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Die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils


Chrysologus

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V. KAPITEL

DIE ORDNUNG

Einleitung

 

23. Das Apostolat der Laien muss, ob es nun vom Einzelnen oder in Gemeinschaft ausgeübt wird, in rechter Weise in das Apostolat der Gesamtkirche eingeordnet sein. Ja die Verbindung mit denen, die der Heilige Geist dazu bestellt hat, die Kirche Gottes zu leiten (vgl. Apg 20,28), ist ein wesentliches Element des christlichen Apostolates. Nicht weniger notwendig ist die Zusammenarbeit der verschiedenen apostolischen Werke. Sie ist von der Hierarchie entsprechend zu ordnen.

 

Um den Geist der Einheit zu fördern, im ganzen Apostolat der Kirche die brüderliche Liebe aufleuchten zu lassen, die gemeinsamen Ziele zu erreichen und verderbliche Eifersüchteleien zu vermeiden, ist die gegenseitige Hochschätzung aller Formen des Apostolates in der Kirche und - unter Wahrung der Eigenart einer jeden einzelnen - ihre angemessene Koordinierung nötig. Das gilt vor allem, wenn eine besondere Aktion in der Kirche Einmütigkeit und apostolische Zusammenarbeit von Welt- und Ordensklerus, Ordensleuten und Laien verlangt.

 

 

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Beziehungen zur Hierarchie

 

24. Es ist die Aufgabe der Hierarchie, das Apostolat der Laien zu fördern, Grundsätze und geistliche Hilfen zu geben, seine Ausübung auf das kirchliche Gemeinwohl hinzuordnen und darüber zu wachen, dass Lehre und Ordnung gewahrt bleiben.

 

Freilich lässt das Apostolat der Laien, je nach seinen verschiedenen Formen und Inhalten, verschiedenartige Beziehungen zur Hierarchie zu.

 

In der Kirche gibt es nämlich sehr viele apostolische Werke, die durch freie Entschließung der Laien zustande kommen und auch nach ihrem klugen Urteil geleitet werden. Durch solche Werke kann die Sendung der Kirche unter bestimmten Umständen sogar besser erfüllt werden. Deshalb werden sie auch nicht selten von der Hierarchie gelobt und empfohlen. Kein Werk aber darf sich ohne Zustimmung der rechtmäßigen kirchlichen Autorität "katholisch" nennen.

 

Gewisse Formen des Apostolates der Laien werden, wenn auch in unterschiedlicher Weise, von der Hierarchie ausdrücklich anerkannt. Darüber hinaus kann die kirchliche Autorität mit Rücksicht auf die Erfordernisse des kirchlichen Gemeinwohls aus den apostolischen Vereinigungen und Werken, die unmittelbar ein geistliches Ziel anstreben, einige auswählen und in besonderer Weise fördern, in denen sie dann auch eine besondere Verantwortung auf sich nimmt. Die Hierarchie, die das Apostolat je nach den Umständen auf verschiedene Weise ordnet, verbindet so eine seiner Formen enger mit ihrem eigenen apostolischen Amt, freilich unter Wahrung der Natur und der Verschiedenheit beider und darum auch der notwendigen Möglichkeit der Laien, in eigener Verantwortung zu handeln. Dieser Akt der Hierarchie wird in verschiedenen kirchlichen Dokumenten Mandat genannt.

 

Schließlich vertraut die Hierarchie den Laien auch gewisse Aufgaben an, die enger mit den Ämtern der Hirten verbunden sind, etwa bei der Unterweisung in der christlichen Lehre, bei gewissen liturgischen Handlungen und in der Seelsorge. Kraft dieser Sendung unterstehen dann die Laien bei der Ausübung ihres Amtes voll der höheren kirchlichen Leitung.

 

Hinsichtlich der Werke und Einrichtungen der zeitlichen Ordnung ist es Aufgabe der kirchlichen Hierarchie, die in den zeitlichen Dingen zu befolgenden sittlichen Grundsätze zu lehren und authentisch zu interpretieren. Ihr steht das Recht zu, nach gehöriger Überlegung und unter Beziehung der Hilfe von Sachverständigen über die Übereinstimmung solcher Werke und Einrichtungen mit den sittlichen Grundsätzen zu urteilen und darüber zu bestimmen, was zur Wahrung und Förderung der Güter der übernatürlichen Ordnung erforderlich ist.

 

 

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Auffällig an diesem Abschnitt ist (ich verwende nun so eine Art Herrschaftswissen - Kenntnis der Fußnoten und des weiteren Textes) die Tatsache, dass unter Hierarchie hier nur die Bischöfe verstanden werden.

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Die Unterstützung des Laienapostolates durch den Klerus

 

25. Bischöfe und Pfarrer sowie die übrigen Priester des Welt- und Ordensklerus mögen sich vor Augen halten, dass das Recht und die Pflicht zur Ausübung des Apostolates allen Gläubigen, Klerikern und Laien, gemeinsam ist und dass auch die Laien bei der Auferbauung der Kirche eine ihnen eigentümliche Aufgabe haben. Darum mögen sie brüderlich mit den Laien in der Kirche und für die Kirche arbeiten und diesen in ihrem apostolischen Wirken besondere Sorge schenken.

 

Zur Unterstützung der besonderen Formen des Laienapostolates sollen geeignete und wohlausgebildete Priester sorgfältig ausgewählt werden. Die sich aber diesem Dienst widmen, repräsentieren bei ihrem pastoralen Wirken die Hierarchie aufgrund der von ihr empfangenen Sendung. Dem Geist und der Lehre der Kirche stets treu, sollen sie ein gutes Verhältnis der Laien zur Hierarchie fördern. Für die Pflege des geistlichen Lebens und des apostolischen Sinnes der ihnen anvertrauten katholischen Vereinigungen mögen sie sich ganz einsetzen. Mit ihrem weisen Rat sollen sie der apostolischen Tätigkeit dieser Vereinigungen zur Seite stehen und ihre Initiativen fördern. In ständig mit den Laien geführtem Gespräch sollen sie aufmerksam die Formen suchen, die die apostolische Aktion fruchtbarer machen. Sie sollen den Geist der Einheit innerhalb der betreffenden Vereinigung und zwischen ihr und den übrigen Vereinigungen fördern.

