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Kanonisches Recht vor 1983


Eifelgeist

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Bis dahin hätten die Bischöfe einen ihrer Kleriker, wenn er z. B. sich zu Mord oder Totschlag hätte hinreißen lassen,

in der Beichte mit 3 Vaterunser rechtskräftig verurteilen können.

Noch so ein Latrinengerücht. Die Beichte ist kein Tribunal, und in der Beichte wurde und wird nicht "rechtskräftig verurteilt" ...

Aber offensichtlich ist kein Quatsch blöd genug, dass es nicht Leute gäbe, die ihn für bare Münze nehmen.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich konsequent den Konjunktiv benutzt habe.

Wo sollte ich denn diese Frage anders klären, als hier in dieser Runde von Fachleuten?

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1919 und 1983 wären aber viel lustiger.

Also 1983. Schade, dass nur ihr das privilegium fori noch hattet. Da bekamen wir gerade eine neue ZPO. Wäre so lustig gewesen.

Zuständigkeit der Bezirksgerichte: lit. soundso: "Sünden von Klerikern"

Zuständigkeit der Landesgerichte: "Sünden von Klerikern, die mit Exkommunikation bedroht sind"

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Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich konsequent den Konjunktiv benutzt habe.

Wo sollte ich denn diese Frage anders klären, als hier in dieser Runde von Fachleuten?

Die Fachwelt will ja helfen - ABER BITTE, BITTE NENN UNS DIE QUELLE!
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Da gab es Maigesetze?

meinst Du, das waren gesetzfreie Mais/Maie.

Ne, so barmehrzig ist kein Parlament, dass es den Output schon im Mai einstellt. :ninja:

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Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich konsequent den Konjunktiv benutzt habe.

Wo sollte ich denn diese Frage anders klären, als hier in dieser Runde von Fachleuten?

Die Fachwelt will ja helfen - ABER BITTE, BITTE NENN UNS DIE QUELLE!

 

Da braucht es keine Quelle. Ob das privilegium fori noch im 1917er Codex drin war, kann ich mangels Textausgabe gerade nicht sagen - es spielt hier auch keine Rolle, weil es im Deutschen (und wohl auch österreichischen und schweizerischen) Strafgesetz keine Entsprechung gab, der Staat eine entsprechende Forderung also schlicht ignorierte. Dass zumindest bis in die 1980er Jahre hinein gegenüber Klerikern eher lässig und um die Vermeidung von Aufsehen bemüht geurteilt wurde, das steht auf einem anderen Blatt.

 

Und selbst wenn es einen entsprechenden Anspruch bis 1983 gegeben haben sollte, so konnten Taten keineswegs vom Bischof im Beichstuhl geahndet werden - alleine die fehlende Beweisbarkeit wäre hier ungünstig. Die Beichte gehört dem forum internum an, das den Gewissensbereich, nicht aber das Strafrecht umfasst. Letzteres ist im forum externum angesiedelt, und dort werden ordentliche Strafverfahren geführt.

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Und selbst wenn es einen entsprechenden Anspruch bis 1983 gegeben haben sollte, so konnten Taten keineswegs vom Bischof im Beichstuhl geahndet werden - alleine die fehlende Beweisbarkeit wäre hier ungünstig. Die Beichte gehört dem forum internum an, das den Gewissensbereich, nicht aber das Strafrecht umfasst. Letzteres ist im forum externum angesiedelt, und dort werden ordentliche Strafverfahren geführt.

 

Wobei die Zahl der ordentlichen Strafverfahren ja äußerst gering ist. Und bei den nicht festgestellten Tatstrafen wird im sakramentalen Bereich vom Bußkanoniker wohl im seltensten Fall die (kirchen-) strafrechtliche Seite angesprochen .... für die gültige Lösung der Strafe ist in diesem Fall m.W. ja ausreichend, wenn die entsprechende Intention des Pönitentiars darauf gerichtet ist, während er die sakramentale Loslösung spricht.

 

Wie lange im weltlichen Bereich die Standesgerichtsbarkeit* üblich war (das ist regional wohl unterschiedlich) und in welchem Maße sie für Kleriker gegolten hat, müsste man recherchieren.

