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Der Weg ist das Ziel


nannyogg57

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Zwei Sachen haben mich in den letzten Wochen zum Nachdenken gebracht:

 

Zunächst die Nachrichten aus Ägypten. Da war das Massaker an den Kopten und wenig später die Revolution. Ein Informationsfetzen aus den Nachrichten blieb mir im Gedächtnis: "Die Muslimbrüder, die vom Regime verfolgt, eingesperrt und gefoltert wurden ...".

 

Beides Mal Opfer, unterschieden nur durch den Glauben. Und in dem Moment habe ich mir vorgestellt, wie der Muslimbruder das wahrnimmt, nämlich genauso wie der Christ, unter Generalverdacht wegen seiner Gesinnung, wehrlos.

 

Und das zweite meine Beschäftigung mit Franz v. Assisi. Ich lese gerade die Primärquellen. Seine totale Ablehnung, sich auf irgendwelche Konflikte einzulassen. Sich frei zu machen von jedem Zorn gegen Menschen, die ihm zusetzen, und gerade in der Frühzeit der Bruderschaft, als sie noch keine Kleriker waren, war das hart.

 

Sein Ziel war der Weg.

 

Die Frage, ob es weniger auf die Inhalte ankommt, sondern darauf, wie man sich dafür einsetzt, und dass das die entscheidende Frage ist.

 

Man kann das Böse nicht mit dem Bösen bekämpfen, nur weil man der "Gute" ist.

 

Oder, wie es Lord Vader sagt: "Lass dich von deinem Hass überwältigen und du hast den langen Weg zur dunklen Seite der Macht vollendet."

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Ich denke nicht, dass der Weg das Ziel ist. Wenn der Weg das Ziel wäre, würde ich mich nicht auf den Weg machen um an ein Ziel zu gelangen. Denn wenn ich mich auf den Weg begeben würde wäre ich ja schon am Ziel und so einfach ist das nun auch wieder nicht. Man stelle sich vor, jemand gibt ein Ziel (95km entfernt) in sein Navigationsgerät ein, erhält die nötigen Informationen, fährt los und eine angenehm klingende Frauenstimme erklärt nach gefahrenen 5 Metern: Sie haben ihr Ziel erreicht. Das ist Schmarrn, tut mir leid, das ist ausgewachsener Schmarrn.

bearbeitet von Stanley
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Man kann das Böse nicht mit dem Bösen bekämpfen, nur weil man der "Gute" ist.

 

Dann kann man sicher das Böse bekämpfen weil man der "Böse" ist? :ninja:

bearbeitet von Stanley
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Man kann das Böse nicht mit dem Bösen bekämpfen, nur weil man der "Gute" ist.

 

Dann kann man sicher das Böse bekämpfen weil man der "Böse" ist? :ninja:

 

Darum geht es nicht. Aber was macht den Bösen zum Bösen?

 

Beispiel: Der eine ist für Verschleierung der Frau, der andere ist dagegen. Ich bin dagegen, also ist zunächst mal für mich der Antischleiertyp der Gute.

 

Aber jetzt hat der Antischleiertyp den Proschleiertyp gefoltert.

 

Wer ist da jetzt der Böse?

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Man kann das Böse nicht mit dem Bösen bekämpfen, nur weil man der "Gute" ist.

 

Dann kann man sicher das Böse bekämpfen weil man der "Böse" ist? :ninja:

 

Darum geht es nicht. Aber was macht den Bösen zum Bösen?

 

Beispiel: Der eine ist für Verschleierung der Frau, der andere ist dagegen. Ich bin dagegen, also ist zunächst mal für mich der Antischleiertyp der Gute.

 

Aber jetzt hat der Antischleiertyp den Proschleiertyp gefoltert.

 

Wer ist da jetzt der Böse?