 

Die Ordensleute endlich, Brüder oder Schwestern, sollen die apostolischen Werke der Laien schätzen und sich entsprechend dem Geist und den Bestimmungen der Institute gern der Förderung der Werke der Laien widmen. Sie sollen die priesterlichen Aufgaben zu stützen, zu fördern und zu ergänzen trachten.

 

 

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Einige Instrumente für die Zusammenarbeit

 

26. In den Diözesen sollen nach Möglichkeit beratende Gremien eingerichtet werden, die die apostolische Tätigkeit der Kirche im Bereich der Evangelisierung und Heiligung, im caritativen und sozialen Bereich und in anderen Bereichen bei entsprechender Zusammenarbeit von Klerikern und Ordensleuten mit den Laien unterstützen. Unbeschadet des je eigenen Charakters und der Autonomie der verschiedenen Vereinigungen und Werke der Laien werden diese Beratungskörper deren gegenseitiger Koordinierung dienen können.

 

Solche Gremien sollten, soweit wie möglich, auch auf pfarrlicher, zwischenpfarrlicher und interdiözesaner Ebene, aber auch im nationalen und internationalen Bereich geschaffen werden.

 

Beim Heiligen Stuhl soll darüber hinaus ein besonderes Sekretariat zum Dienst und zur Anregung für das Laienapostolat errichtet werden; ein Zentrum, das mit geeigneten Mitteln Informationen über die verschiedenen apostolischen Unternehmungen der Laien vermitteln, Untersuchungen über die heute in diesem Bereich erwachsenden Fragen anstellen und mit seinem Rat der Hierarchie und den Laien in den apostolischen Werken zur Verfügung stehen soll. An diesem Sekretariat sollen die verschiedenen Bewegungen und Werke des Laienapostolates der ganzen Welt beteiligt sein. Dabei sollen auch Kleriker und Ordensleute mit den Laien zusammenarbeiten.

 

 

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Die Zusammenarbeit mit anderen Christen und mit Nicht-Christen

 

27. Das Evangelium, das uns wie ein gemeinsames väterliches Erbe miteinander verbindet, und die daraus sich ergebende gemeinsame Pflicht zum christlichen Zeugnis empfehlen, ja fordern oft genug die Zusammenarbeit der Katholiken mit anderen Christen, von den einzelnen und von den Gemeinschaften der Kirche, bei Einzelaktionen und in Vereinigungen, auf nationaler und internationaler Ebene. Die gemeinsamen menschlichen Werte verlangen darüber hinaus nicht selten eine ähnliche Zusammenarbeit der Christen, die apostolische Ziele verfolgen, mit Menschen, die sich zum christlichen Namen nicht bekennen, aber jene Werte anerkennen. Durch diese dynamische und kluge Zusammenarbeit, die für die Tätigkeiten im zeitlichen Bereich von großer Bedeutung ist, legen die Laien Zeugnis für Christus, den Erlöser der Welt, und für die Einheit der Menschheitsfamilie ab.

 

 

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VI. KAPITEL

 

DIE BILDUNG ZUM APOSTOLAT

 

Notwendigkeit der Bildung zum Apostolat

 

28. Das Apostolat kann seine volle Wirksamkeit nur unter Voraussetzung einer vielfältigen und umfassenden Bildung erreichen. Eine solche verlangen nicht nur der stetige geistliche und geistige Fortschritt des Laien selbst, sondern auch die verschiedenen Sachbereiche, Personen und Aufgaben, denen sich sein Wirken anpassen muss. Die Bildung zum Apostolat muss sich auf jene Grundlagen stützen, die dieses Konzil schon in anderen Dokumenten beschrieben und erläutert hat. Außer der allen Christen gemeinsamen Bildung fordern nicht wenige Formen des Apostolates wegen der Verschiedenheit der Personen und Umstände auch eine spezifische und gesonderte Bildung.

 

 

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Bildungsprinzipien für das Laienapostolat

 

29. Da die Laien auf ihre Weise an der Sendung der Kirche teilnehmen, erhält ihre apostolische Bildung vom weltbezogenen Eigencharakter des Laientums selbst und von seiner Spiritualität eine besondere Prägung.

 

Die Bildung zum Apostolat setzt eine gewisse, der Begabung und der Situation eines jeden gemäße gesamtmenschliche Bildung voraus. Der Laie muss nämlich die Welt dieser unserer Zeit gut kennen und darum ein Glied seiner eigenen Gesellschaft sein, das für deren Kultur aufgeschlossen ist.

 

Vor allem aber muss der Laie lernen, die Sendung Christi und der Kirche zu erfüllen, indem er aus dem Glauben im göttlichen Mysterium der Schöpfung und Erlösung lebt, gedrängt vom Heiligen Geist, der das Volk Gottes belebt und alle Menschen bewegt, Gott den Vater zu lieben und Welt und Menschen in ihm. Diese Bildung ist als Fundament und Voraussetzung jedes fruchtbaren Apostolates anzusehen.

 

Außer der geistlichen Bildung ist eine gründliche theoretische Unterweisung erforderlich, und zwar eine theologische, ethische, philosophische, immer entsprechend der Verschiedenheit des Alters, der Stellung und Begabung. Auch die Bedeutung einer Allgemeinbildung, in der das praktische und technische Moment nicht fehlt, darf keineswegs gering geschätzt werden. Zur Wahrung guter mitmenschlicher Beziehungen sind die wahrhaft menschlichen Werte zu pflegen, vor allem die Kunst brüderlichen Zusammenlebens, der Zusammenarbeit und des Gespräches.

