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Aristotelische Ontologie


Franziskaner

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Philosophische Gedankengänge können nicht mehr tun, als diese Aussagen nach ihrem begrenzten menschlichen Vermögen etwas zu erhellen.

 

Was gibt es an offensichtlichen Widersprüchen und Absurditäten zu "erhellen"? Und wer will das überhaupt? Wie Dennett in einem Spiegel-Interview bemerkt hat, rührt die Faszinationskraft von Dogmen wie der Transsubstantiationslehre ja gerade daher, dass sie so dunkel und so absurd sind. Wenn die Kirche bloß behaupten würde, dass die Hostien den Leib Jesu auf irgendeine Weise repräsentieren, ...

Dann wäre Jesus und mit ihm Gott glücklich wieder mal aus der Welt geschafft.

Nur dadurch, dass man behauptet, dass die Hostie ein Symbol sei? :angry:

Ein Symbol ist sie schon. Im ursprünglichen, mystischen Sinn des Wortes: Es ist, was es bedeutet.

Wenn Jesus ein Zeichen setzt und dazu sagt: Das bin ich (Das ist mit "mein Fleisch" schließlich gemeint), dann können wir nicht hergehen und sagen: Nein, nein, ist er nicht, sondern es repräsentiert ihn nur auf irgendeine Weise, oder es erinnert nur an ihn oder dergleichen mehr, sonst treiben wir, wenn wir, seinen Worten folgend, "dies tun", weiter nichts als Mummenschanz und Kasperltheater.

 

Der Name Gottes ist "Ich-bin-da".

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Der Substanzbegriff ist dann relevant, wenn man auf die Natur der Realität schließen will.

 

Was soll das sein, die "Natur der Realität"? Und wovon wird hier geschlossen?

 

In der Praxis unterscheiden sich individuelle Gegenstände eigentlich immer durch ihre raumzeitliche Position. Nur erklärt der Substanzbegriff, warum die Identität eines Dinges nicht von seinen Eigenschaften (auch den raumzeitlichen) abhängig sein kann.

Nein, wenn überhaupt, dann wird das nicht durch den Substanzbegriff "erklärt", sondern es wird beansprucht, behauptet. Ich meine nämlich das Gegenteil: Ein Gegenstand ist das, was er ist, ausschließlich aufgrund seiner Eigenschaften. Wenn sich zwei Gegenstände unterscheiden, können sie nicht alle Eigenschaften gemeinsam haben.

 

Im Grunde kann es ja nichts anderes als Eigenschaften geben - so deine Position, wenn ich diese richtig verstehe.

Nö, das ist nicht meine Aussage. Man kann durchaus in einem guten Sinne sagen, dass es Gegenstände gibt und dass Gegenstände ihre Eigenschaften "haben".

 

Man sollte dabei aber im Kopf behalten, dass der Gegenstand, oder die "Substanz" nicht irgendein mysteriöses, unsichtbares Ding ist, das auf unvorstellbare hinter diesem dort verborgen ist oder in ihm steckt. Das bedeutet: Die Idee, dass etwas übrig bleibt, auch wenn man von allen Eigenschaften abstrahiert hat, ist absurd. Eine Bratpfanne ist ein Eisernes, Zwei-Kilo schweres, Rundes, 40 cm langes usw. usw. Das, was die Bratpfanne ist, ist vollständig durch ihre Eigenschaften bestimmt. Wenn ich von allen Eigenschaften absehe, dann behalte ich nicht irgendeinen "Wesenskern der Bratpfanne" zurück, sondern gar nichts.

 

Wenn es also nur Eigenschaften geben kann, dann muß Identität eine Eigenschaft sein. Das ist sie aber nicht.

Nein. Identität im strengen Sinne des Wortes ist sowieso keine Eigenschaft, sondern eine Relation. Nämlich eine Relation, die zwischen dem Gegenstand und ihm selbst besteht.

 

Dann gibt es natürlich noch den Sinn von "Identität", in dem wir sagen "Mein Beruf macht meine Identität aus", "Ich wurde meiner Identität als Mann beraubt", "das Elternhaus ist entscheidend für die Identität eines Menschen" usw. In dieser anderen Vernwendungsweise des Ausdrucks meint Identität keine Relation, sondern eher so etwas wie die für einen Gegenstand wesentlichen Eigenschaften. Es gehört z.B. zu meiner "Identität" (in diesem Sinne), dass ich ein Mensch bin, dass ich von den und den Leuten gezeugt wurde usw., während es nicht zu meiner Identität gehört, dass ich schulterlange Haare habe und jetzt gerade verschlafen bin.

 

"Wesentliche Eigenschaften" eines Dinges sind aber immer noch Eigenschaften.

 

Ich glaube nicht, daß man mit Sprachphilosophie über die Existenz von Dingen urteilen kann. Sprachphilosophie ersetzt z.B. auch nicht die empirische Forschung.

Das hat ja auch niemals irgendein Mensch, von dem ich je eine Zeile gelesen habe, behauptet.

 

Im Übrigen bestehe ich auf meiner Frage: Wenn du Recht hast und es zwei Gegenstände A und B geben kann, die unterschiedlich sind, ohne sich in ihren Eigenschaften zu unterscheiden (was ich für eine absurde Vorstellung halte): Wie erklärst du dann jemandem den richtigen Gebrauch der Ausdrücke "A" und "B"? Wie erklärst du, mit welchem Ausdruck du auf welchen Gegenstand referierst?

 

Warum man einen Stuhl als einen Stuhl betrachtet, einen Mensch als Mensch, daß kann man nicht einfach nur durch einen willkürlichen Akt erklären.

Doch. Es ist tatsächlich letztlich unserer Willkür überlassen, auf welche Weise wir verschiedene Teile in der Welt zu Gegenständen bündeln. Es gibt natürlich gewisse objektive Tatsachen, die es sinnvoll und nützlich machen, den Stuhl als einen Gegenstand aufzufassen (z.B. ist der Stuhl ein relativ kompaktes Gebilde, dessen Glieder miteinander befestigt sind, während man den Stuhl gegen seine Umwelt beliebig bewegen kann), aber man könnte auch eine Sprache einführen, in der ein Wort für Stuhl vollkommen fehlt und die Leute sich immer nur auf miteinander verbundene Stuhleinzelteile beziehen, jedoch einen Stuhl nie als einen Gegenstand auffassen.