 

Eigentlich ist ja, Deiner Meinung nach, der Weg das Ziel. Ich unterstütze diese These nicht und habe keinen blassen Schimmer, was Du mit diesem Thread bezwecken willst. Wenn jemand einen anderen foltert ist er ein......na was meinst Du? Der Weg, das Ziel, der Gute, der Böse?

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Das Problem ist, dass der Satz "Der Weg ist das Ziel" oft nicht in Nannyoggs Weise verwendet wird, sondern als Spruch.

Ich sag dann immer: "Und die Doofen bemerken erst am Ende des Weges, dass sie immer noch ein Ziel brauchen, das über den Weg hinaus reicht."

Oder ich sage: "Das ist ein absoluter Wohlstandssatz. Der Weg der Chemotherapie (also schmerzhafte Wege) sind nicht das Ziel."

Und etwas genauer sage ich: "Der Weg kann ein hoher Wert sein, das Ziel aber ist er nicht."

 

Das ist natürlich schön von mir karikiert. Genau genommen karikiere ich aber den Satz, insofern er als flotter Spruch daher kommt.

Diejenigen, die diesen Satz als Spruch verwenden, kommen normalerweise auch nicht auf den Haken an meinen Karikaturen.

 

Wo liegt der Haken? Der Haken liegt darin, wie man sich ein Ziel vorstellt. Wenn man sich das Ziel als etwas Statisches vorstellt, also eine Art Zielmarke, die man erreichen will, stimmen meine Karikaturen. Aber dann wäre das Ziel nur ein punktuelles Erlebnis. Man erreicht die Zielmarke. Juchu! Und dann? Dann braucht man neue Ziele. Für Zwischenziele ist das auch ganz gut. Aber für das Lebensziel ist dieses Verständnis unzureichend. Diese Vorstellung von Ziel (als Zielmarke) ist schon vielen zum Verhängnis geworden. Ziel der Karriere ist, zum Boss befördert zu werden. Hat man es erreicht, dann bleiben nicht nur die Probleme des Lebens, sondern sie können sich sogar noch steigern. Es gibt eine Form der Depression, die daher rührt. Ganze Bücher sind voll davon. Leute, die all ihre Lebenskraft auf das Erreichen eines bestimmten Zieles richten. Dann erreichen sie es, haben sie kein Ziel mehr weiter. Mehr als "Boss" gibt die Karriereleiter nicht her. Und was ist das schon. ---> Depression.

 

Anders sieht es aus, wenn man das Ziel nicht in einem zu erreichenden Punkt sieht, sondern in einem lebendigen Prozess. Wenn mein Ziel ist, für jemanden da zu sein, dann ist damit keine punktuelle Zielmarke definiert, sondern ein lebensdurchtragender Zustand meiner selbst. Liebe in diesem Sinne wäre so ein prozesshaftes Ziel. Oder Musik machen. Alles, was eine Quelle in einem Menschen bildet, aus der es fortwährend strömt. Da kommt man zunächst einmal zu der Umkehrung des Satzes "Der Weg ist das Ziel". Die Umkehrung lautet: "Ein gutes Lebensziel ist kein Punkt, sondern ein Weg." Die Fixierung auf einen Punkt ist schädlich.

 

Solche sprudelnden Quellen sind normalerweise Tätigkeiten, bei denen es nicht auf das Objekt der Tat ankommt, sondern auf das Handeln des Subjekts.

Es ist ein Unterschied, ob ein Arzt seine Kunst nur einsetzt, um eine Genesung des Patienten als Ziel zu sehen. Ist der Patient wieder gesund, ist das Ziel erreicht. Medizinisch gesehen ist das nicht schlecht. Aber womöglich macht es den Arzt nicht glücklich. Schon wieder ein Gesunder. Nach ein paar Jahren wird er wieder krank, und dann kann man wieder von vorn anfangen. Und irgendwann wird man sein Ziel nicht mehr erreichen. Dann erreicht man das Ziel der Gesundung nicht mehr, weil der Patient partout nicht wieder gesund wird. Übel. Traurig.