 

Weil aber die Bildung zum Apostolat nicht in bloß theoretischer Unterweisung bestehen kann, möge der Laie, zwar stufenweise und klug, aber doch vom Anfang seiner Bildung an, lernen, alles im Licht des Glaubens zu betrachten, zu beurteilen und zu tun, durch sein Handeln sich selbst mit den anderen weiterzubilden und zu vervollkommnen und so in einen wirkungsreichen Dienst für die Kirche hineinzuwachsen. Diese Bildung, die immer mehr zu vervollkommnen ist, verlangt schon mit Rücksicht auf die wachsende Reife der Person und auf die immer neuen Probleme ein von Tag zu Tag tieferes Wissen und eine entsprechend angepasste Tätigkeit. Um allen Bildungsansprüchen gerecht zu werden, ist immer die Einheit und Ganzheit der menschlichen Person im Auge zu halten, so dass ihre Harmonie und ihr Gleichgewicht gewahrt und gestärkt werden.

 

So fügt sich der Laie selbst reif und geflissentlich in die Wirklichkeit der zeitlichen Ordnung ein und übernimmt erfolgreich seine Funktion bei ihrer Gestaltung. Zugleich macht er die Kirche als ihr lebendiges Glied und als ihr Zeuge inmitten der zeitlichen Dinge präsent und wirksam.

 

 

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Die zum Apostolat Erziehenden

 

30. Die Bildung zum Apostolat muss mit der ersten Unterweisung in der Kindheit beginnen. Besonders aber sollen die Heranwachsenden und Jugendlichen in das Apostolat eingeführt und von seinem Geist durchdrungen werden. Diese Bildung ist, wie es neu übernommene Aufgaben jeweils erfordern, durch das ganze Leben hindurch zu vervollständigen. Darum kann es nicht anders sein, als dass den christlichen Erziehern auch die Pflicht der Bildung zum Apostolat obliegt.

 

Es ist Sache der Eltern, schon ihre Kinder in der Familie von klein auf dazu zu befähigen, dass sie die Liebe Gottes gegen alle Menschen immer mehr erkennen. Sie mögen sie stufenweise, vor allem durch ihr Beispiel, lehren, sich um die materiellen und geistigen Nöte ihres Nächsten zu kümmern. So soll die ganze Familie und ihr Gemeinschaftsleben geradezu eine Schule des Apostolates werden.

 

Zudem müssen die Kinder dazu erzogen werden, über die Familie hinauszuwachsen und für die kirchlichen und weltlichen Gemeinschaften aufgeschlossen zu sein. In die örtliche Gemeinschaft der Pfarrei sollen sie so hineingenommen werden, dass sie in ihr das Bewußtsein gewinnen, schon lebendige und aktive Glieder des Volkes Gottes zu sein.

 

Die Priester aber mögen in der Katechese, im Dienst des Wortes, in der Seelenführung und bei anderen pastoralen Dienstleistungen die Bildung zum Apostolat im Auge behalten. Auch die Schulen, die Kollegien und andere katholische Bildungseinrichtungen haben die Aufgabe, bei den Jugendlichen katholisches Denken und apostolisches Tun zu fördern. Wenn diese Bildung fehlt, entweder weil die Jugendlichen solche Schulen nicht besuchen oder aus anderen Gründen, mögen die Eltern, die Seelsorger und apostolischen Vereinigungen um so mehr dafür Sorge tragen.

 

Die Lehrer und Erzieher aber, die schon kraft ihrer Berufung und ihres Amtes eine hervorragende Form des Laienapostolates ausüben, sollen mit dem nötigen Wissen und dem entsprechenden pädagogischen Geschick ausgestattet sein, um diese Unterweisung wirksam geben zu können.

 

Ebenso sollen die Gruppen und Vereinigungen der Laien, ob sie nun das Apostolat oder andere übernatürliche Ziele anstreben, je nach ihrem Ziel und ihrer Weise die Bildung zum Apostolat fördern. Sie sind oft sogar der normale Weg zu einer ausgewogenen apostolischen Bildung. In ihnen finden sich nämlich die theoretische, geistliche und praktische Bildung vereint. Ihre Mitglieder besprechen mit ihren Kameraden und Freunden in kleinen Gruppen Methoden und Ergebnisse ihrer apostolischen Tätigkeit und konfrontieren ihr tägliches Leben mit dem Evangelium.

 

Dabei ist diese Bildung so einzurichten, dass sie das ganze Laienapostolat berücksichtigt, das ja nicht nur innerhalb der Zusammenkünfte der einzelnen Vereinigungen selbst, sondern auch in allen Verhältnissen durch das ganze Leben hindurch zur Verwirklichung kommt, vor allem im beruflichen und gesellschaftlichen Leben.

 

Ja auch jeder einzelne muss sich selbst eifrig zum Apostolat vorbereiten; das gilt besonders für das Erwachsenenalter. Denn mit fortschreitendem Alter weitet sich der Geist; so kann jeder gründlicher die Talente entdecken, die Gott ihm geschenkt hat, und wirksamer jene Charismen einsetzen, die ihm der Heilige Geist zum Wohl seiner Brüder verliehen hat.

 

 

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Ja auch jeder einzelne muss sich selbst eifrig zum Apostolat vorbereiten; das gilt besonders für das Erwachsenenalter. Denn mit fortschreitendem Alter weitet sich der Geist; so kann jeder gründlicher die Talente entdecken, die Gott ihm geschenkt hat, und wirksamer jene Charismen einsetzen, die ihm der Heilige Geist zum Wohl seiner Brüder verliehen hat.

 

Ich denke, dass meine Charismen auch zum Wohle der Schwestern sind, aber davon abgesehen stimme ich obigem Absatz von ganzem Herzen zu.

 

(Und ein herzliches Dankeschön an den Bibliothekar für das häppchenweise Einstellen der Texte.)

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Anpassung der Bildung an die verschiedenen Formen des Apostolates

 

31. Die verschiedenen Formen des Apostolates erfordern auch eine jeweils angemessene Bildung.

 

a) Was das Apostolat der Evangelisierung und Heiligung der Menschen angeht, sind die Laien besonders zum Gespräch mit anderen, Gläubigen und Ungläubigen, und zur Kundmachung der Botschaft Christi an alle zu bilden. Da aber der Materialismus in verschiedenster Ausprägung heute überall, auch unter den Katholiken, weit verbreitet ist, sollen die Laien nicht nur die katholischen Wahrheiten besser studieren, vor allem jene, die besonders umstritten sind, sondern sie sollen auch jeder Form von Materialismus das Zeugnis eines Lebens nach dem Evangelium entgegenstellen.

