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Neue Geistliche Gemeinschaften


Yeti

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"Communione e liberazione", "Jugend 2000", "Emmanuel" (u.a.) haben alle gemeinsam, daß man sie zu den "neuen geistlichen Gemeinschaften" zählen kann. Im Allgemeinen zeichnen sie sich durch eine durchweg jüngere Anhängerschaft aus und betonen in gewisser Weise charismatische Begabungen (Weshalb auch viele für sich den Sammelbegriff der "Charismatischen Erneuerung" beanspruchen).

 

Ihren geschichtlichen Ursprung haben viele dieser Gruppen in der "Pfingstbewegung" (ursprünglich) aus den Vereinigten Staaten stammend. Innerhalb dieser Tradition haben auch zugegebenermaßen Elemente in diesen Bewegungen Platz gefunden, die sich auch in der Lehre der katholischen Kirche finden wie Engel- und Dämonenexistenz etc.; allerdings finden sich auch Erscheinungen darin, die wohl eher psychischer Natur sind wie Hinstürzen, Zittern (to quake, daher stammt der Name die "Quäker"), Schreien etc. Nach Erzählungen von Bekannten, welche engagierte Mitglieder in einer der zur "Neuen geistlichen Bewegung" zählenden Gruppierungen sind, werden sogar (von Nichtpriestern!) Exorzismen durchgeführt. Dabei scheint die Grenze zwischen (noch) kirchlich approbierten Gemeinschaften und eindeutig schon außenstehender Teile sogar oft innerhalb der Gruppe selbst fließend zu sein.

 

Ich selbst bin in keiner dieser Gruppierungen Mitglied, habe auch keinerlei Erfahrungen im Umgang und Erleben solcher Gemeinschaften, habe aber Kontakt zu mehreren Leuten, die darin nicht nur Mitglied, sondern auch sehr engagiert sind. Weil ich mich sehr dafür interessierte, nahm ich während meines Studiums an einem Seminar speziell über die "Neuen Geistlichen Gemeinschaften" teil, ohnehin war mein Interesse durch verschiedene Gespräche mit Bekannten und Freunden daran geweckt.

 

Bereits bevor ich mehr über solche Gruppierungen wußte, konnte ich für mich eine gewisse Distanz zu solchen Gruppierungen nicht überwinden, auch oder vor allem nachdem ich von verschiedenen Praktiken erfahren habe, auf die ich nachher näher eingehen will. Als problematisch fand und finde ich die Fixierung auf die charismatische Geistgabe in manchen Gruppen oder Untergruppierungen solcher Gemeinschaften; zwar "weht der Geist, wo er will", aber in manchen Schilderungen und Berichten schien es mir doch so, als ob dieser an sich doch völlig freie "Geisteswille" etwas kanalisiert wird.

 

In Gesprächen mit Mitgliedern fiel mir immer wieder nach kurzer Zeit eine gewisse Abwehrbestrebung einiger Mitglieder gegenüber der Vernunft als zuverlässigen Indikator für den Glauben auf - im Gegenteil, ihre Bedeutung sei zu relativieren. Nach den Schilderungen und Gesprächen scheint das emotionale Erlebnis mehr oder oft auch einzig die Bedeutung eines glaubentragenden Elementes zu sein, was die Gefahr der Beeinflussung stärkt.

 

Zugegebenermaßen machten mich auch einige Praktiken mißtrauisch, denen ich eher distanziert gegenüberstehe. Am Rande möchte ich nur das Pascha-Mahlhalten erwähnen. Dieses ist (für mich) zwar die unentbehrliche liturgiegeschichtliche Grundlage für die Eucharistie, aber abgelöst davon kann ich sie nicht verstehen, denn nach den Schilderungen zu urteilen handelt es sich dabei oftmals um eine etwas "formfreiere" Begehung des eucharistischen Mahlhaltens. Diese Praxis stellt für mich daher zwar nicht generell, aber in manchen Extremerscheinungen nicht nur eine "Konkurrenz" zur Eucharistie, sondern eine Folklorisierung und eine Verflachung im Sinne einer relativ billigen Semitophilie eines wesentlichen Bestandteiles des jüdischen Glaubens dar. Nicht wenige - vor allem orthodoxe - Juden regen sich daher über diese Praxis - leider oftmals zu recht - darüber auf. Ich denke, daß für mich als Christen die Eucharistie dermaßen reichhaltig und schon alleine so wertvoll ist, daß ich etwas wie eine "Zusatzeucharistie" zu "kundenorientierteren" Bedingungen nicht nur aus Gründen der Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle Andersgläubiger entbehren kann, ohne dadurch auf ein reichhaltiges religiöses Leben verzichten zu müssen.

