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Anbetung vor der ausgesetzten Monstranz


Der Geist

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Ich nehme seit gut drei Jahren an einer eucharistischen Anbetung Teil die an jedem Freitag stattfindet. Da das Allerheiligste in der öffentlich zugänglichen Romanischen Kapelle der Wiener Schottenkirche ausgesetzt ist, übernehmen verschiedene Menschen eine Stunde dieser Anbetung. Dadurch ist die durchlaufende Anbetung, aber auch der "Schutz" des Allerheiligsten gewährleistet.

 

Für mich ist diese wöchentliche Stunde inzwischen sehr wichtig geworden, weil sie mich zusätzlich zum Sonntagsgottesdienst zu einer spirituellen Auszeit "zwingt".

 

Da die Romanische Kapelle - sie ist ein Überrest der Ersten großen romanischen Schottenkiche mit deren Bau der Herzog Heinrich Jasomirgott Mitte des 12.Jh begonnen hat - ein sehr spiritueller Ort ist*) nutze ich sie auch oftmals an anderen Wochentagen in Pausen zu einem Gebet und/oder einer Meditation vor dem Tabernakel.

 

Meine Gedanken nun: Warum eigentlich wird das Allerheiligste ausgesetzt...ist ein Unterschied und wenn ja welcher zwischen einem Gebet vor dem Tabernakel oder vor der Monstranz.

 

Ein ähnlicher Gedanke lässt sich für den Unterschied zwischen einem sakramentalen Segen und einem "normalen" Segen formulieren. Da lässt sich die Frage noch erweitern: Ist der Segen des Papstes Urbi et Orbi mehr wert oder ist er gar "wirksamer" als der Segen des Priesters im Sonntagsgottesdienst?

 

 

*)dort ist auch die ältesten Wiener Madonna (um 1250) aufgestellt.

 

P.S. Ich weiß dass dieses Posting auch Fragen enthält, ich bitte trotzdem von einer Verschiebung nach F&A abzusehen, weil ich diese Gedanken für zutiefst katholisch halte und sie nicht den Kommentaren Nichtgläubiger aussetzen möchte.

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Meine Gedanken nun: Warum eigentlich wird das Allerheiligste ausgesetzt...ist ein Unterschied und wenn ja welcher zwischen einem Gebet vor dem Tabernakel oder vor der Monstranz.

Lustig, dass Du das fragst. Das geht mir seit Längerem durch den Kopf, wenn ich in der Eligius-Kapelle bin (Anbetungskapelle im Stephansdom, Allerheiligstes ausgesetzt, täglich während der Gesamtöffnungszeit des Domes).

Ich sehe eigentlich keinen wesentlichen Unterschied.

 

Eine Zeitlang habe ich den Gedanken verfolgt, dass ein Unterschied zwischen "verborgener" Gott (im Tabernakel) und nicht verborgener Gott dahinter stecken könnte. Das sehe ich inzwischen nicht mehr so, weil er auch in der Hostie letztlich "verborgen" ist.

 

Inzwischen neige ich eher der Vermutung zu, dass die Antwort in "ausgesetzt" (im Sinne von "ungeschützt") liegt, während der Tabernakel ja die Hostie - ua. vor Diebstahl und damit vor Missbrauch und Verunehrung - schützt.

(Auch wenn das heute wohl keine große Rolle mehr spielen dürfte.)

 

Es bleibt dann eigentlich nur noch, dass Du in einem Fall siehst, im anderen es Dir nur vorstellen kannst, also nur weißt, aber eben nicht siehst.

Und da landen wir wohl eher im Bereich der Andachtshilfe.

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Für mich liegt der Unterschied lediglich im Sehen: Gott ist natürlich nicht mehr oder weniger dar, aber weil ich als Mensch auf meine Sinne angewiesen bin, fällt es mir leichter, diese Gegenwart ansatzweise zu begreifen. Nichts anderes ist ja eigentlich Sinn aller Sakramente: uns Menschen das im wahrsten Sinne Unbegreifbare greifbar, irgendwie fassbar zu machen durch greifbare (Real)Symbole.