 

 

*Also das (bestimmte oder sämtliche) Delikte von Universitätsangehörige von der Universität gerichtet wurden, die von Adeligen vor einem Adelsgericht, die der Bäcker von der Bäckergilde etc.

bearbeitet von Justin Cognito
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Und selbst wenn es einen entsprechenden Anspruch bis 1983 gegeben haben sollte, so konnten Taten keineswegs vom Bischof im Beichstuhl geahndet werden - alleine die fehlende Beweisbarkeit wäre hier ungünstig. Die Beichte gehört dem forum internum an, das den Gewissensbereich, nicht aber das Strafrecht umfasst. Letzteres ist im forum externum angesiedelt, und dort werden ordentliche Strafverfahren geführt.

 

Wobei die Zahl der ordentlichen Strafverfahren ja äußerst gering ist. Und bei den nicht festgestellten Tatstrafen wird im sakramentalen Bereich vom Bußkanoniker wohl im seltensten Fall die (kirchen-) strafrechtliche Seite angesprochen .... für die gültige Lösung der Strafe ist in diesem Fall m.W. ja ausreichend, wenn die entsprechende Intention des Pönitentiars darauf gerichtet ist, während er die sakramentale Loslösung spricht.

 

Wie lange im weltlichen Bereich die Standesgerichtsbarkeit* üblich war (das ist regional wohl unterschiedlich) und in welchem Maße sie für Kleriker gegolten hat, müsste man recherchieren.

 

 

*Also das (bestimmte oder sämtliche) Delikte von Universitätsangehörige von der Universität gerichtet wurden, die von Adeligen vor einem Adelsgericht, die der Bäcker von der Bäckergilde etc.

 

Die geringe Zahl muss man seit den 1960ern zugestehen. Der Bußkanoniker wiederum unterliegt dem Beichtgeheimnis, eine Aufforderung zur Selbstanzeige wird eher selten zu erwarten sein.

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Der Bußkanoniker wiederum unterliegt dem Beichtgeheimnis, eine Aufforderung zur Selbstanzeige wird eher selten zu erwarten sein.

 

Ist ja auch nicht nötig, wenn die Strafe gelöst ist. Die Statistik führt der Bußkanoniker wohl anonym und das kirchliche Strafregister wird ja vor allem für Kleriker, Profs an Theologischen Fakultäten und Silvesterordensträger geführt - alles Leute also, deren Strafe wohl im vermeintlichen Bedarfsfall auch schon mal festgestellt wird. Womit der Pönitentiar ja wiederum draußen ist.

bearbeitet von Justin Cognito
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Wie lange im weltlichen Bereich die Standesgerichtsbarkeit* üblich war (das ist regional wohl unterschiedlich) und in welchem Maße sie für Kleriker gegolten hat, müsste man recherchieren.

 

Für Österreich kann ich es Dir sagen: bereits unter Maria Theresia wurde 1768 die Gerichtsbarkeit der Kirche (wie auch sonst alle ihre Agenden) weitgehend dem Staat unterworfen. (Selbst kirchliche Druckwerke unterlagen seit 1753 der staatlichen Zensur - nicht umgekehrt.)

 

Geistliche unterstehen seit 1803 vollständig der staatlichen Gerichtsbarkeit, hatten aber - ebenso wie Beamte und Aristokraten - bis zum Staatsgrundgesetz von 1867 (das bis heute Bestandteil der Verfassung ist) innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit einen "privilegierten" Gerichtsstand, seither, also seit 1867 herrscht volle Gleichheit vor dem Gesetz.

bearbeitet von Edith1
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Für Österreich kann ich es Dir sagen: bereits unter Maria Theresia wurde 1768 die Gerichtsbarkeit der Kirche (wie auch sonst alle ihre Agenden) weitgehend dem Staat unterworfen. (Selbst kirchliche Druckwerke unterlagen seit 1753 der staatlichen Zensur - nicht umgekehrt.)