B) Was die christliche Ausrichtung der zeitlichen Ordnung angeht, soll den Laien die Lehre von der wahren Bedeutung und dem Wert der zeitlichen Güter vermittelt werden: vom Wert, den sie in sich selbst wie auch im Zusammenhang mit dem Gesamtziel der menschlichen Person haben. Die Laien sollen sich im rechten Gebrauch der Dinge und in der Organisation von Einrichtungen üben, immer unter Bedachtnahme auf das Gemeinwohl gemäß den Grundsätzen der kirchlichen Sitten- und Soziallehre. Vor allem die Grundsätze der Soziallehre und deren Auswirkungen sollen sie so studieren, dass sie fähig werden, für ihren Teil am Fortschritt der Lehre wie an der rechten Anwendung derselben auf den einzelnen Fall mitzuwirken.

 

c) Da die Werke der Liebe und der Barmherzigkeit ein hervorragendes Zeugnis christlichen Lebens darstellen, muss die apostolische Bildung auch zur Ausübung dieser Werke anleiten, damit die Gläubigen schon von Kindheit an lernen, mit ihren Brüdern mitzuleiden und ihnen in der Not großmütig zu Hilfe zu kommen.

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Die Hilfsmittel

 

32. Den Laien, die sich dem Apostolat widmen, stehen schon viele Hilfsmittel zur Verfügung, wie Tagungen, Kongresse, Tage der Besinnung, geistliche Übungen, häufige Zusammenkünfte, Vorträge, Bücher, Handreichungen. Dadurch erlangen sie ein tieferes Verständnis der Heiligen Schrift und der katholischen Lehre, werden im geistlichen Leben gestärkt, lernen auch die Situation der Welt beurteilen und geeignete Methoden finden und erproben.

 

Diese Hilfen zur Bildung nehmen auf die verschiedenen Formen des Milieuapostolates Rücksicht. Zum gleichen Zweck wurden auch Zentren und höhere Institute errichtet, die schon beste Erfolge verzeichnen. Das Heilige Konzil bringt seine Freude über alle diese Errichtungen zum Ausdruck, die schon in verschiedenen Gegenden in Blüte stehen, und wünscht sehr, dass sie überall, wo sie vonnöten sind, gefördert werden.

 

Darüber hinaus sollen Dokumentations- und Studienzentren für alle Bereiche des Apostolates errichtet werden, und zwar nicht nur in theologischer, sondern auch in anthropologischer, psychologischer, soziologischer und methodologischer Richtung, damit die Möglichkeiten und Fähigkeiten der Laien, der Männer und Frauen, der Jugendlichen und Erwachsenen, besser ausgewertet werden.

 

AUFRUF DES KONZILS

 

33. Das Heilige Konzil beschwört also im Herrn inständig alle Laien, dem Ruf Christi, der sie in dieser Stunde noch eindringlicher einlädt, und dem Antrieb des Heiligen Geistes gern, großmütig und entschlossen zu antworten.

 

In besonderer Weise möge die jüngere Generation diesen Anruf als an sich gerichtet betrachten und ihn mit Freude und Hochherzigkeit aufnehmen; denn der Herr selbst lädt durch diese Heilige Synode alle Laien noch einmal ein, sich von Tag zu Tag inniger mit ihm zu verbinden und sich in seiner heilbringenden Sendung zusammenzuschließen; dabei seien sie auf das, was sein ist, wie auf ihr eigenes bedacht (vgl. Phil 2,5).

 

Von neuem sendet er sie in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst kommen will (Lk 10,1), damit sie sich in den verschiedenen Formen und Weisen des einen Apostolates der Kirche, das dauernd den neuen Bedürfnissen der Zeiten anzupassen ist, als seine Mitarbeiter erweisen. So wirken sie allezeit und mit aller Kraft für das Werk des Herrn; dabei wissen sie wohl, dass ihre Mühe nicht vergebens ist im Herrn (vgl. 1 Kor 15,58).

 

18. November 1965

 

 

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PASTORALE KONSTITUTION

GAUDIUM ET SPES

ÜBER DIE KIRCHE IN DER WELT VON HEUTE

 

VORWORT

 

1. Die engste Verbundenheit der Kirche mit der ganzen Menschheitsfamilie

 

Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.

 

Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist.

 

Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.

 

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Anmerkungen, die so auf vatican.va zu finden sind:

 

* Die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute besteht zwar aus zwei Teilen, bildet jedoch ein Ganzes.

 

Sie wird "pastoral" genannt, weil sie, gestützt auf Prinzipien der Lehre, das Verhältnis der Kirche zur Welt und zu den Menschen von heute darzustellen beabsichtigt. So fehlt weder im ersten Teil die pastorale Zielsetzung noch im zweiten Teil die lehrhafte Zielsetzung.

 

Im ersten Teil entwickelt die Kirche ihre Lehre vom Menschen, von der Welt, in die der Mensch eingefügt ist, und von ihrem Verhältnis zu beiden. Im zweiten Teil betrachtet sie näher die verschiedenen Aspekte des heutigen Lebens und der menschlichen Gesellschaft, vor allem Fragen und Probleme, die dabei für unsere Gegenwart besonders dringlich erscheinen. Daher kommt es, dass in diesem zweiten Teil die Thematik zwar den Prinzipien der Lehre unterstellt bleibt, aber nicht nur unwandelbare, sondern auch geschichtlich bedingte Elemente enthält.

 

Die Konstitution ist also nach den allgemeinen theologischen Interpretationsregeln zu deuten, und zwar, besonders im zweiten Teil, unter Berücksichtigung des Wechsels der Umstände, der mit den Gegenständen dieser Thematik verbunden ist.

 

(Anmerkung des Übersetzers. Die Titel der einzelnen Nummern gehören bei dieser Konstitution aufgrund einer eigenen Abstimmung zum verkündeten Konzilstext selbst.)