 

Hatte ich schon auf das Buch "Existieren sie Mr. Jones?" von Stanislaw Lem hingewießen?

Ja, hast du schon. Habe ich auch gelesen. Ganz nett, wobei mich wundert, dass Lem die Frage nach der personalen Identität offenbar selbst für ein Rätsel hält, während eigentlich klar ist, dass es hier kein Rätsel gibt. Es ist am Ende einfach eine Frage der begrifflichen Willkür, ob wir einen Menschen, der tausend Jahre nach der Vernichtung seines alten Körpers wieder zusammengesetzt wird, noch als dieselbe Person, oder als eine andere Person mit gleichen Charaktereigenschaften und Erinnerungen betrachten wollen.

 

Wie würdest du aber erklären, warum wir die inhomogene Vermischung von Atomen, die uns umgeben, in dingliche Einheiten zusammenfassen?

Geschieht dies auch nur aus Gewohnheit?

Wie gesagt: Es hat schon einen gewissen objektiven Grund, auf welche Weise wir die veränderlichen Atom-Schwärme, die uns umgeben, begrifflich zu Gegenständen zusammenfassen. Z.B. wird der Baum deshalb als ein eigener Gegenstand gesehen, weil er eine Materie-Anordnung ist, die relativ diskret von der Umwelt abgehoben ist, während ihre einzelnen Teile fest miteinander verbunden sind.

 

@Franz:

Trotzdem handelt es sich ja bei allen drei Betrachtungsweisen um ein und denselben Gegenstand, er hat sich nicht verändert. Das deutet darauf hin, dass es sich bei der Frage nach der Substanz im Sinne Aristotzeles um eine Katgorie der Erkentnis handelt. Die Substanz des Baumes existiert nicht unabhängig von unserer Erkenntnis, denn sie variiert ja je nach unserer Betrachtungsweise.

Genau mit einer solchen subjektivistisch-erkenntnistheoretischen Deutung des Substanzbegriffes wäre Aristoteles aber nicht einverstanden.

 

Trotzdem hat Aristoteles ja wohl die Existenz von Universalien bejaht, d.h. er hätte gesagt, dass die Substanz des Baumes unabhängig von unserer Erkenntnis ist.

Jetzt bringst du ganz unterschiedliche Dinge durcheinander. Um an die Existenz des Baumes unabhängig von meiner Erfahrung zu glauben, muss ich kein Universalien-Realist sein.

 

Es gibt keine zwei identischen Dinge im Universum, also kann man bei genügend großer Dfferenzierung die Gleichung a+a=2a nie anwenden. Sie funktiioniert immer nur, wenn ich Eigenschaften der Dinge ausblende.

Genau das sehen Physiker aber anders. Es gibt mikrophysikalische Phänomene, die sich, wenn es "zwei" sind, tatsächlich nur darin unterscheiden, dass sie eine unterschiedliche raumzeitliche Position haben, und davon abgesehen gleich sind.

 

Aber auch sonst verstehe ich deinen Punkt nicht. Man kann die Mathematik auf die konkrete Welt anwenden, indem man z.B. Gewichte und Energiemengen addiert. Die Summe aus 500 kg und 300kg ist identisch mit 800kg. Und zwar ganz genau und makellos identisch.

bearbeitet von David
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Es gibt keine zwei identischen Dinge im Universum, also kann man bei genügend großer Dfferenzierung die Gleichung a+a=2a nie anwenden. Sie funktiioniert immer nur, wenn ich Eigenschaften der Dinge ausblende.

Genau das sehen Physiker aber anders. Es gibt mikrophysikalische Phänomene, die sich, wenn es "zwei" sind, tatsächlich nur darin unterscheiden, dass sie eine unterschiedliche raumzeitliche Position haben, und davon abgesehen gleich sind.

 

Aber auch sonst verstehe ich deinen Punkt nicht. Man kann die Mathematik auf die konkrete Welt anwenden, indem man z.B. Gewichte und Energiemengen addiert. Die Summe aus 500 kg und 300kg ist identisch mit 800kg. Und zwar ganz genau und makellos identisch.

 

 

Du hast eben noch geschrieben, dass die raumzeitliche Position zu den Eigenschaften eines Gegenstandes gehöre. Wenn zwei Gegenstände unterschiedliche raumzeitliche Positionen haben, sind sie eben nicht gleich. Man kann sie nur addieren, wenn man von ihrer raumzeitlichen Position abstrahiert. Das kann man ja in vielen Fällen sinnvoller Weise tun. Aber es sind trotzdem zwei unterschiedliche Gegenstände, für die nicht gilt a=a.

 

Und auch Deine Addition hat einen Shönheitsfehler: 800 Kg + 300 Kg sind nur dann 800 Kg, wenn man Messungenauigkeiten vernachlässigt. Du wirst keinen realen Vorgang im Universum finden können, auf den Du diese Gleichung absolut anwenden kannst.

 

Eigentlich ist es schon komisch: in demselben Maße, in dem Du die Realität philosophischer Universalien ablehnst, behauptest Du die Realität mathematischer Universalien. Das ist in sich überhaupt nicht stimmig.

bearbeitet von Franziskaner
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@Franz:
Trotzdem handelt es sich ja bei allen drei Betrachtungsweisen um ein und denselben Gegenstand, er hat sich nicht verändert. Das deutet darauf hin, dass es sich bei der Frage nach der Substanz im Sinne Aristoteles um eine Katgorie der Erkentnis handelt. Die Substanz des Baumes existiert nicht unabhängig von unserer Erkenntnis, denn sie variiert ja je nach unserer Betrachtungsweise.

Genau mit einer solchen subjektivistisch-erkenntnistheoretischen Deutung des Substanzbegriffes wäre Aristoteles aber nicht einverstanden.

 

Trotzdem hat Aristoteles ja wohl die Existenz von Universalien bejaht, d.h. er hätte gesagt, dass die Substanz des Baumes unabhängig von unserer Erkenntnis ist.

Jetzt bringst du ganz unterschiedliche Dinge durcheinander. Um an die Existenz des Baumes unabhängig von meiner Erfahrung zu glauben, muss ich kein Universalien-Realist sein.

