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Koran und Bibel


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Geschrieben
Am 5.9.2025 um 10:38 schrieb Katholikos:

 

Ich finde die Kombination dieser beiden Aussagen interressant. Kann man - aus einer neutralen Sicht heraus - wesentliche Unterschiede zwischen der faktischen (nicht den tradierten) Entstehungsgeschichte von Bibel und Koran benennen, die einen Muslim dazu bewegen könnten, Christ zu werden? Auch würde ich mal behaupten, dass auch die Bibel für sich genommen "Widersprüche" in sich birgt, die ohne weiteren Background zur Entstehung der Einzeltexte und zur tradierten Schriftauslegung kaum auflösbar sind. 

 

Am 5.9.2025 um 15:14 schrieb rorro:

 

Das wären zwei Schritte - der erste wäre anzuerkennen wie ihr Prophet Mohammed lebte (u.a. der Beischlaf als über 50jähriger mit der extrem jungen Aisha, die wahrscheinlich da 9 Jahre alt war, zur Hochzeit war sie wahrscheinlich 6). Mohammed gilt im gesamten islamischen Raum als Vorbild für alle Menschen - somit auch seine Kinderehe (was für sehr Gläubige auch kein Problem ist, da für sie Mohammed den Maßstab setzt was richtig und falsch ist).

Dann gibt es noch überlieferte(!) Tatsachen wie die Entstehung des Qur'an in seiner jetzigen Form - das hat der dritte Kalif Uthman so verfügt. Er wollte das Buch vereinheitlichen (interessante Détails dazu im Link).

 

Beides werden die wenigsten Muslime wissen - und auch nicht glauben.

Ich beginne hier mal einen neuen Thread zu diesem Thema, da ich die Parallelen und Unterschiede und daraus ableitbare Implikationen zu Religion an sich interressant finde und einen mir selbst noch nicht ganz klaren und daher zugegeben noch etwas wirr klingenden Gedankengang hatte:

 

(Die Sache mit Aisha hat meine Meinung nach nichts mit der Entstehung des Korans zu tun und wäre ein anderes Thema.)

 

Die anscheinend unter Kalif Uthman erfolgte Vereinheitlichung und Konsolidierung des Koran-Kanons spiegelt ja entsprechende Entwicklungen im Christentum bezüglich der Kanonisierung der biblischen Schriften, insbesondere des NT. Daher nochmal meine Frage, die ich zur Diskussion stelle: Kann der reine Vergleich von Inhalt und Entstehung von Bibel und Koran zu einer Glaubenentscheidung führen? Das wäre sozusagen ein "sola scriptura"-Ansatz in "bester" evangelischer Tradition. Oder muss dazu nicht immer zwingend die Beschäftigung mit dem "Gesamtpaket" (Tradition und Glaubensauslegung) erfolgen?

 

Kann man noch einen Schritt weitergehen? Muss Glaube nicht zwingend im Keim eine Herzensangelegenheit sein? Nicht eine heilige Schrift nährt den Glauben, sondern die überlieferte Glaubenstradition. Die Existenz des Korans zeigt doch, dass kein Buch allein das Fundament eines Glaubens sein kann. Das Buch selbst wird ja erst durch den Glauben daran zu einer "heiligen Schrift". Der zentrale Grundsatz der Reformation kann dadurch ad absurdum geführt werden, da ja nur die überlieferte Glaubenstradition die Bibel zur Glaubensquelle macht. Wenn ich mich also gegen diese (katholisch-apostolische) Tradition auflehne, nehme ich auch der Bibel das Fundament, da sie ja innerhlab dieser Traditon entstanden und weitergegeben wurde.

 

(NB: Mit "Bibel" meine ich in obigem Zusammenhang  natürlich im wesentlichen das NT. Mir ist schon klar, dass das AT auch ohne die katholische Kirche auskommt. Und mit katholisch schließe ich im größeren historischen Kontext natürlich auch Traditionen ein, die heute als "orthodox" gekennzeichnet werden)

 

 
Geschrieben

Der größte Unterschied zwischen Bibel und Koran: die Bibel besteht zum größten Teil aus Erzählungen, das ist beim Koran nicht der Fall. Man kann ihn am ehesten mit Levitikus vergleichen.

Die Erzähleelemente des Islam finden sich in den Hadithen

 

Werner

Geschrieben
vor 22 Minuten schrieb Katholikos:

Kann der reine Vergleich von Inhalt und Entstehung von Bibel und Koran zu einer Glaubenentscheidung führen? Das wäre sozusagen ein "sola scriptura"-Ansatz in "bester" evangelischer Tradition. Oder muss dazu nicht immer zwingend die Beschäftigung mit dem "Gesamtpaket" (Tradition und Glaubensauslegung) erfolgen?

Ich würde da gerne noch eine dritte Religion als weitaus "jüngeres" Beispiel in den Ring werfen: die Mormonen.

 

Auch das Buch Mormon gilt seinen Anhängern als reine Offenbarung und Wort Gottes, hat also den gleichen Stellenwert wie der Koran für den Islam.

 

Ich denke der Unterschied zur Bibel und auch zum Tanach liegt im Begriff "Wort Gottes". Koran und Buch Mormon gelten im Prinzip als "diktiert", während die Bibel und auch der Tanach als "inspiriert" gelten.

 

Allerdings dürfte allein die Textentstehung auf die Glaubensentscheidung eher geringen Einfluss haben. Die theologische Aussage wird für Konvertiten sehr viel entscheidender sein.

 

Auch unter christlichen Laien dürfte das Wissen um die diversen Einschübe bei Paulus, die unterschiedlichen "Urfassungen" der Evangelien, das Fehlen der Trinität in den ersten Exemplaren des Johannesevangeliums, etc., etc., etc. eher selten vorhanden sein. Für jemanden, der der christlichen "Orthodoxie" (sprich dem trinitarischen Christentum nach dem 2. Konstantinopolitanum) anhängt, spielt nicht die Genese des Textes eine Rolle, sondern seine Aussage.

 

Um einen Menschen zum Christentum konvertieren zu lassen, muss er von seiner Erlösungsbedürftigkeit überzeugt werden und davon, daß die Kirche vertrauenswürdig genug ist, die Werkzeuge und Heilmittel für eben jene Erlösungsbedürftigkeit anbieten zu können. Oder man bekommt ihn über das Gemeinschaftserlebnis.

 

Für mich selbst, war das Wissen um die Entstehung des Buch Mormon, des Koran, der Bibel und des Tanach am Ende der Tropfen, der mich von den ersten beiden von vorne herein ferngehalten und zu den beiden letzteren auf eine gewisse Distanz gebracht hat. Die Zuwendung zu einer Buchreligion dürfte am Ende des Tages elementar vom Vertrauensverhältnis abhängen, daß man denen entgegenbringt, die das "Buch" verwalten.

Geschrieben

Wilden Räuberpistolen von korandiktierenden Engeln oder englisch offenbarten Goldtafeln mit Inschriften in „reformiertem Altägyptisch“ kann ich schon mal grundsätzlich keinen Glauben schenken. (Man muss sich nur mal vorstellen, wieviele Goldtafeln nötig wären, um das Buch Mormon darauf zu ritzen, völlig absurd die Geschichte.

 

Bei der Bibel gibt es die absurden Entstehungsgeschichten nicht. Und da ernstzunehmende Christen auch nicht behaupten, dass der Inhalt aus historischen Tatsachenberichten bestünde, hab ich mit der Bibel deutlich weniger Probleme 

 

Werner

Geschrieben

Das ist ja genau einer meiner Punkte. Nicht ein Buch schafft Glauben, sondern der Glaube macht das Buch zur glaubensrelevanten Schrift. Wenn also einer glaubt, durch Verteilung von Koranen oder Bibeln oder dem Buch Mormon den Glauben verbreiten zu können, macht das wenig Sinn. Erst ein durch Tradition und Lehramt vermittelter Glaube, der einen persönlich überzeugt, macht das jeweils relevante Buch zur "Heiligen Schrift". Die Lektüre allein kann dagegen sogar zu falschen Ansichten im persönlichen Glauben führen. Insofern ist ein "sola scriptura"-Ansatz, als auch die persönliche Schriftauslegung, als auch Glaubenskritik anhand allein (!) der Bibel oder des Korans wenig überzeugend.