 

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2. Wen das Konzil hier anspricht

 

Daher wendet sich das Zweite Vatikanische Konzil nach einer tieferen Klärung des Geheimnisses der Kirche ohne Zaudern nicht mehr bloß an die Kinder der Kirche und an alle, die Christi Namen anrufen, sondern an alle Menschen schlechthin in der Absicht, allen darzulegen, wie es Gegenwart und Wirken der Kirche in der Welt von heute versteht. Vor seinen Augen steht also die Welt der Menschen, das heißt die ganze Menschheitsfamilie mit der Gesamtheit der Wirklichkeiten, in denen sie lebt; die Welt, der Schauplatz der Geschichte der Menschheit, von ihren Unternehmungen, Niederlagen und Siegen geprägt; die Welt, die nach dem Glauben der Christen durch die Liebe des Schöpfers begründet ist und erhalten wird; die unter die Knechtschaft der Sünde geraten, von Christus aber, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, durch Brechung der Herrschaft des Bösen befreit wurde; bestimmt, umgestaltet zu werden nach Gottes Heilsratschluß und zur Vollendung zu kommen.

 

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3. Der Auftrag zum Dienst am Menschen

 

Gewiss ist die Menschheit in unseren Tagen voller Bewunderung für die eigenen Erfindungen und die eigene Macht; trotzdem wird sie oft ängstlich bedrückt durch die Fragen nach der heutigen Entwicklung der Welt, nach Stellung und Aufgabe des Menschen im Universum, nach dem Sinn seines individuellen und kollektiven Schaffens, schließlich nach dem letzten Ziel der Dinge und Menschen. Als Zeuge und Künder des Glaubens des gesamten in Christus geeinten Volkes Gottes kann daher das Konzil dessen Verbundenheit, Achtung und Liebe gegenüber der ganzen Menschheitsfamilie, der dieses ja selbst eingefügt ist, nicht beredter bekunden als dadurch, dass es mit ihr in einen Dialog eintritt über all diese verschiedenen Probleme; dass es das Licht des Evangeliums bringt und dass es dem Menschengeschlecht jene Heilskräfte bietet, die die Kirche selbst, vom Heiligen Geist geleitet, von ihrem Gründer empfängt. Es geht um die Rettung der menschlichen Person, es geht um den rechten Aufbau der menschlichen Gesellschaft.

 

Der Mensch also, der eine und ganze Mensch, mit Leib und Seele, Herz und Gewissen, Vernunft und Willen steht im Mittelpunkt unserer Ausführungen.

 

Die Heilige Synode bekennt darum die hohe Berufung des Menschen, sie erklärt, dass etwas wie ein göttlicher Same in ihn eingesenkt ist, und bietet der Menschheit die aufrichtige Mitarbeit der Kirche an zur Errichtung jener brüderlichen Gemeinschaft aller, die dieser Berufung entspricht.

 

Dabei bestimmt die Kirche kein irdischer Machtwille, sondern nur dies eine: unter Führung des Geistes, des Trösters, das Werk Christi selbst weiterzuführen, der in die Welt kam, um der Wahrheit Zeugnis zu geben; zu retten, nicht zu richten; zu dienen, nicht sich bedienen zu lassen.

 

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EINFÜHRUNG

DIE SITUATION DES MENSCHEN IN DER HEUTIGEN WELT

 

4. Hoffnung und Angst

 

Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben. Es gilt also, die Welt, in der wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erfassen und zu verstehen. Einige Hauptzüge der Welt von heute lassen sich folgendermaßen umschreiben. Heute steht die Menschheit in einer neuen Epoche ihrer Geschichte, in der tiefgehende und rasche Veränderungen Schritt um Schritt auf die ganze Welt übergreifen. Vom Menschen, seiner Vernunft und schöpferischen Gestaltungskraft gehen sie aus; sie wirken auf ihn wieder zurück, auf seine persönlichen und kollektiven Urteile und Wünsche, auf seine Art und Weise, die Dinge und die Menschen zu sehen und mit ihnen umzugehen. So kann man schon von einer wirklichen sozialen und kulturellen Umgestaltung sprechen, die sich auch auf das religiöse Leben auswirkt.

 

Wie es bei jeder Wachstumskrise geschieht, bringt auch diese Umgestaltung nicht geringe Schwierigkeiten mit sich.

 

So dehnt der Mensch seine Macht so weit aus und kann sie doch nicht immer so steuern, dass sie ihm wirklich dient. Er unternimmt es, in immer tiefere seelische Bereiche einzudringen, und scheint doch oft ratlos über sich selbst. Schritt für Schritt entdeckt er die Gesetze des gesellschaftlichen Lebens und weiß doch nicht, welche Ausrichtung er ihm geben soll. Noch niemals verfügte die Menschheit über soviel Reichtum, Möglichkeiten und wirtschaftliche Macht, und doch leidet noch ein ungeheurer Teil der Bewohner unserer Erde Hunger und Not, gibt es noch unzählige Analphabeten.

 

Niemals hatten die Menschen einen so wachen Sinn für Freiheit wie heute, und gleichzeitig entstehen neue Formen von gesellschaftlicher und psychischer Knechtung.

 

Die Welt spürt lebhaft ihre Einheit und die wechselseitige Abhängigkeit aller von allen in einer notwendigen Solidarität und wird doch zugleich heftig von einander widerstreitenden Kräften auseinandergerissen. Denn harte politische, soziale, wirtschaftliche, rassische und ideologische Spannungen dauern an; selbst die Gefahr eines Krieges besteht weiter, der alles bis zum Letzten zerstören würde.

 

Zwar nimmt der Meinungsaustausch zu; und doch erhalten die gleichen Worte, in denen sich gewichtige Auffassungen ausdrücken, in den verschiedenen Ideologien einen sehr unterschiedlichen Sinn.

 

Man strebt schließlich unverdrossen nach einer vollkommeneren Ordnung im irdischen Bereich, aber das geistliche Wachstum hält damit nicht gleichen Schritt.

 

Betroffen von einer so komplexen Situation, tun sich viele unserer Zeitgenossen schwer, die ewigen Werte recht zu erkennen und mit dem Neuen, das aufkommt, zu einer richtigen Synthese zu bringen; so sind sie, zwischen Hoffnung und Angst hin und her getrieben, durch die Frage nach dem heutigen Lauf der Dinge zutiefst beunruhigt.

