iskander Geschrieben 22. September Melden Geschrieben 22. September (bearbeitet) 'Wenn Kirchenrichter eine katholische Ehe annullieren sollen, gibt es keine Schamgrenze. "Haben Sie beim Beischlaf Verhütungsmittel benutzt?", lautet eine der gängigen Fragen. "Haben Sie schon vor der Hochzeit gewusst, dass Sie Ihre Frau betrügen wollten? Wie oft hatten Sie ehelichen Verkehr?" [...] Seit die katholische Kirche ihre strenge Morallehre in der Gesellschaft kaum noch durchsetzen kann, verkommt ihre Gerichtsbarkeit zur Paralleljustiz für die eigenen Angestellten. "Das ist für die Richter eine unmögliche Situation", sagt der Freiburger Kirchenrichter Georg Bier, der auch Kirchenrechtsprofessor ist: "Plötzlich hängt nicht nur die Frage der Ehegültigkeit, für die sie zuständig sind, von ihnen ab, sondern auch das Anstellungsverhältnis, für das sie nicht zuständig sind."' https://www.spiegel.de/spiegel/scheidung-in-der-katholischen-kirche-es-war-erniedrigend-a-1128942.html Hatte diesen Artikel eher zufällig gesehen und dachte, dass das ein diskussionswürdiges Thema sein könnte. Aus urheberrechtlichen Gründen kann ich nur einen Ausschnitt zitieren; ich empfehle seiner Lektüre aber zur Gänze, er ist nicht sehr lang. bearbeitet 22. September von iskander Zitieren
Flo77 Geschrieben 22. September Melden Geschrieben 22. September Dir ist bewusst, daß der Artikel schon 8 Jahre alt ist? (Ich hab den ganzen Spaß ja noch vor mir... mal sehen) Zitieren
iskander Geschrieben 22. September Autor Melden Geschrieben 22. September vor 45 Minuten schrieb Flo77: Dir ist bewusst, daß der Artikel schon 8 Jahre alt ist? Im Artikel wird ja auf die Neuregelung schon hingewiesen. Ansonsten hat sich aber doch nicht wirklich etwas Grundsätzliches geändert, oder? Du möchtest Deine Ehe annullieren lassen? Besteht dazu denn eine Notwendigkeit (z.B. beruflich) oder tust Du das aus Überzeugung? (Falls die Frage nicht zu privat ist, natürlich nur.) Zitieren
Flo77 Geschrieben 22. September Melden Geschrieben 22. September (bearbeitet) vor 14 Minuten schrieb iskander: Im Artikel wird ja auf die Neuregelung schon hingewiesen. Ansonsten hat sich aber doch nicht wirklich etwas Grundsätzliches geändert, oder? Du möchtest Deine Ehe annullieren lassen? Besteht dazu denn eine Notwendigkeit (z.B. beruflich) oder tust Du das aus Überzeugung? (Falls die Frage nicht zu privat ist, natürlich nur.) Notwendig nicht, aber im Augenblick denke ich, ich brauche auch diese Trennung um das abschließen zu können. bearbeitet 22. September von Flo77 Zitieren
iskander Geschrieben 22. September Autor Melden Geschrieben 22. September vor einer Stunde schrieb Flo77: Notwendig nicht, aber im Augenblick denke ich, ich brauche auch diese Trennung um das abschließen zu können. Ich bin nicht in der Position, Dir Ratschläge geben zu können - aber ich würde Dir, wenn Du mir das gestattest, empfehlen, Dir das in aller Ruhe zu überlegen. Wahrscheinlich hast Du das auch schon getan. Ich meine das nur, weil so etwas eben ja auch Wunden wieder aufreißen kann. Zitieren
