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Mein kleines Kind


Echo Romeo

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Ich möchte gerne in loser Folge Nachrichten und Texte aus dem Gebiet des Lebensschutzes dokumentieren. Bewusst in den Glaubensgesprächen: Zerreden mögen es andere, an anderer Stelle.

 

 

Doku: Mein kleines Kind

 

Sehenswerter Film kommt ins Kino

 

 

 

Katja Baumgarten, Hebamme und Filmemacherin, ist mit ihrem vierten Kind schwanger. Der Vater ist gegen diese ungeplante Schwangerschaft und verlässt seine Familie. Eher mit Verwunderung als mit Bewunderung reagieren die meisten Freunde, „so als ob das mit dem vierten Kind doch etwas übertrieben sei“, sagt Katja Baumgarten. Doch sie freut sich auf das Kind.

 

Ein Besuch bei einem Facharzt für Pränataldiagnostik in der 21. Schwangerschaftswoche wirft sie völlig aus der Bahn, denn der Arzt stellt bei dem Kind, einem Jungen, ein komplexes Fehlbildungssyndrom mit Verdacht auf Chromosomenanomalie fest. Jede der einzelnen Behinderungen für sich alleine gesehen würde ein Uberleben möglich machen, doch in ihrem Zusammenspiel hat das Kind eine nur fünfzigprozentige Chance, seine Geburt zu überleben und keine Chance, älter als ein paar Monate zu werden — nach diversen Operationen. „Die sofortige Beendigung der Schwangerschaft ist in einer solchen Situation der übliche Weg“, meint der Facharzt zu der schockierten Mutter.

Aufgrund der modernen vorgeburtlichen Diagnostik-Möglichkeiten gerät diese nun in eine Situation, die eine Entscheidung von ihr verlangt. Den ungewissen, angsterfüllten und schmerzhaften Weg einer Entscheidungsfindung hat Katja Baumgarten zusammen mit der befreundeten Kamerafrau Gisela Tuchtenhagen in dem Dokumentarfilm „Mein kleines Kind“ festgehalten. In aufgezeichneten Gesprächen mit der Mutter, Freunden und den Arzten erfährt man von ihren Hoffnungen und Angsten, das Für und Wider einer Abtreibung wird diskutiert.

Sie fürchtet sich davor, das missgestaltete Kind nach der Geburt anzusehen. Als Hebamme kennt sie aus den Lehrbüchern die Bilder von missgebildeten

Kindern, die von manchen Arzten abfällig als „Monsterbabys“ bezeichnet werden. Andererseits empfindet sie das Kind in ihrem Bauch als friedvoll, schön und heil. Sie fürchtet, zu versagen und für ihre anderen Kindern nicht mehr sorgen zu können: „Das kann ich nie schaffen. Da reicht meine Kraft nicht.“ Dabei wird für sie aber auch deutlich, dass das „einzig richtig Schlimme die Entscheidung ist“. Die Entscheidung, ob sie ihr Kind durch eine Abtreibung tötet oder ob sie es im Krankenhaus zur Welt bringt und dann den Kinderärzten überlässt, die es von einer Operation zur nächsten reichen. Alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung, wird ihr gesagt. Der unausweichliche Tod würde den Jungen in der kalten Gerätemedizin des Krankenhauses einholen.

 

Katja Baumgarten entscheidet sich schließlich dafür, ihren Sohn, dem sie den Namen Martin Tim gegeben hat, zu Hause zur Welt zu bringen — mit dem Wissen, dass er ein zwar nur kurzes, dafür aber ein in Liebe geborgenes Leben leben wird. Zu den Klängen von Chopins Nocturnes wird Martin schließlich geboren. Sein Geburtstag wird von der Familie groß gefeiert: Torten werden gekauft, Kerzen angezündet, mit Sekt wird auf den neuen Erdenbürger angestoßen. Die älteren Geschwister schließen ihren kleinen Bruder sofort ins Herz. Der zweijährige Michael will ihm sein Spielauto zeigen, Paula findet Martins Haare „so süß“. Drei Stunden nach seiner Geburt stirbt das Kind. Es liegt auf dem Bauch der Mutter, die schützend ihre Hand um es legt — ein sehr friedvolles Bild, das auch das letzte des Films ist.

 

Die Kamera ist die ganze Zeit über nahe am Geschehen, ohne über das ihr eigene

Maß hinaus voyeuristisch, ohne sensationslüstern oder peinlich zu sein. Baumgarten und ihre Kamerafrau Gisela Tuchtenhagen gelingt es, die Bilder von Geburt, Behinderung und Tod behutsam und trotzdem eindrucksvoll einzufangen. Dabei bedienen sie sich mehrerer filmischer Ebenen: der Gespräche mit der Mutter, der Einblicke in den Alltag der Familie, dann aber auch der stummen und langen Ultraschallbilder des ungeborenen Kindes, der erklärenden Schrifteinblendungen zu medizinischen Fachbegriffen sowie der beinahe poetisch-meditativ anmutenden Naturaufnahmen.

 

In der Offentlichkeit hat dieser autobiographische Dokumentarfilm großes Aufsehen erregt. Uraufgeführt wurde er auf der Berlinale; bei den Münchener Dokumentarfilm-Festspielen erhielt er von der Jury eine lobende Erwähnung. Viele der großen und kleineren Zeitungen rezensierten ihn, und zwar durchweg positiv. Ab dem 10. April 2003 wird er in den deutschen Kinos gezeigt.

Katja Baumgartens Film ist kein flammendes Plädoyer für das Recht auf Leben, sondern ein leises, unplakatives. Aber gerade dadurch gewinnt es eine Stärke, die auch Zuschauer mit anderen ethischen Vorstellungen überzeugen kann. In der Berliner Zeitung hieß es etwa: „Wer ‚Mein kleines Kind‘ gesehen hat, wird den medizinischen Fortschritt, sei es in der Pränataldiagnostik oder Gentechnik, in einem anderen Licht sehen.“

 

Veronika Blasel, aus der Zeitschrift LebensForum der »Aktion Lebensrecht für Alle e. V. (Alfa)

 

 

Mein kleines Kind

 

 

 

 

(Geändert von Echo Romeo um 13:31 - 21.März.2003)

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