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Was fordert Gott?


Edith

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Ich würde so ein Thema gerne mal unter Katholiken debattieren (wo wir nicht, wie in der Arena immer vom Hundertsten ins Tausendste geraten und Selbstverständlichkeiten* immer wieder nachtarokken).

 

*für Katholiken

 

"Fordert" Gott einen Preis für unsere Schuld?

Forderte Gott den Tod Jesu, damit er uns "wieder gut" ist?

 

Ich muß gestehen, solche Thesen befremden mich.

Was sagt Ihr dazu?

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Was Gott fordert? LIEBE, LIEBE und nochmals LIEBE. Sonst nichts. Unsere Schuld ist längst vergeben, und wird einst völlig vergessen sein.

 

"Forderte Gott den Tod Jesu, damit er uns "wieder gut" ist? "

 

Diese Interpretation ist völlig absurd, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus Christus Gott WAR; es war sein Geist in einem menschlichen Körper. Schon insofern ist es Quatsch, von einem Opfer auszugehen; hätte Gott wohl von sich selbst sein eigenes Opfer verlangt?

 

Das Opfer wurde für die Menschheit erbracht, FÜR UNS ALLE, und garantiert nicht für Gott.

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Na ja, fordern...

 

Er fordert schon etwas: daß wir das tun, was für uns selbst das Beste ist. Und er fordert es nicht um seinetwillen, sondern in unserem Interesse.

 

Eine Forderung, die ja nun nicht so schwer zu akzeptieren ist, zumal er ja recht gut weiß, was für uns am besten ist.

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Danke, Leute!

Ich hatte schon den Eindruck (aus der Arena) daß evtl. auch unter Katholiken merkwürdige Ansichten über Gott vorherrschen. Nun bin ich beruhigt!

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>"Fordert" Gott einen Preis für unsere Schuld? <

 

Ja.

 

>Forderte Gott den Tod Jesu, damit er uns "wieder gut" ist?<

 

nein

 

Röm 8,31-34.

Kann man wirklich noch mehr erwarten? Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen uns sein? Gott, der für uns seinen eigenen Sohn geopfert hat, sollt er uns noch etwas vorenthalten? Wer könnte es wagen, die von Gott Auserwählten anzuklagen? Niemand, denn Gott selbst hat sie von aller Schuld freigesprochen. Wer wollte es wagen, sie zu verurteilen? Keiner, denn Christus ist für sie gestorben, ja noch mehr: Er ist vom Tode auferweckt worden und tritt jetzt vor Gott für uns ein.

 

In diesen Versen wird eine Gerichtsszene geschildert. Es gibt einen Angeklagten, einen Ankläger und einen Richter. Der Ankläger tritt auf, klagt an, beschuldigt und fordert ein Verdammungsurteil.

 

Danach tritt Gott auf als der Richter und spricht ein überraschendes Urteil. Er sagt: Ich bin für dich. Ich spreche dich gerecht, ich spreche dich frei.

 

In der Urteilsbegründung wird deutlich, daß es hier nicht einfach um eine Amnestie geht, nicht um ein alles-halb-so-tragisch. Was Menschen in dieser Welt anderen Menschen antun, ist ungeheuerlich, und wird hier nicht verharmlost.

 

Hier steht eine merkwürdige Formulierung: Ich spreche euch frei, weil ich meinen Sohn dahingegeben habe, für euch, an eurer Stelle.

 

Siegfried Kettling erzählt eine Geschichte, die dieses Geschehen illustriert.

Sie spielt in der mittelalterlichen, wilden Gebirgswelt des Kaukasus und handelt von Schemil, dem Führer eines Stammes, der von seinen Leuten außerordentlich geliebt wurde und von ihnen wegen seiner unbedingten Aufrichtigkeit den Beinamen “der Gerechte” erhalten hatte.

Eines Tages beginnt im Lager eine Reihe von Diebstählen, die eine Atmosphäre des gegenseitigen Mißtrauens schaffen.

Trotz der Ankündigung Schemils, den Täter mit der Bastonade, jener brutalen Prügelstrafe der alten Welt, die viele gar nicht oder nur als Krüppel überlebten, zu bestrafen, gehen die Diebstähle weiter.

Die anfängliche Erleichterung über die Festnahme des Täters weicht großer Bestürzung, als bekannt wird, daß der Täter die Mutter Schemils ist.

Wie soll Schemil, der Gerechte reagieren? Setzt er das angekündigte Recht durch - oder setzt sich die Liebe zu seiner Mutter durch. Dann muß er sein gegebenes Wort brechen. Schemil aber bestätigt noch einmal das Urteil. Doch statt es an seiner Mutter zu vollstrecken, läßt er sich selbst an ihrer statt die Bastonade geben.

Die Tat wird geahndet, Liebe und Recht kommen zugleich zum Zug. Der Richter zieht die Schuld auf sich und wird zum Gerichteten. (Kettling, „Wer bist du, Adam“)

 

Diese Geschichte bringt genau auf den Punkt, was in Römer 8 angesprochen wird: Es wird hier ein Urteil gesprochen, das ein Freispruch ist. Gott ist für dich, und du bist von diesem Gott gerecht gesprochen. Die Begründung heißt: Ich habe meinen Sohn gegeben.