Es ist ein Unterschied, ob der Arzt hierin sein Ziel sieht, oder ob ihm das Helfen, Diagnostizieren, Therapieren, Beraten, Lindern etc. in sich Spaß machen. Es soll ja auch Ärzte geben, die den Erfolg gar nicht unbedingt brauchen, um auf sich stolz zu sein. Sie sind glücklich damit, etwas Gutes zu tun. Das Handeln, Helfen, Nachforschen und Ausprobieren gibt ihnen von sich aus Befriedigung und erfüllt sie mit dem Bewusstsein, ein Helfer, ein Guter zu sein. Sie lieben ihre Tätigkeit, sie lieben auch ihr damit verbundenes Selbstverständnis. Und damit ist ihr Weg tatsächlich ihr Ziel.

 

Ein Manko tragen solche wertvollen Menschen allerdings trotzdem mit sich. Denn auch ihr Weg ist endlich. Irgendwann können auch sie alt, schwach und hinfällig werden. Sie tragen vielleicht noch ihr Selbstverständnis in sich, können es aber nicht mehr in die Tat umsetzen. Dann klaffen Weg und Ziel wieder auseinander. Zur Tatenlosigkeit verurteilt bettlägerig dazuliegen, ist nicht der Weg, der das Ziel ist. Dieses Auseinanderklaffen ist sehr schmerzhaft. "Ich bin zu nichts mehr gut" ist synonym mit "Ich habe zwar noch Ziele, kann sie aber nicht weiter verfolgen."

 

Trotz allen Ziels, das man beim Handeln selbst erreicht hat, braucht man noch ein Ziel, das über den Weg hinaus geht und nicht Produkt des eigenen Handelns und Erlebens ist. Zumindest das Ziel, wieder so handeln zu können, dass man damit seine Ziele verwirklicht. Und hier unterscheidet sich dann der Weg des Gläubigen von dem des Ungläubigen. Der Ungläubige ist voll und ganz auf die Produkte seines Handelns und Erlebens angewiesen. Und er muss immer darum fürchten, dass er irgendwann hilflos von seinen sinnstiftenden und zielerreichenden Wegen endgültig getrennt ist. Spätestens durch den Tod. Aber es gibt ja noch viele andere Trennungsmöglichkeiten.

Der Glaubende kann an ein Ziel jenseits aller Menschenmachbarkeit glauben. An einen weiteren Weg, wenn alle irdischen Wege ihre Kraft verloren haben oder an ihr Ende gelangt sind.

 

An diesem Punkt unterscheidet sich Selbsterlösungsutopie von Erlösungsglaube.

 

Das endgültige Lebensziel kann nur in den Händen dessen liegen, der auch die Macht hat, in jeder Situation Wege anzubieten. Selbst einem Gelähmten, einem endgültig Gescheiterten oder einem Sterbenden.

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Ich denke nicht, dass der Weg das Ziel ist. Wenn der Weg das Ziel wäre, würde ich mich nicht auf den Weg machen um an ein Ziel zu gelangen. Denn wenn ich mich auf den Weg begeben würde wäre ich ja schon am Ziel und so einfach ist das nun auch wieder nicht. ....

auf dem weg zum ziel veränderst du dich. das ziel verändert dich in seiner nähe. es kommen neue mögliche ziele in deinen blickwinkel.

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Für mich geht es bei der Frage "Weg oder Ziel" nicht um ein Entweder-Oder, sondern um eine Frage der sinnvollen Gewichtung. Das mag von Fall zu Fall sinnvoller Weise sehr verschieden sein. Wer joggt, dem geht es nicht um ein Ziel, sondern um einen Weg, den er laufend zurück legen möchte. Wer den Jakobsweg geht, hat zwar - vermutlich - Santiago di Compostela als - langfristiges - Ziel, die Motivation für sein Gehen aber erhält er aus dem Weg.