Higgs Boson Geschrieben 27. September Melden Geschrieben 27. September Ich habe nur einmal Einsicht in ein Eheannullierungsverfahren bekommen, meine Schwägerin hat sich von meinem Bruder getrennt, auch sie wollte nur abschließen. Befragt wurden irgendwelche Leute, nicht hingegen mein Mann (Schwester der Frau) und ich, ja, mein Bruder hatte die Schwester meines Mannes geheiratet. Wir waren die kirchlichen Trauzeugen und lebten mit ihnen am Anfang ihrer Ehe in einem Haus. Bezeugt wurde am Ende, dass die zugehörige Braut geistig unreif war (sie war 25 als sie heirateten), alle haben versucht es ihr auszureden. Ihre Eltern, mein Mann, ich. Dass sie sich nach fünf Jahren oder so getrennt haben, war für niemanden eine Überraschung. Aber sie hat es in der Zeit geschafft, meine beiden Nichten (mein Bruder war Witwer), psychisch voll zu traumatisieren, wobei mein Bruder als Vater ebenfalls eine Fehlbesetzung war, aber Friede seiner Asche, er war eines der ersten COVID-Opfer. Das ganze Dokument schrie LÜGE, aber gut, weder sie noch mein Bruder haben hinterher jemals wieder katholisch geheiratet. Und um das Ganze für sie abzuschließen war es damit geeignet. (Ich habe trotzdem in ihrem Interesse versucht einen Formfehler zu finden, mein Mann und ich hatten die Dokumente VOR der Trauung unterschrieben, witzigerweise haben beiden, ebenfalls unsere kirchlichen Trauzeugen, ebenfalls vorher unterzeichnet, aber das war irgendwie nicht hilfreich. Jedenfalls war die Dame im Ordinariat von meiner Nachfrage überfordert.) Zitieren
iskander Geschrieben 27. September Autor Melden Geschrieben 27. September @Higgs Boson Tut mir leid für dich und Deine Familie, dass das die Dinge an vielen Stellen so unerfreulich gelaufen sind. Zitieren
Dies ist ein beliebter Beitrag. Chrysologus Geschrieben 27. September Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Geschrieben 27. September Auch ich bedauere, dass Du das Verfahren so erlebt hast. Ich ahne aus Deinen Hinweisen allerdings auch, dass das kein ganz einfaches Verfahren war, wen es um Traumatisierungen und psychiatrische Befunde geht, dann wird das meistens unschön und belastend für alle Beteiligten, erst recht dann, wenn das Verfahren recht zeitnah nach der Trennung eingeleitet wird. Dann hört man endlose Schilderungen von allen möglichen unschönen Dingen, die sich in der Ehe ereignet haben und die nichts zum Beweisergebnis beitragen ("er wollte keine Kinder" hat nun einmal nichts damit zu tun, dass er immer im stehen pinkelte und nie die Spülmaschiene ausräumte - wozu auch Bilder vorgelegt werden, Fotos glücklicher Kinder auf gemeinsamen Ausflügen belegen nicht, dass der Vater nicht gewalttätig war). Ich höre dann empathisch zu und versuche, zu erklären, warum das besser nichts ins Protokoll geht. Wo das Verfahren geführt wurde, weiß ich nicht (eine Ahnung habe ich), aber ein paar weiter Hinweise kann ich dennoch geben: Zum möglichen Formfehler: Wir betrachten den Moment der Eheschließung, wir waren die Parteien da drauf, was haben sie gedacht, gemeint, gewollt. Daher kann es sein, dass jemand sich den Klagegrund Partialsimulation (das sind Ausschluss der Unauflöslichkeit, der Nachkommenschaft oder des Gattenwohls) komplett zerschießt, indem er/sie zwar vor und nach der Hochzeit immer wieder die Scheidung als möglichen Ausweg benannt hat, aber im Verfahren aussagt, das er/sie vor dem Traualtar sich gedacht habe, nein, das soll nun für immer sein (und so blöd das klingt: Das kommt vor!) Aber da es um den Moment der Eheschleßung geht, ist es egal, ob die Trauzeugen und Parteien vor oder nach der Trauung unterschreiben, das würde nur dann zum