 

 

 

Augenblick mal: wenn ich es jetzt besser verstanden habe, war für Aristoteles Dir "Substanz" eines Gegenstandes das, was sein Wesen ausmacht, was man nicht wegnehmen kann, ohne die Identität des Gegenstandes zu zerstören. Und das ist bei "Baum" natürlich etwas anderes als bei "Laubbaum" und als bei "Apfelbaum", obwohl es sich bei allen drei Bezeichnungen um den selben Gegenstand handeln kann. Mit anderen Worten: was zur Substanz eines Gegenstandes zählt und was eine Akzidenz ist, hängt von dem Abstraktionsgrad des Begriffes ab, den ich mir von dem Gegenstand mache.

 

Dass der Baum unabhängig davon existiert (aufgrund meiner empirischen Erfahrund) steht natürlich außer Frage. Nur als was er existiert, dass bedarf der Definition.

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@David: mir scheint, Du vermischst in unzulässiger Weise den Philosophischen Substanzbegriff bei Aristoteles mit dem naturwissenschaftlichen Substanzbegriff.

 

Was verstand denn Deiner Meinung nach Aristoteles unter Substanz? Nach dem, was ich herausgefunden habe, ist es die Eigenschaft eines Gegenstandes, die im Wandel der Entwicklung seine Identität ausmacht.

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Augenblick mal: wenn ich es jetzt besser verstanden habe, war für Aristoteles Dir "Substanz" eines Gegenstandes das, was sein Wesen ausmacht, was man nicht wegnehmen kann, ohne die Identität des Gegenstandes zu zerstören. Und das ist bei "Baum" natürlich etwas anderes als bei "Laubbaum" und als bei "Apfelbaum", obwohl es sich bei allen drei Bezeichnungen um den selben Gegenstand handeln kann. Mit anderen Worten: was zur Substanz eines Gegenstandes zählt und was eine Akzidenz ist, hängt von dem Abstraktionsgrad des Begriffes ab, den ich mir von dem Gegenstand mache.

 

Ah, du näherst dich zumindest in einer Hinsicht mit großen Schritten der richtigen Sichtweise :angry:

 

Es ist nämlich tatsächlich so, dass es so etwas wie die "wesentlichen Eigenschaften eines Dinges" überhaupt nicht gibt, dass es vielmehr lediglich die wesentlichen Merkmale von Begriffen gibt. Es ist zum Beispiel wesentlich für einen Laubbaum, Blätter zu haben (jedenfalls zu gewissen Zeiten im Jahr). Es ist dagegen nicht wesentlich für einen Baum, Blätter zu haben. Das liegt daran, dass das Merkmal, Blätter zu haben, für den einen Begriff definierend ist, für den anderen (allgemeineren) jedoch nicht. Und das bedeutet: Wenn ich den Gegenstand dort vorne auf der Wiese als einen Baum herausgreife, dann ist es für ihn nicht wesentlich, Blätter zu haben, aber wenn ich ihn als Laubbaum herausgreife, ist es für ihn selbstverständlich wesentlich, Blätter zu haben oder haben zu können. Der Laubbaum ist kein Laubbaum, wenn er keine Blätter hat. Ich kann denselben Gegenstand auch als Lieblings-Lebewesen meiner Nichte Klara herausgreifen. Er kann dann selbstverständlich nicht die Zuneigung meiner Nichte verlieren und trotzdem dieselbe Sache - nämlich das Lieblingslebewesen meiner Nichte - bleiben, sodass es für ihn, wenn ich ihn so beschreibe, wesentlich ist, das Lieblingslebewesen meiner Nichte zu sein.

 

Das liegt aber alles nur an der willkürlichen Definition von Begriffen. "Wesentliche Eigenschaften" sind eine rein sprachliche Angelegenheit und haben mit der Beschaffenheit der Welt nichts zu tun.

 

David: mir scheint, Du vermischst in unzulässiger Weise den Philosophischen Substanzbegriff bei Aristoteles mit dem naturwissenschaftlichen Substanzbegriff.

Glaube ich eigentlich nicht. Wenn ich mich mit Sam unterhalte und auf seinen Substanzenbegriff zu sprechen komme (er scheint nämlich einen eigenen zu haben), dann sollte klar sein, dass das mit Aristoteles nicht viel zu tun hat.

 

Was verstand denn Deiner Meinung nach Aristoteles unter Substanz? Nach dem, was ich herausgefunden habe, ist es die Eigenschaft eines Gegenstandes, die im Wandel der Entwicklung seine Identität ausmacht.

Sehe ich genauso.

 

Aristoteles hat eben nicht gesehen, dass, welche Eigenschaften für einen Gegenstand wesentlich sind, davon abhängig ist, wie wir diesen Gegenstand sprachlich herausgreifen, d.h. auf welche Weise wir uns auf ihn beziehen. Wenn ich den Menschen als "animal rationale" herausgreife, dann sind für ihn ganz andere Eigenschaften wesentlich, als wenn ich ihn als "ungefiederten Zweifüßler" herausgreife.

 

Auf den Mathematik-Kram gehe ich noch ein.

bearbeitet von David
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Nach meinem Verständnis, ich bin aber kein Aristoteleskenner, ist die Substanz dasjenige, was die Identität einer Sache ausmacht und dasjenige, was unabhängig von etwas anderem existieren kann.

Eigenschaften existieren in diesem Sinne nur als Eigenschaften einer Sache (Substanz).

Bei Aristoteles ist ein Gegenstand keine Summe von Eigenschaften, sondern eine Substanz, die eine Summe von Eigenschaften hat.

Die Eigenschaften können variieren ohne das sich die Identität der Sache dadurch verändert.

 

Siehe auch:

In der Kategorienschrift definiert Aristoteles eine Substanz als dasjenige, was nicht von einem Zugrundeliegenden prädiziert werden kann und nicht in einem Zugrundeliegenden ist [2a 11 - 13]. Das wichtigste Merkmal einer Substanz ist für Aristoteles, als dasselbe beharren zu können und wechselnde Eigenschaften annehmen zu können [4a 10 - 11].(...)Eine primäre Substanz vermag durch sich selbst zu existieren, unabhängig von allem anderen. Dies unterscheidet sie von Eigenschaften und Relationen, die als Eigenschaften nur an oder als Relationen nur zwischen primären Substanzen existieren können.

http://www.phillex.de/substanz.htm

 

Daraus kann man dann ableiten, daß eine Substanz unterschiedliche Eigenschaften haben kann, ohne das sich selbst verändert und im Umkehrschluß, daß etwas mit gleichen Eigenschaften, eine unterschiedliche Substanz haben kann.