 

Hinsichtlich des Segens des Papstes, eines "gemeinen" Bischofs oder eines Priesters kann ich mich deiner Frage/Position allerdings nur anschließen!

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Für mich liegt bei allen drei Gegebenheiten (Aussetzung des Allerheiligsten, sakramentaler Segen, Bischofs-/Papstsegen) das Besondere eben im Besonderen. Das ist jetzt etwas merkwürdig formuliert aber hoffentlich kann ich es verständlicher ausformulieren: Das Gebet vor dem ausgesetzten Allerheiligsten ist eben nicht der Normalfall. Die konsekrierte Hostie ist meistens verborgen und wird während der Messe nur zweimal kurz gezeigt. Wäre in jeder Kirche ständig Aussetzung, ginge der besondere Reiz wohl bald verloren. Ähnlich ist es mit dem Segen durch einen Bischof. Wer täglich vom Bischof gesegnet wird, sieht darin vermutlich nichts besonderes.

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Franciscus non papa

Die Sitte das Allerheiligste zu "exponieren" kam wohl zusammen mit dem Fronleichnamsfest auf (ich habe das jetzt nicht überprüft, sondern vermute es einfach.)

 

Für Gott ist es sicher gleich, ob wir nun zuhause beten, vor dem Tabernakel oder vor dem exponierten Sanctissimum.

 

Die besondere Art der Anbetung macht ja gerade die wichtige Aussage für die Menschen spürbar, dass Jesus Christus in den Gestalten von Brot und Wein wahrhaft gegenwärtig ist.

 

Um den Menschen dieses Himmelbrot zu zeigen, wurde ja dann eben auch die Monstranz "erfunden".

 

So macht diese besondere Anbetung auch heute noch Sinn.

 

Ist in der Zeit der Einführung des Fronleichnamsfestes weniger das Sakrament empfangen worden, als angeschaut und angebetet, so ist es heute wohl grade umgekehrt. Es wird häufig empfangen, aber es ist zu befürchten, dass auch leider sehr oft gedankenlos empfangen wird. Hier scheint es schwer zu sein, das rechte Maß zu finden.

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Es [das Sakrament] wird häufig empfangen, aber es ist zu befürchten, dass auch leider sehr oft gedankenlos empfangen wird. Hier scheint es schwer zu sein, das rechte Maß zu finden.

Es ist zwar nicht das Thema aber mir kommen dazu zwei Gedanken:

 

1. Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Lk.5,31

 

2. Wer vorher mitbetet: Herr ich bin nicht würdig....kann wohl kaum gedankenlos sein...

bearbeitet von Der Geist
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Franciscus non papa

damit hast auch wieder recht.

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Hallo Petrus,

 

das geht mir ebenso. Aber für mich funktioniert das Anschauen deutlich besser, wenn was da ist, was ich anschauen kann. Das erhöht auch meine Konzentrationsfähigkeit. Eine Anbetung ohne Aussetzung gibt mir eigentlicht nichts, was ich zu Hause im stillen Kämmerlein nicht auch haben könnte.

 

Gruß,

 

Avila

 

 

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Das sehe ich etwas anders: schon der Tabernakel macht einen wesentlichen Unterschied zum stillen Kämmerlein. Ich bin aber der Ansicht, dass es auf das Gebet und die innere Haltung mehr ankommt als auf die Umgebung >(die ja auch nur helfen soll, wenn ich euch richtig verstanden habe).

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Das sehe ich etwas anders: schon der Tabernakel macht einen wesentlichen Unterschied zum stillen Kämmerlein. Ich bin aber der Ansicht, dass es auf das Gebet und die innere Haltung mehr ankommt als auf die Umgebung >(die ja auch nur helfen soll, wenn ich euch richtig verstanden habe).

Mir geht es genau so. Ich glaube dass Ediths Aussage es sei eine Andachtshilfe sehr viel für sich hat.

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aber auch der "Schutz" des Allerheiligsten gewährleistet.

