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Jenseitige vs. diesseitige Vorteile durch Glauben


Kritias

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Hallo,

 

bei einem Haustürgespräch mit zwei nur gebrochen deutsch sprechenden "Missionarinnen" irgendeiner christlichen Sekte ist mir neulich aufgefallen, daß wenn die Rede auf die Vorteile kam, die der Mensch durch die Erlangung des Glaubens erhalten soll, eigentlich nur auf Diesseitiges rekurriert wurde ("hat mein Leben verändert" etc.). Das gleiche habe ich auch bei einem Gespräch mit einem vor Jahren Konvertierten bemerkt (inneres Gleichgewicht gefunden, soziale Integration in Gemeinde etc.). Keiner sprach von unsterblicher Seele, ewigem Leben, Erlösung etc.

 

Da ich als Berliner A&A umfeldbedingt nicht gerade mit allzu vielen Gläubigen Konversation betreibe, wäre meine Frage, ob diese Beobachtung insofern verallgemeinerbar ist, als daß sich der Schwerpunkt dessen, was Menschen heute zum Glauben hinzieht, mehr auf den erwähnten diesseitigen Aspekten liegt und die ursprünglich zentralen Inhalte wie Erlösung der Seele etc. zunehmend in den Hintergrund treten.

 

Statistisch gesehen ist das ja eigentlich irrational. Sobald man die Wahrscheinlichkeit des ewigen Lebens mit p(EL)>0 ansetzt, sollte die Betonung ja nur noch auf diesem liegen, da der Gegenwartswert des ewigen Lebens mit erwartetem Nutzen > 0 ja unendlich sein müßte (wenn der Diskontfaktor nicht gerade null beträgt)

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Hallo,

 

bei einem Haustürgespräch mit zwei nur gebrochen deutsch sprechenden "Missionarinnen" irgendeiner christlichen Sekte ist mir neulich aufgefallen, daß wenn die Rede auf die Vorteile kam, die der Mensch durch die Erlangung des Glaubens erhalten soll, eigentlich nur auf Diesseitiges rekurriert wurde ("hat mein Leben verändert" etc.). Das gleiche habe ich auch bei einem Gespräch mit einem vor Jahren Konvertierten bemerkt (inneres Gleichgewicht gefunden, soziale Integration in Gemeinde etc.). Keiner sprach von unsterblicher Seele, ewigem Leben, Erlösung etc.

 

Da ich als Berliner A&A umfeldbedingt nicht gerade mit allzu vielen Gläubigen Konversation betreibe, wäre meine Frage, ob diese Beobachtung insofern verallgemeinerbar ist, als daß sich der Schwerpunkt dessen, was Menschen heute zum Glauben hinzieht,  mehr auf den erwähnten diesseitigen Aspekten liegt und die ursprünglich zentralen Inhalte wie Erlösung der Seele etc. zunehmend in den Hintergrund treten.

 

Statistisch gesehen ist das ja eigentlich irrational. Sobald man die Wahrscheinlichkeit des ewigen Lebens mit p(EL)>0 ansetzt, sollte die Betonung ja nur noch auf diesem liegen, da der Gegenwartswert des ewigen Lebens mit erwartetem Nutzen > 0 ja unendlich sein müßte (wenn der Diskontfaktor nicht gerade null beträgt)

Lieber Kritias:

 

Es kommt wohl darauf an, mit welchen Glaubensbrüdern du zu tun hast.

Es gibt solche, die mehr die "Solidarität" mit den Menschen auf Erden sehen, eine Änderung der Verhältnisse herbei führen - und dabei in die Gefahr geraten, zu sehr der kommunistischen Ideologie zuzuneigen.

 

Und es gibt jene Gläubigen die das Heil der unsterblichen Seele und die ewige Seligkeit im Himmel mit einer sehr vergeistigten statt geerdeten Spiritualität suchen. Bei diesen Menschen ist die Gefahr gegeben, dass sie zu abgehoben werden. Das letztere erinnert mich an eine Wüstenvatergeschichte:

 

Ein völlig auf das Jenseits ausgerichteter Schüler eines Abbas namens Johannes wollte sich nur mehr dem Geistlichen widmen und nicht mehr der Arbeit, dem Irdischen. Als er von einem seiner Ausflüge zurück kam in das Kellion des Abbas, da öffnete ihm jener die Tür nicht. Auf die Frage, wer denn draussen wäre, antwortete er Johannes. Da erwiderte der Abbas:

 

Johannes- das kann nicht sein- der befindet sich doch bereits im Himmel.

 

Gibt es nicht von Hebbel einen Spruch der lautet:

 

Sieh nach den Sternen, gib acht auf die Gassen (war einmal Thema einer Schularbeit).

bearbeitet von Mariamante
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, daß wenn die Rede auf die Vorteile kam, die der Mensch durch die Erlangung des Glaubens erhalten soll, eigentlich nur auf Diesseitiges rekurriert wurde

Hallo Kritias,

 

Vorteile?