Ich denke das ist das wesentliche Argument von Thomas von Aquin.

 

Ich selbst habe keinen expliziten Substanzbegriff.

Das wäre hier wohl auch off-topic.

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Also wie gesagt: Die Vorstellung, dass zwei Gegenstände sich unterscheiden können, obwohl sie alle Eigenschaften gemeinsam haben, ist offenkundig absurd. Und wenn man sich die Substanz als etwas denkt, was noch zusätzlich zu allen Eigenschaften - unsichtbar und unbegreiflich - vorhanden ist, dann geht man einer philosophische Phantasie auf den Leim.

 

Aber so hat sich das meines Wissens auch Aristoteles nicht gedacht. Die Idee, dass zwei Gegenstände sich in keiner Eigenschaften unterscheiden und trotzdem verschieden sind, hätte er sicherlich ebenfalls für absurd gehalten.

bearbeitet von David
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By the way: ich versuche, mich dem Substanzbegriff von Aristoteles zu nähern, das hat zunächst mal nichts mit meiner persönlichen Meinung zu tun. Die Vorstellung von Substanz als etwas, das unabhängig vom Gegenstand eine eigene Existenz hat, teile ich nicht. Ich meine, dass Heideggers Seinsphilosophie hier einen besseren Ansatz bietet.

 

Eines verstehe ich aber immer noch nicht: wenn Aristoteles den Substanzbegriff dermaßen eng an den empirisch erfahrbaren Gegenstand bindet, wie David behauptet, wie kann er dann gleichzeitig davon ausgehen, dass diese Substanz eine eigene Existenz hat?

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Es ist nämlich tatsächlich so, dass es so etwas wie die "wesentlichen Eigenschaften eines Dinges" überhaupt nicht gibt, dass es vielmehr lediglich die wesentlichen Merkmale von Begriffen gibt.

 

 

Das würde nur dann stimmen, wenn alle Gestaltbildungen in der Welt zufällig wären und nur unser Bewusstsein eine Strukturierung schaffen würde. Dann gäbe es tatsächlich nur die Begriffe, die wir in einer beliebigen Weise auf die Welt drauflegen könnten.

 

Unsere Begriffe formen sich aber an Gegenständen, die sich nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten bilden. Ein Baum ist eben nicht etwas beliebiges, das wir nach Gutdünken mit Begriffen belegen können, sondern ein konkreter Gegenstand mit einer inneren Gesetzmäßigkeit und mit bestimmten Eigenschaften, die er auch wirklich hat. (Wenn die Begriffe nicht mit der Realität übereinstimmen, erleidet man schlimme Unfälle, wie man z.B. an der Anwendung der Karl Marx´schen Begrifflichkeiten gesehen hat).

 

Man kann sogar sagen, das es in gewisser Weise vorgeprägte Gestalten gibt, die vielleicht so etwas wie platonische Ideen sind. Warum sehen ein Haifisch, ein Ichtyosaurier und ein Delphin so ähnlich aus? Sie entsprechen offensichtlich einer Idee von "schnellem Raubfisch", die es schon gab, als im Meer nur Einzeller herumschwammen.

 

Genauso gibt es offenbar eine Idee von bipolarer Sexualität. Wie wäre es sonst zu erklären, dass es dieses Phänomen bei so unterschiedlichen Lebensformen wie Tieren, Pflanzen und Einzellern gibt?

 

(Das würde dann tatsächlich darauf hindeuten, dass Universalien in gewisser Weise unabhängig vom konkreten Gegenstand existieren, würde also meiner bisherigen Meinung widersprechen. Mal sehen, wie ich dass Ganze geregelt bekomme)

bearbeitet von Franziskaner
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Ich kann denselben Gegenstand auch als Lieblings-Lebewesen meiner Nichte Klara herausgreifen. Er kann dann selbstverständlich nicht die Zuneigung meiner Nichte verlieren und trotzdem dieselbe Sache - nämlich das Lieblingslebewesen meiner Nichte - bleiben, sodass es für ihn, wenn ich ihn so beschreibe, wesentlich ist, das Lieblingslebewesen meiner Nichte zu sein.

 

 

Das ist ja eine Argumentation, die man fast lückenlos auf das katholische Eucharistieverständnis anwenden kann. Auch für das Brot wird es durch die Wandlungsworte des Priesters wesentlich, das es Bestandteil des Leibes Christi ist.

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Also wie gesagt: Die Vorstellung, dass zwei Gegenstände sich unterscheiden können, obwohl sie alle Eigenschaften gemeinsam haben, ist offenkundig absurd.

 

 

Dem würde ich tatsächlich uneingeschränkt zustimmen. Ich würde aber zu bedenken geben, dass zu den Eigenschaften eines Gegenstandes auch seine Geschichte gehört. Und die Hostie wird durch die Wandlung eben in den geschichtlichen Ablauf mit einbezogen, der durch Jesus im Abendmahlssaal begonnen hat.

 

Für jemanden, der an Gott glaubt, gehört zu den Eigenschaften eines Gegenstandes außerdem unbedingt dazu, was er in den Augen Gottes ist. Eine rein innerweltliche Sichtweise kann einem Gegenstand nie vollständig entsprechen, da seine Relation zu Gott immer zu seinen Eigenschaften mit dazugehört.

bearbeitet von Franziskaner
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Daraus kann man dann ableiten, daß eine Substanz unterschiedliche Eigenschaften haben kann, ohne das sich selbst verändert und im Umkehrschluß, daß etwas mit gleichen Eigenschaften, eine unterschiedliche Substanz haben kann.

Ich denke das ist das wesentliche Argument von Thomas von Aquin.

 

Ich habe jetzt einiges über den Substanzbegriff bei Aristoteles und Kant gelese (da wartet noch viel Arbeit, aber es ist ein Anfang, immehrin). Als nächstes wäre wohl der Universalienstreit dran.