 

Was ich zusätzlich nennen möchte, ist die Tatsache, daß sich besonders Menschen mit viel persönlichen Problemen (von fehlendem Selbstbewußtsein bis zu einer Gewissensängstlichkeit) von solchen Gruppierungen angezogen zu fühlen scheinen, so kommt es zumindest mir häufig vor. Oftmals scheint es mir in Gesprächen, daß besonders einzelne Personen, meist in einer Leitungsfunktion innerhalb dieser Gruppierungen, diesen oft unsicheren Menschen in gewisser Weise ein "statisches Orientierungsangebot" offerieren, welche mitunter auch einem abgeschlossenen hermetischen Weltbild entspringt und jenes wohl auch bewirken will. Ich möchte nicht die oft abgedroschene (und oft mißbrauchte) Fundamentalistenphrase verwenden; ganz im Gegenteil, mit der römisch-katholischen Kirche scheint dies oftmals zumindest in Teiltendenzen nichts mehr zu tun zu haben, auch wenn einige dieser Gruppen päpstlich approbiert sind - damit sind Fehlentwicklungen in der Gruppendynamik in kleineren Bereichen ja nicht automatisch ausgeschlossen.

 

Oft erscheint es mir, als ob durch diese oft ganz bewußte Einflußnahme auf die oft noch auf der Suche (nach sich selbst) sich befindenden jungen Menschen ein subtiler Druck ausgeübt wird, welcher sich gerade aufgrund einer übermäßigen (oft auch "gepflegten") Gewissensängstlichkeit fatal auswirkt. Für mich widerspricht dies fundamental der christlichen Lehre von der Freiheit der Entscheidung des Menschen. Was hier oftmals leider offenbar stattfindet, ist eine "Verzweckung" der Jugend.

 

Im Ganzen scheinen oft viele Aspekte auf, die in mir den Verdacht verstärken, daß zumindest in einigen Teilgruppierungen eine Art "Kirche in der Kirche" entsteht und sektenhafte Strukturen aufscheinen. Keinesfalls möchte ich alle diese Gruppierungen in eine Ecke stellen, aber es gibt die von mir beschriebenen Entwicklungen in einigen Teilgruppen, was mich zumindest vorerst von einer Teilnahme oder gar Mitgliedschaft bei Veranstaltungen solcher Gruppen Abstand nehmen läßt.

 

Das Phänomen scheint besonders dadurch problematisch zu sein, daß es sich oft in seiner Gesamtheit einer eindeutigen Beurteilung entzieht, einzelne Begebenheiten scheinen oftmals nicht Rückschlüsse auf eine der Gruppe gemeinsamen Richtung zu erlauben; die Grenzen sind fließend.

 

Tut mir leid, daß es so lang geworden ist, aber ich glaube, daß es nicht möglich ist, die Problematik in einem kurzen Statement zusammenzuraffen.

 

Bitte schreibt mir eure Erfahrungen!

Gruß,

Yeti

bearbeitet von Yeti
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Ich schreibe später noch einmal mehr, nur sollte hier noch klar werden, ob wir über geistliche Gemeinschaften an sich reden oder über charismatische geistliche Gemeinschaften. Es gibt nämlich zahllose geistliche Gemeinschaften, die mit der charismatischen Erneuerung überhaupt nichts zu tun haben wie z.B. Schönstatt, die Fokolare, die Gemeinschaft christlichen Lebens, Verbum Dei, die Franziskanische Gemeinschaft etc. Das Spektrum ist da extrem weit.

Also: Worum geht es Dir?

 

Laura

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Eine kleine Nachbemerkung: Die Erwähnung von Gruppennamen wie "Jugend 2000" etc. stehen lediglich für die Eingrenzung und zur Nennung eines Beispieles für die Gruppierungen der "Charismatischen Erneuerung". Wie zentrifugal manche Strömungen und wohl oft auch so manches Selbstverständnis in einigen Gruppen jedoch zumindest im Individualfall sein kann, merkte ich kürzlich, als mir ein Bekannter (Mitglied einer solchen Bewegung, ich weiß nicht welcher, er berichtete mir gegenüber nur oft von den gruppentypischen "Prayerfestivals") gestand, er habe ein Neumitglied "gefirmt". Er ist weder Priester noch Bischof; firmen kann ohnehin nur der Bischof. Die ganze "Szene" scheint ein schwieriges Geflecht zu sein.