Wir dürfen uns das nicht so vorstellen: Ein grausamer Gott, der seinen Sohn opfert, weil er Blut sehen will. Denn Jesus, der ans Kreuz geht, das ist Gott selber. In Jesus ist Gott Mensch geworden.

So ergeht ein Freispruch im Gericht, der juristisch sauber ist, weil bezahlt wurde. Er für mich. Das Karma, die Wirkungsgeschichte meiner Taten hat er für mich getragen, hat er für mich bezahlt.

 

Aus: Warum Tod geschwiegen wird Martin Haizmann

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Erich,

 

ich habe eine Frage an Dich. Um Mißverständnissen vorzubeugen: es ist kein Hintergedanke dabei, ich habe auch nicht vor, Deine Antwort zu zerpflücken, ich will lediglich verstehen.

 

"Die Tat wird geahndet, Liebe und Recht kommen zugleich zum Zug. Der Richter zieht die Schuld auf sich und wird zum Gerichteten."

 

"So ergeht ein Freispruch im Gericht, der juristisch sauber ist, weil bezahlt wurde."

 

Kommt das Recht zum Zug, wenn irgendjemand bestraft wird - also irgendein anderer außer dem Täter? Inwiefern kann ein solcher Freispruch "juristisch sauber" sein?

 

Daß der das formaljuristisch nicht ist - nach staatlichem Recht - ist klar, aber natürlich auch egal. Das meine ich selbstverständlich nicht.

 

Ich kann mir das ganze durchaus vor dem Hintergrund des damals verbreiteten Rechtsverständnisses erklären. Daß einer für einen anderen eine Strafe auf sich nimmt, war damals verbreitet; Jesu Opfer - also das Selbstopfer des menschgewordenen Gottes läßt sich vor diesem Hintergrund durchaus erklären.

 

Aber wenn wir es dabei bewenden ließen, könnten wir heute das Opfer Jesu so nicht mehr erklären. Ich versuche daher andere Ansätze zu finden. Du und die von Dir zitierten Autoren aber scheinen diese Erklärung heute noch für tragfähig, vor allem verständlich zu halten.

 

Das heißt aber, es müßte heute ebenso wie damals verständlich sein, wie eine Schuld getilgt werden kann, indem ein anderer als der Täter sühnt.

 

Ginge es um eine Geld- oder Leistungsschuld, wäre das völlig unproblematisch. Wenn einer bei mir Schulden hat, ein anderer zahlt diese und ich akzeptiere das, dann ist für mich die Sache erledigt. Ebenso, wenn einer für mich etwas tun soll (etwa meinen Rasen mähen). Bei einer Strafschuld hingegen ist das heutzutage kaum vorstellbar. Denn die Strafe wird nicht als Leistung angesehen, die der Schuldige zu erbringen hat.

 

Die Strafe hat - auf den Kern zurückgeführt und von Überlegungen wie Resozialisierung befreit, die hier keine Rolle spielen können - den Zweck, das unmittelbare persönliche Verhältnis zwischen dem Täter und dem Opfer (bzw. nach modernem Verständnis der Rechtsordnung) zu bereinigen. Der Täter ist persönlich unersetzlich bei der Sache.

 

Nach diesem - heutigen - Verständnis von Strafe ist die Vorstellung, daß durch die Bestrafung eines anderen (selbst wenn der sich freiwillig zur Verfügung stellte) eine Schuld erlöschen sollte unhaltbar.

 

Meine Fragen sind jetzt die:

 

Hältst Du dieses Verständnis prinzipiell für falsch oder liegt die Sache bei der Sühne für die Schuld Adams aus anderen Gründen völlig anders?

 

Wenn Du das aktuelle Verständnis für falsch hältst - wie sieht Deine Alternativvorstellung aus? Hieltest Du die Möglichkeit, die Strafe für einen anderen auf sich zu nehmen, für richtig oder tauglich auch im Alltagsleben?

 

Wenn es aber daran liegt, daß die Sünde Adams völlig anders zu beantworten war als irgendein anderes Fehlverhalten, so daß dabei die stellvertretende Sühne möglich, bei einem heutigen Ladendiebstahl, Überfall oder Mord unmöglich - was macht dann der Vergleich mit einer Bestrafung (die wir ja sonst nur in Bezug auf solche alltäglichen Konstellationen kennen) dann noch deutlicher? Wo liegen dann noch die Parallelen?

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Lieber Sven,

 

ich habe – wie üblich – Schwierigkeiten mit Deinen wortgewaltigen Ausführungen, da ich nicht so recht Dein Problem in den Vielen Worten erkenne.

 

Was meinst Du mit (von mir zusammengekürzt):

 

Die Strafe hat den Zweck, das unmittelbare persönliche Verhältnis zwischen dem Täter und dem Opfer zu bereinigen. Der Täter ist persönlich unersetzlich bei der Sache.