 

Aristoteles ging wohl von der eigenständigen Existenz der Universalien aus. Aber dass er das so gemeint haben kann, dass alle Eigenschaften eines Gegenstandes gleichbleiben, und er trotzdem seine Substanz ändert, das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Sein Substanzbegriff setzt doch gerade am konkreten Gegenstand an, und versucht zu klären, was das Bleibende im Wandel ist.

 

Der Schlüssel im Verständnis von Wandlung scheint mir tatsächlich in dem zu liegen, was ich eben an David schrieb: zu den Eigenschaften eines Gegenstandes gehören sowohl seine Stellung im weltgeschichtlichen Prozess als auch seine Relation zu Gott. Dass sich das erste durch die Wandlungsworte verändert, scheint mir auch für Atheisten verständlich zu sein, das zweite setzt natürlich einen Glauben an Gott voraus, der mit unserer Welt interagiert.

 

Insofern hängt für mich an der Frage nach der Wandlung auch die Frage: deistisches oder christliches Gottesbild.

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(...)

Aristoteles ging wohl von der eigenständigen Existenz der Universalien aus. Aber dass er das so gemeint haben kann, dass alle Eigenschaften eines Gegenstandes gleichbleiben, und er trotzdem seine Substanz ändert, das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Sein Substanzbegriff setzt doch gerade am konkreten Gegenstand an, und versucht zu klären, was das Bleibende im Wandel ist.(...)

Aristoteles hatte dafür keinen Anlaß.

Thomas von Aquin schon.

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Ich habe heute Abend noch mal einiges zum Thema "Universalien" gelesen, und da ist mir noch mal einiges klarer geworden, vor allem in Bezug auf die Substanz der verschiedenen Abstraktionebenen bei Aristoteles.

 

"Substanz" ist (wenn ich es richtig verstanden habe) bei Aristoteles immer bezogen auf das Einzelding. Sie ist gar keine Universalie, auch keine vom Einzelding unabhängige Sache, sondern dasjenige, was das Wesen, die Identität des Einzeldinges im Wandel der Akzidentien ausmacht. Als solches ist sie allerdings nicht nur ein Bestandteil unserer Erkenntnis, sondern eine unabhängige Realität.

 

Die Abstraktionsebene ist die Universalie, sie ist nach Aristoteles nicht bloß ein im Verstand geprägter Begriff, sondern hat eine eigenständige Existenz. Dadurch hat sie auch eine eigene Substanz. Diese Substanz kann als "zweite Substanz" zur Substanz des Einzeldinges hinzutreten.

 

Das bedeutet: bei dem Beispiel mit dem Apfelbaum bin ich den Weg falsch herum gegangen. Zunächst einmal gibt es den ganz konkreten Apfelbaum mit seiner ganz konkreten Substanz (zu der gegebenfalls auch dazugehören kann, dass es der Lieblingsapfelbaum von Davids Nichte ist).

Im Weggehen (und dem damit gewonnenen größeren Überblick) kann ich feststellen, dass er zur Art "Apfelbaum" gehört. Das wäre dann eine Universalie, mit einer eigenen Substanz, die zur individuellen Substanz des Einzelbaumes hinzutreten könnte.

Ebenso geht es mit den weiteren Abstraktionsebene (Laubbaum, Baum, Pflanze, etc.), die immer allgemeinere Universalien wären.

 

Mit diesem Substanzbegriff kann ich mich sehr wohl anfreunden. Aristoteles ist doch wesentlich vielschichtiger und interessanter, als ich für möglich gehalten habe, vielleicht gerade weil er sich nicht so direkt und bildhaft darstellen lässt wie manches bei Plato. Ich glaube auch, das man diese Begrifflichkeit sehr gut auf das Problem der Wandlung in der Eucharistie anwenden kann, allerdings nicht so, wie Sam es dergestellt hat. Ich werde noch mal genauer nach der Argumentation von Thomas v. Aquin suchen.

 

Das einzige, was Aristoteles aus meiner Sicht noch nicht ausreichend bedacht ist, ist der Faktor der Zeit, die ja das entscheidende Element bei der Bestimmung von Substanz und Akzidenz ist. Nach dem, was ich herausgefunden habe, taucht eine genauere Bestimmung dieses Verhältnisses von Substanz zur Zeit erst bei Kant auf (bei dem ich es auch nicht erwartet hätte). Hier ergibt sich auch ein Anknüpfungspunkt hin zum Seinsdenken von Heidegger.

 

Nach all dem kann man nur sagen: zur Hölle mit allen populärwissenschaftlichen Darstellungen europäischer Philosophiegeschichte!!

Das Problem bei derartigen Darstellungen scheint mir zu sein, dass die einzelnen Philosophen viel zu sehr als "Farbe" in einem bunten Strauß gesehen werden. Man hebt zu schnell und oft oberflächlich auf das vermeintlich "typische" ab, um die Einzelpersönlichkeiten voneinander zu separieren. Die Verzahnungen und Entwicklungen über die Jahrhunderte hinweg werden vernachlässigt.

 

Es scheint also wohl doch so zu sein, dass am Aristoteleskommentar von Heidegger für mich kein Weg vorbei führt (auch wenn ich mal gehört habe, dass Heidegger die alten Philosophen sehr, sagen wir mal: eigenwillig interpretiert hat.) Auch "zeitliches und ewiges Sein" von Edith Stein ist bestimmt ein hilfreiches Buch.

 

Der Universalienrealismus ist noch mal ein eigenes Thema. Er hängt zusammen mit einer gemäßigten Form der platonischen Ideenlehre. Ich glaube, das könnte ich durchaus bejahen. Das Beispiel mit der ähnlichen Gestalt ganz unterschiedlicher Wassertiere (man kann da noch viele andere Beispiele finden) deutet für mich darauf hin, dass es bestimmte existentielle Orte im Universum gibt, die von Einzeldingen bevorzugt besetzt werden. So etwas gibt es ja auch in Gruppendynamischen Strukturen: jede Gruppe hat ihren Anführer, ihren Clown, ihren Außenseiter, usw. Wenn eine dieser Rollen nicht besetzt ist, rückt eine Einzelperson aus der Gruppe nach und besetzt diese Rolle. Ich kann mir Vorstellen, dass diese Rollen oder existentiellen Orte ein eigenes Sein haben, dass dem Einzelding vorausgeht.