 

 

Mal ne ganz dumme Frage: Vor wem, oder was muss eigentlich der/das "Allerheiligste" geschützt werden? Gibt es pöhse Nichtkatholiken, oder gar Atheisten, die sich evtl. an dem "Allerheiligsten" vergreifen könnten? Ich habe mal gehört, dass wenn eine Kirche oder Andachtsraum ökumenisch genutzt wird der Tabernakel vorsichtshalber leergeräumt wird bevor Protestanten dort Gottesdienst feiern.

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aber auch der "Schutz" des Allerheiligsten gewährleistet.

 

 

Mal ne ganz dumme Frage: Vor wem, oder was muss eigentlich der/das "Allerheiligste" geschützt werden? Gibt es pöhse Nichtkatholiken, oder gar Atheisten, die sich evtl. an dem "Allerheiligsten" vergreifen könnten? Ich habe mal gehört, dass wenn eine Kirche oder Andachtsraum ökumenisch genutzt wird der Tabernakel vorsichtshalber leergeräumt wird bevor Protestanten dort Gottesdienst feiern.

1. Es ist eine Frage der Ehrfurchts das ausgesetzte Allerheiligste nicht allein zu lassen.

2. Die Monstranz repräsentiert wahrscheinlich einen nicht unerheblichen materiellen Wert.

3. Die romanische Kapelle ist ganztätig frei betretbar und zwar unabhängig von der Hauptkirche, sie ist als romanisches Relikt und auch wegen der Madonnenstatue eine Touristenattraktion. Man kann nicht ausschließen dass irgendwelche Leute Unfug anrichten.

4. Das G'schichterl mit dem leergeräumten Tabernakel ist zumindest in den Kirchen die ich kenne ein Schmarrn.

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Das sehe ich etwas anders: schon der Tabernakel macht einen wesentlichen Unterschied zum stillen Kämmerlein. Ich bin aber der Ansicht, dass es auf das Gebet und die innere Haltung mehr ankommt als auf die Umgebung >(die ja auch nur helfen soll, wenn ich euch richtig verstanden habe).

 

 

 

Rational kann ich mich dem anschließen, emotional so gar nicht. Jemanden anzubeten, der in einem Schränkchen eingeschlossen ist, fordert mir zu viele geistige Purzelbäume ab. Da fehlt mir einfach das sinnliche Element. So ein bisschen was fürs Auge hätte ich dann schon ganz gerne, das hilft mir einfach auch, mich stäker zu fokussieren. Und gerade wegen dieser sinnlichen Komponente gehe ich auch gerne zur Anbetung.

 

Gruß,

 

 

Avila

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4. Das G'schichterl mit dem leergeräumten Tabernakel ist zumindest in den Kirchen die ich kenne ein Schmarrn.

Ich kenne allerdings durchaus mindestens einen Fall, in dem das so passiert ist. Allein, die Pointe liegt darin, daß es in dem Fall die reformierten Christen waren, die Wert darauf legten.

bearbeitet von gouvernante
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1. Es ist eine Frage der Ehrfurchts das ausgesetzte Allerheiligste nicht allein zu lassen.

 

ja.

 

das war mein Dienst, und meine Aufgabe, bei der Tabernakelreparatur, vor einiger Zeit.

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ob mit oder ohne Aussetzung ist für mich eigentlich nicht so wichtig. Hauptsache, ich spür was.

 

Und wenn ich nichts spüre? Ist es dann umsonst?

 

Vor einiger Zeit las ich mit Interesse die "Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers".

 

Wenig später las ich die Kritik eines russischen Mönches dazu, der das Jesus-Gebet pflegte und der in etwa sagte:

An diesen Aufzeichnungen stimmt etwas nicht, denn der Pilger stellt immer wieder die Glücksmomente in den Vordergrund, die ihn von Anfang an überkommen, gerade so, als sei das das Ziel des Gebets und Beweis, dass es funktioniert. In Wahrheit würde man beim Jesus-Gebet aber selten etwas Derartiges spüren, da die Wirkung gerade nicht im direkt erfahrbaren Bereich liege, sondern feiner wäre und tiefer (jenseits des Bewusstseins) stattfinden würde.