 

Erlangung des Glaubens?

 

 

Ich würde im Bezug zum christlichen Glauben, d.h. zum Vertrauen in den auferstandenen Christus und damit zu meinem Vater im Himmel überhaupt nicht von Vorteil sprechen wollen. Das klingt sehr menschlich nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung.

 

Für mich bleibt es letzlich ein Geschenk, dass ich glauben darf. Dass ich immer wieder neu mein Vertrauen in Jesus Christus setzen darf und letzlich dadurch auch immer wieder neue Glaubenserfahrungen mit IHM mache.

 

Bleibt mein Vertrauen im diesseitigen hängen, dringt er ja nicht zum eigentlichen durch. Ich bin in Christus "angedockt" an Seinem Reich, welches eben nicht "diesseitig" von dieser Welt ist. In Christus habe ich die Möglichkeit schon hier auf Erden ein Stück Himmel zu schmecken. Das ist keine Vertröstung auf die jenseitige Welt. Sein Reich ist schon hier mitten unter uns angebrochen.

 

gby

 

Bernd

bearbeitet von beegee
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Lieber Kritias:

 

Es kommt wohl darauf an, mit welchen Glaubensbrüdern du zu tun hast.

Es gibt solche, die mehr die "Solidarität" mit den Menschen auf Erden sehen, eine Änderung der Verhältnisse herbei führen - und dabei in die Gefahr geraten, zu sehr der kommunistischen Ideologie zuzuneigen.

 

Und es gibt jene Gläubigen die das Heil der unsterblichen Seele und die ewige Seligkeit im Himmel  mit einer sehr vergeistigten statt geerdeten Spiritualität suchen. Bei diesen Menschen ist die Gefahr gegeben, dass sie zu abgehoben werden.

Hallo Mariamante,

 

ich glaube, dass was Du skizziert hast, sind eher die Diskussionslinien der 80er Jahre. Die Befreiungstheologie im engeren Sinne spielt ja theologisch keine große Rolle mehr (auch wenn ihre Grundanliegen das Pontifikat Johannes Pauls II. nachhaltig geprägt haben)

 

Kritias hatte es wohl eher mit einem Christentumsverständnis nordamerikanisch-evangelikaler Herkunft zu tun: wenn der Mensch Gott gehorsam ist, dann macht Gott ihn dafür reich, gesund und glücklich. Durch die immer noch wirksamen Einflüsse der calvinistischen Prädestinationslehre wird dann auch oft der Umkehrschluss gezogen: wer arm, krank und unglücklich ist, ist selbst schuld, denn er hat nicht fleißig genug gebetet, bzw. sogar: Gott hat ihn zur Verdammnis erschaffen, und das zeigt sich in seinem Misserfolg im diesseitigen Leben.

 

Ich fand einmal in einer (modern und peppig aufgemachten) evangelikalen Familienzeitschrift einen Artikel, der sich zu der Behauptung verstieg, dass die Bürgerkriege im ehemaligen Jugoslawien eine Folge des Aberglaubens der Bevölkerung seien, und dass man deshalb kein Mitleid mit denselben zu haben brauche. Es sei vielmehr eine Ermahnung Gottes an uns, Gott zu gehorchen. Also: das stimmt ja vielleicht noch in Bezug auf die Täter. Aber von den Opfern zu behaupten, Gott habe sie für ihren Unglauben bestraft, treibt mir als franzisklanischem Laien natürlich die Zornes- und Schamröte ins Gesicht.

 

Viele Grüße, Matthias

bearbeitet von Franziskaner
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Lieber Matthias!

 

 

Hallo Mariamante,

 

ich glaube, dass was Du skizziert hast, sind eher die Diskussionslinien der 80er Jahre. Die Befreiungstheologie im engeren Sinne spielt ja theologisch keine große Rolle mehr (auch wenn ihre Grundanliegen das Pontifikat Johannes Pauls II. nachhaltig geprägt haben)

Danke für die Ausführungen. Mein Statement war nicht auf eine bestimmte Theologie fixiert - in der Theologie gibt es m.E. verschiedene Intentionen. Und es gibt eine mehr geerdete und eine sehr spirituelle Theologie. So viel ich weiß, haben manche Minderbrüder die Radikalität und Spiritualität von Franziskus auch nicht gänzlich mit vollziehen können.

 

Kritias hatte es wohl eher mit einem Christentumsverständnis nordamerikanisch-evangelikaler Herkunft zu tun: wenn der Mensch Gott gehorsam ist, dann macht Gott ihn dafür reich, gesund und glücklich.
Das wäre ein egoistisches Frömmigkeitdenken und ist ein Versuch, sich Gott sozusagen zu erkaufen.