Gruß, Yeti

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Ich schreibe später noch einmal mehr, nur sollte hier noch klar werden, ob wir über geistliche Gemeinschaften an sich reden oder über charismatische geistliche Gemeinschaften. Es gibt nämlich zahllose geistliche Gemeinschaften, die mit der charismatischen Erneuerung überhaupt nichts zu tun haben wie z.B. Schönstatt, die Fokolare, die Gemeinschaft christlichen Lebens, Verbum Dei, die Franziskanische Gemeinschaft etc. Das Spektrum ist da extrem weit.

Also: Worum geht es Dir?

 

Laura

Es geht mir lediglich um die Gemeinschaften der sog. "Charismatischen Erneuerung". Von Mitgliedern der Schönstatt-Bewegung und der Fokolarbewegung habe ich noch nie die geschilderten Vorgänge gehört.

Gruß, Yeti

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Oft erscheint es mir, als ob durch diese oft ganz bewußte Einflußnahme auf die oft noch auf der Suche (nach sich selbst) sich befindenden jungen Menschen ein subtiler Druck ausgeübt wird, welcher sich gerade aufgrund einer übermäßigen (oft auch "gepflegten") Gewissensängstlichkeit fatal auswirkt. Für mich widerspricht dies fundamental der christlichen Lehre von der Freiheit der Entscheidung des Menschen. Was hier oftmals leider offenbar stattfindet, ist eine "Verzweckung" der Jugend.

 

Das wirft die durchaus berechtigte Frage auf ob jemand zu seinem Glück gezwungen werden kann. Das Wort Gewissensängstlichkeit ist neu für mich. Hat das vielleicht mit Gottesfurcht zu tun?

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Oft erscheint es mir, als ob durch diese oft ganz bewußte Einflußnahme auf die oft noch auf der Suche (nach sich selbst) sich befindenden jungen Menschen ein subtiler Druck ausgeübt wird, welcher sich gerade aufgrund einer übermäßigen (oft auch "gepflegten") Gewissensängstlichkeit fatal auswirkt. Für mich widerspricht dies fundamental der christlichen Lehre von der Freiheit der Entscheidung des Menschen. Was hier oftmals leider offenbar stattfindet, ist eine "Verzweckung" der Jugend.

 

Das wirft die durchaus berechtigte Frage auf ob jemand zu seinem Glück gezwungen werden kann. Das Wort Gewissensängstlichkeit ist neu für mich. Hat das vielleicht mit Gottesfurcht zu tun?

Nur indirekt, Stanley. Der Begriff wurde maßgeblich von Bernhard Grom SJ geprägt, Professor für Religionspädagogik und Religionspsychologie in München an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten. Bevor ich mir eine unzulängliche Erklärung ausdenke, zitiere ich lieber direkt:

 

"Die Bereitschaft zur moralischen Selbstkontrolle enthält einerseits die positive, selbstverstärkende Erfahrung der Zufriedenheit, die eben die Verwirklichung ethisch-religiöser Werte und die Erfüllung entsprechender Normen gewährleistet. Sie gibt dem Gewissenhaften auch die Sicherheit, den moralischen Anforderungen der sozialen Umwelt entsprechen zu können und nicht aus der Rolle zu fallen. Andererseits gehört zu dieser Bereitschaft auch als aversives Moment die Befürchtung, durch normwidriges Verhalten die Anerkennung der Bezugspersonen und -gruppen sowie die Selbstachtung verlieren zu können. Darum kann sich die Bereitschaft zu moralischer Selbstkontrolle unterschiedlich entwickeln, nämlich als emotional ausgeglichene, nichtpathologische oder als gewissensängstliche, skrupulöse Einstellung. Das erste der unten angeführten Fragebogen-Items deutet die ausgeglichene, das zweite die problematische Ausprägung an.

 

1. Ich fühle mich von meinem religiösen Glauben her dazu verpflichtet, Gutes zu tun und Böses zu unterlassen.

2. Wenn ich die Verhaltensforderungen meines religiösen Glaubens mißachte, habe ich Gewissensbisse.

 

Unter psychohygienischer Rücksicht ist die zweite Einstellung problematisch, weil sie das Erleben mit einem Übermaß an Gewissensängstlichkeit belasten und und sich u.U. bis zu Zwangsstörungen steigern kann. In religionspädagogischer Hinsicht ist Skrupulosität nicht weniger schädlich, denn sie erschwert oder verhindert ein flexibles, situationsgerechtes moralisches Urteil, ein ausgewogenes Gewissenserleben und den Glauben an einen liebenden Gott (der mir z.B. die Sünden vergibt, wo ich nicht zu zweifeln brauche, persönliche Anmerkung)."