Das wäre eine Analogie zur Quantenmechanik, in der ja auch die Elektronen nicht willkürlich um den Atomkern herumschwirren, sondern vorgeprägte Bahnen einnehmen (das soll jetzt nur eine Analogie sein!)

bearbeitet von Franziskaner
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Ich werde noch mal genauer nach der Argumentation von Thomas v. Aquin suchen.

 

Auch hier lege ich Dir Edith Stein ans Herz. Ich hab' vor Jahren mal eine Kopie des getippten Textes von "Potenz und Akt" in Händen gehabt. An Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern (ausser daran, dass die Schreibmaschine, mit der das Skript getippt worden war, bei a, e und o nur Löcher ins Papier gehauen hat - und an die zahlreichen handschriftlichen Anmerkungen von Edith Stein, die etwas schwer zu entziffern waren) - es hat mir aber, daran erinnere ich mich doch noch, richtiges Vergnügen bereitet, wie Edith Stein die entsprechenden Aussagen von Thomas von Aquin erläutert hat, so dass sogar ich ein bisschen verstanden habe, was ich zuvor nie hatte verstehen können. (PS: ich habe damals unter enormem Zeitdruck den Satz für Herder gemacht und konnte mich deswegen nicht in den Text selbst vertiefen).

bearbeitet von Alice
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Was hältst Du für sinnvoller: "Potenz und Akt" (traue ich mich überhaupt, ein Buch mit einem solchen Titel in meiner heimischen Buchhandlung zu bestellen? :angry: ) oder "Zeitliches und ewiges Sein"?

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Was hältst Du für sinnvoller: "Potenz und Akt" (traue ich mich überhaupt, ein Buch mit einem solchen Titel in meiner heimischen Buchhandlung zu bestellen? :angry: ) oder "Zeitliches und ewiges Sein"?

 

Kann ich Dir nicht sagen. "Endliches und ewiges Sein" ist praktisch eine nochmals erweiterte Fassung von "Potenz und Akt", letzteres war übrigens die Habilitationsschrift, die Edith Stein nie losgeworden ist und an die sie später wieder angeknüpft hat. Aber so aus dem Ärmel geschüttelt könnte ich mir vorstellen, dass "Potenz und Akt" besser zu Deinem ja klar definierten Vorhaben passt, "Endliches und ewiges Sein" spannt, wie ich gehört habe (leider noch nicht selber angeschaut) nochmal einen sehr viel weiteren Bogen. Bestell doch in der Bibliothek beides, schnupper rein - und dann siehst Du es ziemlich rasch selbst. (Mach ich immer so, wenn ich mir nicht schlüssig bin).

bearbeitet von Alice
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Ich habe jetzt endlich mal eine Darstellung der Arugmentation des Thomas v. Aquin gefunden, und zwar hier: Transsubstantiation

 

Demnach hat sich Thomas bei seiner Argumentation darauf beschrängft, zu zeigen, dass Transsubstantiation nach den philosophischen Vorstellunge des Aristoteles unmöglich ist. Sie wird durch Gott bewirkt und ist in irdischen Begriffen nicht erklärbar. Mit anderen Worten: er benutzt die Aristotelische Terminologie nur, um von dem Vorgang zu sprechen, nicht aber um ihn zu erklären. Er bleibt unerklärlich, und ist nur durch den Glauben und die Autorität des Evangeliums verständlich.

 

Wenn das tatsächlich so stimmt (und die Website legt das wirklich ziemlich schlüssig dar), dann verstehe ich nicht, warum diese Lehre eine so große Rolle spielt. Als unerklärbares Geheimnis sieht die orthodoxe Kirche die Eucharistie ja auch an. Um das auszusagen, braucht man nicht unbedingt alle auf die aristotelische Terminologie zu verpflichten.

 

Insofern hätte Sam in seiner Darstellung wirklich Recht: alle Eigenschaften bleiben gleich, nur die Substanz ändert sich durch göttliches Wirken. Das wäre dann allerdings in keiner Weise eine Erklärung, noch viel weniger eine Begründung, sondern lediglich eine Behauptung, die ihre Glaubwürdigkeit wo anders her gewinnt, nämlich aus dem Evangelium.

 

 

Anmerkung: wenn ich Dinge falsch darstelle, unzureichende oder fragwürdige Quellen benutze, oder mich sonstwie blamiere, bitte ich nach wie vor um hilfreiche Kritik.

 

Vielen Dank, viele Grüße, Matthias

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Ich habe jetzt endlich mal eine Darstellung der Arugmentation des Thomas v. Aquin gefunden, und zwar hier: Transsubstantiation

 

Demnach hat sich Thomas bei seiner Argumentation darauf beschrängft, zu zeigen, dass Transsubstantiation nach den philosophischen Vorstellunge des Aristoteles unmöglich ist. Sie wird durch Gott bewirkt und ist in irdischen Begriffen nicht erklärbar. Mit anderen Worten: er benutzt die Aristotelische Terminologie nur, um von dem Vorgang zu sprechen, nicht aber um ihn zu erklären. Er bleibt unerklärlich, und ist nur durch den Glauben und die Autorität des Evangeliums verständlich.

Thomas von Aquin zeigt lediglich eine Vereinbarkeit mit der Vernunft.

Er setzt dafür allerdings eine Prämisse vorauß. Diese Prämisse kann er nicht beweisen - allerdings widerspricht die Prämisse nicht dem Gottesbild der Scholastiker und ist insofern also ebenfalls mit der Vernunft vereinbar.

Allerdings kann man diese Prämisse nicht aus der Empirie gewinne, weil die Substanz der Empirie nicht zugänglich ist. Wenn die Substanz selbst keine Eigenschaft ist, dann entzieht sich sich auch unserer Erkenntnis. Die Annahme der Existenz einer Substanz ist zwar nicht überprüfbar aber widerspricht nicht der Vernunft. Es wird daher eine Möglichkeit gezeigt aber keine Notwendigkeit bewiesen. Von daher kann man eine widerspruchsfreie und mögliche Erklärung der Transsubstantiation formulieren, aber man kann nicht zeigen, daß es so sein muß. Daher bleibt da nur der Glaube - aber ein Glauben, der mit der Vernunft vereinbar ist und vor allem darauf kam es bei christlichen Denkern wie Thomas von Aquin an.