 

vor 18 Stunden schrieb Werner001:

 

Bei der Bibel gibt es die absurden Entstehungsgeschichten nicht. Und da ernstzunehmende Christen auch nicht behaupten, dass der Inhalt aus historischen Tatsachenberichten bestünde, hab ich mit der Bibel deutlich weniger Probleme 

 

 

Du machst die Glaubwürdigkeit einer religiösen Quelle für dich davon abhängig, wie die jeweilige Glaubensgemeinschaft damit umgeht? Interressanter Ansatz. Man kann also überspitzt sagen, du lässt dich von der jeweiligen Religion manipulieren. Gut, dass wir Christen ja dann deinen Geschmack am ehesten treffen. 🙂

Ansonsten glaube ich nicht, dass ernsthafte Christen die Historizität der Bibel anzweifeln: Es sind natürlich historische Glaubensberichte.  

 

 

Geschrieben
vor 22 Stunden schrieb Flo77:

Für mich selbst, war das Wissen um die Entstehung des Buch Mormon, des Koran, der Bibel und des Tanach am Ende der Tropfen, der mich von den ersten beiden von vorne herein ferngehalten und zu den beiden letzteren auf eine gewisse Distanz gebracht hat. 

 

Kannst du das näher erläutern? Haben AT, NT und Koran zunächst mal außerreligiös nicht sehr ähnliche Entstehungsgeschichten? Redigierte und im Laufe der Zeit vereinheitlichte Sammlungen religiöser Texte? Und ist nicht auch in der innerreligiösen Schau den drei abrahamitischen Religionen gemeinsam, dass die Textstabilität durch "Gottesdiktat" oder "Gottesinspiration" belegt werden soll? Wie kann ich also daraus aus einer neutralen, externen Sicht entscheidende Unterschiede herausarbeiten, wenn ich nicht schon vorab eine Glaubenentscheidung getroffen habe?

 

vor 22 Stunden schrieb Flo77:

Die Zuwendung zu einer Buchreligion dürfte am Ende des Tages elementar vom Vertrauensverhältnis abhängen, daß man denen entgegenbringt, die das "Buch" verwalten.

 

Genau. Das ist glaube ich das, worauf ich hinaus will. Der Charakter der Glaubensgemeinschaft an sich ist das entscheidende, nicht das "Buch".

Geschrieben (bearbeitet)
vor 23 Stunden schrieb Katholikos:

(Die Sache mit Aisha hat meine Meinung nach nichts mit der Entstehung des Korans zu tun und wäre ein anderes Thema.)

Sehe ich auch so. Wenn wir anfangen die Schriften nach moralischen Maßstäben zu bewerten, die wir auf der Grundlage zeitgemäßer Moral an Autoren und Prediger der Schriften anlegen, dann kommen weder Koran noch die Bibel gut dabei weg. Das pseudo-Argument des Lebenswandels Mohammeds ist lediglich ein Kampfmittel streitsüchtiger Christen, die gegen den Islam polemisieren wollen.

 

vor 23 Stunden schrieb Katholikos:

Die anscheinend unter Kalif Uthman erfolgte Vereinheitlichung und Konsolidierung des Koran-Kanons spiegelt ja entsprechende Entwicklungen im Christentum bezüglich der Kanonisierung der biblischen Schriften, insbesondere des NT.

Auf der einen (muslimischen) Seite ließ man alte Schriftversionen verbrennen (und vermutlich gab es deswegen in der Anfangszeit auch gewalttätige Auseinandersetzungen) und auf der anderen (christlichen) Seite verwarf man Schriften (vielleicht verbrannte man sie auch), die man als nicht kanonisierungswürdig ansah, ging man rigoros gegen Abweichler in Glaubensfragen vor (Ämterentzug, Bann, Verfolgung, Repression), später (nach bereits erfolgter Kanonisierung) dann auch Folter und Feuertod.

 

vor 23 Stunden schrieb Katholikos:

Daher nochmal meine Frage, die ich zur Diskussion stelle: Kann der reine Vergleich von Inhalt und Entstehung von Bibel und Koran zu einer Glaubenentscheidung führen? Das wäre sozusagen ein "sola scriptura"-Ansatz in "bester" evangelischer Tradition. Oder muss dazu nicht immer zwingend die Beschäftigung mit dem "Gesamtpaket" (Tradition und Glaubensauslegung) erfolgen?

 

Kann man noch einen Schritt weitergehen? Muss Glaube nicht zwingend im Keim eine Herzensangelegenheit sein? 

Grundsätzlich würde ich bei Menschen nichts ausschließen, was zur Glaubensentscheidung führen kann. Demzufolge könnte dies auch "der reine Vergleich von Inhalt und Entstehung von Bibel und Koran" sein. Dabei muss man berücksichtigen, dass Glaubensenscheidungen halt oft nicht wirklich durchdacht sind und/oder auf Täuschungen beruhen und/oder die "vernünftige" Begründung der eigenen Glaubensenscheidung nur dazu dient, anderen gegenüber (retrospektiv) zu legitimieren, wozu man sich eigentlich gar nicht auf der Basis vernünftigen Denkens entschlossen hat, weil es tatsächlich einfach mit einem auf eine Art und Weise "geschehen" ist, die man gar nicht mehr nachvollziehen kann, womit man aber nun so zufrieden ist, dass man das auch gar nicht mehr hinterfragen will. Deshalb, müsste ich mich entscheiden zwischen "Vernunftangelegenheit" und "Herzensangelegenheit" würde ich mich für letzteres entscheiden, wohlwissend, dass auch Gottes gnädige Fügung auf Seiten der Vernunft (im Kontext einer "Vernunftangelegenheit" also) oft in einem Schluss endet, welcher das Herz erfreut und so oft nicht kategorisch zwischen "Vernunftangelegenheit" und "Herzensangelegenheit" unterschieden werden kann.

 

 

vor 23 Stunden schrieb Katholikos:

Nicht eine heilige Schrift nährt den Glauben, sondern die überlieferte Glaubenstradition. 

Hier wird das Eis aber schon dünner, wenn man den Bann des Fideismus und des Traditionalismus durch das Lehramt berücksichtigt.

 

 

vor 23 Stunden schrieb Katholikos:

Die Existenz des Korans zeigt doch, dass kein Buch allein das Fundament eines Glaubens sein kann. Das Buch selbst wird ja erst durch den Glauben daran zu einer "heiligen Schrift". 

Dogmatisch ist die "heilige Schrift" deshalb heilig, weil sie die Offenbarung Gottes enthält/ist. Die Heiligkeit der Schrift gründet also auf der Objektivität der Offenbarung Gottes, nicht auf einer Subjektivität des Glaubens. Warum aber Gott sich auf unterschiedliche Weisen offenbaren sollte, das ist eine Frage einer Theologie, die diese Möglichkeit zulässt und nicht von vornherein ausschließt.

 

vor 23 Stunden schrieb Katholikos:

Der zentrale Grundsatz der Reformation kann dadurch ad absurdum geführt werden, da ja nur die überlieferte Glaubenstradition die Bibel zur Glaubensquelle macht. Wenn ich mich also gegen diese (katholisch-apostolische) Tradition auflehne, nehme ich auch der Bibel das Fundament, da sie ja innerhlab dieser Traditon entstanden und weitergegeben wurde.

Egal welches reformatorische Axiom man wählt, um es als "zentralen Grundsatz" vorzustellen, es ist jedes für sich genommen absurd, weil selbst-widersprüchlich (und alle zusammen genommen sind sowieso absurd). Damit will ich nicht ausschließen, dass es in diesen Gemeinden viele Rechtgläubige geben kann. Was ich ausschließe ist lediglich, dass sie ein konsistentes theologisches Fundament haben und dass "sola scriptura", "scriptura" ohne auslegende Theologie also, im Bereich des Möglichen liegen könnte.