 

(Quelle: Grom, Bernhard: Religionspädagogische Psychologie, Düsseldorf 2000; hier: S. 24)

 

Ich kenne selbst einen Fall, wo diese "Gewissensängstlichkeit" virulent ist, d.h. wo auch z.B. "Schuld" nicht nur zuerst bei sich selbst gesucht wird (was normal ist), sondern nur bei sich selbst, der gar nicht auf den Gedanken käme, woanders danach zu suchen. Dies äußert sich z.B. auch darin, daß Konflikte grundsätzlich nicht ausgetragen bzw. nicht wahrgenommen werden. Ich bin fest davon überzeugt und habe eigentlich aufgrund der Erzählungen meines Freundes keinen Zweifel an der Ansicht, daß ihm diese Haltung in einer charismatischen Gruppierung "anerzogen" wurde. Ich bin mir aber bewußt, daß man nicht alle diese Bewegungen über einen Kamm scheren kann.

Gruß, Yeti

bearbeitet von Yeti
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Da ich die "charismatische Erneuerung" tw. durch Pater James Manjackal, Pater Josef Bill und einiges an Lektüre kennen lernen durfte, möchte ich mir zu diesem Thema einige Gedanken erlauben:

 

Die charismatische Erneuerungsbewegung glaubt, dass wir für eine Erneuerung der Kirche und Gesellschaft in besonderer Weise den Heiligen Geist brauchen. Die Charismen und Geistesgaben werden bei diesen Erneuerungsbewegungen betont - z.B. gibt es den sogenannten Heilungsdienst, der auch verschiedene Weise ausgeübt wird. Die Betontung besonderer charismatischer Gaben (Sprachengebet oder Zungenrede, Heilungsgaben, geistliches Wissen etc.) werden betont.

 

Bekannt war der inzwischen verstorbene Pater Emiliano Tardiff dessen Buch "Jesus ist der Messias" und dessen Heilungsgottesdienste bekannt waren oder sind. Dass wir in der Kirche sowohl die Ordnung durch das Lehramt brauchen, wie auch die stets neue Lebendigkeit der Kirche durch das Wirken des Heiligen Geistes sind Erneuerungsbewegungen, neue Orden und Gemeinschaften zu begrüßen.... vor allem dann, wenn sie nicht den eigenen Vogel für den Heiligen Geist halten. Diese Gefahren kann es bei manchen charismatischen Gemeinschaften geben, wodurch sie auch in Verruf geraten. Dass sowohl das Leben der Heiligen von aussergewöhnlichen Zeichen wie Bilokation, Seelenschau, Prophetie, Vorherwissen, Heilungsgaben, Sprachengaben begleitet sein kann (aber nicht muss) - wie es auch in den "neueren Gemeinschaften" solche Zeichen geben kann muss nicht unbedingt von vornherein ein Irrweg oder äußerst verdächtig sein. Das Leben Jesu war von solchen Zeichen begleitet - und die Bibel sagt, dass jene die nach ihm kommen werden "noch größeres wirken".

 

Ich hale z.B. jene neueren Gemeinschaften (Seligpreisungen, Oase des Friedens) welche die eucharistische Anbetung in besonderer Weise pflegen und beleben für sehr wichtig und wertvoll.

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Nein, mir geht es ganz und gar nicht um eine "Verteufelung" oder Diskreditierung dieser Gruppierungen der "Charismatischen Erneuerung", ich weiß nur nicht, wie ich meinem Freund helfen könnte; er ist sehr in einer solchen Gemeinschaft involviert - wenn ich mich richtig entsinne, handelt es sich um die "Gemeinschaft der Seligpreisungen" oder "Emmanuel", was allerdings auch angesichts der Struktur dieser CE-Gemeinschaften schwierig ist, da die ganzen örtlichen Gruppierungen wohl relativ autark und eigenverantwortlich sind. Daher können auch einzelne Mißstände wie den geistlichen Mißbrauch, welcher da geschehen sein muß etc. selten auf die ganze Gemeinschaft generalisiert werden.