 

Dieser verlangt eine Antwort vom Menschen. Ja er zwingt ihn dazu.

 

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5. Der tiefgehende Wandel der Situation

 

Die heute zu beobachtende Unruhe und der Wandel der Lebensbedingungen hängen mit einem umfassenden Wandel der Wirklichkeit zusammen, so dass im Bildungsbereich die mathematischen, naturwissenschaftlichen und anthropologischen Disziplinen, im praktischen Bereich die auf diesen Disziplinen aufbauende Technik ein wachsendes Gewicht erlangen. Diese positiv-wissenschaftliche Einstellung gibt der Kultur und dem Denken des Menschen ein neues Gepräge gegenüber früheren Zeiten. Schon geht die Technik so weit, dass sie das Antlitz der Erde selbst umformt, ja sie geht schon an die Bewältigung des planetarischen Raumes. Auch über die Zeit weitet der Geist des Menschen gewissermaßen seine Herrschaft aus; über die Vergangenheit mit Hilfe der Geschichtswissenschaft; über die Zukunft durch methodisch entwickelte Voraussicht und Planung. In ihrem Fortschritt geben Biologie, Psychologie und Sozialwissenschaften dem Menschen nicht nur ein besseres Wissen um sich selbst; sie helfen ihm auch, in methodisch gesteuerter Weise das gesellschaftliche Leben unmittelbar zu beeinflussen.

 

Gleichzeitig befasst sich die Menschheit in immer steigendem Maß mit der Vorausberechnung und Steuerung ihres eigenen Bevölkerungswachstums. Der Gang der Geschichte selbst erfährt eine so rasche Beschleunigung, dass der Einzelne ihm schon kaum mehr zu folgen vermag. Das Schicksal der menschlichen Gemeinschaft wird eines und ist schon nicht mehr aufgespalten in verschiedene geschichtliche Abläufe. So vollzieht die Menschheit einen Übergang von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der Gesamtwirklichkeit zu einem mehr dynamischen und evolutiven Verständnis. Die Folge davon ist eine neue, denkbar große Komplexheit der Probleme, die wiederum nach neuen Analysen und Synthesen ruft.

 

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6. Wandlungen in der Gesellschaft

 

Damit aber erfahren die überlieferten örtlichen Gemeinschaften, wie patriarchalische Familien, Clans, Stämme, Dörfer, die verschiedenen Gruppen und sozialen Verflochtenheiten einen immer tiefer greifenden Wandel. Es breitet sich allmählich der Typ der Industriegesellschaft aus; einige Nationen gelangen durch ihn zu wirtschaftlichem Wohlstand; zugleich gestaltet er in Jahrhunderten gewordene Denk- und Lebensformen der Gesellschaft völlig um. Entsprechend nimmt die Verstädterung zu, teils infolge des Wachstums der Städte und ihrer Einwohnerzahl, teils durch das Ausgreifen der städtischen Lebensart auf die Landbevölkerung. Die neuen und immer mehr vervollkommneten sozialen Kommunikationsmittel tragen dazu bei, dass man über das Zeitgeschehen informiert wird und dass sich Ansichten und Einstellungen rasch und weit verbreiten mit all den damit verbundenen Kettenreaktionen. Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Tatsache, dass Menschen, aus verschiedenen Gründen zur Wanderung veranlasst, dadurch ihre Lebensart ändern. So nehmen unablässig die Verflechtungen der Menschen untereinander zu und führt die "Sozialisation" zu immer neuen Verflechtungen, ohne aber immer eine entsprechende Reifung der Person und wirklich personale Beziehungen ("Personalisation") zu fördern. Diese Entwicklung zeichnet sich klarer ab in den durch wirtschaftlichen und technischen Fortschritt begünstigten Nationen; sie ergreift aber auch die Entwicklungsländer, die auch für ihre Gegenden die Vorteile der Industrialisierung und städtischen Kultur erringen möchten.

 

Gleichzeitig erfahren diese Völker, besonders jene mit alten Überlieferungen, eine Bewegung hin zu einem entwickelteren und persönlicheren Vollzug der Freiheit.

 

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7. Psychologische, sittliche und religiöse Wandlungen

 

Die Wandlungen von Denkweisen und Strukturen stellen häufig überkommene Werte in Frage, zumal bei der jüngeren Generation, die nicht selten ungeduldig, ja angsthaft rebellisch wird und im Bewußtsein der eigenen Bedeutung im gesellschaftlichen Leben rascher daran teilzuhaben beansprucht.

 

Von daher erfahren Eltern und Erzieher bei der Erfüllung ihrer Aufgabe immer größere Schwierigkeiten.

 

Die von früheren Generationen überkommenen Institutionen, Gesetze, Denk- und Auffassungsweisen scheinen aber den wirklichen Zuständen von heute nicht mehr in jedem Fall gut zu entsprechen. So kommt es zu schweren Störungen im Verhalten und sogar in den Verhaltensnormen. Die neuen Verhältnisse üben schließlich auch auf das religiöse Leben ihren Einfluss aus. Einerseits läutert der geschärfte kritische Sinn das religiöse Leben von einem magischen Weltverständnis und von noch vorhandenen abergläubischen Elementen und fordert mehr und mehr eine ausdrücklicher personal vollzogene Glaubensentscheidung, so dass nicht wenige zu einer lebendigeren Gotteserfahrung kommen. Andererseits geben breite Volksmassen das religiöse Leben praktisch auf. Anders als in früheren Zeiten sind die Leugnung Gottes oder der Religion oder die völlige Gleichgültigkeit ihnen gegenüber keine Ausnahme und keine Sache nur von Einzelnen mehr.

 

Heute wird eine solche Haltung gar nicht selten als Forderung des wissenschaftlichen Fortschritts und eines sogenannten neuen Humanismus ausgegeben.

 

Das alles findet sich in vielen Ländern nicht nur in Theorien von Philosophen, sondern bestimmt in größtem Ausmaß die Literatur, die Kunst, die Deutung der Wissenschaft und Geschichte und sogar das bürgerliche Recht. Die Verwirrung vieler ist die Folge.