Ja, das war die Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Alles musste dem Staat untertan sein. Ihr Sohn Joseph II. hat das dann so perfektioniert, dass er dafür in Belgien den Spitznahmen "Küster von Wien" bekam, weil er sich in wirklich alles einmischte, bis hin zur Dorfkirmes. Das führte dort 1790 zu einer Revolte und für einige Monate zu den Vereinigten Belgischen/Niederländischen Staaten ("Verenigde Nederlandse Staten", "États belgiques unis"), die eine sehr reaktionäre Politik mit Wiederherstellung zwar von uralten Freiheiten aber eben auch von Machtpositionen von Kirche und Adel führten.

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Für Österreich kann ich es Dir sagen: bereits unter Maria Theresia wurde 1768 die Gerichtsbarkeit der Kirche (wie auch sonst alle ihre Agenden) weitgehend dem Staat unterworfen. (Selbst kirchliche Druckwerke unterlagen seit 1753 der staatlichen Zensur - nicht umgekehrt.)

Ja, das war die Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Alles musste dem Staat untertan sein. Ihr Sohn Joseph II. hat das dann so perfektioniert, dass er dafür in Belgien den Spitznahmen "Küster von Wien" bekam, weil er sich in wirklich alles einmischte, bis hin zur Dorfkirmes. Das führte dort 1790 zu einer Revolte und für einige Monate zu den Vereinigten Belgischen/Niederländischen Staaten ("Verenigde Nederlandse Staten", "États belgiques unis"), die eine sehr reaktionäre Politik mit Wiederherstellung zwar von uralten Freiheiten aber eben auch von Machtpositionen von Kirche und Adel führten.

 

Aha. Die Einführung staatlicher Generalseminarien für Priester war schon 1786 und Anlaß zum Aufruhr war 1787 die Verletzung der Verfassung von Brabant und Hennegau, der Joyeuse entrée durch die neue Gerichtsordnung, die die verfassungsmäßige Mitwirkung der Stände aufhob. Diese Reformen wurden aber von den österr. Generalstatthaltern schon bald eigenmächtig zurückgenommen. Der weitere Verlauf der Geschichte ist stark von französischer Einflußnahme bestimmt.

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Für Österreich kann ich es Dir sagen: bereits unter Maria Theresia wurde 1768 die Gerichtsbarkeit der Kirche (wie auch sonst alle ihre Agenden) weitgehend dem Staat unterworfen. (Selbst kirchliche Druckwerke unterlagen seit 1753 der staatlichen Zensur - nicht umgekehrt.)

Ja, das war die Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Alles musste dem Staat untertan sein. Ihr Sohn Joseph II. hat das dann so perfektioniert, dass er dafür in Belgien den Spitznahmen "Küster von Wien" bekam, weil er sich in wirklich alles einmischte, bis hin zur Dorfkirmes. Das führte dort 1790 zu einer Revolte und für einige Monate zu den Vereinigten Belgischen/Niederländischen Staaten ("Verenigde Nederlandse Staten", "États belgiques unis"), die eine sehr reaktionäre Politik mit Wiederherstellung zwar von uralten Freiheiten aber eben auch von Machtpositionen von Kirche und Adel führten.

Davon weiß ich zu wenig.

Ich wollte hauptsächlich klar stellen, dass das Bild "hier die privilegierten Kleriker - dort der entmündigte Staat" völliger Unfug ist, schon überhaupt, wenn man es im Stil "von Konstantin bis zum modernen Verfassungsstaat waren die Kleriker privilegiert" abhandelt (den Unsinn mit 1917 und 1983 als Stichtage für irgendetwas außer dem Inkrafttreten der beiden CICs mal beiseite lassend).

 

Einen privilegierten Klerus gab es - allerdings gab es da die meiste Zeit rundherum auch nur wenig, was sich in unserem Sinne als Staat bezeichnen könnte, die Kleriker waren nur ein Teil der privilegierten Gruppe, es war nicht der gesamte Klerus usw.

 

Das Ganze auf das Strafrecht zu konzentrieren, ist erst Recht Unsinn. (Und dann müsste man noch berücksichtigen, dass die Grenze zwischen "Strafrecht", "Zivilrecht" und "Verwaltungsrecht" schon nichts mit unseren heutigen Begriffen davon zu tun hat.)

 

Solange das Eigenkirchenwesen bestand - und das bestand bis ins 12. Jahrhundert - , würde ich mit Privilegien "der Kleriker" überhaupt vorsichtig sein, soweit sie nicht selbst Grundherren waren.

