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"History for Atheists"


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Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Domingo:

Doch wie auch bei heutig beobachtbaren Bewegungen, bei denen etwa eine Weltuntergangprophezeiung sich nicht bewahrheitet, gab es einen harten Kern von Anhängern, die einfach nicht akzeptiern konnten, dass sie falsch gelegen hatten (*). Also kamen sie auf irgendwelche Erklärungen und Rationalisierungen.

...

(*) Also entweder war Jesus nicht der Messiah, oder die Juden hatten missverstanden, wer und was der Messiah sein sollte. Eins von beiden muss jedenfalls sein.

 

Die jüdische Sichtweise

Die Juden können nicht missverstanden haben, wer und was ein oder der Messias ist, da Messias in welcher Form auch immer jüdisches Gedankengut ist. Ein Messias ist jemand der etwas bestimmtes tut, was immer das sein mag. So unterschiedlich die Ideen eines oder des Messias bei den Juden gewesen sein mögen, keine kam ohne eine real existierende Person, die etwas tut aus. Die Frage war daher immer: Ist diese Person ein bzw. der Messias? Ein Messias, in welcher Form auch immer, hat einen Auftrag (von Gott) und tat, tut oder wird etwas tun - für die Juden und das Land Israel. Insofern gab es bereits viele Messiasse, die für das jüdische Land und die Leute darin etwas getan haben, und als Könige (Saul, David, Kyros) oder Priester (Söhne Aarons, Zadokiden) im Sinne Gottes mehr oder weniger gut dienten.

 

Jesus diente Gott weder als König der Juden, noch als Priester im Tempel. Als Sohn Davids hätte er nicht Priester im Tempel sein können, als Sohn Aarons nicht König von Juda. Wie David als König von Juda und Hohepriester in der Ordnung Melchisedeks funktioniert Jesus als Messias auch nicht, weil ein König ohne Volk kein König, und ein Priester ohne Volk kein Priester ist. Dem Volk der Juden hat Jesus weder als König noch als Priester gedient. Jesus war den Juden nicht ein Messias und Jesus ist den Juden auch nicht der Messias, den sie an seinen Taten erkennen werden.

 

Der Messias ist der Messias der Endzeit. Keine Spur, vom dauerhaften, ewigen Frieden für die Juden im Land Israel oder gar vom Weltfrieden. Die Personen des Messias wechselten daher ständig, es gab viele, die für den Messias gehalten wurden, aber keine dieser Personen erfüllte nachhaltig auch nur eine der Vorstellungen des Messias. Keiner tat das getan, was der Messias tut, deshalb war keine von diesen Personen der Messias. 

 

Ohne eine real existierende Person funktioniert auch die Idee des endzeitlichen Messias nicht. Jesus hat überhaupt nichts für die Juden oder das Land getan, was die Juden von einem Messias erwarten. Jesus hat auch nicht die endzeitlichen Erwartungen der Juden erfüllt - allein schon deshalb nicht, weil niemand weiß, wann die Endzeit kommen wird, und ob sie überhaupt kommt. Erst wenn die Endzeit am dauerhaften Frieden für die Juden im Land Israel oder gar am Weltfrieden als tatsächlich gekommen zu erkennen ist - hat der Messias getan, was der Messias tut - und daran erkennt man ihn dann - vorher nicht. Derjenige, der den ewigen Frieden gebracht haben wird, ist der Messias. Jesus hat das nicht getan, also ist Jesus nicht der Messias, sondern der, der es tut. Die Juden warten darauf das igendjemand das tut. Ein Gekreuzigter passt nicht zu dem jüdischen Messias. Gekreuzigt wird eine reale Person, um die Idee, dass diese Person der Messias ist, aus der Welt zu schaffen. Ein Gekreuzigter, oder anderweitig vorzeitig Getöteter hat nicht getan, was auch immer von dem Messias erwartet worden ist und kann es auch nicht mehr tun. Game over. Die Idee Messias kann man nicht töten, sie wartet immer auf den nächsten Kandidaten, der tun wird, was auch immer der Messias zu tun hat. Eines muss der entzeitliche Messias der Juden nicht tun - von den Toten auferstehen - da er ewig als davidischer König der Juden und Hohepriester in der Ordnung des Melchisedek regiert , wird er wohl nicht mal sterben, und schon gar nicht am Kreuz.