 

Durch die immer noch wirksamen Einflüsse der calvinistischen Prädestinationslehre wird dann auch oft der Umkehrschluss gezogen: wer arm, krank und unglücklich ist, ist selbst schuld, denn er hat nicht fleißig genug gebetet, bzw. sogar: Gott hat ihn zur Verdammnis erschaffen, und das zeigt sich in seinem Misserfolg im diesseitigen Leben.
Ja- es gibt diese Irrwege. Franz von Sales hatte zu seiner Zeit segen gegen diesen Gedanken kämpfen- er hielt sich ja selbst eine Zeit lang für "verdammt". Ein Gebet zur Gottesmutter und die gänzliche Hingabe (auch von der Hölle her Gott zu preisen) hat ihm sehr geholfen, mit dieser Versuchung fertig zu werden. Jesus selbst hat diese "karmisch" anmutenden Gedanken zurück gewiesen, als man ihn fragte, wer schuld wäre, dass dieser blind geboren wäre.

 

Ich fand einmal in einer (modern und peppig aufgemachten) evangelikalen Familienzeitschrift einen Artikel, der sich zu der Behauptung verstieg, dass die Bürgerkriege im ehemaligen Jugoslawien eine Folge des Aberglaubens der Bevölkerung seien, und dass man deshalb kein Mitleid mit denselben zu haben brauche. Es sei vielmehr eine Ermahnung Gottes an uns, Gott zu gehorchen. Also: das stimmt ja vielleicht noch in Bezug auf die Täter. Aber von den Opfern zu behaupten, Gott habe sie für ihren Unglauben bestraft, treibt mir als franziskanischem Laien natürlich die Zornes- und Schamröte ins Gesicht.

 

Viele Grüße, Matthias

Verstiegene Behauptungen gibt es leider immer wieder. Davon sind auch manche katholischen Gemeinschaften nicht frei. Von gewissen Leuten hört man da immer wieder von Gericht, Wiederkunft Christi, Datumsangaben, 3tägiger Finsternis usw. Erinnere mich an eine Kassette aus dem Jahr 1988 worin für dieses genannte Jahr so etwas vorher gesagt war. Da kann man sich wirklich sehr an das Wort Jesu halten: "Seid nüchtern und wachsam". Wir haben keine Einsicht in Gottes Pläne - und manche Aussagen sind mehr als überzogen.

 

Möge der Heilige Geist uns eine heilsame Nüchternheit schenken- denn es gibt ja auch die gegenteilige Tendenz- dass man Gott überhaupt nicht mehr ernst nimmt und für alle Zeichen Gottes verschlossen ist.

 

D.s.b.

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Ok, aus den bisherigen Antworten entnehme ich mal, daß es sich Eurer Ansicht nach bei der stärkere Betonung der diesseitigen Vorteile nicht um einen neuen Trend handelt, sondern eher um calvinistische Einflüsse. Für die Katholiken hat demzufolge nach wie vor das Jenseits die Priorität? Auch wenn man im hier und jetzt nicht unbedingt Vorteile gegenüber Nicht- und Andersglauben erwartet (schließlich gibt's ja auch genügend glückliche A&A / Andersgläubige) - wichtiger ist, daß man "nachher" besser dasteht?

 

(By the way, wer das Wort "Vorteile" zu nüchtern findet, kann dafür gerne "Geschenk(e)" o.ä. einsetzen)

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Weder noch Kritias,

 

Du schreibst von "Vorteilen" oder auch vom "nachher besser dastehen" aber das ist zu kurzfristig gedacht.

 

Beim christlichen Glauben geht es nicht um die Vertröstung auf die jenseitige Welt.

 

Die jenseitige und diesseitige Welt fliessen in einem zentralen Punkt zusammen und dieser Punkt nennt sich Jesus Christus.

 

Und warum nennt sich dieser "Punkt" Jesus Christus? - warum macht uns Gott dieses Angebot der Versöhnung in seinem Sohn Jesus Christus?

 

Weil der Sohn einzig und allein die Verbindung zum Vater wieder herstellen kann.

 

Und wer das Verlangen zum Vater verspürt kann letzlich auch nur die eigentliche Freude am Glauben entdecken, indem nämlich Jesus Christus selbst persönlich im Leben erfahrbar wird. Die christliche Botschaft ist kein theoretisches Gedankengut sondern praktisch und real erfahrbar in Deinem Leben.

 

Und wenn Du "Vorteile" durch den Glauben vernehmen möchtest, dann liegen sie letzlich auch nur im Herrn Jesus Christus verborgen.

 

Schon die Propheten des ersten Bundes bezeugten daher: die Freude am HERRN ist eure Stärke!

 

und diese Freude verkündeten auch die Engel bei der Geburt Jesu als sie sangen: Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.

 

 

gby

 

Bernd

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