Die rechtliche Situation des Dorfpfarrers gegenüber seinem Grundherrn hing viel stärker von seinem "Geburtsstand" ab. War er Höriger, und wer Pfarrer wurde, bestimmte der Grundherr, dann war er es auch als Kleriker usw.

 

Die Hochgerichtsbarkeit (Blutgerichtsbarkeit) war ein umkämpftes Machtmittel, hatte aber wenig damit zu tun, dass man mordende Kleriker mit drei Rosenkränzen "bestrafte" und die mit der Hochgerichtsbarkeit verwobenen "zivil"rechtlichen Folgen sind noch komplizierter. Dazu kommt dann mit zunehmend erstarkendem Staat - und besonders im 19. Jahrhundert - die Verwicklung aller möglichen "Stände" mit dem "Beamtenstand" samt daraus resultierenden Privilegien oder auch Nachteile. (Universitäten, Städte, Militär lassen wir einmal überhaupt außen vor)

 

Gerade die Standesgerichtsbarkeit über mehrere Jahrhunderte und quer durch halb Europa ist ein so weites und kompliziertes Feld, dass diese holzschnittartigen Muster immer nur eins sind: auf jeden Fall falsch.

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Für Österreich kann ich es Dir sagen: bereits unter Maria Theresia wurde 1768 die Gerichtsbarkeit der Kirche (wie auch sonst alle ihre Agenden) weitgehend dem Staat unterworfen. (Selbst kirchliche Druckwerke unterlagen seit 1753 der staatlichen Zensur - nicht umgekehrt.)

Ja, das war die Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Alles musste dem Staat untertan sein. Ihr Sohn Joseph II. hat das dann so perfektioniert, dass er dafür in Belgien den Spitznahmen "Küster von Wien" bekam, weil er sich in wirklich alles einmischte, bis hin zur Dorfkirmes.

Die Folge seiner Einmischungen zur Sparsamkeit bei Begräbnissen - der wiederverwendbare Sarg - sind immer noch Höhepunkt und Glanzstück des Wiener Bestattungsmuseums. :ninja:

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Für Österreich kann ich es Dir sagen: bereits unter Maria Theresia wurde 1768 die Gerichtsbarkeit der Kirche (wie auch sonst alle ihre Agenden) weitgehend dem Staat unterworfen. (Selbst kirchliche Druckwerke unterlagen seit 1753 der staatlichen Zensur - nicht umgekehrt.)

Ja, das war die Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Alles musste dem Staat untertan sein. Ihr Sohn Joseph II. hat das dann so perfektioniert, dass er dafür in Belgien den Spitznahmen "Küster von Wien" bekam, weil er sich in wirklich alles einmischte, bis hin zur Dorfkirmes. Das führte dort 1790 zu einer Revolte und für einige Monate zu den Vereinigten Belgischen/Niederländischen Staaten ("Verenigde Nederlandse Staten", "États belgiques unis"), die eine sehr reaktionäre Politik mit Wiederherstellung zwar von uralten Freiheiten aber eben auch von Machtpositionen von Kirche und Adel führten.

 

Aha. Die Einführung staatlicher Generalseminarien für Priester war schon 1786 und Anlaß zum Aufruhr war 1787 die Verletzung der Verfassung von Brabant und Hennegau, der Joyeuse entrée durch die neue Gerichtsordnung, die die verfassungsmäßige Mitwirkung der Stände aufhob.

Ja, das gärte natürlich schon lange.

 

Diese Reformen wurden aber von den österr. Generalstatthaltern schon bald eigenmächtig zurückgenommen.

Durchaus nicht alle, z.B. nicht dieses gotteslästerliche Toleranzedikt.

 

Der weitere Verlauf der Geschichte ist stark von französischer Einflußnahme bestimmt.

Das erst nach der verlorenen Revolte von 1790. Die Vereinigten Niederländischen Staaten waren wie gesagt äußerst reaktionär. Nachdem sie zusammengebrochen und die Österreicher vorübergehend zurückgekehrt waren (unter vollständiger Aufhebung der josephinischen Reformen durch Leopold II), wandte sich die belgische Linke endgültig Frankreich zu, weil sie sowohl von den Habsburgern als auch von der belgischen Rechten die Nase voll hatte.