 

Die christliche Sichtweise

Wir Christen warten darauf, dass Jesus das tut, weil Jesus in diesem Sinne gar nichts getan hat, was den endzeitlichen Messias auszeichnet. Davon ist bist heute nichts zu sehen. Bei seiner Stippvisite als Auferstandener hat Jesus es jedenfalls nicht getan. Darum erwarteten die ganz frühen Christen das baldige Wiederkommen Jesu in der Endzeit. Diese Naherwartung war schon im 1. Jahrhundert geplatzt wie eine Seifenblase. Auch wir Christen heute warten immer noch auf den Messias, damit er das tut, was der Messias tut. Erst wenn Jesus das getan haben wird, was der Messias tut, ist er der endzeitliche Messias - ohne Endzeit kann der Messias nicht tun, was der Messias tut, und bevor er es nicht getan hat, ist Jesus nicht der Messias.

 

Wenn Jesus zum Dritten mal kommt, und es dann wieder nicht tut, und uns auf das Vierte mal vertröstet, ist er auch noch nicht der Messias. Da kann er noch so sehr ein Sohn Davids oder Priester in der Ordnung Melchisedeks sein - er muss es irgendwann tun. Jesus hat den Tod nicht besiegt, wir Christen und andere sterben wie die Fliegen, wir werden mit der angeblichen Erbsünde geboren wie eh und je, so sollen wir es zumindest glauben. Es gibt kein neues Jerusalem und keinen Frieden auf Erden. Wir warten, wie die Juden, dass der Messias endlich das tut, was der Messias tut. Wenn es ein anderer als Jesus getan haben wird, soll's mir auch recht sein. Darum kann ich mit dem Messias-Jesus nichts anfangen, bevor er in die Pötte gekommen ist. 

 

vor 9 Stunden schrieb Domingo:

Hinzu kam, dass manche von ihnen Erscheinungen ihres gekreuzigten Lehrers hatten.

 

Das waren, wenn überhaupt aber nur sehr wenige. Das kann kein Massenphänomen gewesen sein, auf das die römischen Herrscher aufmerksam geworden wären. 

 

vor 9 Stunden schrieb Domingo:

Das veranlasste die noch gläubigen Jünger, in diesem Tod und dieser berichteten Auferstehung (oder Weiterleben in einer Art Jenseits, was auch immer sie sich damals haben vorstellen mögen) das eingetliche Messiah-Ereignis zu sehen.

 

So kann es nicht gewesen sein. Die wenigen, die diese Erscheinungen des Auferstandenen gehabt haben mögen, müssen diejenigen gewesen sein, die anderen davon mündlich oder schriftlich "berichtet" haben. Nur so ist erklärlich, dass aus diesen wenigen Juden-Christen irgendwann so viele Heiden-Christen geworden sind, dass die römischen Herrscher auf sie aufmerksam geworden sind. Die Auferstehung ist aber kein Messias-Ereignis, weil Auferstehung nicht zum "Berufsbild" und Tätigkeitsfeld des Messias gehörte. Die Auferstehung Jesu macht höchstens plausibel, dass Jesus etwas Ähnliches wie der der Menschensohn gewesen sein könnte. Deswegen fahren die Theologen bei dem Begriff Menschensohn so auf die eine Erwähnung des Menschensohnes bei Daniel und weniger auf die fast hundert Erwähnungen bei Ezechiel ab.  

 

Zitat

Dan 7,13
Immer noch hatte ich die nächtlichen Visionen:
Da kam mit den Wolken des Himmels / einer wie ein Menschensohn.
Er gelangte bis zu dem Hochbetagten / und wurde vor ihn geführt.