 

Wenn das tatsächlich so stimmt (und die Website legt das wirklich ziemlich schlüssig dar), dann verstehe ich nicht, warum diese Lehre eine so große Rolle spielt. Als unerklärbares Geheimnis sieht die orthodoxe Kirche die Eucharistie ja auch an. Um das auszusagen, braucht man nicht unbedingt alle auf die aristotelische Terminologie zu verpflichten.

Thomas von Aquin erklärt nicht wie oder was bei der Transsubstantiation genau geschieht, er legt aber dar, daß sie möglich, daher mit der Vernunft vereinbar ist.

 

Insofern hätte Sam in seiner Darstellung wirklich Recht: alle Eigenschaften bleiben gleich, nur die Substanz ändert sich durch göttliches Wirken. Das wäre dann allerdings in keiner Weise eine Erklärung, noch viel weniger eine Begründung, sondern lediglich eine Behauptung, die ihre Glaubwürdigkeit wo anders her gewinnt, nämlich aus dem Evangelium.

Mit wissenschaftlicher Methodik läßt sich die Transsubstantiation nicht beweisen - es ändert sich nichts an der empirischen Beschaffenheit des Brotes - zumindest hat man bisher noch keine Änderung feststellen können.

Die Transsubstantiation ist nunmal eine Glaubensangelegenheit.

Thomas von Aquin gibt da nur eine Antwort auf die Frage: "Wie kann es sein, daß etwas zugleich ein Brot und zugleich der Leib Christi sein kann?- Muß dies nicht zwangsläufig ein Widerspruch darstellen?"

Da antwortet Thomas von Aquin dann: "Nein, denn wenn man sich zurückbesinnt auf den Substanzbegriff des Aristoteles (und Aristoteles galt zu dieser Zeit als große Autorität), dann kann man mit einem einfachen Umkehrschluß eine Möglichkeit aufzeigen, mit dem der Widerspruch vermieden wird."

 

Anmerkung: wenn ich Dinge falsch darstelle, unzureichende oder fragwürdige Quellen benutze, oder mich sonstwie blamiere, bitte ich nach wie vor um hilfreiche Kritik.

 

Vielen Dank, viele Grüße, Matthias

Ich bin in diesem Bereich auch nicht besonders informiert.

 

Gruß

Sam

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Ich habe jetzt endlich mal eine Darstellung der Arugmentation des Thomas v. Aquin gefunden, und zwar hier: Transsubstantiation

Das ist ein Auszug aus ST III q. 75 a. 4. Wenn du dir den Aufbau der Summa in Erinnerung rufst, besteht jeder Artikel aus einer These, dann folgen mehrere Gegengründe, die der These widersprechen, ein sed contra, das die These stützt, Thomas eigene ausführliche Antwort, um die These zu stützen, und schließlich Widerlegungen der Gegengründe. Dein Auszug besteht, soweit ich sehe, zum weitaus größten Teil aus den Gegengründen, wodurch sich der Eindruck, was Thomas selbst dazu meint, vielleicht verzerrt.

Demnach hat sich Thomas bei seiner Argumentation darauf beschrängft, zu zeigen, dass Transsubstantiation nach den philosophischen Vorstellunge des Aristoteles unmöglich ist. Sie wird durch Gott bewirkt und ist in irdischen Begriffen nicht erklärbar. Mit anderen Worten: er benutzt die Aristotelische Terminologie nur, um von dem Vorgang zu sprechen, nicht aber um ihn zu erklären. Er bleibt unerklärlich, und ist nur durch den Glauben und die Autorität des Evangeliums verständlich.

Aristoteles selbst hätte seine Begriffe so nie gebraucht, das ist wahr. Aber Thomas will zeigen, daß es zu keinen logischen Widersprüchen führt, wenn man sie gebraucht, um zu beschreiben, was bei diesem Wunder geschieht, und zu zeigen, daß es möglich ist. Ob und warum es geschieht, das sind die Glaubensfragen.

Wenn das tatsächlich so stimmt (und die Website legt das wirklich ziemlich schlüssig dar), dann verstehe ich nicht, warum diese Lehre eine so große Rolle spielt. Als unerklärbares Geheimnis sieht die orthodoxe Kirche die Eucharistie ja auch an. Um das auszusagen, braucht man nicht unbedingt alle auf die aristotelische Terminologie zu verpflichten.

Es ist auch niemand auf die Terminologie verpflichtet. Aber die orthodoxen Kirchen sind heuchlerisch, wenn sie gegen die Rede von der Transubstantiation polemisieren.

 

Denn zum einen ist der Begriff auch Teil ihrer eigenen Tradition. Die byzantinische Scholastik hat diese Lehre mitvollzogen und sogar gegen die Protestanten verteidigt. Heute leugnen sie ihre eigene Vergangenheit und verengen ihren Blick aus politischen Gründen.

 

Zum anderen reden sie natürlich über andere Geheimnisse des Glaubens ganz ähnlich; ohne Anstoß zu nehmen sagen sie etwa, daß Christus ohne den Samen eines Mannes geboren ist. Was ist das, wenn nicht die Beschreibung eines Wunders mittels wissenschaftlicher Begriffe?

bearbeitet von Pelikan
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Mit wissenschaftlicher Methodik läßt sich die Transsubstantiation nicht beweisen - es ändert sich nichts an der empirischen Beschaffenheit des Brotes - zumindest hat man bisher noch keine Änderung feststellen können.

 

 

Ich habe einen biblischen Anknüpfungspunkt dafür, dass sich das Brot zwar nicht wissenschaftlich-empirisch nachprüfbar, aber in seiner existentiellen Stellung in der Welt objektiv verändert.

 

Dabei gehe ich von zwei Dingen aus: zum einen davon, dass "Fleisch" und "Leib" im aramäischen ein und dasselbe Wort sind. D.h., falls Jesus (wie man mit guten Gründen annehman kann) im Abendmaalssaal aramäisch gesprochen hat, dann dann fällt die Assoziation zu Metzgerladen und kannibalische Riten schon mal weg. Die Aussage ist: "Dieses Brot gehört zu meinem Leib, wenn ihr das Brot berührt, berührt ihr mich."