Im Gegensatz dazu will die Hausfrau den morgendlichen Einkauf erledigen, weil sie als Ziel das Kaufhaus und dann wieder das heimische Haus hat. Der Weg soll normalerweise möglichst flott bewältigt werden, er hat kaum einen eigenen Zweck, ebenso wie der Schulweg oder der Weg zur Arbeit.

 

Als allgemein gültige Lebensweisheit ist damit "Der Weg ist das Ziel" wenig brauchbar, es ist für mich eine klassische Pseudo-Weisheit wie "man soll den Tag nicht vor dem Abend loben" oder "Morgenstund hat Gold im Mund". Es kann passen, muss es aber keineswegs.

Richtig grantig werde ich, wenn einem diese "Weisheit" als moralische Keule um die Ohren geschlagen wird, indem man kritisiert wird, auf dem Weg zu einem Ziel den Weg dorthin nicht genügend zu würdigen, sondern primär das Ziel zu beachten.

 

Was für das Leben an sich gilt, ist, dass es sehr wohl eine Interaktion zwischen Weg und Ziel gibt. Ziel des irdischen Lebens ist und bleibt das ewige Leben, aber dieses gibt es nicht ohne Bewährung im Weg des Lebens, in diesem Sinne ist der Weg sehr wohl das Ziel bzw. untrennbar mit diesem verbunden.

 

Die Moraltheologie nimmt beides in den Blick, Ziel und Weg, also: Was ist inhaltlich gut oder schlecht, und was ist methodisch gut oder schlecht. Insofern gehört zum Leben auch das Erreichen guter Ziele mit schlimmen Methoden und das Anstreben schlechter Ziele mit ehrenwerten Mitteln.

 

Manchmal frage ich mich schon, ob Wege nicht zu sehr als Ziele gesehen werden. Beste Beispiele sind für mich die "Demokratie" oder die "Freiheit". Welche Bemühungen werden weltweit in diese "Wege" investiert, ohne der Frage nachzugehen, welche Ziele diese Wege eigentlich verfolgen (sollen).

 

Soweit meine ersten Assoziationen zu diesem weitschichtigem Thema.

bearbeitet von Udalricus
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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

 

Oder ob sich das Ziel auch über den Weg erst legitimiert. Dass die Art des Weges über die Qualität des Zieles entscheidet.

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...Manchmal frage ich mich schon, ob Wege nicht zu sehr als Ziele gesehen werden. Beste Beispiele sind für mich die "Demokratie" oder die "Freiheit". Welche Bemühungen werden weltweit in diese "Wege" investiert, ohne der Frage nachzugehen, welche Ziele diese Wege eigentlich verfolgen (sollen)....

das kannst du doch für dich machen. triffst du auf diesem weg andere, kommt ein gemeinsames ziel, oder vorerst ein teilziel heraus.

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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

Die klassische und weiterhin gültige katholische Antwort ist ein deutliches NEIN: Der Zweck heiligt NICHT die Mittel.

 

Oder ob sich das Ziel auch über den Weg erst legitimiert. Dass die Art des Weges über die Qualität des Zieles entscheidet.
Das Ziel ändert seinen positiven Wert nicht dadurch, dass es mit üblen Mitteln angestrebt wird. Das Ziel "soziale Gerechtigkeit" ist und bleibt edel, auch wenn es von manchen mit Waffengewalt oder Lüge und Intrige angestrebt wird. Freilich muss man auch erkennen, dass in vielen Dingen die üblen Mittel langfristig auch das hehre Ziel eher weiter hinaus schieben als es näher kommen lassen.
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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

Die klassische und weiterhin gültige katholische Antwort ist ein deutliches NEIN: Der Zweck heiligt NICHT die Mittel.

 

Oder ob sich das Ziel auch über den Weg erst legitimiert. Dass die Art des Weges über die Qualität des Zieles entscheidet.
Das Ziel ändert seinen positiven Wert nicht dadurch, dass es mit üblen Mitteln angestrebt wird. Das Ziel "soziale Gerechtigkeit" ist und bleibt edel, auch wenn es von manchen mit Waffengewalt oder Lüge und Intrige angestrebt wird. Freilich muss man auch erkennen, dass in vielen Dingen die üblen Mittel langfristig auch das hehre Ziel eher weiter hinaus schieben als es näher kommen lassen.