 

 

bearbeitet von SteRo
Geschrieben
vor 17 Minuten schrieb Katholikos:

Die Lektüre allein kann dagegen sogar zu falschen Ansichten im persönlichen Glauben führen.

"Falsch" ist hier mMn wohl nicht wirklich eine anwendbare Kategorie. Die Lektüre allein kann zu einer eigener Interpretation des Glaubens führen, der vielleicht nicht mit der ursprünglichen Glaubenserfahrung des Autors übereinstimmt. Ist der so gefundene Glauben darum "falsch"?

 

Ich finde diese Klassifikation etwas schwierig, da die Kirche selbst ihreTexte immer wieder uminterpretiert bzw. umgeschrieben hat und die ursprünglichen Aussagen der Autoren - sowohl des Neuen Testaments aber noch mehr des Alten - ja nicht "bewahrt" sondern mehr oder weniger hemmungslos vermischt.

 

Nimmt man nur jeweils den reinen Text des Johannesevangeliums, Markusevangeliums oder die Originalfassung des Lukasevangeliums käme man z.B. nie von alleine auf die 2-Naturen-Lehre. Oder auf die Jungfrauengeburt.

Anderes Beispiel: Nimmt man das Markusevangelium ist der Tod Jesu definitiv ein Sühneopfer. Bei Lukas fehlt dieser Aspekt, da geht es um die Umkehr und die Reue aber nicht um die Sühne (und ich bedaure zutiefst, daß Lukas das "Eli, Eli" von Markus durch das "Vater in deine Hände" ersetzt hat, aber das gilt für den Taufpsalm ja schon innerhalb der Textgeschichte bei Lukas von "heute habe ich dich gezeugt" zu "an dir habe ich wohlgefallen").

 

Und diese Schwierigkeiten dürften bei der Betrachtung anderer Heiliger Schriften wohl ebenso auftreten. Wobei da natürlich dann auch die Frage aufkommt, ob die Kommentarliteratur (der Katechismus im Christentum, die Hadithen im Islam, die Talmudim im Judentum, etc.) nicht eigentlich auch als "Schrift" im engeren Sinne gesehen werden müssten. Wobei ich sowohl für Christentum als auch für Islam und Judentum nicht einmal diese hohen Kommentare für ausreichend halte.

 

Je nachdem, wie Komplex ein Glaubenssystem ist, ist eine Schrift alleine entweder nicht ausreichend oder sie muss extrem umfangreich sein (wer mal ein Schema mormonischer Jenseits- bzw Lebenszyklusvorstellungen betrachtet hat, ahnt, was ich meine).

 

Ich denke, ohne Schulung/Katechese sprich ein Gemeinschaftserlebnis ist die Vermittlung des tatsächlichen Glaubens des Gläubigen kaum machbar.

Geschrieben
vor 31 Minuten schrieb Katholikos:
vor 22 Stunden schrieb Flo77:

Für mich selbst, war das Wissen um die Entstehung des Buch Mormon, des Koran, der Bibel und des Tanach am Ende der Tropfen, der mich von den ersten beiden von vorne herein ferngehalten und zu den beiden letzteren auf eine gewisse Distanz gebracht hat. 

 

Kannst du das näher erläutern? Haben AT, NT und Koran zunächst mal außerreligiös nicht sehr ähnliche Entstehungsgeschichten? Redigierte und im Laufe der Zeit vereinheitlichte Sammlungen religiöser Texte? Und ist nicht auch in der innerreligiösen Schau den drei abrahamitischen Religionen gemeinsam, dass die Textstabilität durch "Gottesdiktat" oder "Gottesinspiration" belegt werden soll? Wie kann ich also daraus aus einer neutralen, externen Sicht entscheidende Unterschiede herausarbeiten, wenn ich nicht schon vorab eine Glaubenentscheidung getroffen habe?

Ich habe ja jetzt ein fast 40jähriges Ringen mit der Kirche hinter mir, mit vielen Momenten in denen ich mich auch mal woanders umgesehen habe.

 

Beim Koran z.B. habe ich allerdings von Anfang an, diese Offenbarungsgeschichte für Humbug gehalten. Zumal ich immer noch der Meinung bin, wenn man als Christ diese Offenbarung auch nur als Möglichkeit in Betracht zieht, attestiert man dem Ewigen Schizophrenie oder massive Amnesie, aber das ist ein anderes Thema.

 

Über die Entstehungsgeschichte von AT und NT wusste ich lange Zeit wenig bis gar nichts. Für mich war dieses Buch in der Form wie wir es heute haben, eine 1:1 Kopie der Texte, die damals geschrieben wurden. Ich habe ewig gebraucht, bis ich die Evangelien nicht mehr wörtlich-historisch gelesen habe.

Ich habe der Kirche geglaubt und die Entstehungsgeschichte der Schrift war für mich schlicht kein Thema. Ich kann mich auch nicht erinnern, daß das in meinem Umfeld jemals Thema gewesen wäre.

 

Insofern hast Du recht damit, daß bei mir bereits eine Glaubens"entscheidung" vorlag, was allerdings weder bewusst noch überlegt passierte.

 

Weshalb ich heute ja auch zu zentralen Inhalten christlichen Glaubens eine weitgehende kritische Distanz halte, eben weil die Textgenese auf der diese Inhalte beruhen - von den anderen äußeren Einflüssen ganz abgesehen - für mich zweifelhaft ist und ich der Kirche schlicht nicht das nötige Vertrauen entgegenbringen kann. Eben weil ich mich etwas vera****t fühle. Was aber auch an einem anderen Spezifikum der Buchreligionen liegt. Bei Glaubensgesprächen habe ich bisher immer den Eindruck gehabt, die Schrift wird als Begründung verwendet. Also ein Satz ist wahr, weil in der Schrift steht.. Ich habe noch nie die Formulierung gehört "wir glauben x und das wird in der Schrift mit y ausgedrückt". Henne und Ei halt.

Geschrieben
vor 13 Stunden schrieb Katholikos:

Und ist nicht auch in der innerreligiösen Schau den drei abrahamitischen Religionen gemeinsam, dass die Textstabilität durch "Gottesdiktat" oder "Gottesinspiration" belegt werden soll?

Also zwischen Inspiration und Diktat ist doch ein himmelweiter Unterschied!

Weder Juden noch Christen behaupten ein Diktat. Inspiration ist subjektiv, und kann auch falsch sein. Deshalb steinigen wir heute auch keinen mehr. Würde die Bibel als Gottesdiktat angesehen, wäre es eine Sünde, nicht zu steinigen.

 

Werner

Geschrieben (bearbeitet)
Am 11.9.2025 um 10:52 schrieb Katholikos:

Das wären zwei Schritte - der erste wäre anzuerkennen wie ihr Prophet Mohammed lebte (u.a. der Beischlaf als über 50jähriger mit der extrem jungen Aisha, die wahrscheinlich da 9 Jahre alt war, zur Hochzeit war sie wahrscheinlich 6). Mohammed gilt im gesamten islamischen Raum als Vorbild für alle Menschen - somit auch seine Kinderehe (was für sehr Gläubige auch kein Problem ist, da für sie Mohammed den Maßstab setzt was richtig und falsch ist).

Dann gibt es noch überlieferte(!) Tatsachen wie die Entstehung des Qur'an in seiner jetzigen Form - das hat der dritte Kalif Uthman so verfügt. Er wollte das Buch vereinheitlichen (interessante Détails dazu im Link).

 

Beides werden die wenigsten Muslime wissen - und auch nicht glauben.