 

Ich selbst - das schrieb ich ja - stehe dem ganzen eher distanziert gegenüber und glaube nicht, daß es für mein religiöses Leben sozusagen als "Zusatz" neben meinem Leben in der Pfarrgemeinde eine Bereicherung darstellen könnte; das muß es aber auch nicht unbedingt, schließlich wird ja keiner gezwungen. Wahrscheinlich am mißtrauischsten macht mich die Betonung emotionaler Erlebnisse etc.; da ich selber sehr emotional sein kann, halte ich mich - sozusagen aus religionspsychohygienischen Gründen - eher an die Vernunft im Glauben. Das ist eine Linie, die ja als Zugang zum Glauben parallel neben der emotionalen Ebene gleichberechtigt existiert.

Gruß, Yeti

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Ich glaube, dass die Existenz von solchen Gemeinschaften - ebenso wie die evangelikaler Freikirchen - letztlich vor allem zeigen, dass es eben vielen Menschen gibt, die - anders als Du, Yeti - in ihren Pfarrgemeinden eben nicht dass finden, was sie für ihren Glauben suchen. Gefühle, persönliche Ansprache, verbindliche Gemeinschaft, Betonung der Spiritualität jedes einzelnen ...

 

Die Betonung der emotionalen Seite zeigt ja nur ein Defizit der Pfarrgemeinden, in denen es in der Regel sehr rational und "bürgerlich" zugeht.

 

 

Laura

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Nein, mir geht es ganz und gar nicht um eine "Verteufelung" oder Diskreditierung dieser Gruppierungen der "Charismatischen Erneuerung", ich weiß nur nicht, wie ich meinem Freund helfen könnte; er ist sehr in einer solchen Gemeinschaft involviert - wenn ich mich richtig entsinne, handelt es sich um die "Gemeinschaft der Seligpreisungen" oder "Emmanuel", was allerdings auch angesichts der Struktur dieser CE-Gemeinschaften schwierig ist, da die ganzen örtlichen Gruppierungen wohl relativ autark und eigenverantwortlich sind. Daher können auch einzelne Mißstände wie den geistlichen Mißbrauch, welcher da geschehen sein muß etc. selten auf die ganze Gemeinschaft generalisiert werden.

 

Ich selbst - das schrieb ich ja - stehe dem ganzen eher distanziert gegenüber und glaube nicht, daß es für mein religiöses Leben sozusagen als "Zusatz" neben meinem Leben in der Pfarrgemeinde eine Bereicherung darstellen könnte; das muß es aber auch nicht unbedingt, schließlich wird ja keiner gezwungen. Wahrscheinlich am mißtrauischsten macht mich die Betonung emotionaler Erlebnisse etc.; da ich selber sehr emotional sein kann, halte ich mich - sozusagen aus religionspsychohygienischen Gründen - eher an die Vernunft im Glauben. Das ist eine Linie, die ja als Zugang zum Glauben parallel neben der emotionalen Ebene gleichberechtigt existiert.

Gruß, Yeti

Die Wege Gottes mit den Menschen sind geheimnisvoll. Welchen Weg Gott mit Deinem Freund vor hat - das kann man ohne besondere Einsicht oder Seelenschaue (wie sie einem P. Pio z.B. gegeben war) kaum abschätzen. Es kann also sehr subjektiv sein, was wir als Irrweg sehen. Manche müssen z.B. durch die eine oder Prüfung hindurch gehen - um daraus zu lernen- und anderen helfen zu können.

 

Die Nüchternheit im geistlichen Leben ist ein ebenso guter Ratschlag wie das Hinhören auf das, was ein geistlicher Begleiter, Beichtvater sagt. Was deinem Freund daher in erster Linie zu wünschen ist, das ist ein Beichtvater, der für die ihm Anvertrauten auch betet. Wie schon früher mal geäußert halte ich viel von jenen Beichtvätern, die ihre Beichtkinder nicht auf einen bestimmten geistlichen Weg zwingen oder bringen- sondern die ihnen geistliche Freiheit lassen und nur bei offensichtlichen Irrwegen korrigierend eingreifen.

 

Im übrigen haben wir im Gebet und natürlich in der persönlichen Zuwendung und Liebe große Hilfen. Was gute Worte nicht bewirken können - das vermag das intensive und vertrauensvolle Gebet.

