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Erkenntnistheorie - Wissenschaftstheorie - Wissenschaftsphil.


rokmah

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Für mich ist fraglich, ob dieses röm.-kath. Gesprächsforum der geeignete Raum dafür ist, og. Fragen zu stellen. Vermutlich passen sie besser in ein Philosophieforum. Allerdings bin ich gespannt auf Antworten.

 

Bei der Erkenntnistheorie handelt es sich mW. um Überlegungen hinsichtlich des Ursprungs und der Reichweite des menschlichen Erkennens. Im Laufe der Philosophiegeschichte wurden die Sichtweisen mehrmals geändert: der Bogen spannt sich von Platons Theorie von den zwei Welten über die aufs Subjekt bezogene Theorie von Descartes bis zu den Epistemologien des 20. Jahrhunderts.

 

In der Wissenschaftstheorie wird gefragt vor allen nach Grundlagen, den Axiomen usw. des wissenschaftlichen Arbeitens. Ich kenne das zB. auf dem Sektor der Mathematik und der theoretischen Physik.

 

Wissenschaftsphilosophie ist mir fremd, eine sehr schwache Vermutung würde dahin gehen, dass dieser (alte?) Begriff in einem Zusammenhang steht mit Theologie oder Metaphysik. Wie gesagt, das ist nur geraten.

 

In der modernen Erkenntnistheorie gibt es eine Vielzahl paralleler Ansätze. Interessant wäre für mich zu erfahren, welcher Ansatz von der röm.-kath. Theologie favorisiert wird. Bekanntlich wird in einem dogmatischen Lehrsatz den Gläubigen zwingend vorgeschrieben, dass sie dem Satz zustimmen, dass Gott (!) mit Hilfe der Vernunft mit Sicherheit (!) erkannt werden kann. Diese Lehraussage ist mit dem Anathema verbunden. Ein von der Kirche gezeigter epistemologischer Weg ist mir bisher nicht geläufig.

 

Grüße von Pelagius.

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Die Erkenntnistheorie gehört zu den drei "Säulen" der Philosphie (neben Logik und Ethik). Sie beschäftigt sich mit den Grundlagen des Erkennens sowie der Reichweite oder den Grenzen unserer Erkenntnis der Welt (und uns selbst).

 

Die Erkenntnistheorie versucht, folgende Fragen zu beantworten:

  • Was ist Erkenntnis? – Begriffsklärung
  • Wie erkennen wir? – Wege und Formen
  • Was erkennen wir? – Gegenstand
  • Wie weit reicht die Erkenntnis? – Umfang und Grenzen
  • Warum erkennen wir gerade so, dies und nur dies? – Erklärung
  • Wie sicher ist unsere Erkenntnis? – Geltung
  • Worauf beruht ihre Sicherheit? – Begründung

Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsphilosophie sind eigentlich dasselbe, wobei ersteres mehr aus der Sicht der Wissenschaft gesehen wird, letzteres aus Richtung der Philosophie (und wiederum gibt es Überschneidungen zur Erkenntnistheorie). Man könnte die Fragen, die ich bei der Erkenntnistheorie skizziert habe, teilweise auch für die Wissenschaftstheorie fragen - nur muss man natürlich "Erkenntnis" durch "Wissenschaft" ersetzen. Erkenntnistheorie ist in gewisser Hinsicht die Basis der Wissenschaftstheorie.

 

Kann man diese Fragen beantworten - und zwar alle! - dann hat man eine Erkenntnistheorie. Ob diese dann zutreffend ist, ist interessanterweise weder eine Frage der Erkenntnistheorie, die daher immer selbstbezüglich ist (wenn man es richtig macht, ist das nichts Schlimmes).

 

Die Fragen hier wären darüber hinaus:

  • Was ist die Besonderheit der wissenschaftlichen Forschung (etwa: Experiment, Erklärung, Vorhersage)? - Charakteristika
  • Wodurch gewinnt die Wissenschaft ihren Erkenntnisgewinn? - Methodologie
  • Gibt es wissenschaftlichen Fortschritt? - Fortschritt
  • Welchen Status haben wissenschaftliche Theorien in Bezug auf dem erkenntnistheoretischen Status? - Erkenntnistheorie
  • Ist Wissenschaft eine Weg zur Wahrheitsfindung? - Wahrheitsfrage

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Zunächst ist zu sagen, dass sich die Wissenschaftstheorie erst herausbilden konnte als die Wissenschaft institutionalisiert wurde, demnach also eine sehr junge Disziplin ist. Zudem hat sich ihr Themenbereich in letzter Zeit noch deutlich erweitert.

Heute versteht man unter Wissenschaftstheorie einmal:

  • Wissenschaftsontologie - die W. beschäftigt sich mit dem Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung
  • Wissenschaftserkenntnistheorie - ein Teilbereich der E., der jedoch auf die Wissenschaft bezogen ist
  • Wissenschaftslogik - befasst sich mit wissenschaftlichen Aussageformen

Dazu sind seit ca. 50 Jahren noch diese Bereiche dazu gekommen:

  • Wissenschaftsgeschichte - die W. enthält ein reiche Sammlung an Fallbeispielen für die Wissenschaftstheorie,
  • Wissenschaftssoziologie - ist, denke ich, selbsterklärend
  • Wissenschaftspsychologie - beschäftigt sich mit der Frage, wie man auf Erkenntnisse kommt, also eher mit der psychologischen Genese von wissenschaftlicher Erkenntnis

Zusätzlich gibt es dann noch für jede Bereichswissenschaft eine eigene Wissenschaftstheorie, also für Geschichte etc., die die oben genannten Punkte umfasst.

