihm unter bestimmten Bedingungen unfehlbar lehren kann. Damit ist die päpstliche Unfehlbarkeit an Voraussetzungen und das Zusammenwirken des Lehramtes gebunden.

Das Zweite Vatikanische Konzil betonte die „Kollegialität“: Die Autorität der Gesamtkirche (besonders im Konzil und Bischofskollegium) steht im Vordergrund gegenüber einem exklusiven Unfehlbarkeitsanspruch des Papstes.

 

Dokumente der Glaubenskongregation und Diskussionen im Kontext des Frauenpriestertums zeigen die strikte Begrenzung dessen, was als „unfehlbare Lehrentscheidung“ gilt, wobei auch innerkirchlich immer wieder Debatten und Revisionen gefordert werden.

 

"Mit Blick auf die Moderne argumentiert Benedikt XVI. jetzt allerdings moderater, als es ihm manche Kritiker zugestehen. So hebt er hervor, dass die Moderne „ja nicht nur aus Negativem aufgebaut“ sei, sie trage „große moralische Werte in sich“. Ausdrücklich ist davon die Rede, dass das Christentum nicht zu einer Art archaischen Schicht „gewissermaßen neben der Modernität“ werden dürfe. Einen schweren Stand in der Diskussion muss man allerdings der damit verknüpften Überzeugung prophezeien, dass es das Christentum gewesen sei, dass die moralischen Werte der Moderne in das Bewusstsein der Menschheit gerückt habe. Angesichts der Debatte um die Frage nach Kontinuität und Diskontinuität, die das Zweite Vatikanische Konzil für die katholische Lehrentwicklung bedeutet, sticht dann jedoch wieder ins Auge, dass der Papst davon spricht, dass damals die Aufgabe darin bestanden habe, das Verhältnis der Kirche und des Glaubens zur Neuzeit „neu zu definieren“." (Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit, Verlag Herder, Freiburg 2010)

 

"Sekundärer, selbstgemachter und so schuldhafter Skandal ist, es, wenn unter dem Vorwand, die Rechte Gottes zu verteidigen, nur eine bestimmte gesellschaftliche Situation und die in ihr gewonnenen Machtpositionen verteidigt werden, […”> wenn unter dem Vorwand, die Unabänderlichkeit des Glaubens zu schützen, nur die eigene Gestrigkeit verteidigt wird, […”> wenn unter dem Vorwand, die Ganzheit der Wahrheit zu sichern, Schulmeinungen verewigt werden, die sich einer Zeit als selbstverständlich aufgedrängt haben, aber längst der Revision und der neuen Rückfrage auf die eigentliche Forderung des Ursprünglichen bedürfen. Wer die Geschichte der Kirche durchgeht, wird viele solcher sekundären Skandale finden - nicht jedes tapfer festgehaltene Non possumus war ein Leiden für die unabänderlichen Grenzen der Wahrheit, so manches davon war nur Verranntheit in den Eigenwillen, der sich gerade dem Anruf Gottes widersetzte, der aus den Händen schlug, was man ohne seinen Willen in die Hand genommen hatte.“ (Joseph Ratzinger, Das neue Volk Gottes, Entwürfe zur Ekklesiologie, Düsseldorf 1969, 317 f).

 

Die katholische Kirche sieht die Unfehlbarkeit des Papstes als streng begrenztes, an Bedingungen geknüpftes Lehramt, das stets kontextualisiert, eingegrenzt und ergänzt wird durch Kollegialität und den Glaubenssinn („sensus fidei“) der ganzen Kirche.

Geschrieben
vor 15 Minuten schrieb Frey:

"Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie "von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien"

„Bis hin zu den letzten gläubigen Laien“

Also Quatsch mit Soße, den das V2 da als Gourmet-Sterne-Gericht zu verkaufen versucht.

Erstens wird das nie eintreffen, zweitens ist da ja zwangsläufig der Papst auch enthalten.

Wenn man das fromme Pathos wegnimmt, bleibt übrig: „Der Papst ist unfehlbar, egal ob mit oder ohne Zustimmung der Kirche“

Also originär V1

 

Werner

Geschrieben
vor 15 Stunden schrieb Cosifantutti:

Der Bezugstag ist doch hier bei der Frage nach dem genauen Verständnis von Jungfräulichkeit der 24. März: Mariä Verkündigung...

Da hatte sie immer noch das gleiche Sternzeichen.. 

 

Ich finde das gar nicht wichtig.

 

 

Geschrieben
vor 18 Stunden schrieb iskander:

 

Dass zwei Phänomene (wie sexuelle Lust und Liebe) nicht strikt miteinander gekoppelt sind, bedeutet noch nicht, dass sie überhaupt nichts - oder kaum etwas  -miteinander zu tun hätten. Und dass es etliche Ausdrücke von Lieben geben kann, schließt nicht aus, dass nicht ein Ausdruck von besonderer Art ist.