Problem, wenn einer der Brautleute NEIN sagte. Dann stimmten Wirklichkeit und Urkunde nicht mehr überein.... Im Verfahren werden die und nur die Zeugen vernommen, die die Parteien angeben. Der Richter ist gehalten, die Zahl der Zeugen ggf. zu beschränken, wenn es zu viele sind, aber das kommt in der Praxis eher selten vor. Ich mache das manchmal, wenn das Beweisergebnis völlig klar zu sein scheint, aber das machen auch nicht alle Kolleg:innen so. Wenn ihr nicht gehört wurdet, dann vermutlich, weil weder Bruder noch Schwägerin euch als Zeugen angegeben haben. Was mich angesichts der Nähe zwischen euch in der Tat verwundert. Aber es kann auch sein, dass man Euch da raus halten wollte, und es kann auch sein, dass die Beweislage anders besser aussah (in einem Vorverfahren hatte ich mal als Beweisangebot zur psychiatrischen Krankheit einer Partei den Schwager, der nun Oberarzt in der Psychiatrie ist und damit in einem solchen Fall ein Traumzeuge - der wird dann zuerst befragt, das kann schon ausreichen. Das, was Du zum Verhalten der Braut andeutest, spricht sehr für ein Verfahren nach c. 1095 3° CIC - psychische Eheführungsunfähigkeit. Das wird gerne als fehlende Reife übersetzt, meint aber weit mehr: Wenn jemand aus Gründen psychischer Natur (das muss keine Krankheit im Sinne des ICD sein) nicht in der Lage ist, eine Ehe im Sinne einer ganzheitlichen Lebens- und Liebesgemeinschaft zu führen, der heiratet nicht gültig. Mit 25 ist fehlende Reife eher selten, aber andere Dinge kommen (oder kamen) hier sehr wohl vor: Der schwule Mann mag die Frau lieben, aber das kann und wird nie die partnerschaftliche Liebe werden, die Ehe braucht. Der Mensch, der die eigene Arbeit immer vor alles andere stellt und nicht anders handeln kann ist nicht psychisch krank, aber eheunfähig. Und natürlich gibt es auch psychiatrische Erkrankungen, die eheunfähig machen. Das ist alles weit mehr, eigentlich etwas total anderes als "fehlende Reife". "Fehlende Reife" ist eher ein Spezialtatbestand der psychischen bedingten Eheschließungsunfähigkeit (c. 1095 2° CIC). Aber ja, in solchen Verfahren wird bisweilen gelogen, das wissen wir auch (wenn nach einschalten eines Anwaltes in der dritten Instanz ein Scheidungsvorbehalt auftaucht, dann gibt das zu denken). Aber in 1095er Verfahren ist das eher selten, da wird schmutzige Wäsche gewaschen, da wird viel Frust abgearbeitet, aber da wird nach meiner Erfahrung selten gelogen. Was aber sein kann, und das kommt oft vor, das ist eine Divergenz zwischen dem gefühlten Nichtigkeitsgrund und dem geurteilten Grund. Nicht alles, was nach allgemeinem Bauchgefühl die Ehe verungültigt, tut das auch ("ich habe erst mit meinem:r neunen Partner:in erfahren, wie toll Sex sein kann - der alte hat mich nie richtig geliebt" - das ist tragisch, aber eben meist kein Grund für eine Nichtigkeit), und manche Nichtigkeitsgründe sind schwer vermittelbar (was auch daran liegt, dass wir zwischen einer Vertragstheorie der Ehe und einem ontologischen Eheverständnis hin und her pendeln. 4 Zitieren