 

Nach diesem - heutigen - Verständnis von Strafe ist die Vorstellung, daß durch die Bestrafung eines anderen (selbst wenn der sich freiwillig zur Verfügung stellte) eine Schuld erlöschen sollte unhaltbar.

 

 

Wo geschieht das heutzutage? Meine Frau hat eine versuchte Vergewaltigung hinter sich – meinst Du nach der Verureilung des Täters wäre das „unmittelbare persönliche Verhältnis zwischen dem Täter und dem Opfer bereinigt“??

 

 

Und wo hat nach Deinen Ausführungen eine Strafe noch etwas mit Gerechtigkeit zu tun??

 

Du lässt anscheinend den Gedanken fallen, daß eine Strafe verdient sein muß. Nun ist aber gerade dieser Gedanke das einzige Bindeglied zwischen Strafe und Gerechtigkeit.

 

Natürlich kann man die Gerechtigkeit aussen vor lassen und nur fragen: schreckt eine Strafe hinreichend Nachfolgetäter ab – aber das hat nix mit Gerechtigkeit zu tun, denn von einem Abschreckungsmittel erwarten wir nicht, daß es gerecht ist, sondern daß es abschreckt.

 

Auch wenn ich eine Resozialisierung im Auge habe, so erwarte ich nicht, daß sie gerecht ist, sondern daß sie Besserung bewirkt.

 

Wenn ich also nicht mehr fragen, was ein Krimineller verdient, sondern nur noch, was ihn bessern oder andere abschrecken kann, dann habe ich ihn aus dem Bereich der Gerechtigkeit herausgenommen.

 

Gruss

Erich

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OK, ich versuchs noch mal kürzer.

 

Du schreibst selbst: es geht darum, was der Täter verdient.

 

Was der Täter verdient!

 

Wenn einer einen andern überfällt, verdient der Täter eine Strafe. Wird der Täter bestraft, wird der Gerechtigkeit Genüge getan.

 

Kommt nun aber ein anderer - ganz egal wer: das Opfer selbst, der Richter, ein völlig Unbeteiligter - und sagt: "Bestraft nicht ihn, sondern mich!" - was hat das mit Gerechtigkeit zu tun?

 

Wenn das Opfer die Schuld erläßt, wenn es sagt: "Ich habe dem anderen vergeben, dann geht Euch das nichts mehr an" - das könnte ich zur Not noch verstehen. Den Täter zu begnadigen, auch das kann ich verstehen - dabei wird bewußt die Gerechtigkeit gebrochen, weil man anderes für wichtiger hält. Es kann sein, daß ich diese Abwägung nicht selbst auch so vornehmen würde, aber das ist zumindest akzeptabel.

 

Einen anderen aber zu bestrafen - wo ist das Gerechtigkeit? Jesus hat die Strafe nicht verdient, und Gott ebensowenig. Oder? Wie kann dann Jesus - bzw. Gott - bestraft werden, und so Gerechtigkeit walten?

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Fordert" Gott einen Preis für unsere Schuld?

Forderte Gott den Tod Jesu, damit er uns "wieder gut" ist?

Drei klassische Ansätze auf die Frage: Warum wurde Gott Mensch?

Denn daran hängt auch die Frage nach dem Leiden Christi etc.

 

Anselm von Canterbury: Gott wurde notwendigerweise Mensch. Allerdings ist das "notwendig" ein relatives - es ist notwendig post factum, nach dem Sündenfall.

 

Duns Scotus: Gott wurde notwendigerweise Mensch. Hier ist das "notwendig" ein absolutes - es ist notwendig egal ob es den Sündenfall gab oder nicht. Auch ohne Sündenfall hätte Gott Mensch werden müssen.

 

Thomas von Aquin: Gott wurde Mensch weil dies angemessen (convenient) war. (Das "Angemessen" ist ein beliebtes Wort bei Thomas... immer wenn ihm keine klare Begründung einfällt, war es angemessen. --- OK, das stimmt wohl so nicht.)

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Lieber Sven,

 

>> Einen anderen aber zu bestrafen - wo ist das Gerechtigkeit?<<

 

Frage: was verstehst Du unter Gerechtigkeit?? Für mich herrscht dann Gerechtigkeit, wenn Unrecht geahndet/gesühnt wird.

 

Ich meine Gerechtigkeit kommt zum Zug, weil der Forderung nach Strafe genüge getan wird – Liebe, weil jemand die Strafe übernimmt, der sie nicht übernehmen braucht.

 

Wenn irgend ein Kläger kommt, der fordert, dass eine Tat gesühnt wird – so wird gesagt werden können: dies ist geschehen

 

Wenn jemand kommt und bittet um Gnade: sie ist ausgegossen worden

 

Wenn jemand kommt und bittet um Gerechtigkeit, so kann auch gesagt werden: sie ist da, denn ein Unrecht blieb nicht ungesühnt.

 

Gruß

Erich

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