 

Das ist nun doch etwas einseitig und polemisch. Zum einen scheint es umstritten zu sein, wie zuverlässig die Überlieferungen von dem frühzeitigen Vollzug der Ehe sind:

 

"Some contemporary researchers have questioned the reliability of reports giving Aisha's marriage and consummation at a very young age. Joshua Little, in a 2022 DPhil thesis at the University of Oxford, used isnad-cum-matn analysis to argue that the marital-age hadiths likely originated in eighth-century Iraq, rather than Medina, and were shaped by sectarian polemics. He notes their absence in early Medinan legal collections such as Imam Malik's al-Muwatta and emphasizes that they began circulating only in later, geographically distant contexts. According to Little, the attribution of such reports to Aisha was intended to elevate her status in early Sunni-Shi'a disputes by stressing her virginal purity and proximity to Muhammad from a young age. According to Javad Hashmi, Little's findings correspond with the work of several modern Muslim scholars and authors who have previously addressed the question, although many of those earlier treatments have been apologetic in character rather than grounded in critical scholarship.[40]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Aisha

 

Zum anderen muss man sagen, dass die damaligen Bedingungen doch teilweise anders waren als heute - etwa indem generell viel früher geheiratet wurde. Im Römischen Reich soll das Heiratsalter für Mädchen bei 12 gelegen haben; im Judentum sollen Mädchen öfter verheiratet worden sein, bevor sie 12 1/2 Jahre alt waren. Gemäß dem kirchlichen Recht vor 1917 lag das legale Mindest-Heiratsalter für Mädchen ebenfalls bei 12 Jahren.

Laut dem verlinkten Wikipedia-Artikel fanden selbst christliche Autoren im Mittelalter und der frühen Moderne, die gegen den Islam polemisierten, offenbar nichts an der (angeblichen) frühen Hochzeit und "Defloration" von Aisha auszusetzen. 

 

Das meine ich nicht als Exkulpation - aber man bedenke etwa, dass manche gottgefälligen Helden  des ATA beispielsweise einfach Sex mit der Magd hatten, weil die Frau unfruchtbar war (wie "freiwillig" war das wirklich?); oder dass sie zahlreiche Frauen und Nebenfrauen hatten (auch da ist die Freiwilligkeit womöglich diskutabel); oder dass sie Sklaven besaßen etc.

 

Des Weiteren ist es merkwürdig, wenn ein Christ es offenbar als dicken Minus-Punkt wertet, dass die Kanonisierung des Koran erst etwa 80 Jahre nach dem Tod von Mohammed zum Abschluss kam. Immerhin hat sich der biblische Kanon in seiner heutigen Form offenbar erst gegen das Ende des 4. Jhs. in seiner heutigen Form durchgesetzt - also ca. 350 Jahre nach dem Tode Jesu. 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
Am 19.9.2025 um 17:17 schrieb iskander:

 

Das ist nun doch etwas einseitig und polemisch. Zum einen scheint es umstritten zu sein, wie zuverlässig die Überlieferungen von dem frühzeitigen Vollzug der Ehe sind:

 

"Some contemporary researchers have questioned the reliability of reports giving Aisha's marriage and consummation at a very young age. Joshua Little, in a 2022 DPhil thesis at the University of Oxford, used isnad-cum-matn analysis to argue that the marital-age hadiths likely originated in eighth-century Iraq, rather than Medina, and were shaped by sectarian polemics. He notes their absence in early Medinan legal collections such as Imam Malik's al-Muwatta and emphasizes that they began circulating only in later, geographically distant contexts. According to Little, the attribution of such reports to Aisha was intended to elevate her status in early Sunni-Shi'a disputes by stressing her virginal purity and proximity to Muhammad from a young age. According to Javad Hashmi, Little's findings correspond with the work of several modern Muslim scholars and authors who have previously addressed the question, although many of those earlier treatments have been apologetic in character rather than grounded in critical scholarship.[40]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Aisha

 

Zum anderen muss man sagen, dass die damaligen Bedingungen doch teilweise anders waren als heute - etwa indem generell viel früher geheiratet wurde. Im Römischen Reich soll das Heiratsalter für Mädchen bei 12 gelegen haben; im Judentum sollen Mädchen öfter verheiratet worden sein, bevor sie 12 1/2 Jahre alt waren. Gemäß dem kirchlichen Recht vor 1917 lag das legale Mindest-Heiratsalter für Mädchen ebenfalls bei 12 Jahren.

Laut dem verlinkten Wikipedia-Artikel fanden selbst christliche Autoren im Mittelalter und der frühen Moderne, die gegen den Islam polemisierten, offenbar nichts an der (angeblichen) frühen Hochzeit und "Defloration" von Aisha auszusetzen. 

 

Das meine ich nicht als Exkulpation - aber man bedenke etwa, dass manche gottgefälligen Helden  des ATA beispielsweise einfach Sex mit der Magd hatten, weil die Frau unfruchtbar war (wie "freiwillig" war das wirklich?); oder dass sie zahlreiche Frauen und Nebenfrauen hatten (auch da ist die Freiwilligkeit womöglich diskutabel); oder dass sie Sklaven besaßen etc.

 

Des Weiteren ist es merkwürdig, wenn ein Christ es offenbar als dicken Minus-Punkt wertet, dass die Kanonisierung des Koran erst etwa 80 Jahre nach dem Tod von Mohammed zum Abschluss kam. Immerhin hat sich der biblische Kanon in seiner heutigen Form offenbar erst gegen das Ende des 4. Jhs. in seiner heutigen Form durchgesetzt - also ca. 350 Jahre nach dem Tode Jesu. 

Du übersiehst da ein paar wesentliche Dinge.

Erstens: wenn der Koran von Gott diktiert ist, was die zentrale Lehre des Islam ist, dann sind die 80 Jahre nach Mohammeds Tod natürlich ein entscheidender Punkt. Woher soll man denn wissen, dass das nach einem Jahrhundert noch das ist, was Gott mal diktiert hat?

Die Bibel besteht andererseits nach christlicher Ansicht aus „inspirierten Schriften“. Da ist es egal, wan die kanonisiert wurden.

Dann: Nebenfrauen etc. im AT: kennst du einen, irgendeinen Christen, für den Abraham oder Salomon Lebensvorbild ist? Für einen Moslem gilt aber Mohammed als das große Vorbild.

Mohammed hat nach islamischer Ansicht auch keine Fehler gemacht, weil alles, was er gemacht hat, angeblich auf direkte Weisung Gottes geschehen ist. Das gilt auch für den Fall Aisha.

Auf der christlichen Seite gibt es aber wohl niemanden, der mittelalterliche Praktiken hinsichtlich des Ehealters (12 ist immerhin auch doppelt so alt wie 6) für göttlich legitimiert hält, sondern man keine Schmerzen damit, das heute für falsch zu halten.

 

Lange Rede kurzer Sinn: du vergleichst Äpfel mit Birnen, und damit gehst du zwei Gruppen auf den Leim, die komplett unterschiedlich sind, aber gern in die gleiche Kerbe schlagen: Strenggläubigen Moslems und westlich-liberalen Islam-Apologeten

 

Werner

Geschrieben (bearbeitet)
vor 5 Stunden schrieb Werner001:

Erstens: wenn der Koran von Gott diktiert ist, was die zentrale Lehre des Islam ist, dann sind die 80 Jahre nach Mohammeds Tod natürlich ein entscheidender Punkt. Woher soll man denn wissen, dass das nach einem Jahrhundert noch das ist, was Gott mal diktiert hat?

 

Falls Gott tatsächlich Mohammed berufen haben sollte, sein Wort genau zu verkünden, würde es dann nicht auch in seiner Macht stehen, dafür zu sorgen, dass dieses Wort getreu erhalten bleibt?

 

Zitat

Die Bibel besteht andererseits nach christlicher Ansicht aus „inspirierten Schriften“. Da ist es egal, wan die kanonisiert wurden.

 

Das ist in dieser Form aber wohl ein relativ modernes Verständnis. Wenn ein Muslim zudem nicht wissen kann, dass die spätere Kanonisierung des Koran dem Willen Gottes entspricht: Woher soll ein Christ dann wissen können, dass der biblische Kanon Gottes Botschaft repräsentiert (dass der biblische Kanon also alle inspirierten Schriften enthält und nur diese)?