Werner001 Geschrieben 27. September Melden Geschrieben 27. September (bearbeitet) Ich kann mir nicht helfen, irgendwie erschiene es mir ca 10 hoch 10000 mal plausibler, einfach zu machen und auf Gott zu vertrauen als so ein Verfahren Ein Grund warum ich nichts vom Ehe„sakrament“ in der bestehenden Form halte. Dass jemand versucht, das auf Biegen und Brechen durchzuziehen, selbst wenn er gar nicht vorhat, nochmal „sakramental“ zu heiraten, zeugt doch eigentlich nur davon, dass die Kirche den Menschen hier Unsinn einredet. Da ist die orthodoxe Lösung tausendmal besser Werner bearbeitet 27. September von Werner001 1 Zitieren
Flo77 Geschrieben 27. September Melden Geschrieben 27. September vor 12 Minuten schrieb Werner001: Ich kann mir nicht helfen, irgendwie erschiene es mir ca 10 hoch 10000 mal plausibler, einfach zu machen und auf Gott zu vertrauen als so ein Verfahren Ein Grund warum ich nichts vom Ehe„sakrament“ in der bestehenden Form halte. Die Kirche hat ein Problem mit Sex. Eine andere Erklärung finde ich einfach nicht. vor 12 Minuten schrieb Werner001: Dass jemand versucht, das auf Biegen und Brechen durchzuziehen, selbst wenn er gar nicht vorhat, nochmal „sakramental“ zu heiraten, zeugt doch eigentlich nur davon, dass die Kirche den Menschen hier Unsinn einredet. Da ist die orthodoxe Lösung tausendmal besser Um Himmels willen, in der Orthodoxie besteht die erste Ehe doch trotz Trennung weiter und das selbst im nächsten Leben. Halte ich auch nicht für erstrebenswert. Zitieren
Werner001 Geschrieben 27. September Melden Geschrieben 27. September vor 2 Stunden schrieb Flo77: Um Himmels willen, in der Orthodoxie besteht die erste Ehe doch trotz Trennung weiter und das selbst im nächsten Leben. Halte ich auch nicht für erstrebenswert. Ist wesentlich besser als von einem heiligen Sakrament zu faseln und dann nach Formalitäten zu suchen oder so zu tun als nähme man erzähle Märchen für bare Münze, um, Hokuspokus, das ach so heilige Sakrament verschwinden zu lassen wie der Zauberkünstler das Kaninchen Werner PS. Sind heute auf einer Hochzeit, zwei gute Freunde heiraten, beide Männer 2 Zitieren
iskander Geschrieben 27. September Autor Melden Geschrieben 27. September (bearbeitet) Die Kirche wäre wohl gut beraten, wenn sie sich in Abwandlung eines Jesus-Wortes zu folgender Einstellung durchringen könnte: "Die Ehe ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Ehe." Es kommt nun einmal vor, dass Menschen am Ideal scheitern. Das kann man bedauern, aber es ist eine Wirklichkeit, mit der man irgendwie umgehen kann. Wenn die bestehende Ehe dann zu einem Gefängnis wird, das die Menschen davon abhält, ihr Glück zu finden, dann dient sie ihnen nicht mehr zum Guten. Die Annullierung mag in manchen Fällen die Lösung sein - aber in anderen ist sie es nicht. Und selbst dort wo sie ist, ist sie offenbar oftmals nicht unproblematisch. bearbeitet 27. September von iskander 1 Zitieren
Werner001 Geschrieben 27. September Melden Geschrieben 27. September Mir hat ja immer noch keiner erklären können, worin das Sakrament eigentlich besteht. Jedenfalls scheint es zumindest mir plausibler, dass einer mit Pauken und Trompeten gescheiterten Ehe der himmlische Segen fehlt, als anzunehmen, dieser Segen sei von irgendwelchem Formalkram abhängig Werner Zitieren
Higgs Boson Geschrieben 27. September Melden Geschrieben 27. September Um den sakramentalen Charakter aufrecht zu erhalten, könnte man auch einfach, statt eines Fehlers zu suchen, feststellen: Es hat nicht funktioniert, also kann die Ehe nicht sakramental gewesen sein, warum auch immer. q.e.d. Zitieren
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