 

Die Deontologie ist hier klarer als die Verantwortungsethik. Aber die Kirche hat eben immer wieder nach dem Prinzip gehandelt "Zweck heiligt die Mittel" und für das Ziel den Weg Jesu verlassen. Man hat ein gutes Ziel vor Augen, aber aus Angst versucht man, es mit Gewalt zu erreichen. Fehlender Glaube in die tatsächliche Kraft des Guten. Was am Schluss leidet, ist die Glaubwürdigkeit.

 

Was soll so ein gefolterter Muslimbruder auch übers Christentum denken, wenn uns seine Leiden weniger wichtig sind als die unserer Glaubensgeschwister, weil wir Angst vor seiner fundamentalistischen Gesinnung haben?

 

Und das ist die Realität, es ist passiert, und es wird unsere Zukunft bestimmen.

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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

Die klassische und weiterhin gültige katholische Antwort ist ein deutliches NEIN: Der Zweck heiligt NICHT die Mittel.

Diese Antwort gibt aber auch die Kirche nicht konsequent, sondern nur bei bestimmten Fragen.

 

Als Beispiel (nicht um diese hier weiter zu führen!!!) möchte ich die Pflichtzölibatsdebatte nennen: Die Kirche glaubt, dass die Ehelosigkeit der Priester einen Wert darstellt. Um diesen Wert zu fördern und zu erhalten ist es aus Sicht der Kirche erlaubt und geboten, ihn den Priestern als Pflicht auf zu erlegen. Die negativen Nebenwirkungen dieses Dienstes werden von der Kirche angesichts des Ziels in Kauf genommen.

 

Also wägt auch die Kirche zwischen dem Wert des Zwecks und dem Schaden, den die Mittel anrichten, ab.

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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

Die klassische und weiterhin gültige katholische Antwort ist ein deutliches NEIN: Der Zweck heiligt NICHT die Mittel.

Diese Antwort gibt aber auch die Kirche nicht konsequent, sondern nur bei bestimmten Fragen.

 

Als Beispiel (nicht um diese hier weiter zu führen!!!) möchte ich die Pflichtzölibatsdebatte nennen: Die Kirche glaubt, dass die Ehelosigkeit der Priester einen Wert darstellt. Um diesen Wert zu fördern und zu erhalten ist es aus Sicht der Kirche erlaubt und geboten, ihn den Priestern als Pflicht auf zu erlegen. Die negativen Nebenwirkungen dieses Dienstes werden von der Kirche angesichts des Ziels in Kauf genommen.

 

Also wägt auch die Kirche zwischen dem Wert des Zwecks und dem Schaden, den die Mittel anrichten, ab.

genauer: die negativen nebenwirkungen der, manchmal auch inkonsequenten, pflichtform dieses dienstes.

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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

 

Oder ob sich das Ziel auch über den Weg erst legitimiert. Dass die Art des Weges über die Qualität des Zieles entscheidet.

 

Den Satz vom Weg und dem Ziel kann man ziemlich unterschiedlich auffassen, glaub ich.

 

"Der Weg ist das Ziel" kann bedeuten, dass ein Ankommen gar nicht erwünscht ist. Dass der Weg, den wir gehen, d e r Weg ist, der das Ziel ist; dass es genügt, dass wir gehen - und es eigentlich egal ist, wohin oder in welche Richtung wird gehen.

 

"Der Weg ist das Ziel" kann aber auch bedeuten, dass es ein Ziel gibt, das "der Weg" heißt.