 

Das fand ich sehr bemerkenswert, da ich von mir selbst und aus dem näheren Umfeld genau das Gegenteil kenne: Das Gebet muss mich direkt in eine gute Stimmung versetzen. Wenn es das nicht tut, dann lass ich es bleiben oder suche mir etwas anderes, was mir besser gefällt. Dass Gott im Gebet etwas in mir bewirkt, was ich nicht messen oder direkt "spüren" kann, das war mir bis dahin neu, hat mich aber nicht mehr losgelassen.

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4. Das G'schichterl mit dem leergeräumten Tabernakel ist zumindest in den Kirchen die ich kenne ein Schmarrn.

Ich kenne allerdings durchaus mindestens einen Fall, in dem das so passiert ist. Allein, die Pointe liegt darin, daß es in dem Fall die reformierten Christen waren, die Wert darauf legten.

 

Angst vor papistischen Umtrieben? :lol:

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ob mit oder ohne Aussetzung ist für mich eigentlich nicht so wichtig. Hauptsache, ich spür was.

 

Und wenn ich nichts spüre? Ist es dann umsonst?

 

Vor einiger Zeit las ich mit Interesse die "Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers".

 

Wenig später las ich die Kritik eines russischen Mönches dazu, der das Jesus-Gebet pflegte und der in etwa sagte:

An diesen Aufzeichnungen stimmt etwas nicht, denn der Pilger stellt immer wieder die Glücksmomente in den Vordergrund, die ihn von Anfang an überkommen, gerade so, als sei das das Ziel des Gebets und Beweis, dass es funktioniert. In Wahrheit würde man beim Jesus-Gebet aber selten etwas Derartiges spüren, da die Wirkung gerade nicht im direkt erfahrbaren Bereich liege, sondern feiner wäre und tiefer (jenseits des Bewusstseins) stattfinden würde.

 

Das fand ich sehr bemerkenswert, da ich von mir selbst und aus dem näheren Umfeld genau das Gegenteil kenne: Das Gebet muss mich direkt in eine gute Stimmung versetzen. Wenn es das nicht tut, dann lass ich es bleiben oder suche mir etwas anderes, was mir besser gefällt. Dass Gott im Gebet etwas in mir bewirkt, was ich nicht messen oder direkt "spüren" kann, das war mir bis dahin neu, hat mich aber nicht mehr losgelassen.

 

 

Umsonst auf keinen Fall! Dazu gibt es H I E R einen schönen Text.

 

Manchmal kann es geradezu wichtig sein, in der "Trockenheit" und gegen die eigenen Vorlieben / "Gefühle" zu beten, sich quasi selbst "gegen den Strich zu bürsten".

 

In den Anleitungen zur "Lectio Divina" gibt es die Phase der "ruminatio", das "Wiederkäuen" - unser Geist funktioniert ja wie ein Äffchen, das von Ast zu Ast springt und immer neue süße Früchte sucht, das Faszinierende, das Freudige. Das kann, wenn man nicht aufpasst, zu einer Art "geistlichem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom" führen.

Du hast Dich ja schon dem "Rosario" und dem Jesusgebet zugewandt, also suchst Du nach Bindung im Gebet. Um die "feineren und tieferen" Regungen wahrnehmen zu lernen, muß man erst einmal "bleiben und wiederkäuen". Dem Wort "jenseits des Bewußtseins" kann ich so nicht zustimmen: was wahrnehmbar ist, wird versprachlicht und dann reflektiert...im Gebet gibt es Erfahrungen, die nicht kommuniziert werden - würden sie nicht wahrgenommen und dem Denken zur Verfügung gestellt, wäre ihre Existenz eine reine Behauptung (notfalls aus magischem Denken...).

 

Die ganz feinen Präsenzerfahrungen lassen sich allgemein schwer in Worte fassen: wie beschreibt man, auf welche Weise sich das Ulmer Münster "leer" anfühlt?

 

Deine Fragen wären sehr gut bei einem Exerzitienmeister aufgehoben. Die Abtei Niederaltaich bei Deggendorf bietet meines Wissens Exertitien zum Jesusgebet an.