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äußerst reaktionär.

 

Das sind so Kategorien, die in der Geschichtsschreibung nicht zu brauchen sind, wenn man nicht die hegelianische Version der Heilsgeschichte verfolgt.

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äußerst reaktionär.

 

Das sind so Kategorien, die in der Geschichtsschreibung nicht zu brauchen sind, wenn man nicht die hegelianische Version der Heilsgeschichte verfolgt.

Ich bin mir sicher, du hast meine Aussage im Kontext trotzdem verstanden.

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äußerst reaktionär.

 

Das sind so Kategorien, die in der Geschichtsschreibung nicht zu brauchen sind, wenn man nicht die hegelianische Version der Heilsgeschichte verfolgt.

Ich bin mir sicher, du hast meine Aussage im Kontext trotzdem verstanden.

 

Nur nicht, worauf du damit hinauswillst.

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äußerst reaktionär.

 

Das sind so Kategorien, die in der Geschichtsschreibung nicht zu brauchen sind, wenn man nicht die hegelianische Version der Heilsgeschichte verfolgt.

Ich bin mir sicher, du hast meine Aussage im Kontext trotzdem verstanden.

 

Nur nicht, worauf du damit hinauswillst.

Nun, dein Posting konnte den Eindruck erwecken, dass du sagen wolltest, bereits die Unabhängigkeitserklärung 1790 sei im Fahrwasser der Französischen Revolution zu sehen. Anders als die Lütticher Revolution hatte die Brabanter Revolution aber eine völlig entgegengesetzte Stoßrichtung. Natürlich hatte sich auch die frankreichfreundliche "Linke" (grobe, anachronistische Vereinfachung, ich weiß, aber sonst geht's ins Detail) an der Revolution beteiligt, weil ihr Josephs Autoritarismus auch nicht passte, aber die ist von der "Rechten" dann völlig untergebuttert worden. Der französischen Einfluss kam so richtig erst ab 1792 zum Tragen.

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Gab es dabei auch Änderungen, die die "geistliche Gerichtsbarkeit" betrafen?

Das klingt nach einer sehr spezifischen Frage.

Ich habe gehört, dass im Kulturkampf 1873 den Bischöfen die Gerichtsbarkeit über die Kleriker genommen wurde.

Bis dahin hätten die Bischöfe einen ihrer Kleriker, wenn er z. B. sich zu Mord oder Totschlag hätte hinreißen lassen,

in der Beichte mit 3 Vaterunser rechtskräftig verurteilen können. Das hätte die Anklage vor einem Zivilgericht ersetzt.

Im Kaiserreich sei die geistliche Gerichtsbarkeit in solchen Fällen aufgehoben worden.

Auf Betreiben der Zentrumspartei sei diese wieder 1919 in die Verfassung der Weimarer Republik aufgenommen worden.

Erst seit 1983 seien in Deutschland die Zivilgerichte für die entsprechenden Sünden der Kleriker zuständig.

 

Ich habe nun wegen der Jahreszahl die Vermutung, dass die Neufassung des kanonischen Rechts damit im Zusammenhang stehen könnte.

WO hast Du bloß diesen Quatsch gehört?

Nä, wat bis' du lieb!

 

Ich lieg unterm Tisch und kann kaum die Tastatur bedienen...

 

Immerhin sah sich Pius IX 1864 noch veranlasst, folgende Meinung zu verdammen:

 

"Die päpstliche Gerichtsbarkeit für zeitliche Angelegenheiten der Geistlichen, in bürgerlicher oder strafrechtlicher Hinsicht, ist ohne Beratung und gegen den Einspruch des Apostolischen Stuhles völlig abzuschaffen "

 

(Syllabus Errorum No. 31)

 

Werner

Die Antwort liegt in dem kleinen Wörtchen "völlig".

Wieso, das ist doch völlig abgeschafft.

Der Papst hat doch keinerlei Möglichkeiten, irgendwelche Urteile über Geistliche wegen "zeitlichen" Angelegenheiten, seien sie bürgerlicher oder strafrechtlicher Natur, durchzusetzen.