Das ist die "spirituelle" Variante dieses Satzes: da ist das Ziel das "Wesen des Sohnes" (der "der Weg" ist): ich denke mir, dass ein "spiritueller Weg" immer diese eine bestimmte Richtung haben muss: ein Mehrwerden an Wesen und Lebendigkeit und ein Hineinwachsen in die nüchterne Wirklichkeit konkret handelnder Liebe.

Wo das nicht geschieht, wo Präsenz und Substanz, lebendiger Prozess "Seele" abnehmen, wo keine Anteilnahme ist, wo kein Mitleiden ist, wo man "über Leichen" zu gehen bereit ist, da geht jemand mit Sicherheit nicht diesen Weg, der zum "Ziel" führt. Das kann nie dieser Weg sein, von dem man richtigerweise sagen kann, dass er das Ziel ist.

 

Ich glaube, entscheiden darüber, ob etwas Destruktion oder Leben bewirkt, tut nicht das Zielbild, nicht das, was einer erreichen möchte. Das Bild, das er vor Augen hat, mag noch so hehr sein - sobald er sich beim Versuch seiner Verwirklichung der Gewalt bedient, bewegt er sich in einem System von Macht und Gewalt und wird unweigerlich Zerstörung bewirken.

Entscheiden, tut die Art und Weise, w i e wir aktiv werden möchten, was unsere Intention ist.

Wenn wir Liebe geben möchten, wenn wir in der Beziehung zum andern bleiben möchten, auch wenn das Ohnmacht und evt. Schmerz für uns selber bedeutet, dann werden viele, vielleicht auch sonderbare Mittel sich als hilfreich erweisen. Andere werden von selber ausscheiden, weil sie zu zerstörerisch sind.

Ich denke schon, dass der Zweck die Mittel heiligt - aber er entlarvt sie auch.

Und eigentlich gibt es nur einen einzigen Zweck, der Mittel heiligen kann: das ist der Zweck, Leben zu schützen und Beziehung zu erhalten. Es ist dieser innerste Wunsch, den man nicht unmittelbar sehen kann, dessen Wirkung man aber erkennen kann, der Menschen so zusammenordnet, dass Gutes aus ihrem Tun entsteht.

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Was soll so ein gefolterter Muslimbruder auch übers Christentum denken, wenn uns seine Leiden weniger wichtig sind als die unserer Glaubensgeschwister, weil wir Angst vor seiner fundamentalistischen Gesinnung haben?

 

Und das ist die Realität, es ist passiert, und es wird unsere Zukunft bestimmen.

Ich gebe dir vollkommen Recht. Nur musst du deine Vorwürfe gegen westliche Regierungen richten, nicht gegen die heutige Kirche.
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Die Frage ist, ob das Ziel so wichtig sein kann, dass man auf dem Weg dorthin "über Leichen" geht.

Die klassische und weiterhin gültige katholische Antwort ist ein deutliches NEIN: Der Zweck heiligt NICHT die Mittel.

Diese Antwort gibt aber auch die Kirche nicht konsequent, sondern nur bei bestimmten Fragen.

 

Als Beispiel (nicht um diese hier weiter zu führen!!!) möchte ich die Pflichtzölibatsdebatte nennen: Die Kirche glaubt, dass die Ehelosigkeit der Priester einen Wert darstellt. Um diesen Wert zu fördern und zu erhalten ist es aus Sicht der Kirche erlaubt und geboten, ihn den Priestern als Pflicht auf zu erlegen. Die negativen Nebenwirkungen dieses Dienstes werden von der Kirche angesichts des Ziels in Kauf genommen.

 

Also wägt auch die Kirche zwischen dem Wert des Zwecks und dem Schaden, den die Mittel anrichten, ab.

Das sind zwei völlig verschiedene moralische Probleme: Im einen Fall geht es darum, dass man falsche Methoden wählt, um ein an sich gutes Ziel zu erreichen, im anderen Fall geht es darum, in Kauf zu nehmen, dass ein gutes Ziel mit guten Methoden erreicht wird, aber auch Nebenfolgen hat, die man nicht gut heisst.