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Nein, mir geht es ganz und gar nicht um eine "Verteufelung" oder Diskreditierung dieser Gruppierungen der "Charismatischen Erneuerung", ich weiß nur nicht, wie ich meinem Freund helfen könnte; er ist sehr in einer solchen Gemeinschaft involviert - wenn ich mich richtig entsinne, handelt es sich um die "Gemeinschaft der Seligpreisungen" oder "Emmanuel", was allerdings auch angesichts der Struktur dieser CE-Gemeinschaften schwierig ist, da die ganzen örtlichen Gruppierungen wohl relativ autark und eigenverantwortlich sind. Daher können auch einzelne Mißstände wie den geistlichen Mißbrauch, welcher da geschehen sein muß etc. selten auf die ganze Gemeinschaft generalisiert werden.

 

Ich selbst - das schrieb ich ja - stehe dem ganzen eher distanziert gegenüber und glaube nicht, daß es für mein religiöses Leben sozusagen als "Zusatz" neben meinem Leben in der Pfarrgemeinde eine Bereicherung darstellen könnte; das muß es aber auch nicht unbedingt, schließlich wird ja keiner gezwungen. Wahrscheinlich am mißtrauischsten macht mich die Betonung emotionaler Erlebnisse etc.; da ich selber sehr emotional sein kann, halte ich mich - sozusagen aus religionspsychohygienischen Gründen - eher an die Vernunft im Glauben. Das ist eine Linie, die ja als Zugang zum Glauben parallel neben der emotionalen Ebene gleichberechtigt existiert.

Gruß, Yeti

Die Wege Gottes mit den Menschen sind geheimnisvoll. Welchen Weg Gott mit Deinem Freund vor hat - das kann man ohne besondere Einsicht oder Seelenschaue (wie sie einem P. Pio z.B. gegeben war) kaum abschätzen. Es kann also sehr subjektiv sein, was wir als Irrweg sehen. Manche müssen z.B. durch die eine oder Prüfung hindurch gehen - um daraus zu lernen- und anderen helfen zu können.

 

Die Nüchternheit im geistlichen Leben ist ein ebenso guter Ratschlag wie das Hinhören auf das, was ein geistlicher Begleiter, Beichtvater sagt. Was deinem Freund daher in erster Linie zu wünschen ist, das ist ein Beichtvater, der für die ihm Anvertrauten auch betet. Wie schon früher mal geäußert halte ich viel von jenen Beichtvätern, die ihre Beichtkinder nicht auf einen bestimmten geistlichen Weg zwingen oder bringen- sondern die ihnen geistliche Freiheit lassen und nur bei offensichtlichen Irrwegen korrigierend eingreifen.

 

Im übrigen haben wir im Gebet und natürlich in der persönlichen Zuwendung und Liebe große Hilfen. Was gute Worte nicht bewirken können - das vermag das intensive und vertrauensvolle Gebet.

Nein, er hat einen Beichtvater. Dieser Umstand ist aber eher Teil des Problems als die Lösung. Denn dieser Priester hat selbst einige Probleme in seiner Pfarrei, u.a. Predigtverbot in der Pfarrei, in welcher er hauptamtlich mit anderen Priestern wirkt. Vor einiger Zeit war ich bei einem Grillabend mit ihm und einem seiner Beichtkinder (das erfuhr ich aus dem Gespräch), ein ca. 25-jähriges Mädchen, welches wohl mal im Kloster Novizin war, dort aber quasi "gegangen" wurde - als sie während des Abends mit dem Priester darüber diskutierte, ob man z.B. Kopfschmerzen um Jesu Leiden am Kreuz willen statt mit Schmerztabletten zu beseitigen lieber ertragen sollte und dieser lebhaft zustimmte, wurde mir einiges klar. Und so ging's weiter - Gewissensbisse, wenn der Besuch der Hl. Messe (vor allem diejenige in der Gemeinschaft) versäumt wurde etc. - das ganze erinnerte mich eher an eine Sekte, mitsamt der "Guru"-Figur.

 

Ich gehöre sonst nicht zu denjenigen, die mit der ansonsten öfter phrasenhaft gebrauchten Bezeichnung "Fundamentalismus" um sich werfen, aber in diesem konkreten Fall würde ich sofort eine Ausnahme machen. Auf der anderen Seite denke ich nicht, daß ich noch viele Möglichkeiten habe, darauf Einfluß zu nehmen, weil sich mein Freund jedesmal abschottet, wenn ein gemeinsames Gespräch in Richtung Kritik an den Praktiken der Gemeinschaft hinausläuft - er identifiziert sich schon zu sehr mit ihr. Letzten Endes kann ich da wohl auch nichts mehr machen, man reibt sich nur auf und ich habe auch das Gefühl, daß so langsam die Freundschaft darunter leidet - was ich sehr schade fände.