 

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8. Die Störungen des Gleichgewichts in der heutigen Welt

 

Ein so rascher Wandel der Zustände, der oft ordnungslos vor sich geht, und dazu ein schärferes Bewußtsein für die Spannungen in der Welt erzeugen oder vermehren Widersprüche und Störungen des Gleichgewichts. Schon in der Einzelperson entsteht öfters eine Störung des Gleichgewichts zwischen dem auf das Praktische gerichteten Bewußtsein von heute und einem theoretischen Denken, dem es nicht gelingt, die Menge der ihm angebotenen Erkenntnisse selber zu bewältigen und sie hinlänglich in Synthesen zu ordnen.

 

Eine ähnliche Störung des Gleichgewichts entsteht ferner zwischen dem entschlossenen Willen zu wirkmächtigem Handeln und den Forderungen des sittlichen Gewissens, aber oft auch zwischen den kollektiven Lebensbedingungen und den Voraussetzungen für ein persönliches Denken oder sogar eines besinnlichen Lebens.

 

Endlich entsteht eine Störung des Gleichgewichts zwischen der Spezialisierung des menschlichen Tuns und einer umfassenden Weltanschauung. In der Familie entstehen Spannungen unter dem Druck der demographischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation, aus den Konflikten zwischen den aufeinanderfolgenden Generationen, aus den neuen gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Mann und Frau. Große Spannungen entstehen auch zwischen den Rassen, sogar zwischen den verschiedenartigen Gruppen einer Gesellschaft, zwischen reicheren und schwächeren oder notleidenden Völkern, schließlich zwischen den internationalen Institutionen, die aus der Friedenssehnsucht der Völker entstanden sind, und der rücksichtslosen Propaganda der eigenen Ideologie samt dem Kollektivegoismus in den Nationen und anderen Gruppen.

 

Die Folge davon sind gegenseitiges Misstrauen und Feindschaft, Konflikte und Notlagen. Ihre Ursache und ihr Opfer zugleich ist der Mensch.

 

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9. Das umfassendere Verlangen der Menschheit

 

Gleichzeitig wächst die Überzeugung, dass die Menschheit nicht nur ihre Herrschaft über die Schöpfung immer weiter verstärken kann und muss, sondern dass es auch ihre Aufgabe ist, eine politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung zu schaffen, die immer besser im Dienst des Menschen steht und die dem Einzelnen wie den Gruppen dazu hilft, die ihnen eigene Würde zu behaupten und zu entfalten. Daher erheben sehr viele heftig Anspruch auf jene Güter, die ihnen nach ihrer tief empfundenen Überzeugung durch Ungerechtigkeit oder falsche Verteilung vorenthalten werden.

 

Die aufsteigenden Völker, wie jene, die erst jüngst unabhängig geworden sind, verlangen ihren Anteil an den heutigen Kulturgütern nicht nur auf politischem, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiet und wollen frei ihre Rolle in der Welt spielen, während andererseits zugleich ihr Abstand und häufig auch ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von den reicheren Völkern wächst, die sich schneller weiterentwickeln.

 

Die vom Hunger heimgesuchten Völker fordern Rechenschaft von den reicheren Völkern.

 

Die Frauen verlangen für sich die rechtliche und faktische Gleichstellung mit den Männern, wo sie diese noch nicht erlangt haben. Die Arbeiter und Bauern wollen nicht bloß das zum Lebensunterhalt Notwendige erwerben können, sondern durch ihre Arbeit auch ihre Persönlichkeitswerte entfalten und überdies an der Gestaltung des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens ihren Anteil haben. Zum erstenmal in der Geschichte der Menschheit haben alle Völker die Überzeugung, dass die Vorteile der Zivilisation auch wirklich allen zugute kommen können und müssen.

 

Hinter allen diesen Ansprüchen steht ein tieferes und umfassenderes Verlangen: die Einzelpersonen und die Gruppen begehren ein erfülltes und freies Leben, das des Menschen würdig ist, indem sie sich selber alles, was die heutige Welt ihnen so reich darzubieten vermag, dienstbar machen.

 

Die Völker streben darüber hinaus immer stärker nach einer gewissen alle umfassenden Gemeinschaft.

 

Unter diesen Umständen zeigt sich die moderne Welt zugleich stark und schwach, in der Lage, das Beste oder das Schlimmste zu tun; für sie ist der Weg offen zu Freiheit oder Knechtschaft, Fortschritt oder Rückschritt, Brüderlichkeit oder Hass. Zudem wird nun der Mensch sich dessen bewusst, dass es seine eigene Aufgabe ist, jene Kräfte, die er selbst geweckt hat und die ihn zermalmen oder ihm dienen können, richtig zu lenken.

 

Wonach er fragt, ist darum er selber.

 

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10. Die tieferen Fragen der Menschheit

 

In Wahrheit hängen die Störungen des Gleichgewichts, an denen die moderne Welt leidet, mit jener tiefer liegenden Störung des Gleichgewichts zusammen, die im Herzen des Menschen ihren Ursprung hat. Denn im Menschen selbst sind viele widersprüchliche Elemente gegeben. Einerseits erfährt er sich nämlich als Geschöpf vielfältig begrenzt, andererseits empfindet er sich in seinem Verlangen unbegrenzt und berufen zu einem Leben höherer Ordnung. Zwischen vielen Möglichkeiten, die ihn anrufen, muss er dauernd unweigerlich eine Wahl treffen und so auf dieses oder jenes verzichten. Als schwacher Mensch und Sünder tut er oft das, was er nicht will, und was er tun wollte, tut er nicht.

 

So leidet er an einer inneren Zwiespältigkeit, und daraus entstehen viele und schwere Zerwürfnisse auch in der Gesellschaft. Freilich werden viele durch eine praktisch materialistische Lebensführung von einer klaren Erfassung dieses dramatischen Zustandes abgelenkt oder vermögen unter dem Druck ihrer Verelendung sich nicht mit ihm zu beschäftigen. Viele glauben, in einer der vielen Weltdeutungen ihren Frieden zu finden.