 

 

Über Jesus wissen wir ja nicht mit Sicherheit, ob er verheiratet war oder nicht. Es gibt durchaus Argumente dafür, dass er es war, auch wenn diese wohl nicht zwingend sind. Dass Jesus laut Evangelien nicht biologisch gezeugt wurde, sondern durch den Hl.Geist empfangen wurde, soll offenbar seine göttliche, übermenschliche Herkunft unterstreichen, vor allem wohl auch im Licht einer bestimmten Septuaginta-Interpretation. Dahinter steht aber offenbar keine grundsätzliche Sexualfeindschaft, wie ich gleich erläutern werde.

 

Dass Maria niemals mit Josef verkehrte, ist eine kirchliche Tradition, die durch das Evangelium nicht gedeckt ist, sondern zu ihm im Widerspruch steht. In Mt 1,25 heißt es nämlich:

 

"Er [Josef] erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus."

 

Diese Formulierung scheint sehr stark zu implizieren, dass er sie "erkannte", nachdem Jesus geboren war. 

 

Dem wird entgegengehalten, dass es in der Bibel ähnliche Formulierungen gebe, die jedoch nicht bedeuten solle, dass etwas jemals geschah oder getan wurde; im Sinne von: "Er tat/erlebte dies und das bis zu seinem Tode nicht."

 

Das sind aber zwei Paar Stiefel: Wenn ich sage "Bis zu seinem Tod verließ er seine bayerische Heimat nicht", dann will ich damit sagen, dass er Bayern überhaupt nie verlassen hat. Wenn ich hingegen sage: "Bis zum Beginn seines Studiums verließ er Bayern nicht", dann will ich damit sagen, dass er sich während seines Studiums durchaus (auch) außerhalb von Bayern aufhielt. So wird das auch jeder verstehen.

Hätte der Autor des Matthäus-Evangelimus zum Ausdruck wollen, dass Maria zeit ihres Lebens niemals sexuellen Verkehr mit Josef hatte, hätte er kaum gesagt, dass sie bis zur Geburt von Jesus keinen sexuellen Verkehr mit Josef hatte, sondern er hätte sich sehr wahrscheinlich anders ausgedrückt. 

 

Warum muss Maria dann dennoch stets Jungfrau geblieben sein, auch nach der Empfängnis Jesu durch den Hl. Geist und nach der Geburt Jesu - also zu einer Zeit, zu der eine sexuelle Aktivität Mariens Jesu alleinige Zeugung durch den Hl. Geist nicht mehr infragestellen könnte? Offenbar aufgrund einer tiefen Abneigung gegen alles Sexuelle, welche noch nicht in den Evangelien zu finden ist, aber relativ früh einsetzte (und die von antiken Denkströmungen beeinflusst war)! Heiligkeit und Sexualität schlossen sich aus. So heißt es bei Ranke-Heinemann (Eunuchen für das Himmelreich):

 

"Nach der Lehre der Kirche hätte Jesus zu der ganzen Erlösung überhaupt keine Lust gehabt, er wäre gar nicht erst Mensch geworden, oder er hätte sich eine andere Mutter gesucht, wenn Maria z. B. Lust gehabt hätte, außer ihm noch mehr Kinder zu gebären. Das erklärte schon Papst Siricius im 4. Jahrhundert. Er behauptete, in einem solchen Fall hätte Jesus Maria nicht als Mutter akzeptiert: »Jesus hätte sich nicht die Geburt aus einer Jungfrau gewählt, wenn er sie als so wenig enthaltsam hätte betrachten müssen, daß jener Schoß, aus welchem der Leib des Herrn gebildet wurde, jene Halle des ewigen Königs, durch die Beiwohnung eines männlichen Samens befleckt werden würde. Wer das behauptet, behauptet nichts anderes als den Unglauben der Juden« (Brief an Bischof Anysius aus dem Jahr 39a). [...] Daß das nicht etwa die Privatmeinung eines einzelnen Papstes war, bestätigt der katholische Dogmatiker Michael Schmaus, wenn er sagt, mit seinen Behauptungen lege Siricius »ein Zeugnis für die einstimmige Lehre der Kirche« ab (Katholische Dogmatik, Bd. 5: Mariologie, 1955, S. 109; zit. Mariologie)."

 

(Speziell für @rorro: Neben Gregor d.Gr. und Innozenz III. haben wir hier ein weiteres Beispiel für einen Papst, der klar sagt, dass auch der legitime eheliche Verkehr befleckend ist. So viel auch zur Frage, ob die heutige kath. Sexualmoral der traditionellen allgemein entspricht oder ob es erhebliche Diskrepanzen gibt.)

 

Und von dieser Feindschaft gegen jede sexuelle Lust kommt ja auch die ganze traditionelle Verehrung der Jungfräulichkeit her. Da geht es eben nicht primär darum, dass jemand auf Ehe und Familie verzichtet, um sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Nein, es geht auch und vor allem auch um die Vermeidung des Sexuellen, welches als niedrig, befleckend und schmutzig angesehen wird. Und zu einem Gutteil geht es da um das Hymen; deshalb gibt es auch bis heute zwar eine "Jungfrauenweihe", aber kein Äquivalent für Männer.