 

Aus dem Grund, dass in sich gute Taten und Methoden auch negative Folgen haben können, erlaubt die Kirche auch, lebensrettende Operationen für werdende Mütter durchzuführen, selbst wenn als Nebenfolge der Tod des Embryos eintritt.

 

Unterscheide:

A) Der (gute) Zweck heiligt die (unguten) Mittel. ==> schlecht

B) Gute Zwecke und Mittel können auch unter Umständen negative Nebenwirkungen haben. ==> vertretbar

 

Bitte diese beiden Dingen nicht verwechseln!

bearbeitet von Udalricus
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...

Und eigentlich gibt es nur einen einzigen Zweck, der Mittel heiligen kann: das ist der Zweck, Leben zu schützen und Beziehung zu erhalten. Es ist dieser innerste Wunsch, den man nicht unmittelbar sehen kann, dessen Wirkung man aber erkennen kann, der Menschen so zusammenordnet, dass Gutes aus ihrem Tun entsteht.

leben schützen und beziehung erhalten geschieht auch in der auseinandersetzung, im mißverständnis, in der beziehungsdynamik, in der unvollkommenheit. damit ist die erkennbarkeit des guten wollens stark eingeschränkt bzw. unmöglich. es können zwei wollen aufeinander stoßen.

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.. damit ist die erkennbarkeit des guten wollens stark eingeschränkt bzw. unmöglich. es können zwei wollen aufeinander stoßen.

Ich bin trotzdem der Überzeugung, wenn hinter beiden Wollen die Sehnsucht danach steckt, das Leben zu fördern - deines und meines (!) - dann werden irgendwann die Früchte aus diesem Wollen reif sein, auch wenn der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung für unseren Verstand vielleicht nicht mehr gut erkennbar ist.

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Unterscheide:

A) Der (gute) Zweck heiligt die (unguten) Mittel. ==> schlecht

:ninja: Gute Zwecke und Mittel können auch unter Umständen negative Nebenwirkungen haben. ==> vertretbar

 

Bitte diese beiden Dingen nicht verwechseln!

Aber dann würde das Beispiel des Pflichtzölibats eindeutig unter A fallen.

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Unterscheide:

A) Der (gute) Zweck heiligt die (unguten) Mittel. ==> schlecht

:ninja: Gute Zwecke und Mittel können auch unter Umständen negative Nebenwirkungen haben. ==> vertretbar

 

Bitte diese beiden Dingen nicht verwechseln!

Aber dann würde das Beispiel des Pflichtzölibats eindeutig unter A fallen.

 

Bei unserem hiesigen Pfarrer trifft A nicht zu. Der findet den Zölibat sinnvoll.

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Unterscheide:

A) Der (gute) Zweck heiligt die (unguten) Mittel. ==> schlecht

:ninja: Gute Zwecke und Mittel können auch unter Umständen negative Nebenwirkungen haben. ==> vertretbar

 

Bitte diese beiden Dingen nicht verwechseln!

Aber dann würde das Beispiel des Pflichtzölibats eindeutig unter A fallen.

 

Bei unserem hiesigen Pfarrer trifft A nicht zu. Der findet den Zölibat sinnvoll.

er soll sich ja auch keine frau suchen. es heißt doch nicht pflichtzölibat vs pflichtehe.

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Bei unserem hiesigen Pfarrer trifft A nicht zu. Der findet den Zölibat sinnvoll.

Eben deshalb trifft A zu.

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Man kann das Böse nicht mit dem Bösen bekämpfen, nur weil man der "Gute" ist.

 

Dann kann man sicher das Böse bekämpfen weil man der "Böse" ist? :ninja:

 

Darum geht es nicht. Aber was macht den Bösen zum Bösen?

 

Beispiel: Der eine ist für Verschleierung der Frau, der andere ist dagegen. Ich bin dagegen, also ist zunächst mal für mich der Antischleiertyp der Gute.

 

Aber jetzt hat der Antischleiertyp den Proschleiertyp gefoltert.