 

 

(Entschuldigung, mehrfach geändert wegen grausiger Rechtschreibung... :blush: )

bearbeitet von roncalli999
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Selten einen Thread gelesen, in dem alle so einmütig sind und die Fragestellung von verschiedenen Seiten beleuchten, ohne sich wirklich zu widersprechen. Ich kann mich an sich allen Aussagen anschließen! :daumenhoch:

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Danke für die Antwort und den Link!

 

Aber darüber bin ich gestolpert:

 

Dem Wort "jenseits des Bewußtseins" kann ich so nicht zustimmen: was wahrnehmbar ist, wird versprachlicht und dann reflektiert...im Gebet gibt es Erfahrungen, die nicht kommuniziert werden - würden sie nicht wahrgenommen und dem Denken zur Verfügung gestellt, wäre ihre Existenz eine reine Behauptung

 

Ist das Vertrauen, dass der Glaube trägt, nicht oft "eine reine Behauptung"?

Ist nicht das reinste Vertrauen das, dem (momentan zumindest) jegliche Wahrnehmung fehlt?

Nicht wenige Heilige (auch Mutter Teresa von Kalkutta) haben doch durch die "Trockenheit" hindurch gegen die eigene Wahrnehmung diese Behauptung aufrecht erhalten. Und wer sagt mir, dass es vor dem Ende hier auf der Erde noch das große Wahrnehmungserlebnis gibt? Ab wann sollte man aufgeben, wenn man nichts mehr "spürt"? Oder ist nicht gerade das Durchhalten selbst schon Gnadenerweis genug? (... weil der menschliche Verstand ja schon längst zum Aufgeben geraten hätte.)

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Danke für die Antwort und den Link!

 

Aber darüber bin ich gestolpert:

 

Dem Wort "jenseits des Bewußtseins" kann ich so nicht zustimmen: was wahrnehmbar ist, wird versprachlicht und dann reflektiert...im Gebet gibt es Erfahrungen, die nicht kommuniziert werden - würden sie nicht wahrgenommen und dem Denken zur Verfügung gestellt, wäre ihre Existenz eine reine Behauptung

 

Ist das Vertrauen, dass der Glaube trägt, nicht oft "eine reine Behauptung"?

Ist nicht das reinste Vertrauen das, dem (momentan zumindest) jegliche Wahrnehmung fehlt?

Nicht wenige Heilige (auch Mutter Teresa von Kalkutta) haben doch durch die "Trockenheit" hindurch gegen die eigene Wahrnehmung diese Behauptung aufrecht erhalten. Und wer sagt mir, dass es vor dem Ende hier auf der Erde noch das große Wahrnehmungserlebnis gibt? Ab wann sollte man aufgeben, wenn man nichts mehr "spürt"? Oder ist nicht gerade das Durchhalten selbst schon Gnadenerweis genug? (... weil der menschliche Verstand ja schon längst zum Aufgeben geraten hätte.)

 

Du sagst sehr richtig "dem MOMENTAN die Wahrnehmung fehlt": man würde nicht so sehr darunter leiden, wüsste man nicht um die Geschenke der Gnade, wo Gegenwart WAHRNEHMBAR und in Worte übersetzbar WAR. Man hat also den Vergleich. Auch unser menschliches Leben speist sich oft aus "einmaligen" Erfahrungen: ein bedingungslos von den eigenen Eltern geliebtes Kind "zehrt" von dieser Erfahrung lebenslang, auch wenn ihm später "bedingungslose Liebe" durch Menschen vorenthalten bleibt.

Bei Mutter Teresa war es keine Behauptung, sondern Erfahrung. Wie Lippert zu recht sagt: "wir haben kein Recht auf wunderselige Erlebnisse" - wenn uns die Gnade des Glaubens einmal zuteil wurde, dann ist der Rest "unsere Sache". Die heilige Arbeit heißt: die Glut bewachen, das Öl in den Lampen bereit halten. Anbetung ohne "Belohnung".

 

Heute wird durch evangelikal / charismatische "Herangehensweisen" suggeriert, daß Jesus oder der Heilige Geist persönlich jeden Moment wie der Blitz einfährt (quasi on a daily basis). Ich nenne das "Jesus of the parking places" ...

Da wird vielfach selbst induzierte "emotionale Erregung" mit mystischer Erfahrung verwechselt.

bearbeitet von roncalli999
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Und wenn ich nichts spüre?

tja.