 

Und deshalb darf Jesus auch keine leiblichen Geschwister gehabt haben, sondern man versucht, die Texte so auszulegen, dass das entweder nur Kinder von Josef allein waren, oder Cousins und Cousinen von Jesus. Die naheliegendste und plausibelste Interpretation des Textes kommt nicht in Betracht, denn Maria darf nicht durch die widerliche Sexualität "befleckt" worden sein.  

 

 

Es hat ja nicht jeder Mensch  gleichviel Lust auf Sex.

Oder darauf,verheiratet zu sein,was übrigens  nicht unbedingt auf das Gleiche  rausläuft.

 

Aber für den persönlichen Glauben finde ich das ziemlich unwichtig.

 

Geschrieben
vor 18 Stunden schrieb iskander:

Warum muss Maria dann dennoch stets Jungfrau geblieben sein, auch nach der Empfängnis Jesu durch den Hl. Geist und nach der Geburt Jesu - also zu einer Zeit, zu der eine sexuelle Aktivität Mariens Jesu alleinige Zeugung durch den Hl. Geist nicht mehr infragestellen könnte? Offenbar aufgrund einer tiefen Abneigung gegen alles Sexuelle

Siricius war Zeitgenosse von Augustinus. Hing die ganze Geschichte mit der Jungfräulichkeit nicht mit der Erbsünde zusammen? Da wäre eher die Frage, ob die Erbsünde so ein Thema wurde, weil die Herren Probleme mit ihrer Sexualität hatten oder ob die Probleme mit dem Sex aus der Erfindung der Erbsünde herrührten.

 

Das Festhalten an der Erbsündenlehre nach Augustinus ergibt zwar mMn wenig Sinn, nachdem die Kirche, die Idee der Weitergabe der Seele bei der Zeugung durch den Vater längst verworfen hat (was aber für Augustinus noch notwendige Bedingung war), aber das ist vermutlich nur einer von vielen unauflöslichen Widersprüchen im kirchlichen Lehrkonstrukt.

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Flo77:

Siricius war Zeitgenosse von Augustinus. Hing die ganze Geschichte mit der Jungfräulichkeit nicht mit der Erbsünde zusammen? Da wäre eher die Frage, ob die Erbsünde so ein Thema wurde, weil die Herren Probleme mit ihrer Sexualität hatten oder ob die Probleme mit dem Sex aus der Erfindung der Erbsünde herrührten.

 

Ich hatte gestern beim Raussuchen des Zitates von Ranke-Heinemann (nochmals) das Kapitel über die Sexualfeindschaft der (damaligen) Stoa und Gnosis gelesen. Ich glaube, dass hier tatsächlich die antike Umwelt das frühe Christentum stark und nachhaltig beeinflusst hat, und dass eine Lehre wie die, dass der Sexualverkehr das Vehikel für die Erbsünde sind, selbst schon von dieser Sexualfeindschaft gab - auch wenn  derartige Lehren diese Sexualfeindschaft dann natürlich wiederum verstärkt haben. Auch im christlichen Raum gab es bereits vor Augustinus und seiner entsprechenden Doktrin ja eine sehr negative Haltung zur Sexualität.  

Geschrieben
vor 35 Minuten schrieb iskander:

Ich hatte gestern beim Raussuchen des Zitates von Ranke-Heinemann (nochmals) das Kapitel über die Sexualfeindschaft der (damaligen) Stoa und Gnosis gelesen. Ich glaube, dass hier tatsächlich die antike Umwelt das frühe Christentum stark und nachhaltig beeinflusst hat, und dass eine Lehre wie die, dass der Sexualverkehr das Vehikel für die Erbsünde sind, selbst schon von dieser Sexualfeindschaft gab - auch wenn  derartige Lehren diese Sexualfeindschaft dann natürlich wiederum verstärkt haben. Auch im christlichen Raum gab es bereits vor Augustinus und seiner entsprechenden Doktrin ja eine sehr negative Haltung zur Sexualität.  

Nun hat es solche Strömungen auch schon im Judentum der Zeitenwende gegeben. Die "Essener" bzw. die Gruppen, die heute unter diesem Begriff zusammengefasst werden, zeichneten sich durch eine extreme Sorge um die rituelle Reinheit mit täglicher(?) Mikwe aus. Das an sich wird der heidenchristlichen Kirche zwar egal gewesen sein, aber das Phänomen selbst, war nicht neu. Für die christliche Entwicklung waren die heidnischen Philosophien definitiv entscheidend. Genau wie die komplette Lehre von den vier letzten Dingen völlig anders verlaufen wäre, wenn über die Heidenchristen nicht die Idee von der unsterblichen Seele hineingetragen worden wäre.

 

Ich lese gerade "Restoring Abrahamic Faith" von James Tabor. Ich teile weiß Gott nicht alle seine Interpretationen, aber die Frage, wie ein Leben mit dem Gott Abrahams aussehen kann, daß eben nur innerweltlich ist und keine Fortsetzung im Jenseits hat, ist sehr interessant.

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