 

Andere wieder erwarten vom bloßen menschlichen Bemühen die wahre und volle Befreiung der Menschheit und sind davon überzeugt, dass die künftige Herrschaft des Menschen über die Erde alle Wünsche ihres Herzens erfüllen wird. Andere wieder preisen, am Sinn des Lebens verzweifelnd, den Mut derer, die in der Überzeugung von der absoluten Bedeutungslosigkeit der menschlichen Existenz versuchen, ihr nun die ganze Bedeutung ausschließlich aus autonomer Verfügung des Subjekts zu geben.

 

Dennoch wächst angesichts der heutigen Weltentwicklung die Zahl derer, die die Grundfragen stellen oder mit neuer Schärfe spüren: Was ist der Mensch?

 

Was ist der Sinn des Schmerzes, des Bösen, des Todes - alles Dinge, die trotz solchen Fortschritts noch immer weiterbestehen?

 

Wozu diese Siege, wenn sie so teuer erkauft werden mussten?

 

Was kann der Mensch der Gesellschaft geben, was von ihr erwarten?

 

Was kommt nach diesem irdischen Leben?

 

Die Kirche aber glaubt: Christus, der für alle starb und auferstand, schenkt dem Menschen Licht und Kraft durch seinen Geist, damit er seiner höchsten Berufung nachkommen kann; es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem sie gerettet werden sollen.

 

Sie glaubt ferner, dass in ihrem Herrn und Meister der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheitsgeschichte gegeben ist. Die Kirche bekennt überdies, dass allen Wandlungen vieles Unwandelbare zugrunde liegt, was seinen letzten Grund in Christus hat, der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit.

 

Im Licht Christi also, des Bildes des unsichtbaren Gottes, des Erstgeborenen vor aller Schöpfung, will das Konzil alle Menschen ansprechen, um das Geheimnis des Menschen zu erhellen und mitzuwirken dabei, dass für die dringlichsten Fragen unserer Zeit eine Lösung gefunden wird.

 

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I. HAUPTTEIL

 

DIE KIRCHE UND DIE BERUFUNG DES MENSCHEN

 

11. Antworten auf die Antriebe des Geistes

 

Im Glauben daran, dass es vom Geist des Herrn geführt wird, der den Erdkreis erfüllt, bemüht sich das Volk Gottes, in den Ereignissen, Bedürfnissen und Wünschen, die es zusammen mit den übrigen Menschen unserer Zeit teilt, zu unterscheiden, was darin wahre Zeichen der Gegenwart oder der Absicht Gottes sind. Der Glaube erhellt nämlich alles mit einem neuen Licht, enthüllt den göttlichen Ratschluss hinsichtlich der integralen Berufung des Menschen und orientiert daher den Geist auf wirklich humane Lösungen hin.

 

Das Konzil beabsichtigt, vor allem jene Werte, die heute besonders in Geltung sind, in diesem Licht zu beurteilen und auf ihren göttlichen Ursprung zurückzuführen.

 

Insofern diese Werte nämlich aus der gottgegebenen Anlage des Menschen hervorgehen, sind sie gut. Infolge der Verderbtheit des menschlichen Herzens aber fehlt ihnen oft die notwendige letzte Ausrichtung, so dass sie einer Läuterung bedürfen.

 

Was denkt die Kirche vom Menschen?

 

Welche Empfehlungen erscheinen zum Aufbau der heutigen Gesellschaft angebracht?

 

Was ist die letzte Bedeutung der menschlichen Tätigkeit in der gesamten Welt?

 

Auf diese Fragen erwartet man Antwort. Von da wird klarer in Erscheinung treten, dass das Volk Gottes und die Menschheit, der es eingefügt ist, in gegenseitigem Dienst stehen, so dass die Sendung der Kirche sich als eine religiöse und gerade dadurch höchst humane erweist.

 

 

 

 

 

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KAPITEL I

DIE WÜRDE DER MENSCHLICHEN PERSON

12. Der Mensch nach dem Bild Gottes

 

Es ist fast einmütige Auffassung der Gläubigen und der Nichtgläubigen, dass alles auf Erden auf den Menschen als seinen Mittel- und Höhepunkt hinzuordnen ist.

 

Was ist aber der Mensch?

 

Viele verschiedene und auch gegensätzliche Auffassungen über sich selbst hat er vorgetragen und trägt er vor, in denen er sich oft entweder selbst zum höchsten Maßstab macht oder bis zur Hoffnungslosigkeit abwertet, und ist so unschlüssig und voll Angst.

 

In eigener Erfahrung dieser Nöte kann die Kirche doch, von der Offenbarung Gottes unterwiesen, für sie eine Antwort geben, um so die wahre Verfassung des Menschen zu umreißen und seine Schwäche zu erklären, zugleich aber auch die richtige Anerkennung seiner Würde und Berufung zu ermöglichen.

 

Die Heilige Schrift lehrt nämlich, dass der Mensch "nach dem Bild Gottes" geschaffen ist, fähig, seinen Schöpfer zu erkennen und zu lieben, von ihm zum Herrn über alle irdischen Geschöpfe gesetzt, um sie in Verherrlichung Gottes zu beherrschen und zu nutzen.

 

"Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Oder des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

 

Wenig geringer als Engel hast du ihn gemacht, mit Ehre und Herrlichkeit ihn gekrönt und ihn über die Werke deiner Hände gesetzt. Alles hast du ihm unter die Füße gelegt" (Ps 8,5-7).

 

Aber Gott hat den Menschen nicht allein geschaffen: denn von Anfang an hat er ihn "als Mann und Frau geschaffen" (Gen 1,27); ihre Verbindung schafft die erste Form personaler Gemeinschaft.

 

Der Mensch ist nämlich aus seiner innersten Natur ein gesellschaftliches Wesen; ohne Beziehung zu den anderen kann er weder leben noch seine Anlagen zur Entfaltung bringen.

 

Gott sah also, wie wir wiederum in der Heiligen Schrift lesen, "alles, was er gemacht hatte, und es war sehr gut" (Gen 1,31).

 

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