 

Mk 2,10
Damit ihr aber erkennt, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben - sagte er zu dem Gelähmten: 

 
Menschensohn im AT (aram. bar enash  korrespoondiert mit hebr. enowsh Sterblicher, Mensch wie z.B in Gen 4,26 von hebr. anash krank im Unterschied zu ha adam der Mensch, durch Fruchtbarkeit unsterblich wie Gott, aber als Individuum sterblich bleibt) und im NT υιος του ανθρωπου Sohn eines o. des Menschen. Das ist eben der Unterschied des Menschensohns bei Daniel, da ist der Menschensohn ein himmlisches Wesen, und bei Ezechiel, da ist der Menschensohn ein bzw. viele irdische(s) Wesen. Jesus ist irdisch und sterblich, der Auferstandene himmlisch und unsterblich. So kann Jesus im MkEv durch den "Link" Menschensohn zu Daniel und zu Ezechiel die Doppelrolle des sterblichen Menschen und des auferstandenen Unsterblichen im galiläischen Teil ausfüllen. 

 

Wie hat man dann die Kurve vom Menschensohn wieder zum Messias, dem Gesalbten gekriegt? Über einen wilden, alttestamentlichen Bibelbastelbogen, mit Fetzen aus Dan wo von Gesalbten (Messiassen) die Rede ist, und über Hag und Sach landet man bei einem Priester namens Jehoshua, der den zweiten Tempel eingeweiht hat. Also 1. Tempel kaputt, 2. Tempel aufgebaut, Jesus tot, nach drei Tagen auferstanden, also "in drei Tagen Tempel niederreißen und wieder aufbauen." Wilde literarische Assoziationen und Kombinationen zu alttestamentlichen Texte. Ist aber egal, weil Literatur auf Literatur verweist - und nicht Historie auf Historie.

 

vor 18 Stunden schrieb Domingo:

Dagegen sollte man mMn einfach sagen, dass es sich um zwei verschiedene Probleme handelt: ob das Christentum durch einen gekreuzigten Guru entstand und was die Evangelien sind als literarische Werke.

 

Genau. Ein historischer Jesus ist dabei nur der Kristallisationspunkt. 

 

Das passt gut zu dem beschriebenen Chaos der neutestamentlichen Handschriften in dem einen Video. Wenn man allerdings von diesen chaotischen Zuständen und von den Spätdatierungen (2.-3. Jahrhundert) der Youtuber ausgeht, muss man sich fragen, wie aus dem kleinen harten Kern der Juden-Christen mit den Erscheinungen des Auferstandenen, so viele Heiden-Christen geworden sind, dass die römischen Herrscher sie für ihre Zwecke benutzen konnten, sei es um sie zu verteufeln und zu verfolgen (Nero) oder um sie zu legitimieren und das Christentum zur Staatsreligion zu machen (Konstantin). Das chaotische Schrifttum in den chaotischen Zeiten der unterschiedlichen christlichen Jesus-Sekten kann es wohl kaum gewesen sein, wenn man Galerius in seinem Toleranzedikt 311 n- Chr. glauben schenkt ... 

 

Zitat

Denn aus irgendeinem Grund hatte diese Christen ein solcher Eigenwille und eine solche Dummheit ergriffen, dass sie den Einrichtungen der Alten nicht mehr folgten, die möglicherweise ihre eigenen Vorfahren eingeführt hatten, sondern sich nach ihrem eigenen Willen und nach Belieben Gesetze gaben, um sie zu befolgen, und in verschiedenen Gegenden verschiedene Völker zu einer Gemeinschaft zusammenbrachten. Als wir schließlich befohlen hatten, dass sie zu den Einrichtungen der Alten zurückkehren sollten, wurden viele von ihnen in Gerichtsprozesse verwickelt, viele wurden auch vertrieben. Und da die meisten auf ihrem Vorsatz bestanden und wir sahen, dass sie weder den Göttern die angemessene Verehrung zukommen ließen, noch den Gott der Christen verehrten ...