 

Zitat

Dann: Nebenfrauen etc. im AT: kennst du einen, irgendeinen Christen, für den Abraham oder Salomon Lebensvorbild ist?

 

Nein. Aber hier sehe ich auch eine gewisse Inkonsequenz. Pro forma beruft man sich auf das AT, und die entsprechenden Männer (und ein paar Frauen) gelten als treue Knechte (bzw. Mägde) Gottes. In Wahrheit sind diese Figuren und ihr Tun in vielerlei Hinsicht vom heutigen christlichen Verständnis aber doch so weit entfernt, dass man oft nicht wirklich allzu viel mit ihnen anfangen kann (oder sehe ich das falsch?). 

 

Zitat

Mohammed hat nach islamischer Ansicht auch keine Fehler gemacht, weil alles, was er gemacht hat, angeblich auf direkte Weisung Gottes geschehen ist. Das gilt auch für den Fall Aisha.

 

Allein schon im sunnitischen Islam gibt es ja mehrere große Schulen und Traditionslinien, und darüber hinaus ohnehin - ist es da wirklich das allgemein anerkannte Verständnis, dass alles, was Mohammed tat, ohne Fehler war? (Also nicht etwa allein etwa nur, dass er die Lehre Gottes fehlerfrei verkündet hat, sondern auch, dass er im persönlichen Leben nie eine falsche Entscheidung getroffen?) Und selbst wenn ja: Besteht auch ein allgemeiner Konsens, dass man als Muslim alle überlieferten Hadithe für wahr zu halten habe? Offenbar nicht.  

 

Zitat

Lange Rede kurzer Sinn: du vergleichst Äpfel mit Birnen, und damit gehst du zwei Gruppen auf den Leim, die komplett unterschiedlich sind, aber gern in die gleiche Kerbe schlagen: Strenggläubigen Moslems und westlich-liberalen Islam-Apologeten

 

Gehst nicht womöglich eher Du gewissen Strömungen innerhalb des Islam auf den Leim? Du behandelst den Islam so, als handele es sich bei ihm um ein undifferenziertes Phänomen, welches sich durch ein ganz bestimmtes, klar festgelegtes Verständnis mit bestimmten gültigen Regeln auszeichne. (Ich beziehe mich dabei auch auf andere Beiträge von Dir.)  

 

Das ist aber nur sehr bedingt der Fall. Im Katholizismus gibt es zwar ein zentrales Lehramt, das genau festlegt, was katholischer Glaube ist; und so kann man die Frage, ob etwas zum katholischen Glauben gehört oder nicht, im Hinblick auf so ziemlich alle Fragen klar und definitiv beantworten. So etwas existiert aber im Islam nicht. So wie es im Übrigen ja auch keine zentrale Autorität gibt, die festlegen würde, was "das Christentum" oder "das Judentum" sagen - weshalb unterschiedliche christliche und jüdische Strömungen dann auch teils sehr verschiedene Überzeugungen vertreten. 

 

Wenn man sagt, dass "der Islam", "das Judentum" oder "das Christentum" etwas lehren, kann das daher auch nur heißen, dass etwas nahezu universal von denjenigen, die sich selbst als Muslime/Juden/Christen betrachten, geglaubt wird (oder zumindest von ihren Predigern verkündet wird).  

 

Im real existierenden Islam gibt es nun aber ganz verschiedene Strömungen - vom Wahabitentum bis hin zum Sufismus. (Dass die meisten muslimischen Ländern in Zentralasien religiös tolerant und säkular sind, liegt wohl nicht nur an ihrer früheren Zugehörigkeit zur UdSSR, sondern an ihrer eher sufistischen Tradition?)

 

Wenn man dem entgegenhält, dass es eben doch den einen "wahren Islam" gebe, den man ganz einfach an einer wörtlichen Koran-Interpretation erkenne, dann stellt sich doch die folgende Frage: Warum sollte man gemäß dieser Logik das Judentum dann nicht einfach am Tanach messen und sagen, dass das "wahre" Judentum es gestattet, seine Tochter in die Sklaverei zu verkaufen? Gott sagt das ja immerhin höchstpersönlich zu Mose (2. Mose, 21, 7), und der entsprechende Text scheint doch nun eindeutig eine wörtliche Interpretation nahezulegen. "Dürfen" Juden sich ggf. über die ganz eindeutigen und kristallklaren Gebote ihres Hl. Buches hinwegsetzen und dennoch "wahre" Juden bleiben, während Entsprechendes für Muslime nicht gelten soll - und wenn das so sein sollte, warum?

(Im Übrigen ist der Koran teilweise auch interpretationsbedürftig (und zum Teil sogar widersprüchlich), so dass eine einfache wörtliche Interpretation ohnehin nicht an jeder Stelle möglich sein dürfte.)

 

Vor allem aber: Selbst wenn man sagen würde, dass nur die wahabitischen Muslime die "wahren" Muslime seien, und dass alle, die toleranter und moderner denken, Psuedo-Muslime seien: Was würde das ändern? Welche praktische Relevanz hätte das?

 

Pragmatisch gesehen kommt doch nicht darauf an, ob jemand, der sich selbst als Muslim (Jude, Christ) versteht, nach irgendeinem Maßstab ein "wahrer" Muslim (Jude, Christ) ist, sondern wie er sich verhält und wie man mit ihm auskommen kann. Wenn ich wählen müsste, ob ich nach Albanien oder Saudi-Arabien ziehe, wäre es mir als Nicht-Muslim völlig egal, ob nun eher die (muslimischen) Albaner oder die Saudis die "wahren" Muslime sind (wenn diese Frage für mich überhaupt einen Sinn ergeben würde); relevant wäre für mich vielmehr, dass Albanien ein säkulares und religiös tolerantes Land ist, und Saudi-Arabien eben nicht.

Welchen Nutzen hätte es nun, wenn ich den Albanern (oder den Einwohnern von Sierra Leone etc.) sagen würde: "Ihr seid aber gar keine wahren Muslime, weil der 'wahre' Islam..."

Selbst wenn das eine sinnvolle und wahre Aussage wäre - welche lebensrelevante oder politische Bedeutung (also welch Bedeutung jenseits eines rein akademischen Interesses) sollte sie für mich als Nicht-Muslim haben?

bearbeitet von iskander
Geschrieben

Es geht nicht um den „wahren“ Islam.

Das Christentum hat ein paar Basics, die von den ausgeflipptesten Pfingstlern bis zu den Piusbrüder Gemeingut sind. Der dreifaltige Gott, die Taufe, die Auferstehung der Toten, und einiges mehr.

 

Und auch im Islam gibt es solche Grundlagen. Der Koran, Mohammed als Prophet und sein Leben als Richtschnur für alle Moslems etc.

 

Aber das war ja garnicht der Punkt. Mein Punkt war: wer im Christentum „back to the basics“ geht, landet bei Jesu, bei „liebet eure Feinde“, „haltet  die andere Wange hin“ usw.

 

Wer beim Islam „back to the basics“ geht, landet beim Warlord und Sklavenhalter Mohammed, dessen Leben und Vorbild absolut jeder Kritik entzogen ist

 

Werner

Geschrieben
vor 41 Minuten schrieb Werner001:

Wer beim Islam „back to the basics“ geht, landet beim Warlord und Sklavenhalter Mohammed, dessen Leben und Vorbild absolut jeder Kritik entzogen ist

 

Werner

Das halte ich noch eher für heilbar als einiges andere: Dass Mohammed absolut fehlerfrei war, ist im Islam nicht zwingend Bestandteil des Glaubens. Nach islamischem Glauben hat Gott Mohammed den Koran offenbart - warum ausgerechnet ihm, weiß Gott allein.

In meinen Augen ist eher die Abrogationsthese ein Problem - und eins, in dem der Islam sich selbst widerspricht: Wenn jüngere Suren ältere aufheben können: Wie passt das mit einem fehlerfreien Gott zusammen und woher will ich wissen, dass Gott nicht heute etwas ganz anderes will als zur Zeit Mohammeds?