 

Werner

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Der Papst hat doch keinerlei Möglichkeiten, irgendwelche Urteile über Geistliche wegen "zeitlichen" Angelegenheiten, seien sie bürgerlicher oder strafrechtlicher Natur, durchzusetzen.

Wenn ein Priester z.B. wegen Lehrbeanstandung rausfliegt, dann kann er das nur vor einem kirchlichen Gericht anfechten (wenn überhaupt, aber da gehe ich doch mal von aus). Klagt er später gegen das Bistum auf Gehaltszahlung, dann kann das staatliche Gericht nicht anders als das Urteil des kirchlichen Gerichts anzuerkennen (naja grundsätzlich, es gibt für alles Grenzen). Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung liegt somit in den Händen kirchlicher und nicht staatlicher Gerichtsbarkeit.

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äußerst reaktionär.

 

Das sind so Kategorien, die in der Geschichtsschreibung nicht zu brauchen sind, wenn man nicht die hegelianische Version der Heilsgeschichte verfolgt.

Ich bin mir sicher, du hast meine Aussage im Kontext trotzdem verstanden.

 

Nur nicht, worauf du damit hinauswillst.

Nun, dein Posting konnte den Eindruck erwecken, dass du sagen wolltest, bereits die Unabhängigkeitserklärung 1790 sei im Fahrwasser der Französischen Revolution zu sehen. Anders als die Lütticher Revolution hatte die Brabanter Revolution aber eine völlig entgegengesetzte Stoßrichtung. Natürlich hatte sich auch die frankreichfreundliche "Linke" (grobe, anachronistische Vereinfachung, ich weiß, aber sonst geht's ins Detail) an der Revolution beteiligt, weil ihr Josephs Autoritarismus auch nicht passte, aber die ist von der "Rechten" dann völlig untergebuttert worden. Der französischen Einfluss kam so richtig erst ab 1792 zum Tragen.

Für die nächsten 20 Jahren zog sich in der Tat eine breite Blutspur durch Europa, die in russischem Schnee gefror. Aber auch daraus hatte Europa noch nicht gelernt. Es sollte noch 170 Jahre dauern, bis der Kontinent Frieden in Freiheit fand.

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Der Papst hat doch keinerlei Möglichkeiten, irgendwelche Urteile über Geistliche wegen "zeitlichen" Angelegenheiten, seien sie bürgerlicher oder strafrechtlicher Natur, durchzusetzen.

Wenn ein Priester z.B. wegen Lehrbeanstandung rausfliegt, dann kann er das nur vor einem kirchlichen Gericht anfechten (wenn überhaupt, aber da gehe ich doch mal von aus). Klagt er später gegen das Bistum auf Gehaltszahlung, dann kann das staatliche Gericht nicht anders als das Urteil des kirchlichen Gerichts anzuerkennen (naja grundsätzlich, es gibt für alles Grenzen). Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung liegt somit in den Händen kirchlicher und nicht staatlicher Gerichtsbarkeit.

Aber eine Lehrbeanstandung ist ja gerade kein "zeitliches" Delikt, sondern ein rein geistliches

 

Werner

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Der Papst hat doch keinerlei Möglichkeiten, irgendwelche Urteile über Geistliche wegen "zeitlichen" Angelegenheiten, seien sie bürgerlicher oder strafrechtlicher Natur, durchzusetzen.

Wenn ein Priester z.B. wegen Lehrbeanstandung rausfliegt, dann kann er das nur vor einem kirchlichen Gericht anfechten (wenn überhaupt, aber da gehe ich doch mal von aus). Klagt er später gegen das Bistum auf Gehaltszahlung, dann kann das staatliche Gericht nicht anders als das Urteil des kirchlichen Gerichts anzuerkennen (naja grundsätzlich, es gibt für alles Grenzen). Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung liegt somit in den Händen kirchlicher und nicht staatlicher Gerichtsbarkeit.

Aber eine Lehrbeanstandung ist ja gerade kein "zeitliches" Delikt, sondern ein rein geistliches

 

Werner

Sicher, die von mir genannte Folge hingegen ist eine sehr "zeitliche" Angelegenheit. Das lässt sich nicht völlig auseinanderdividieren.

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