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Wir sind zuwenig Lutheraner, um so großzügig...


mr94

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Das eigene Leid beweist, dass man etwas Sinnvolles getan hat: Ist das deutsch?

 

Das ist puritanisch. Oder mit Max Weber gesagt: Wir sind zu wenig Lutheraner, um so großzügig zu sein wie die katholischen Italiener. Wir ziehen die Ernsthaftigkeit und die Verbissenheit vor. Und wir haben eine große Lust, den anderen daraufhin zu beobachten, ob er sich an die Regeln hält.

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Ein ähnlicher Gedankengang tauchte mal auf in einem Gespräch über den Weltkatechismus und den Katechismus der deutschen Bischöfe. Der Weltkatechismus gilt als strikter, und als Begründung wurde eingeworfen, die Italiener gingen damit um wie mit dem Autofahren. Grins.

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Je mehr ich mich mit fremden Völkern befasse, desto mehr mag ich die Deutschen wegen ihrer Ehrlichkeit und Geradlinigkeit. Es ist dies eine große Tugend, aber man sollte diese nicht verabsolutieren, wie es die Preußen getan haben ("Ein Deutscher sagt immer die Wahrheit!"; ist denn das noch eine Tugend, wenn man mit einer Lüge Menschenleben retten kann, etwa, wenn man Juden im Keller versteckt hat und gefragt wird, ob es stimmt?) Aber diese Sturheit hat Deutschland und die anderen germanisch-protestantischen Länder eben auch sehr weit gebracht. Wer regiert heute die Welt? Wer hat den höchsten Lebensstandard? Doch die Protestanten! Nur bin ich im Zweifel, ob jetzt die germanische Kultur für den Protestantismus verantwortlich ist, oder ob umgekehrt der Protestantismus die Kultur geprägt hat. Wahrscheinlich beides. Die Grenze zwischen Katholiken und Protestanten in Deutschland verläuft jedenfalls einer alten Kulturgrenze: Rhein und Main. Rhein und Main waren die Grenze zwischen Kelten und Germanen und später Römern und Germanen. Es ist also nicht verwunderlich, daß die alten römischen Gebiete Deutschlands im Westen und Süden bis heute römisch-katholisch sind. Bei der letzten Bundestagswahl ist es Prof. Stürmer in der WELT mal wieder aufgefallen: CDU gewinnt im katholischen Teil, SPD im evangelischen. Dennoch steht fest, daß Deutschland ein zutiefst protestantisch geprägtes Land ist. Aber das hat auch Vorteile!

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Ach, Dirk Baecker spricht mir aus dem Herzen! Wußte gar nicht, daß der Systemtheoretiker in solchen Dimensionen denkt :blink:

 

Er trifft den Nagel auf den Kopf. Der italienische Katholizismus ist so vollkommen anders als der deutsche. Dort gibt es quasi nur eine Kirche und der Abgrenzungskrieg zwischen den Konfessionen entfällt. Dafür mäkelt man noch stärker als bei uns am Klerus, was sich schon darin widerspiegelt, daß ein schlingenartige Nudelsorte "Strangolapreti" heißt ("Priesteraufknüpfer"). Mit gewissermaßen protestantischer Freiheit weiß man sich offenbar unsinnigen Weisungen der kirchlichen Obrigkeit zu widersetzen - ohne sich von Kirche und Glauben zu verabschieden. Ganz im Gegenteil. Die Spiritualität ist viel ausgeprägter als bei uns.

 

Was unsere Kirche prägt, ist nicht der Protestantismus. Die wenigsten Katholiken, die das Wort Protenstantismus verwenden, haben einen blassen Schimmer über die Lehre der evangelischen Kirchen und vice versa.

 

Vielmehr haben wir hier in Deutschland, sowohl auf kath, wie auf ev. Seite, einfach eine viel zu bürokratische Einstellung zum Glauben. Wir hängen tatsächlich zu sehr an der Rechtsgläubigkeit. Wie im richtigen Leben auch. Die Italiener halten nur solange an einer roten Ampel, wie es notwendig ist, die Deutschen halten, weil sie halten müssen.

 

Umgekehrt, wieder auf die Kirche bezogen, gewinnt man in Italien Sympathipunkte, wenn man sagt, man gehe am Abend zur Messe, zu einem Abendgebet etc. In Deutschland wird man dumm angeschaut und in die konservative oder abgefahrene Ecke gestellt.

 

Ich glaube, wir haben uns in Deutschland weitgehend von Gott verabschiednet und pflegen nur noch die leere Hülse eines institutionellen Katholizismus/Protestantismus. Für die Rechtgläubigkeit kann man auch streiten, ohne an Gott zu glauben.

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