 

... lag die Attraktivität der Christen in der Zwischenzeit wohl kaum an ihrem "chaotischen Schrifttum" sondern an ihrem Verhalten in der Masse, ihrem Lebenswandel, ihrer grundsätzlichen Haltung anderen gegenüber. Das könnte mit der Auferstehung Jesu zu tun gehabt haben, aber nicht mit seiner Messianität, die eigentlich nur innerhalb des Judentums ein Argument sein konnte. Aber von juden-christlichen Gemeinden gibt es keine Spur, außer der, in Jerusalem und die war schnell weg vom Fenster.

 

Trotz des chaotischen christlichen Schrifttums, verstreuter Anführer (später Bischöfen) die untereinander dogmatisch fürchterlich zerstritten wahren, bis die Römer sie in Nicäa und den ökumenischen Konzilen zur Ordnung in Sachen Schriften (Kanon) und Dogmatik zwangen, waren die Christen attraktiv und nahmen an Zahl in kurzer Zeit enorm zu. Das klingt aus meiner christlichen Perspektive zwar schön, scheint mir aber zu schön um wahr zu sein - ohne gewisse einigermaßen einheitliche Schriften im Umlauf.

 

Darum scheint mir ein relativ frühdatiertes Schrifttum, dass auch schon früh weit überwiegend genutzt wurde im Umlauf gewesen zu sein, das unserem späteren Kanon ziemlich entsprach, wie es seriöse Neutestamentler postulieren, doch plausibler. Die Handschriftenfunde belegen eine lange Zeit der Veränderungen und redaktionelle Prozesse, die aber nicht so gravierend waren, wie die Youtuber behaupten. Außerdem behaupten sie mir zu viel über angebliche, unbelegbare mündliche Überlieferungen und verlorene Texte die keiner kennt. In seriösen Kreisen begnügt man sich mit der vermuteten Spruchquelle Q als plausible Hypothese um die Zusammenhänge der Synoptiker zu veranschaulichen. Bewiesen soll damit gar nichts werden.

 

Wie soll ich Price glauben schenken, wenn er in dem Video behauptet, dass weder im Johannes- noch im Makusevangelium etwas davon steht, dass Johannes der Täufer gefangen genommen und getötet worden ist? Hat jemand hier eine Ahnung, wie er darauf kommt, bei mir steht es in beiden Evangelien drin? Da muss schon mehr kommen, als solch wilde Behauptungen, damit ich mir ein Buch von ihm kaufe. Die Youtube-Blase, die hier so häufig zitiert wird, verkommt immer mehr zu einer Dauerwerbesendung von Autoren die einen Buchclub gegründet haben, indem sie sich gegenseitig bewerben. Um eines ihrer Videos nachvollziehen zu können, muss man sich 10 Bücher von denen kaufen. Würde ich nicht machen, selbst wenn ich das Geld dazu hätte. Too much Bubble, für meinen Geschmack. 

Geschrieben
vor 15 Stunden schrieb Domingo:

Also entweder war Jesus nicht der Messiah, oder die Juden hatten missverstanden, wer und was der Messiah sein sollte. Eins von beiden muss jedenfalls sein.

 

Die Juden hatten eine ziemlich klare Vorstellung davon, wer oder was der Messias sein sollte, und danach war Jesus, wie er von den Evangelien geschildert wird, als jüdischer Messias eindeutig gescheitert, was nachträglich bedeutete, daß er für die Juden nie der Messias gewesen ist. Er hatte gewissermaßen die "Messias-Prüfung" nicht bestanden (wie übrigens alle anderen Messias-Anwärter auch nicht). 

 

Die Messias-Vorstellung der Christen war also notwendig eine andere, indem sie aus der Befreiung in Diesseits eine im Jenseits machten. Mit dem Messias der Juden hatte das nichts mehr zu tun.

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