Gruß, Yeti

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Lieber Yeti:

 

Da bleibt wohl nur Gebet und Geduld. Da ich den Beichtvater nicht kenne, kann ich dazu nichts sagen. Es gab auch Priester (Pfr. von Ars, Pater Pio) denen Verbote auferlegt wurden die in einem an deren Licht zu sehen sind.

 

Bei manchen neuen geistlichen Gemeinschaften gibt es natürlich die Gefahr von Übertreibungen, die nicht immer auf Grund der "eifrigen ersten Liebe" kommen. Wenn manche Orden auf Grund einer Art Gegenbewegung wegen Vernachlässigungen auf gewissen Gebieten entstehen (z.B. Nachlassen der Anbetung, Nachlassen der Verehrung der Engel) dann kann einiges überzogen werden.

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Justin Cognito

Einige der hier geschriebenen Beiträge passt gut mit meinen Erfahrungen zusammen, dass eine Stärke der neuen geistlichen Gemeinschaften ist, mit Menschen mit komplizierteren Persönlichkeitsstrukturen, vielleicht auch Außensseitertypen etc. gut und (das ist jetzt nicht ironisch gemeint) gut christlich umzugehen. Da kann ich wirklich noch viel lernen, vor allem weil das Zugehen auf Menschen die eher am Rand stehen für mich sehr gut mit dem zusammenpasst was wir über das Leben und Lehren Jesu wissen.

 

Kritisch kann es meines Erachtens dann werden, wenn solcherart noch nicht ganz ausgeheilte Menschen mit verantwortungsvollen Positionen innerhalb der Gruppe betraut werden. Dann ist die Gefahr groß, dass der eigene Skrupel zur Maßschnur für andere oder das eigene Faible zum Heilskriterim für die ganze Gruppe wird. Besonders in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen halte ich da größte Vorsicht für angebracht.

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Justin Cognito

Ein anderes Problem dürfte die Insider- oder Gruppensprache sein, die häufig sehr spirituell geprägt, innerhalb der Gruppe mehr- oder weniger verstanden wird, nach außen hin aber sehr schwer kommunizierbar ist. Was meint zB die von Yeti beschriebene Gruppe wenn sie einander firmen? Meinen sie wirklich das Sakrament? Oder eine Segenspraxis? Hier wären oft "Übersetzungsleistungen" gefragt, die manche Gruppen vielleicht auch nicht geben können oder wollen, weil sie als abzulehnender Intellektualismus verstanden werden.

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Ich glaube, dass die Existenz von solchen Gemeinschaften - ebenso wie die evangelikaler Freikirchen - letztlich vor allem zeigen, dass es eben vielen Menschen gibt, die - anders als Du, Yeti - in ihren Pfarrgemeinden eben nicht dass finden, was sie für ihren Glauben suchen. Gefühle, persönliche Ansprache, verbindliche Gemeinschaft, Betonung der Spiritualität jedes einzelnen ...

 

Die Betonung der emotionalen Seite zeigt ja nur ein Defizit der Pfarrgemeinden, in denen es in der Regel sehr rational und "bürgerlich" zugeht.

 

 

Laura

Hallo Laura,

 

ich glaube, Du sprichst hier einen wesentlichen Punkt an. Auch wenn solche Gemeinschaften kein Gegenprogramm zu Gemeinden sind, sondern eher ein Mehr für Leute, die einen besonderen Weg suchen, sehe ich ernsthafte Defizite in den Gemeinden, zumindest so wie ich sie erlebt habe.

Und dieses Defizite haben nicht nur mit mangelnder Emotionalität zu tun.

Zum einen sind Gemeinden Orte, an denen unendlich viel getan wird. Und alles ist auch sicher wichtig und richtig. Aber oft werden diese Aktivitäten zur Plattform der eigenen Geltungssucht und dann wird es kritisch. Unter dem Deckmantel der guten Sache ist so etwas fast unangreifbar, aber fatal. Außerdem sind die vielen Aktivitäten innerhalb von Gemeinden von vielen Vereinen und vielen Händen getragen. Es werden aber weniger Hände und so kenne ich die Versuchung, Neuankömmlinge vor allem unter dem Aspekt der Rekrutierung für die Eigene Sache zu sehen. Dies wird verkauft als Enagement für die Gemeinde (Ich kenne eine Gemeinde, da ist das ein entscheidendes Kirterium für die Firmung).