 

Zweitens werde ich den Begriff des "Leibs" oder "Körpers" problematisieren. Was gehört eigentlich zu meinem Körper? Gehört mein Atem mit dazu? meine Kleidung? Die oberste Hautschicht, die ja schon abgestorben ist? Ein ausgefallenes Haar?

Es gibt im Evangelium die Geschichte von der blutflüssigen Frau die in der Menschenmenge den Saum des Gewandes von Jesus berührte. Jesus "spürte, dass eine Kraft von ihm ausging, und fragte: wer hat mich berührt?" Dabei sind zwei Dinge interessant: zum einen, dass Jesus von einer realen Kraftübertragung durch die Berührung ausging. Zum anderen, dass er den Saum seines Gewandes offensichtlich zu seinem Körper mit dazugerechnet hat.

 

Wenn man diese erweiterte Vorstellung vom Körper hat (die ja gut begründet ist und meines Wissens auch in der heutigen Psychologie eine Rolle spielt), dann gehört auch das Brot, das Jesus selbst gebrochen und verteilt hat, zu seinem Körper. Er selber hat das ja auch genau so formuliert. Ich halte es dann für sinnvoller, unsere Vorstellung von "Leib" noch einmal zu überdenken, als vorschnell die Behauptung aufzustellen, Jesus hätte das "nur symbolisch gemeint".

Diese Form der erweiterten Körperlichkeit setzt sich durch den Auftrag Jesu und das ununterbrochene Handeln der Kirche historisch fort. Mit anderen Worten: das Wesen des Brotes wird in einem existentiellen Aneignungsprozess wirklich Teil des Leibes Christi, und zwar eben nicht nur im Abendmahlssaal, sondern in jeder Messe (genau wie das Feuer auch dasselbe bleibt, wenn es über lange Zeit nicht ausgelöscht wird, obwohl immer wieder andere Holzstücke brennen).

 

Das wäre (in verknappter Darstellung) die horizontale Linie. Die vertikale, nämlich der Verweis auf das Heilshandeln Gottes, dass sich in Jesus Christus verbindlich offenbart hat, käme hinzu. Ohne den Glauben an ein wirkliches Eingreifen Gottes in die Welt (wie auch immer das sich vor einem naturwissenschaftlichen Fragehorizont darstellen mag) hat das Christentum meiner Ansicht nach keinen Sinn. Und es gibt natürlich keinen Grund, ausgerechnet für das Zentrum der christlichen Gotteserfahrung und -verehrung solch ein Eingreifen Gottes auszuschließen.

bearbeitet von Franziskaner
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Das ist ein Auszug aus ST III q. 75 a. 4.

 

 

Kann ich diesen Textabschnitt irgendwo finden (im Internet oder in Sekundärliteratur), ohne dass ich mir die ganze Summa Theologica anschaffen muss?

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Dabei gehe ich von zwei Dingen aus: zum einen davon, dass "Fleisch" und "Leib" im aramäischen ein und dasselbe Wort sind. D.h., falls Jesus (wie man mit guten Gründen annehman kann) im Abendmaalssaal aramäisch gesprochen hat, dann dann fällt die Assoziation zu Metzgerladen und kannibalische Riten schon mal weg. Die Aussage ist: "Dieses Brot gehört zu meinem Leib, wenn ihr das Brot berührt, berührt ihr mich."

Dies kann doch recht einfach ausgedrückt werden:

 

In allen vier überlieferten Versionen der sog. Einsetzungsworte lautet der Text in dt. Übersetzung »das ist mein Leib« dh. »das bin ich«. Meine naive Deutung ist: »Wenn ihr das tut, dann bin ich bei euch«... entsprechend Mt 18,20.

 

David hat mE. ausführlich dargelegt, dass der alte Begriff der »Substanz« in unserer gegenwärtigen Sprache nicht mehr verstanden wird. Für mich ist die Bedeutung eines Wortes, eines Begriffs, sein Gebrauch in der Sprache. Die philosophischen Kopfstände, um den Begriff »Substanz« zu erläutern, zeigen doch lediglich, welche Lebensform und welche Weltdeutung zu Zeiten von Aristoteles oder Thomas als allgemein gültig erachtet waren. Für uns heute sind Begriffe wie »Transsubstantiation«, so wie sie im Tridentinum festgeschrieben wurden, oft mehr verwirrend und irritierend als dass sie eine Hilfe sind.

 

Ebenso ist in keiner der vier Textversionen die Rede von »das ist mein Blut«. Bei Mk/Mt steht »Blut des Bundes«, bei 1 Kor/Lk findet sich »der Bund in meinem Blut«. Für mich bedeutet dies eine Erneuerung des Bundesschlusses gemäß Ex 24,8.

 

Ich kenne mehrere Priester, die den Text im Hochgebet – entgegen den Vorschriften – auf diese Weise abwandeln.

 

Grüße von Pelagius.

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Mir sind an der Lehre von der Wesensverwandlung einige Dinge wichtig, die ich nicht vorschnell aufgeben würde:

 

1. Die Frage nach dem Sein einer Sache. Das Judentum kennt diese Frage in der Tat nicht, der Gegenstand ist für das Judentum unproblematisch, und der Mensch definiert sich aus seiner Beziehung zu Gott. Dabei könnte man es bewenden lassen, wenn jeder gleichermaßen an Gott glauben würde. In einer säkularen Umgebung muss man sich dieser Frage aber stellen: was "ist" Gott, was "ist" Kirche, was "ist" Menschenwürde, was "ist" ein Sakrament, was "ist" das Brot nach der Wandlung.

 

2. Wie greift Gott in die Welt ein? Ist das nur eine Vorstellung von uns und wir handeln im Grunde nach der eigenen Erkenntnis und Phantasie? Oder gibt es eine wirkliche Interaktion, mit einem Gott, dessen Wirken in der Welt so real ist wie eine Kartoffel oder eben ein Stück Brot? Ich meine, dass das Christentum auf einem Eingreifen Gottes aufbaut, denn sonst wäre ein Gebet ja nur ein Selbstgespräch, eine Mittlerrolle Jesu überhaupt nicht gegeben, und letzten Endes Erlösung eine schöne Illusion.

bearbeitet von Franziskaner
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