 

Wer ist da jetzt der Böse?

So einfach Jesu Liebesbotschaft daherkommt, so wenig ist sie einfach in der Anwendung, scheint es.

 

Was Du versuchst, ist eine moralische Beurteilung von Personen anhand - letztlich - des Liebesgebots. Eins ist problematisch daran: dass Du Personen beurteilen möchtest. Denn die können sowohl viel Gutes als auch viel Schlechtes tun, und darüber hinaus noch das Gute wollen und das Schlechte erreichen (oft genug sogar auch umgekehrt). Drum kommst Du nicht weiter, wenn Du fragst: wer ist der Gute/Böse?

 

Vielmehr gibt es gute Gründe - die man letztlich auf Jesu Liebesgebot zurückführen kann - gegen die Verschleierung zu sein. (Um es kompliziert zu machen: es gibt auch schlechte Gründe gegen Verschleierung!)

 

Und es gibt zwar gute Gründe für Folter, allerdings auch moralisch schwerwiegende Gegengründe. Und der Antischleiertyp mag das Gute gewollt haben, wie kann ich ihn da verurteilen, aber er hat das Böse getan. Ihn muss ich aber gar nicht verurteilen, ich verurteile seine Tat.

 

"Liebst du deinen Nächsten nicht, so schlag ich dir den Schädel ein", das kann wohl keine christliche Botschaft sein. Wir wissen, Jesus war grad in seinen kritischsten Momenten sanftmütig. Auf dem Ölberg, als Petrus dem Soldaten ein Ohr abschlägt, hält er ihn zurück. Als vor Gericht ein Diener ihm ins Gesicht schlägt, fragt er nur: "Warum schlägst du mich?". Etwas früher lässt er sich aus Nazareth verjagen. Gut, vergessen wir seinen Wutausbruch im Tempel nicht. Aber steht irgendwo, er habe einem Menschen direkt Gewalt angetan? In Mt 5, 38-48 steht der Weg, den er meint, und den offenbar Franz von Assisi ziemlich wörtlich nahm:

"Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm."

 

Ein geistlicher Rat, sagte der Pater heut in der Predigt. Ich sag mal: Eine Marge, an der Jesus mir empfiehlt meinen Geist auszurichten. Verteidigung ist dein gutes Recht, aber versuchs mal ohne (du wirst überrascht sein, wie schnell der andere dann ein schlechtes Gewissen bekommt). Oder auch: Mach dir nicht die Sünde zu eigen, die ein anderer begeht, zieh dir das überhaupt nicht rein, nicht mal per heiliger Empörung, lass die Sünde einfach bei dem, der sie begangen hat.

 

Gut, das ist der Weg. Es beschreibt, wie man das schaffen kann: Liebe. Und die Liebe ist das Ziel. Weg und Ziel verschmelzen, denn ich handle irgendwie schon aus Liebe, wenn ich anfange diesen Weg zu gehen. Allerdings fange ich wohl erstmal zähneknirschend an, meinen Feind zu lieben, und lerne ihn erst nach und nach, wenn der es zulässt, kennen und dadurch auch lieben. Von daher sind Weg und Ziel nicht ganz dasselbe.

 

Ich danke Dir für die Frage, die passt ja wunderbar zum heutigen Evangelium :ninja:

bearbeitet von Kirisiyana
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Das ist mMn so ein "sowohl als auch" Fall.

Es geht nicht nur um die Methode,und der Weg als solcher ist nicht das Ziel(sonst heieße es ja nicht so). Aber die Methode/das Mittel sagt viel darüber aus, wie der Zweck beschaffen ist. Und das Mittel darf dem zweck nicht zu wider sein.

Der Weg ist nicht das Ziel, aber notwendig, um das Ziel zu erreichen, und es gibt auf dem Weg auch einige Zwischenziele. Die erst mal erreicht sein wollen, bevor as eigentliche Ziel erreicht ist.

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