 

also. wenn ich dann nichts gespürt habe, das war dann manchmal auch länger, bei mir, habe ich einfach versucht, weiter zu machen.

 

Peter.

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Und wenn ich nichts spüre? Ist es dann umsonst?

 

Vor einiger Zeit las ich mit Interesse die "Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers".

 

Wenig später las ich die Kritik eines russischen Mönches dazu, der das Jesus-Gebet pflegte und der in etwa sagte:

An diesen Aufzeichnungen stimmt etwas nicht, denn der Pilger stellt immer wieder die Glücksmomente in den Vordergrund, die ihn von Anfang an überkommen, gerade so, als sei das das Ziel des Gebets und Beweis, dass es funktioniert. In Wahrheit würde man beim Jesus-Gebet aber selten etwas Derartiges spüren, da die Wirkung gerade nicht im direkt erfahrbaren Bereich liege, sondern feiner wäre und tiefer (jenseits des Bewusstseins) stattfinden würde.

 

Das fand ich sehr bemerkenswert, da ich von mir selbst und aus dem näheren Umfeld genau das Gegenteil kenne: Das Gebet muss mich direkt in eine gute Stimmung versetzen. Wenn es das nicht tut, dann lass ich es bleiben oder suche mir etwas anderes, was mir besser gefällt. Dass Gott im Gebet etwas in mir bewirkt, was ich nicht messen oder direkt "spüren" kann, das war mir bis dahin neu, hat mich aber nicht mehr losgelassen.

 

Dein Beitrag hat mich an ein Buch von Carlo Carretto erinnert, das ich vor einiger Zeit gelesen habe. Nachdem ich das jetzt nachgeschlagen habe, musste ich feststellen, dass er sich dabei sogar auf dasselbe Buch bezieht wie du: „Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers“, das ich nicht kenne. Wobei mir scheint, dass er das genau gegensätzlich versteht, nämlich dass der Autor dieses Buches auch sagen möchte, dass es Phasen des Gebets gibt, in denen man eben nichts spürt.

 

Ich hoffe es ist okay, wenn ich daraus zitiere:

Wo der Dornbusch brennt

 

Einen tiefen Eindruck hat auf mich das Büchlein „Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers“ gemacht. In ihm hat sich eine Jahrhunderte alte Erfahrung und Weisheit kontemplativen Betens niedergeschlagen.

Wenn das Gebet arm an Worten und reich an Gehalt wird, empfindet man die Meditation als Last. Man findet keinen Geschmack mehr daran. Was vorher geistige Freude bereitete, wird nun leer, bedrückend, quälend.

 

Man hat den Eindruck, das innere Leben habe plötzlich eine Stockung erlitten; es ginge zurück statt vorwärts. Der Himmel hat seine leuchtenden Farben verloren, das Grau beherrscht die Atmosphäre der Seele. Man beginnt zu begreifen, was es heißt: in bloßem, nacktem Glauben weitergehen. […]

Nicht immer sind Schwierigkeiten beim Meditieren das Zeichen für ein Voranschreiten der Seele auf dem Weg zu Gott, die notwendige Phase des Durchgangs zu einer höheren Stufe des Betens. Aber sie können – Gott sei Dank – das Zeichen dafür sein. […]

Wenn ich also Schwierigkeiten habe, über die Dinge Gottes zu meditieren, wenn es mir nicht mehr gelingen will, bei diesem oder jenem Mysterium des Lebens Jesu, dieser oder jener Heilswahrheit zu verharren, wenn ich mich vielmehr danach sehne, still zu Füßen Gottes zu sein, ganz still, ohne etwas zu denken, ganz in Liebe Gott zugeneigt – das ist etwas Großartiges.

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Hm, bin hier nicht Mod. Das Zitat ist sehr lang.

Sicherheitshalber liefere ich zumindest die ganze Quelle nach:

 

Carlo Caretto, "Wo der Dornbusch brennt"

Herder Verlag GmbH;

20. Aufl. (1989)

ISBN-10: 3451166542

ISBN-13: 978-3451166549

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