Geschrieben
Am 21.9.2025 um 21:13 schrieb Werner001:

Aber das war ja garnicht der Punkt. Mein Punkt war: wer im Christentum „back to the basics“ geht, landet bei Jesu, bei „liebet eure Feinde“, „haltet  die andere Wange hin“ usw.

 

Wer beim Islam „back to the basics“ geht, landet beim Warlord und Sklavenhalter Mohammed, dessen Leben und Vorbild absolut jeder Kritik entzogen ist

 

Ist dass wirklich genau so? Und wenn ja, spielt das in der Praxis eine so große Rolle? Gilt wirklich das konkrete Leben Mohammeds den Muslimen ganz allgemein als in jedem Aspekt vorbildhaft? Und wenn ja, welche konkreten Konsequenzen hat das?

 

Man hat die Sklaverei auch neutestamentlich (Paulus) gerechtfertigt. Andererseits haben sämtliche mehrheitlich islamischen Staaten der Welt die Sklaverei abgeschafft, und zwar nicht so lange, nachdem die letzten mehrheitlich christlichen Staaten das getan haben.

 

Ja, es gab den Islamischen Staat. Allerdings ist der in einer extrem chaotischen und gewaltsamen Situation entstanden. In extrem chaotischen und gewaltsamen Situationen halten auch christliche Rebellengruppen (wie die LRA) de facto Sklaven.

 

Mir scheint, dass Du darauf bestehst, dass die islamische Welt "gefälligst" bestimmten Prinzipien zu folgen habe und aus ihnen "gefälligst" bestimmte Konsequenzen zu ziehen habe. Es ist hier aber so, als würde man sagen, dass für einen frommen Juden der Tanach mit seinen Geboten gültig sei, und dass daher jeder echte Jude, der seine Religion ernst nimmt und sich auf seine religiösen Wurzeln besinnt, für die Steinigung von Wahrsagern sein müsse. Was aber, wenn viele Muslime und die meisten Juden dem aber einfach nicht folgen?

Geschrieben
vor 8 Minuten schrieb iskander:

Mir scheint, dass Du darauf bestehst, dass die islamische Welt "gefälligst" bestimmten Prinzipien zu folgen habe und aus ihnen "gefälligst" bestimmte Konsequenzen zu ziehen habe. Es ist hier aber so, als würde man sagen, dass für einen frommen Juden der Tanach mit seinen Geboten gültig sei, und dass daher jeder echte Jude, der seine Religion ernst nimmt und sich auf seine religiösen Wurzeln besinnt, für die Steinigung von Wahrsagern sein müsse. Was aber, wenn viele Muslime und die meisten Juden dem aber einfach nicht folgen?

Die Frage ist nicht, was der Gemüsehändler nebenan tut, sondern was der Islam tut, wenn er eine Machtbasis hat.

 

Von einem Juden würde ich erwarten, daß er die Gegenfrage stellt, wie weit er denn zurückgehen sollte, Deiner Meinung nach. Reicht 70 AD, 1 vChr? Babylonisches Exil? Fall des Nordreiches? Zusammenbruch der Bronzezeit? Oder doch zu den ersten JHWH-Anhängern am Seir? Das Judentum hat religiöse Wurzeln, die weitaus komplexer sind und weitaus tiefer in die Geschichte reichen, als bei Christentum und Islam.

Geschrieben
vor 59 Minuten schrieb Flo77:

Die Frage ist nicht, was der Gemüsehändler nebenan tut, sondern was der Islam tut, wenn er eine Machtbasis hat.

 

Da kommt es nun ja sehr auf das Land, die Kultur, die Tradition und die Epoche an. In den meisten heutigen europäischen, zentralasiatischen und vielen (oder den meisten) subsaharischen Ländern gibt es säkulare Staaten und Religionsfreiheit. In vielen arabischen Regionen gibt es zwar offiziell Säkularismus und Toleranz, aber in der Praxis doch eine Diskriminierung von Angehörigen anderer Religionen. In einigen wenigen Ländern (wie Saudi-Arabien) gibt es gar keine Toleranz, sondern Gottesstaaten.  

 

Statt von "dem" Islam zu sprechen, als sei das eine monomorphe Größe, wäre es also sinnvoller, von konkreten Formen des Islam zu sprechen - denn diese sind es, mit denen wir es in der realen Welt zu tun haben. 

 

vor 59 Minuten schrieb Flo77:

Von einem Juden würde ich erwarten, daß er die Gegenfrage stellt, wie weit er denn zurückgehen sollte, Deiner Meinung nach. Reicht 70 AD, 1 vChr? Babylonisches Exil? Fall des Nordreiches? Zusammenbruch der Bronzezeit? Oder doch zu den ersten JHWH-Anhängern am Seir? Das Judentum hat religiöse Wurzeln, die weitaus komplexer sind und weitaus tiefer in die Geschichte reichen, als bei Christentum und Islam.

 

Man könnte doch einfach nach dem gleichen Schema verfahren wie man es üblicherweise beim Islam tut: Man schaut auf das Heilige Buch - hier also den Tanach (insbesondere mit der Thora). Schließlich ist er doch der legitime und verbindliche Kulminationspunkt all der vielfältigen Traditionen. Zudem beansprucht die Thora doch allem Anschein nach eine ähnliche Verbindlichkeit wie der Koran, und eine wörtliche Auslegung scheint genauso naheliegend zu sein. Alles, was eindeutig gegen den Thora verstößt, hätte dann als ein "falsches" Judentum zu gelten - also beispielsweise die Gleichstellung der Frau, die Vermeidung der Steinigung bei Wahrsagerei bei Ehebruch, eine Trennung von Religion und Staat usw.

 

Ich bin nicht dafür, dass man das so hält und allen Juden, die anders handeln, als der Tanach es bei einer wohnortnahen Auslegung vorschreibt, ihr Judentum abspricht; aber wenn man nach den gleichen Maßstäben verfährt wie beim Islam, so müsste man es so halten.

 

Und erneut: Selbst wenn man es so hielte, was würde es denn nutzen? In der realen Welt haben wir es mit den Menschen zu tun, wie sie tatsächlich sind, nicht mit denen, wie sie angeblich "sein müssten". 

Geschrieben
vor 7 Minuten schrieb iskander:

Man könnte doch einfach nach dem gleichen Schema verfahren wie man es üblicherweise beim Islam tut: Man schaut auf das Heilige Buch - hier also den Tanach (insbesondere mit der Thora). Schließlich ist er doch der legitime und verbindliche Kulminationspunkt all der vielfältigen Traditionen. Zudem beansprucht die Thora doch allem Anschein nach eine ähnliche Verbindlichkeit wie der Koran, und eine wörtliche Auslegung scheint genauso naheliegend zu sein. Alles, was eindeutig gegen den Thora verstößt, hätte dann als ein "falsches" Judentum zu gelten - also beispielsweise die Gleichstellung der Frau, die Vermeidung der Steinigung bei Wahrsagerei bei Ehebruch, eine Trennung von Religion und Staat usw.

Das ist nicht das, was @Werner001 angesprochen hat. Werner sprach vom Blick auf die Wurzeln und die sind beim Christentum nunmal die Predigten Johannes des Täufers und Jesu und im Islam die Eroberungsaufforderungen Mohammeds. Für das Judentum gibt es diese "eindeutige Zentralfigur" schlicht nicht.

 

Beim Tanach meine ich, er wurde schon nicht mehr in allem wörtlich genommen, als er nach der Zerstörung des 2. Tempels endgültig kanonisiert wurde (ungefähr zeitgleich mit den ersten Kanonisierungsversuchen der Christenheit). 

Zumal man bei der Betrachtung einer Heiligen Schrift wohl nicht umhinkommt die Kommentar-/Ergänzungsliteratur sowie die Rolle der Schrift innerhalb des Glaubenssystems zu betrachten. Und die Mischna unterscheidet sich schon massiv von den Hadithen. 