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Ich präzisiere mein Posting vom 22.01. und zitiere das erwähnte Dogma zum Thema »Erkenntnis« innerhalb des theologischen Systems der röm.-kath. Kirche im Wortlaut:

 

Wer sagt, der eine und wahre Gott, unser Schöpfer und Herr, könne mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft durch das, was gemacht ist, nicht mit Sicherheit erkannt werden, der sei ausgeschlossen.

 

Das Dogma wurde durch das Vatikanum I. im Jahre 1870 verkündet. Nachzulesen ist der Text zB. bei Neuner-Roos unter Nr. 45.

 

Meine Frage lautet: Welcher erkentnistheoretische Weg wird bei diesem Dogma zu Grunde gelegt, welches ist die vorausgesetzte Epistemologie? Wenn ich den Text recht verstehe, umfasst die Lehraussage jeden Menschen und nicht ausschließlich Mitglieder der Kirche.

 

Grüße von Pelagius.

bearbeitet von Pelagius
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Meine Frage lautet: Welcher erkentnistheoretische Weg wird bei diesem Dogma zu Grunde gelegt, welches ist die vorausgesetzte Epistemologie.

Ich sach mal: Direktes Einblasen durch den Heiligen Geist. So wie Josef das immer schildert.

 

Ich sach auch: Wenn ich dieses Dogma ernst nehmen würde, wäre ich nicht mehr in der katholischen Kirche. Das ist genauso furchtbar wie das Unfehlbarkeitsdogma.

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Ich sach auch: Wenn ich dieses Dogma ernst nehmen würde, wäre ich nicht mehr in der katholischen Kirche. Das ist genauso furchtbar wie das Unfehlbarkeitsdogma.

Du verunsicherst mich!

Die Aussage, dass es Dogmen gibt, die nicht ernst zu nehmen sind: dazu könnte uU. ein neuer Thread eröffnet werden.

 

Mir fällt auf, dass die Wächter der röm.-kath. Erkenntnis + Wahrheit noch auffallend zurückhaltend sind!

 

Nachdenkliche Grüße von Pelagius.

bearbeitet von Pelagius
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Du verunsicherst mich!

Die Aussage, dass es Dogmen gibt, die nicht ernst zu nehmen sind: dazu könnte uU. ein neuer Thread eröffnet werden.

Vorsicht. Ich habe nicht gesagt, es gäbe Dogmen, die nicht ernst zu nehmen sind. Es sagte, es gibt Dogmen, die ich nicht ernst nehme. Das ist meine persönliche Gewissensentscheidung. Und damit von objektiven Aussagen über objektive Sacherhalte zu unterscheiden.

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Ich präzisiere mein Posting vom 22.01. und zitiere das erwähnte Dogma zum Thema »Erkenntnis« innerhalb des theologischen Systems der röm.-kath. Kirche im Wortlaut:

 

Wer sagt, der eine und wahre Gott, unser Schöpfer und Herr, könne mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft durch das, was gemacht ist, nicht mit Sicherheit erkannt werden, der sei ausgeschlossen.

 

Das Dogma wurde durch das Vatikanum I. im Jahre 1870 verkündet. Nachzulesen ist der Text zB. bei Neuner-Roos unter Nr. 45.

 

Meine Frage lautet: Welcher erkentnistheoretische Weg wird bei diesem Dogma zu Grunde gelegt, welches ist die vorausgesetzte Epistemologie? Wenn ich den Text recht verstehe, umfasst die Lehraussage jeden Menschen und nicht ausschließlich Mitglieder der Kirche.

 

Grüße von Pelagius.

 

Den Sinn dieses Dogma ergibt sich erst aus dem Kontext des ganzen Textes, in den er eingebunden ist. Da wird dann präzisiert, was mit "Erkenntnis" und "Sicherheit" gemeint ist.

Das Dogma richtet sich gegen den Agnostizismus, der jegliche Erkennbarkeit Gottes ablehnt oder es für möglich hält, daß wir zwar glauben eine göttliche Wirkung etc. zu erkennen, uns darin aber täuschen könnten.

Die Fassung aus dem Antimodernisteneid, die eine Beweisbarkeit Gottes als Glaubensforderung beinhaltet wurde verworfen, womit noch einmal mit Nachdruck der Unterschied von Beweisbarkeit und Erkennbarkeit hinsichtlich des Dogmas hervorgehoben wurde.

 

Man kann immer fragen, ist ein Dogma widersprüchlich oder unwahr, oder ist eine Interpretation des Dogmas möglich, die nicht widersprüchlich und falsch ist?

 

Das Problem an einem Dogma ist, wie bei allem Niedergeschriebenen, daß man es auch interpretieren muß. Darum muß man auch das ganze Dogma lesen und nicht nur einen Satz darauß. Und wenn man das ganze Dogma ließt, wird deutlicher was gemeint war und was nicht.

 

Da habe ich das Dogma mal ausführlicher betrachtet:

http://www.mykath.de/index.php?showtopic=1...30entry580430

 

Gruß

Sam

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Ich kenne den Thread.

Mir ist auch bekannt, welches die zeitlichen Hintergründe waren, es lebe der Zeitgeist! Das Ausweichen - wieder einmal - auf eine Art doppelter Erkenntnis kann ich nicht nachvollziehen. 80 Jahre nach Kants grundlegenden Gedanken zu den Grenzen unseres Denkens kann redlicherweise keine Spiegelwelt mehr aufgebaut werden.

 

Grüße von Pelagius.

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