Andrererseits spielt das eigentliche Thema, nämlich der Glauben, eine eher geringere Rolle. Klar, man geht in die Messe, in manche Andachten, beten vor Vereinsversammlungen, aber das war es auch.

 

Viele Grüße,

 

Matthias

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Ich glaube, dass die Existenz von solchen Gemeinschaften - ebenso wie die evangelikaler Freikirchen - letztlich vor allem zeigen, dass es eben vielen Menschen gibt, die - anders als Du, Yeti - in ihren Pfarrgemeinden eben nicht dass finden, was sie für ihren Glauben suchen. Gefühle, persönliche Ansprache, verbindliche Gemeinschaft, Betonung der Spiritualität jedes einzelnen ...

 

Die Betonung der emotionalen Seite zeigt ja nur ein Defizit der Pfarrgemeinden, in denen es in der Regel sehr rational und "bürgerlich" zugeht.

 

 

Laura

Hallo Laura,

 

ich glaube, Du sprichst hier einen wesentlichen Punkt an. Auch wenn solche Gemeinschaften kein Gegenprogramm zu Gemeinden sind, sondern eher ein Mehr für Leute, die einen besonderen Weg suchen, sehe ich ernsthafte Defizite in den Gemeinden, zumindest so wie ich sie erlebt habe.

Und dieses Defizite haben nicht nur mit mangelnder Emotionalität zu tun.

Zum einen sind Gemeinden Orte, an denen unendlich viel getan wird. Und alles ist auch sicher wichtig und richtig. Aber oft werden diese Aktivitäten zur Plattform der eigenen Geltungssucht und dann wird es kritisch. Unter dem Deckmantel der guten Sache ist so etwas fast unangreifbar, aber fatal. Außerdem sind die vielen Aktivitäten innerhalb von Gemeinden von vielen Vereinen und vielen Händen getragen. Es werden aber weniger Hände und so kenne ich die Versuchung, Neuankömmlinge vor allem unter dem Aspekt der Rekrutierung für die Eigene Sache zu sehen. Dies wird verkauft als Enagement für die Gemeinde (Ich kenne eine Gemeinde, da ist das ein entscheidendes Kirterium für die Firmung).

Andrererseits spielt das eigentliche Thema, nämlich der Glauben, eine eher geringere Rolle. Klar, man geht in die Messe, in manche Andachten, beten vor Vereinsversammlungen, aber das war es auch.

 

Viele Grüße,

 

Matthias

Matthias, ich kann mir gut vorstellen, daß es solche Phänomene auch in den CE-Gruppen gibt. Wie hier letzthin jemand schrieb, tauchen solche Probleme überall dort auf, wo's Menschen gibt. Keiner will ja die CE-Gruppen in einen Topf werfen, darum geht's ja nicht. Aber bei vielen Mitgliedern solcher Gruppierungen habe ich die Erfahrung gemacht, daß hinter jeder kritischen Frage eine Verletzung einer Art "corporate identity" liegt - und wenn allein das schon tatsächlich der Wahrheit entspräche, liefe da schon eine Menge falsch.

 

Es stellt sich auch die Frage, ob Emotionalität an sich schon ein Wert ist oder ob sie nicht viel eher als andere Herangehensweisen an den Glauben die Gefahr des Indifferentismus in sich birgt. Will heißen: daß ein Teil der Wahrheit so betont wird, daß eine Häresie daraus entsteht, etwas, was dem Menschen schadet. Es macht mich mißtrauisch, daß sowohl sämtliche Extreme einer progressivistischen wie auch eines fundamentalistischen Kirchen- und Glaubensverständnisses hochemotional beladen sind. Dabei handelt es sich ja nicht um ein genuin religiöses Phänomen, vielmehr eher um eines der Massenpsychologie.

 

Wahrscheinlich wäre für beide Seiten - sowohl den CE-Gruppen als auch den Gemeinden - eine Reflektion über die Begriffe hilfreich. Das Zueinander von Amt und Charismen säße nicht mehr einer neuzeitlichen Begriffsverengung von Charisma auf, die alles Charismatische mit Person, Ereignis, Aufbruch und Leben verbindet, Amt hingegen mit Institution, Organisation und formalisierter Erstarrung gleichsetzt.

Gruß, Yeti

bearbeitet von Yeti
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Ich kenne sie selber nicht, habe aber gehört, dass es relativ wenig Nachwuchs gibt.

In Kloster Sießen gibt es auch eine Laiengemeinschaft (San Damiano) von überwiegend jüngeren Menschen.

 

Laura

bearbeitet von laura
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