 

Ich verstehe eh nicht, warum Du hier die ganze Zeit das Judentum - das ja nun aus einer Primärreligion hervorgegangen ist - mit den beiden großen Offenbarungsreligionen vergleichen willst.

Geschrieben
Am 24.9.2025 um 17:39 schrieb Flo77:

Das ist nicht das, was @Werner001 angesprochen hat. Werner sprach vom Blick auf die Wurzeln und die sind beim Christentum nunmal die Predigten Johannes des Täufers und Jesu und im Islam die Eroberungsaufforderungen Mohammeds.

 

Ich habe mich hier auch nicht auf Werners Passage bezogen. Man könnte allerdings dennoch anmerken, dass die Wurzeln des Judentums nicht unbedingt so friedlich sind - JWHW war (auch) ein Kriegsgott, der gewaltsame Landnahme und Genozid befahl und eine religiöses Rechtssystem vorschrieb, welches die Steinigung von Apostaten und Wahrsagern vorsah. 

 

Nur hält man all das dem Judentum nicht vor. Ein Jude kann sich auf seine Wurzeln zurückbesinnen und ein wahrer und guter Jude sein, und dennoch freiheitlich, liberal und friedlich denken. Niemand sagt, dass das nicht gehe, weil die Thora eine wörtliche Auslegung vorsehe und weil daher "die jüdische Religion" verbindlich die Steinigung für alles Mögliche vorsehe. 

 

Zitat

Für das Judentum gibt es diese "eindeutige Zentralfigur" schlicht nicht.

 

Das Judentum verehrt den (mythischen?) Gesetzgeber Mose nicht als "eindeutige Zentralfigur" (so wie der Islam Mohammed verehrt) - gewiss. Aber das ist doch auch überhaupt nicht relevant. Denn es ändert doch rein gar nichts daran, dass im Tanach insbesondere das Gesetz des Mose als verbindliches Gesetz Gottes dargestellt wird, das unbedingt und in jedem Detail zu befolgen ist. Bei einer unvoreingenommenen Lektüre der Thora muss man doch zum Schluss kommen, dass das Gesetz des Mose eine genauso hohe Verbindlichkeit beansprucht wie die Lehre des Mohammed. Das sieht man schon daran, dass der Gott des Tanach kleine Übertretungen des von ihm geoffenbarten Gesetzes oftmals mit großer (größter) Härte bestraft und hier in aller Regel absolut kein Pardon kennt.

 

Du weist hier auf Differenzen von Judentum und Islam hin, die im Hinblick auf die Frage nach der Vereinbarkeit der jeweiligen Religion mit modernen rechtsstaatlichem Denken nicht relevant sind (keine "eindeutige Zentralfigur" im Judentum). Gleichzeitig aber blendest Du Gemeinsamkeiten, die sehrwohl relevant sind, aus (Unvereinbarkeit des jeweiligen hl. Buches mit einem säkularen Staat bei wörtlicher Interpretation).

 

Meine Kritik ist, dass hier im Grunde mit zweierlei Maß gemessen wird, ohne dass es eine sachliche Rechtfertigung gäbe. 

 

Am 24.9.2025 um 17:39 schrieb Flo77:

Beim Tanach meine ich, er wurde schon nicht mehr in allem wörtlich genommen, als er nach der Zerstörung des 2. Tempels endgültig kanonisiert wurde (ungefähr zeitgleich mit den ersten Kanonisierungsversuchen der Christenheit). 

 

Und genau hier setzte meine Frage ein: Wenn man dem Judentum zugesteht, dass es ein streng wörtliches Verständnis seines heiligen Buchs hinter sich lässt, warum billigt man dem Islam dann nicht auch diese Möglichkeit zu? 

 

Zitat

Zumal man bei der Betrachtung einer Heiligen Schrift wohl nicht umhinkommt die Kommentar-/Ergänzungsliteratur sowie die Rolle der Schrift innerhalb des Glaubenssystems zu betrachten. Und die Mischna unterscheidet sich schon massiv von den Hadithen. 

 

Ich kenne mich da nicht genug für einen Vergleich im Detail aus - aber solche Solche ergänzenden Schriften sind aber doch selbst interpretationsbedürftig und können durch neue Traditionen ergänzt oder überformt werden. Es gibt ja beispielsweise im Islam auch Strömungen, (manchen) Hadithe die Autorität abzusprechen. Zudem gibt es im Islam auch - beispielsweise mit dem Sufismus - eigene Traditionslinie, die weitgehend unabhängig von den Hadithe zu sein scheinen. 

 

Zitat

Ich verstehe eh nicht, warum Du hier die ganze Zeit das Judentum - das ja nun aus einer Primärreligion hervorgegangen ist - mit den beiden großen Offenbarungsreligionen vergleichen willst.

 

Weil mir im Hinblick auf die Punkte, um die es hier doch geht, eine Vergleichbarkeit gegeben zu sein scheint:

 

- Sowohl im Judentum wie im Islam haben wir es mit einem hl. Buch zu tun, dessen Lektüre (insbesondere) bei den Gesetzestexten eine wörtliche Auslegung nahezulegen scheint.

- Eine wörtliche Auslegung der Schriften ist in beiden Fällen mit einem modernen säkularen Rechtsstaat unvereinbar. 

- Es gibt in beiden Religionen (wenn wohl aus historischen Gründen auch in unterschiedlichem Ausmaß) eine Sichtweise, bei der man die entsprechenden hl. Texte nicht wörtlich nimmt. 

 

Es ist für mich schwer verständlich, warum man in dem einen Fall sagt: "Du bist ein guter Jude", im anderen aber: "Du bist ein schlechter Muslim, denn der wahre Islam sagt ..."

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb iskander:

Es ist für mich schwer verständlich, warum man in dem einen Fall sagt: "Du bist ein guter Jude", im anderen aber: "Du bist ein schlechter Muslim, denn der wahre Islam sagt ..."

Vielleicht ist es Dir entgangen, aber es geht hier nicht um "guter Jude" vs. "böser Muslim". Es geht nur darum, wozu die jeweilige Gemeinschaft(!) fähig ist, wenn sie an die Macht kommt.

 

Und da zeigt die Geschichte des Islam einiges, was mir Angst macht, während mir ein chassidischer Jude überhaupt nichts abringt (außer das Vorhautding, aber das ist nicht spezifisch chassidisch). Seit den Zeloten/Sikariern wüsste ich nicht eine einzige jüdische Gemeinschaft, die Gewalt überhaupt noch in Betracht gezogen hätte. Eher begegnet einem ein gewisses Sendungsbedürfnis Licht der Gerechtigkeit zu sein.

 

Nebenbei: JHWH ist bereits seit der Eroberung Judas durch die Assyrer nicht mehr auf Krieg- und Sturm beschränkt. Seit dem babylonischen Exil noch nicht mal mehr auf Israel (also den Landstrich). Die Sadduzäer zur Zeit Jesu waren mit dem Tempelkult noch relativ nach am Kult des AT dran, aber da gibt es seit 1955 Jahren doch schon keine lebende Tradition mehr.

Geschrieben

In 1. Kor. 11:10 steht, dass Frauen auf ihrem Haar "Macht" (laut ein paar Manuskripten "eine Bedeckung") haben sollen, und es ist klar, dass es sich nach den Vorstellungen der Autoren des NT für Frauen geziemte, ihr Haar zu bedecken, wenn sie in der Kirche waren. Kopfbedeckung für Frauen scheint mir außerdem extrem weitverbreitet über alle Kulturen der Welt; selbst in Mitteleuropa war es zur Zeit, da meine Oma jung war, zumindestr auf dem Land normal, dass sie ihr Haar mit einem Tuch bedeckten.

 

Ist das nun immer und überall ein Zeichen, dass Männer Schweine sind und Frauen sie nicht in Versuchung geraten lassen sollen? Und wenn nicht, warum ist es so gekommen, dass das Kopftuch ausgerehnet beim Islam anscheinend diese Bedeutung bekommen hat? Warum wird das Thema überhaupt so hochgeschaukelt?

Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Vielleicht ist es Dir entgangen, aber es geht hier nicht um "guter Jude" vs. "böser Muslim".

 

Es geht darum, dass einem Juden ein viel freierer und kritischerer Umgang mit den eigenen religiösen Wurzeln zugebilligt wird als einem Moselm. Der Jude kann liberal und aufgeklärt sein und doch ein authentischer Jude bleiben, während solches für den Moslem offenbar nicht gilt. 

 

Ein Muslim muss beispielsweise für die Kinderehe sein - schließlich hat Mohammed laut einem (wohl umstrittenen) Hadith selbst ein Kind geheiratet. Und weil "der Islam" sagt, dass alles, was der Prophet gemacht haben soll, richtig und gut ist, muss jeder echte Muslim eben die Kinderheirat billigen. Und wenn er es nicht tut, ist er kein richtiger Muslim mehr. 

Ein Jude hingegen kann die Steinigung von Ehebrechern gerne auch ablehnen. Die Thora schreibt die Steinigung zwar ausdrücklich vor, und die Thora hat zudem wohl einen höheren Rang für Juden als ein Hadith für Muslime. Aber egal: Niemand sagt, dass ein guter Jude für die Steinigung sein müsse, weil "das Judentum" dies verlangen würde.

 

vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Und da zeigt die Geschichte des Islam einiges, was mir Angst macht, während mir ein chassidischer Jude überhaupt nichts abringt (außer das Vorhautding, aber das ist nicht spezifisch chassidisch).

 

Warum jetzt ausgerechnet der Vergleich des Islam mit den Chassiden? Das ist etwa so, als würde man die Aleviten mit den Christen im allgemeinen vergleichen. 

Und wenn man schon geschichtlich argumentiert, könnte man auch darauf hinweisen, dass die Juden es für eine lange Zeit in der arabischen Welt oft besser hatten als in der christlichen. Denn auch die Geschichte des Christentums ist nicht nur einladend.

 

Und ja, in der abendländischen Welt gab es eine Aufklärung, die es so in der islamischen Welt in großen Teilen nicht gab. Und entsprechend hat man dann eben einen säkularen europäischen (und teilweise zentralasiatischen) Islam, aber eben nicht in dieser Weise einen säkularen arabischen Islam. 

 

Deshalb möchte ich auch nicht in Saudi-Arabien leben (wobei das dortige Wahabitentum extremer ist als der traditionelle sunnitische Islam). Ich hätte aber gewiss kein Problem, in Albanien oder Kasachstan oder im Senegal zu leben - oder wenn doch, dann nicht deswegen, weil ich Angst vor der dortigen Spielart des Islam haben müsste, sondern aus anderen Gründen.

 

Zitat

Seit den Zeloten/Sikariern wüsste ich nicht eine einzige jüdische Gemeinschaft, die Gewalt überhaupt noch in Betracht gezogen hätte. 

 

 

Dazu muss man allerdings fairerweise auch ergänzen, dass sowohl Christen wie auch Muslime politische Macht besaßen, nicht aber die Juden (mit Ausnahmen wie den Chassiden). Allerdings ist das Judentum auch keine klassische missionarische Religion im gleichen Sinne wie Christentum und Islam. 

 

Zitat

Nebenbei: JHWH ist bereits seit der Eroberung Judas durch die Assyrer nicht mehr auf Krieg- und Sturm beschränkt.

 

Ja - und der Gott des Islam war schon früh nicht darauf beschränkt, ein Kriegsgott zu sein, und Mohammed war schon früh nicht darauf beschränkt, ein Feldherr zu sein.

 

Das alles ändert aber doch nichts daran, dass zur Tradition des Judentums ein kriegerischer und strenger gesetzgeberischer Gott genauso gehört wie zur Tradition des Islam. Wenn man dem Islam vorhält, dass Gewalt zu seiner Gründungs-Geschichte gehört, dann sollte man fairerweise bedenken, dass Gewalt auch zur (erinnerten) Gründungs-Geschichte des Judentums gehört. 

 

Wenn ich manche Beiträge lese, dann habe ich den Eindruck, dass die Hauptunterschiede zwischen Islam und Judentum die folgenden sind:

 

- Das Judentum "darf" sich reformieren und von seinen geistesgeschichtlichen Wurzeln ein Stück weit emanzipieren, und bleibt doch das Judentum. Will der Islam sich hingegen reformieren, dann ist das nicht legitim - der Islam hat schließlich archaisch und unreformierbar zu sein. 

- Für das Judentum ist entscheidend, dass zu seiner (erinnerten) Geschichte nicht nur Gewalt gehört; für den Islam hingegen ist relevant, dass zu seiner Geschichte auch Gewalt gehört.  

- Wenn das Judentum sich modern zeigt, dann beweist das, dass ein aufgeklärtes Judentum möglich ist. Wenn der Islam sich modern zeigt, beweist das gar nichts, denn dann ist das gar kein "richtiger" Islam mehr. 

 

Im Grunde kann der Islam es eigentlich niemals recht machen. Kommt er archaisch daher und will er einen Gottesstaat und Kinderhochzeiten, dann ist er natürlich böse und gefährlich. Tritt er aber in einer modernen und säkularen Form auf, dann ist es auch nicht recht, weil solches mit dem rechten Islam-Verständnis unvereinbar ist. Was der Islam auch tut - es ist immer falsch. 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
vor 47 Minuten schrieb Domingo:

In 1. Kor. 11:10 steht, dass Frauen auf ihrem Haar "Macht" (laut ein paar Manuskripten "eine Bedeckung") haben sollen, und es ist klar, dass es sich nach den Vorstellungen der Autoren des NT für Frauen geziemte, ihr Haar zu bedecken, wenn sie in der Kirche waren. Kopfbedeckung für Frauen scheint mir außerdem extrem weitverbreitet über alle Kulturen der Welt; selbst in Mitteleuropa war es zur Zeit, da meine Oma jung war, zumindestr auf dem Land normal, dass sie ihr Haar mit einem Tuch bedeckten.

 

Ist das nun immer und überall ein Zeichen, dass Männer Schweine sind und Frauen sie nicht in Versuchung geraten lassen sollen? Und wenn nicht, warum ist es so gekommen, dass das Kopftuch ausgerehnet beim Islam anscheinend diese Bedeutung bekommen hat? Warum wird das Thema überhaupt so hochgeschaukelt?

Die Stelle 1. Kor 11,4-5 bei Paulus hat wohl einen völlig anderen Hintergrund als die Erotik. Ich müsste jetzt suchen, ob es bei Ehrman, Tabor oder Henry ausführlicher behandelt wird, aber die jüngere Forschung geht anscheinend davon aus, daß Paulus ganz bewusst die bekannten (römischen) Rollenverständnisse aufbrechen wollte. Im römischen Kult war es üblich, daß sich der vorstehende "Priester" bedeckte, in der römischen Gesellschaft war der Schleier (wobei das mit der islamischen Verschleierung nichts gemein hat) das Signum ehrbarer Matronen. Indem Paulus die Männer anwies ihr Haupt unbedeckt zu lassen, machte er sie alle zu "Bürgern" und indem er die Frauen anwies alle Schleier zu tragen erhob er sie gewissermaßen und verwischte die Standesunterschiede.

 

Edit: Es war bei Henry. Eine Interpretation dieses wirren Kapitels ist, daß die Frauen durch den Schleier vor lüsternen Engeln (NICHT Männern) geschützt wären um neue Nephilim zu vermeiden.

bearbeitet von Flo77
Geschrieben
vor 33 Minuten schrieb Flo77:

in der römischen Gesellschaft war der Schleier (wobei das mit der islamischen Verschleierung nichts gemein hat) das Signum ehrbarer Matronen.

 

Warum denn nicht?

 

Das war doch die Frage, die ich in meinem Beitrag stellen wollte. Ich versuche die jetzt deutlicher zu machen: Wieso ist die islamische Verscheierung etwas Besonderes gegenüber alllen anderen Verschleierungen? Und wer hat das entschieden?

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